Ansichten eines Informatikers

End Game: Universitäten in der Endphase vor dem Tod

Hadmut
24.9.2019 21:46

Wir stecken tief in der Wissenschaftsnekrose.

Würde man soziologisch schwätzen, könnte man es die postwissenschaftliche Epoche nennen.

Die NZZ berichtet über die Studie des amerikanischen Philosophieprofessors Steven B. Gerrard, der die Universitäten untersucht hat, in deren Geschichte verschiedene Phasen und Varianten der Universität ausmacht und zu dem Schluss kommt, dass die Universität als solche in ihrer letzten Phase angekommen ist. Was ja dazu passt, dass in den USA – ich hatte es neulich berichtet [Herrje, schon wieder über ein Jahr her] – unter den großen IT-Firmen inzwischen die Praxis zunimmt, gar nichts mehr darauf zu geben, ob Leute noch studiert, einen Abschluss haben, oder eben auch nicht. Hochschulabschlüsse werden dort immer teurer, gleichzeitig aber immer wertloser, werden zu Geld- und Lebenszeitverschwendung. Und ich habe mich damals schon über das eine Jahr Grundwehrdienst so geärgert.

In den USA hat Steven B. Gerrard, Philosophieprofessor am Williams College in Massachusetts, den Kulturwandel im Endstadium der Jugend – an der Universität – unter die Lupe genommen. Sein Fazit: Das zurzeit an höheren Bildungsinstituten herrschende Klima lässt sich am besten mit dem Ausdruck «Comfort College» umschreiben, zu Deutsch: Wohlfühluniversität.

Wer jetzt an «Sicherheitszonen» und «Trigger-Warnungen» vor «Mikro-Aggressionen» denkt, liegt richtig. […]

Flugs kam die gepfefferte Antwort einiger Studenten: «Redefreiheit» sei «von rechtsgerichteten und liberalen Gruppen als diskursiver Deckbegriff für Rassismus, Xenophobie, Antisemitismus, Homophobie, Transphobie, Ableismus und Klassismus kooptiert worden». Diese durch Redefreiheit getriggerten Phobien und Ismen (Ableismus ist übrigens Diskriminierung von Menschen mit Behinderungen) stehen Behaglichkeit und Komfort auf dem Campus im Wege.

Die Universität als Verlängerung des Kinderzimmers. Hatten wir schon oft. Studenten, die zwischen den Vorlesungen in Safe-Space-Räume mit Kätzchen- und Welpenfotos an den Wänden müssen, um nicht zusammenzuklappen.

Letztlich hat man die Universität zur Klapsmühle für eine Generation von zu Bekloppten abgerichteten gemacht.

Das Comfort-College ist die letzte einer Reihe von Inkarnationen der Universität: Im Anfang war das «Christliche College», eine theologisch oder zumindest theistisch fundierte Lehranstalt der frühen USA, als der Gott der Aufklärung noch in Verfassung und Denken hineinfunkte. Diese wandelte sich zum «Gentlemen College», der Eliteschmiede von Söhnen (ohne ihre Schwestern) mächtiger US-Familien Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts.

Dank Suffragetten und Bürgerrechtskämpfern wurde die chauvinistische Universität schliesslich vom «Consumer College» abgelöst, Bildung wurde zur Ware für studentische Konsumenten. Und da Inklusion und Diversität die Zahl der Konsumenten und damit auch den Marktanteil der Universität als Profitzentrum erhöhten, wurde diese gemischter, reichhaltiger – und reicher.

Prinzipiell tönt das prima: Diversität und Inklusion studentischer Konsumenten erlaubten schwach repräsentierten Gruppen akademische Ausbildung und Präsenz. Wozu also brauchte es da noch das Comfort-College?

Wozu das Ganze noch?

Als Grund sieht Gerrard einen Produktwechsel. In den historischen Verkörperungen bis zum «Consumer College» war die Universität Produzent und Anbieter von Wissen (selbst wenn aufs Christliche, «Gentlemännliche» reduziert). Erschien «Inklusion & Diversität» an der Konsumuniversität als willkommenes Nebenprodukt der Wissensproduktion, ändert sich das am «Comfort College» radikal: Inklusion und Diversität selbst sind Produkt und Dienstleistung der Uni, ihre Markenidentität beruht auf einer behaglichen und komfortablen Erfahrung der studentischen Konsumenten.

Richtig beobachtet, aber meines Erachtens dann falsch verstanden. Dass die Suffragetten letztlich für den Ruin ursächlich waren, mag sicherlich sein. Meiner Auffassung nach (schon oft beschrieben) kam aber dann mit der Öffnung der Universitäten noch massive kriminelle Energie hinzu, die den Leuten für hohe Studiengebühren nutzlose Studien verkaufte, um sich selbst zu finanzieren und Pseudoposten zu schaffen, also ein kriminelles Schneeballsystem, eine sogenannte „progressive Kundenwerbung” baute, das gerade platzt und zusätzlich den Termin für den Tod der Universität festnagelt. Es geht nicht nur um Kult und Ideologie, sondern auch um Verdunklung krimineller Machenschaften.

Diesen kultischen Wohlfühlglauben stören wissensproduzierende Staubfänger wie Wahrheit, Logos und die Freiheit, Skepsis und kritisches Denken zu äussern, nur noch. Also weg damit, so die studentischen Komfortkunden. Und weil der Kunde König ist, machen die Universitätsleitungen, das Management des «Comfort College», eben brav mit.

Na, eben nicht nur, weil er König ist, sondern weil das Schneeballsystem immer mehr „Kunden” braucht. Man fängt damit all die Idioten, die unter normalen Umständen schlicht zu blöd für die Universität wären und nie aufgenommen würden.

Sollte Gerrard recht haben, haben unbequeme Dinge wie Forschungs- und Redefreiheit an der Uni bald nichts mehr zu suchen. Nur – wofür braucht’s dann noch Universitäten?

Das ist der Punkt: Viele amerikanischen Firmen sind bereits an dem Punkt, an dem sie Universitäten nicht mehr brauchen und sie für sie nichts mehr wert sind.

In den USA gibt es bereits viele verzweifelte Studenten und Absolventen,

  • die früher schon höher studienverschuldet waren, als sie durch ein Studium mehr verdienen konnten, als ein Unstudierter, also schon negativen Studienerfolg hatten,
  • inzwischen aber schon höher verschuldet sind, als sie überhaupt im restlichen Leben noch verdienen können, also studienruiniert sind,
  • und in nicht wenigen Fällen obendrein noch so kaputt sind, dass sie gar nichts mehr verdienen können, sich also auch ohne Berücksichtigung der Studienschulden schon nicht mehr ernähren könnten.

Gleichzeit tritt der Effekt auf, dass immer mehr Forschungsergebnisse nicht mehr an Universitäten, sondern an privatrechtlichen Firmen erzielt werden. Als ich angefangen habe zu studieren, kamen von amerikanischen Universitäten noch solche Dinge wie BSD-Unix oder X11, das Athena-Projekt, Kerberos und so weiter. Mittlerweile fällt mir nicht mehr viel ein, was da noch kommt, außer einem enormen Deppenauswurf. Die Anforderungen sind kaputt und oft auf Null, oder werden willkürlich festgesetzt, um Frauen zu fördern und Weiße und Südostasiaten raus- und Schwarze und Hispanics reinzukriegen, und immer mehr Studieninhalte durch Deppengeschwätz ersetzt. Ich hatte vor längerer Zeit mal berichtet, dass sich amerikanische Strafrechtsprofessoren nicht mehr trauen, Sexualstrafrecht in Vorlesung und Prüfungen überhaupt anzusprechen. Sie produzieren damit aber die Deppen, die später als Richter in Sexualstrafsachen urteilen oder als Anwälte Leute verteidigen sollen und müssen.

Wir stehen vor dem Zusammenbruch unseres Gesellschaftssystems und der Einsturz der Universitäten sind ein ganz wesentlicher Schadens- und Ursachenaspekt dabei. Und ursächlich sind Suffragetten, Gender Studies, Frauenquoten, Feminismus.