Ansichten eines Informatikers

ZDF-Böhmermann: Twitter hat mir den Account gesperrt…

Hadmut
8.9.2019 11:23

Die politische Zensur galoppiert.

Ich hatte doch einen Tweet abgesetzt, in dem ich Jan Böhmermann vom ZDF mit diesem Video zitiert hatte:

und dazu geschrieben:

Liebe Sachsen, das zwangsbeitragsfinanzierte #ZDF möchte Euch gerne bombardieren, Dresden niederbrennen. Sterbt schön.

Dazu gab’s nicht nur erstaunlich viele Reaktionen auf Twitter, durchweg gegen Böhmermann, sondern ich bekam auch drei Mails von Twitter.

Erste Mail, 07.09.19, 15:18

Zweite Mail, 07.09.19, 17:51

Dritte Mail, 08.09.19, 10:06

Das heißt, dass sie zweimal festgestellt haben, dass ich nicht gegen ihre Regeln verstoßen habe, und dann plötzlich behaupten sie, ich hätte es doch getan, sagen aber nicht, gegen welche und womit.

Man wird nun also schon bei Twitter dafür gesperrt, dass man aus den Sendungen des ZDF zitiert.

Wohlgemerkt: Ich hatte ja gar nicht zu Gewalt aufgerufen, sondern das ZDF dafür kritisiert, dass es das tut.

Offenbar lag es also nicht am Inhalt selbst, sondern daran, dass auf den Tweet ziemlich viele Reaktionen hochkochten, es also politische Wirkung hatte, die man nicht haben wollte. Irgendwer hat da interveniert und versucht, das dumme Geschwätz Böhmermanns wieder einzufangen, indem er gegen meinen Tweet vorgegangen ist.

Quintessenz: Wenn’s der Böhmermann sagt, ist es prima, wenn der Danisch ihn aber einfach zitiert, dann muss das gestoppt werden.

Die Sperrung

Twitter lässt wissen, dass sie nicht einfach nur den Tweet, sondern den ganzen Account für 12 Stunden gesperrt haben. Ich kann mich nicht mehr einloggen, auch Profilangaben usw. nicht mehr ändern. Man stellt mich vor die Wahl, entweder gesperrt zu bleiben oder diesen Tweet zu löschen. Was ich natürlich nicht getan habe. Aber letztlich läuft das darauf hinaus, dass sie nicht sagen, was daran faul sein soll, sondern einen zu erpressen versuchen, dass man das freiwillig löscht.

Die Wirkung

Ganz klar: Die aufkommende Diskussion am Sonntag (wo sie alle Zeit zum Twittern haben) zu unterbinden. Direkter Demokratie-Angriff.

Wer steckt dahinter?

Weiß ich nicht. Man erfährt ja gar nichts, man erfährt nicht mal, womit man wogegen verstoßen haben soll.

Da aber Böhmermann selbst hinter etlichen Sperraktionen, einer Sperrliste, und diesem Reconquista-Internet-Projekt steckt, liegt natürlich der Gedanke sehr nahe, dass das aus dem Böhmermann-ZDF-Umfeld-Sumpf kam.

Widerspruch und Datenschutz

Man kann da ja bei Twitter „Widerspruch” einlegen.

Was ein Witz ist.

Die Erpressung der Mobilfunknummer

Zuerst erpressen sie die Eingabe der Mobilfunknummer. Bisher hatte ich die aus gutem Grund nicht angegeben, ich will einfach nicht, dass ein Laden wie Twitter meine Mobilfunknummer kennt. Aber man kann den Widerspruch nur einlegen, wenn man einen Code eingibt, den man per SMS bekommt, also nicht mal die Festnetznummer angeben. Wozu sie die Mobilfunknummer brauchen, um einen Widerspruch zu bearbeiten? Nicht erkennbar. Klarer Datenschutzverstoß.

Datenschutzbeauftragter von Twitter? Ich habe noch keinen gefunden.

Das Widerspruchseingabefeld

Man bekommt da so ein ganz winziges Fensterchen, ich hab’s nicht nachgezählt, aber so gefühlt 30 Zeichen x 2 Zeilen, und selbst wenn man es aufzieht, ist da nach ungefähr 165 Zeichen Eingabe Schluss, mehr kann man nicht eingeben.

So sieht also das „Widerspruchsrecht” bei Twitter aus: 165 Zeichen.

Grundrechte

Das muss man sich mal klarmachen, was da abläuft:

ZDF-Böhmermann spielt sich ja ständig als der große Grundrechtsverteidiger auf, es ist ja eine ständig wiederkehrende Figur in der Sendung, dass ein oder mehrere Leute, die als Grundgesetz-Buch verkleidet sind, da rumlaufen.

Macht man aber von seinem demokratischen Recht auf Meinungsäußerung Gebrauch, wird das sofort unterbunden, wie einst (?) bei der Stasi.

Das ZDF und das Recht

Sahnehäubchen obendrauf:

Vermutlich geht das auf das Netzdurchsetzungsgesetz von Heiko Maas zurück.

Ich war doch 2017 auf einer Konferenz von Netzwerk Recherche im NDR in Hamburg, und hatte mich dort vor versammelter Journalistenschaft lautstark mit dem Staatssekretär Gerd Billen angelegt, weil der für das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eintrat, aber nicht sagen konnte, wie ein Rechtsweg aussieht, wenn man zu Unrecht gesperrt wird.

Er gab einfach die Meinung wieder, dass das doch alles rein privatrechtlich abliefe, der Staat damit nichts zu tun habe, und sich das nach den AGB richte, wonach man gar kein Recht auf Veröffentlichung habe und der Provider sperren kann, wozu er Lust hat, es also gar kein Rechtsschutzbedürfnis gebe, weil man ja gar kein Recht habe. (Drinnen sagte keiner was, aber danach im Kleinen in der Warteschlange an der Currywurstbude sagten mir einige, ich hätte eine Sternstunde des Journalismus geliefert…)

Die blonde Moderatorin war ziemlich still und harmlos, war da überhaupt nicht auf Angriff oder Kritik vorbereitet, und saß auch bei der Auseinandersetzung Danisch ./. Billen nur mit großen Augen staunend da und sagte zur Sache eigentlich gar nichts.

Wer war die still staunende blonde Moderatorin?

Sarah Tacke vom ZDF – Fernsehmoderatorin, Journalistin, promovierte Juristin, Mitglied der Atlantik-Brücke, stellvertretende Leiterin der ZDF-Redaktion Recht und Justiz.

Da kommt ja mal wieder alles zusammen. Nur die Grundrechte nicht.