Ansichten eines Informatikers

Dämmerung der Kompaktkameras

Hadmut
10.11.2016 22:57

Nicht überraschend. Aber interessant.

Der Markt der Kompaktkameras schrumpft dramatisch und wird von den Handy-Kameras einfach weggefressen. Heise berichtet heute, dass Canon deshalb Probleme hat, obwohl man dort eher Erdbeben als Handys als Ursache sehen will (klar, das schont den Aktienkurs).

Dafür berichtet Golem, dass es Nikon auch nicht gerade gut geht. Das heißt, die machen schon Gewinn, sogar steigend, aber das liegt an Industrieanwendungen. Der Kameramarkt verliert stark.

Bei beiden läuft es darauf hinaus, sich auf hochwertige Spiegelreflexkameras zu konzentrieren, beide werden ihr Angebot im unteren und Kompaktbereich deutlich ausdünnen. Da wildern halt die Handy-Kameras. Ich denke, die werden sich auf ein paar Alibi-Modelle und Bridge-Kameras reduzieren.

Das ist insofern bemerkenswert, als Handy-Kameras eigentlich deutlich weniger können als Kompaktkameras. Aber das teure Edel-Handy hat man halt immer dabei, ein zusätzliches (dickes) Gerät mitzuschleppen, macht keinen Spaß. Zumal Handy-Kameras immer besser werden und man manchmal (auf kleinem Bildschirm) schon sehr über die Qualität staunt. Ich habe einige iPhone-Fotos gesehen, wo einem dann schon der Kiefer runterklappt, wie, das ist mit einem Handy fotografiert?

Das zentrale Problem sehe ich in der Arroganz der Kamerahersteller. So ähnlich wie bei Nokia in seiner Endphase. Riesige, unüberschaubare Produktpalette, feste, unveränderbare Produkte, hinterher kaum Support. Neue Funktion? Kauf Dir ne neue Kamera.

Innovation war selten, und was mich (und wie man in den Foren lesen kann, ganz viele Leute) wurmt, ist etwa das Thema Akku. Erstens weil die Armleuchter ständig neue Akkus einführen (ich habe jetzt zwei Kameras aus der Nikon-1-Serie, deren Akkus zwar gleich aussehen und die gleiche Kontaktfläche und den gleichen Querschnitt haben, sich in der Länge aber um 2 mm unterscheiden. Das ist Schikane). Und dass man nach dem Willen der Kamera-Hersteller entweder ganz viele völlig überteuerte Akkus mitnimmt oder ein Ladegerät, das größer als die Kamera selbst ist. Warum Handys ihren Akku per USB selbst laden können, die meisten Kameras aber nicht? Keine Ahnung. (Irgendwo stand mal was, war aber unglaubwürdig, weiß nicht mehr genau, irgendwas mit Erhitzung des Gehäuses, als ob Handys das Problem nicht hätten.) Ich find’s lästig, andere auch. Es ist halt für viele Leute anachronistischer Scheiß, wenn man Akkus zum Laden rausnehmen und in ein Ladegerät stecken muss. Es hat zwar auch Vorteile, weil man dadurch den Akku auch wechseln kann. Aber es gibt eben auch handys, die sich selbst laden können und Wechselakkus haben.

Wieder mal ein Beispiel dafür, dass Borniertheit bestraft wird, wenn die Märkte weiterziehen, weil etwas Neues überholt hat. Man hätte eigentlich etwas daraus lernen können, als Nokia von Apple überholt wurde.

Und ich glaube, was wird schlimmer, wenn Nikon seine Forschungsausgaben kürzen will. Denn die haben zwar eine Top-Qualität im Profi-Bereich, aber was Spiegellose betrifft, sind sie von Sony derbe abgehängt worden.