Ansichten eines Informatikers

FDP: Betrug und Untreue hinter Plagiats-Promotionen?

Hadmut
30.3.2012 15:17

Wow. Wahnsinn. Ein Leser hat mich gerade mit einem Kommentar zu einem anderen Blog-Artikel auf etwas gebracht, woran ich bisher noch gar nicht gedacht habe.

Bisher dachten immer alle, auch ich, daß hinter den Schummel-Promotionen der FDP-Politiker Silvana Koch-Mehrin, Jorgo Chatzimarkakis und Bijan Djir-Sara im wesentlichen die Absicht stand, sich mit einem unverdienten Doktor-Grad zu schmücken und auf Wahlplakaten schlau daherzukommen.

Nun schreibt mir aber ein Leser, daß es angeblich womöglich vielleicht sein könnte, daß die alle drei dreijährige Promotionsstipendien der Friedrich-Naumann-Stiftung bekommen hätten, die laut Wikipedia erstens eine Stiftung der FDP ist und zweitens aus öffentlichen Mitteln, hauptsächlich der Ministerien finanziert wird (wie paßt das überhaupt zusammen?).

Wenn das so wäre – was ich noch nicht weiß, vielleicht stimmt es, vielleicht auch nicht – dann würfe das Fragen auf.

  • Wieso fördert eine FDP-Stiftung aus öffentlichen Geldern und unter dem Anschein der Begabtenförderung ihre eigenen Politiker, an deren Begabung – drücken wir das mal zurückhaltend aus – in der Bevölkerung gewisse Zweifel entstanden sind?
  • Warum bekommt jemand drei Jahre lang ein Promotionsstipendium, wenn er in dieser Zeit doch nichts vernünftiges an der Promotion gearbeitet hat, sonst hätte er ja nicht abschreiben müssen?
  • Müßte man nicht auch das Stipendium zurückzahlen, wenn sich herausstellt, daß der Doktorgrad erschwindelt war und entzogen wurde?
  • Ging es hier vielleicht gar nicht in erster Linie um den Doktor, sondern um das Herauspumpen von Geldern aus Ministerien in die privaten Taschen von FDP-Politikern und die Promotion war eigentlich nur Tarnung?
  • Stinkt das nicht nach Betrug und Untreue?
  • Wär das nicht insgesamt ziemlich dreist? Nichts arbeiten, aber dafür dann drei Jahre Stipendium aus Ministerien und einen Doktor obendrauf bekommen? Boah!
  • Es ging doch gerade durch die Presse, daß die FDP daran schuld sei, daß diese Schlecker-Transfergesellschaft nicht zustandekam und deshalb tausende Schlecker-Drogerieverkäuferinnen arbeitslos auf der Straße stehen.

    War das vielleicht so gedacht, daß den Schleckerinnen besser als mit einer Transfergesellschaft mit so einem dreijährigen Promotionsstipendium und einem Doktorhut geholfen wäre? Wäre dann doch im Sinne der FDP.

Wie gesagt, alles nur Gedanken für den Fall, daß es so gewesen wäre. Weiß ich ja noch nicht.

Ich hab mal bei der Stiftung nachgefragt, ob das stimmt. Wenn es stimmt, wäre das eigentlich ein Fall für die Staatsanwaltschaft und den Bundesrechnungshof.

12 Kommentare (RSS-Feed)

Marion
30.3.2012 15:45
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“(wie paßt das überhaupt zusammen?”

Parteienfinanzierung, Selbstbedienungsladen

“Wieso fördert eine FDP-Stiftung aus öffentlichen Geldern”

Weil es sie nichts kostet sie aber vielleicht ienen Vorteil daraus zieht.

“Müßte man nicht auch das Stipendium zurückzahlen”

Nein, es geht hier um Politiker die unser Geld veruntreut haben, nicht umgekehrt (dann ja).

“Stinkt das nicht nach Betrug und Untreue”

Ja, aber ist das neu? Und unternimmt jemand was dagegen, weil es mal wieder passiert oder mal wieder öfentlich wird?

“Nichts arbeiten, aber dafür dann drei Jahre Stipendium aus Ministerien und einen Doktor obendrauf bekommen?”

Nenne mir mal einen Politiker der sein Geld für was sinnvolles bekommt, also s. vorherige Antwort.

“Es ging doch gerade durch die Presse, daß die FDP daran schuld sei, daß diese Schlecker-Transfergesellschaft nicht zustandekam und deshalb tausende Schlecker-Drogerieverkäuferinnen arbeitslos auf der Straße stehen.”

Da kriege ich das kotzen bei solchen Verdrehungen. Transgergesellschaften sind arbeitsmarktverzerrender Schwachsinn. Schuld an den Entlassenen ist ihr ehem. Arbeitgeber, sonst niemand.

“Wenn es stimmt, wäre das eigentlich ein Fall für die Staatsanwaltschaft und den Bundesrechnungshof.”

Die eine Krähe…


Torsten
30.3.2012 16:03
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Der Spiegel hatte da schon was zu: http://www.spiegel.de/unispiegel/studium/0,1518,775479,00.html

Alle drei wurden wohl gefördert.


Torsten
30.3.2012 16:11
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…wobei sich das mit Bijan Djir-Sara aus der Wikipedia ergibt und nicht aus dem Spiegelartikel.


Knut Grunwald
31.3.2012 10:14
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@Marion:
“Transgergesellschaften sind arbeitsmarktverzerrender Schwachsinn. Schuld an den Entlassenen ist ihr ehem. Arbeitgeber, sonst niemand.”

Da sollten Sie nochmal drüber nachdenken. Transfergesellschaften sind eine Form der Risikoübertragung. Nach dem Übertritt kann der Arbeitnehmer keine Kündigungsschutzklage mehr einreichen. Dafür zahlt der Arbeitgeber etwa 20-30 % des bisherigen Bruttogehalts. Bei 6 Monaten also weniger als die “übliche” Abfindung bei drei Jahren Firmenzugehörigkeit.

Desweiteren vermeidet der Übertritt Kündigungsschutzfristen, denn er ist ja freiwillig. Bei iner Insolvenz wäre zudem zu prüfen, ob von den Arbeitnehmern noch Gelder für die Insolvenzmasse zurückzufordern sind.

Insgesamt sind Transfergesellschaften eine gute Methode um die Finanzen der Restgesellschaft zu bereinigen und jahrelange Hin- und Herklagen zu vermeiden. Da Anwälte nicht gerade gering verdienen ist das insgesamt billiger für die Firma und den Staat, da viele der Beschäftigten ja wahrscheinlich im Bereich der Prozeßkostenbeihilfeberechtigten liegen.


yasar
31.3.2012 11:59
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Trqansfergesellschaften sind ein Witz. Es wäre sinnvoller das Gele den Leuten direkt in die hand zu drücken, statt irgendwelchen “Verwaltern” der Transfergesellschaft damit noch zusätzliches Einkommen zu geben.

Und wenn der ehemalige Arbneitgeber nicht jahrelang mit Klagen sich auseinandersertzen will, soll er halt ordenliche Abfindungen zahlen.


FF
31.3.2012 18:20
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Diese “parteinahen” Stiftungen sind ohnehin der Wahnsinn. Die besitzen ein mehr oder weniger weltweites (!) Netz an Dependancen, beschäftigen zigtausende Leutchen und verfügen über stattliche Etats aus Steuermitteln.

Gut, sie verwalten jede Menge Nachlässe und Deposita von Politikern und anderen ehemals oder aktuell irgendwie bedeutsamen Knilchen. Aber auch die sind irgendwann fix und fertig verzeichnet und archiviert.

Dann wären da noch ein diffuser “gesellschaftlicher Bildungsauftrag” und jede Menge mehr oder minder seltsame Forschungsprojekte – fast durchweg zum Gähnen. Gedruckt, veröffentlicht (wenn überhaupt!), vergessen.

Ferner veranstaltet man angelegentlich Konferenzen, Kongresse, Tagungen, Workshops – ausschließlich in reizvoller Umgebung, gibt in hauseigenen Kleinverlagen ein paar Zeitschriften, Broschürchen und Blättchen heraus.

Achtzig Prozent der Arbeitszeit dürften für interne Intrigen und allein draufgehen, externe Forscher abzuwimmeln, die bestimmte Quellen einsehen wollen bzw. Bewerber für Graduiertenstipendien in entwürdigenden, nicht selten mehrjährigen Prozeduren auszusieben. (Am Schluß bleiben dann meist heroische Gestalten wie Niels Annen (who?), Koch-Mehrin oder Andrea Nahles übrig.)

Das alles vollzieht sich ohne jeden Leistungsdruck, ohne jegliche externe Kontrolle, abseits der Medien und bei völligem Desinteresse der Öffentlichkeit.

Eines der letzten ungefährdeten Paradiese auf Erden.


energist
31.3.2012 21:24
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Dabei ist die Friedrich-Naumann-Stiftung von all den Parteinahen Stiftungen noch die einzige, die tatsächlich ein Stiftungsvermögen besitzt. Das allerdings verschwindend gering ist. Die anderen heißen zwar so, sind aber keine Stiftungen im üblichen Sinne.

Diese Vereine sind, das haben Sie, werter Hadmud, völlig richtig erkannt, reine Zweckgesellschaften, die genau zwei Zwecke haben:

1. möglichst viel Kohle an politische Freunde zu schleusen. Stipendien werden an genehmen Nachwuchs vergeben, Netzwerke aufgebaut, Reisen und Unterstützungen fließen… und da das ausnahmslos alle Parteien machen, geht das „schon in Ordnung so“.

2. „Studien“ und Positionspapiere nach Parteimeinung heraus… äh, bei renommierten Forschungsinstituten, ach was, -institutionen in Auftrag zu geben. Nur die Besten der Besten… und mit dem jeweils passenden Parteiausweis. Dann steht glücklicherweise vorher auch schon das Ergebnis fest.


Ich sehe das Problem auch eher in der Existenz der Stiftungen.

Reich wird man durch so ein Stipendium nicht. Sollte man es wirklich darauf anlegen, unverdient viel Geld abgreifen zu wollen, ist das eine der dümmsten Möglichkeiten. Wenn man in den Geisteswissenschaften promovieren will, wo es nur wenige Promotionsstellen gibt, ist ein Stipendium für Viele der einzige Weg, das zu finanzieren, und dabei lebt man alles andere als im Luxus. (Ich gehe natürlich davon aus, dass man Vollzeit an der Promotion arbeitet, und nicht nebenbei einen gut bezahlten Job hat!)

Also wegen dem Geld haben sie es eher nicht gemacht. Aber es klingt halt schon gut, wenn man sagen kann, Stipendiat zu sein.

Und dass die Stiftungen ihre eigenen Leute fördern, ist kein Wunder. Die Friedrich-Naumann-Stiftung fördert Leute mit “wachem Interesse für Politik” und “liberales Engagement”; tja, wo findet man die wohl?

Aber unter “Stiftung” verstehe ich eben das Vermögen eines Stifters (der mit seinem Geld tun und lassen kann was er will), und nicht die Bundesgießkanne mit gelbem Brausekopf vorne drauf. Das irritiert mich schon.


FF
1.4.2012 11:41
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@ Christoph Moder

Sie schreiben da: “Sollte man es wirklich darauf anlegen, unverdient viel Geld abgreifen zu wollen, ist das eine der dümmsten Möglichkeiten.
[…]
Also wegen dem Geld haben sie es eher nicht gemacht. Aber es klingt halt schon gut, wenn man sagen kann, Stipendiat zu sein.”

Herr Moder, ich fürchte, Sie verkennen die Lage etwas. Es geht doch nicht um die rund 1000 Euro im Monat Stipendium! Darauf sind die meisten seltsamerweise dann eh nicht angewiesen, weil sie noch auf andere Quellen zugreifen können.

Es geht um die Eintrittskarte zum Karriere-Lift! Um die Netzwerke.

Rechnen Sie doch einfach mal hoch, welche Karriere- und welche Verdienstmöglichkeiten sich etwa für Frau Koch-Mehrin über diese Schiene eröffnet haben.

Die Frau hat mit Anfang vierzig ausgesorgt. Wohlgemerkt: obwohl sich ihre Dissertation als Fälschung erwiesen hat. In jeder anderen “Branche” wäre das völlig undenkbar.


Nach meinen Kenntnissen war die Promotion des Herrn Chatzimarkakis bereits der 2. Versuch – diesmal ohne Stipendium der Stiftung.
Der erste Promotionsversuch mit ebendiesem Stipendium wurde aus mir nicht bekannten Gründen abgebrochen.

Wie heisst es so schön? Aller guten Dinge sind drei und deswegen möchte er mit jetzt erlangter Rechtssicherheit irgendwann demnächst einen dritten Promotionsversuch starten. 😉


Marion
1.4.2012 14:57
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@Knut Ganz genau das meinte ich als ich sagte dass Transfergesellschaften Schwachsinn sind. In einem sinnvollen Rechtssystem gäbe es diese risiken nicht, aus welchen man sich mit Transfergesellschaften und vielem anderen herauslavieren müsste.

@yasar Niemand entlassenes könnte klagen, wenn wir in einem sinvollen Rechtssystem leben würden. Es ist die Sache des Arbeitsgebers ob er einstellt oder entlässt.


lothar
3.4.2012 15:27
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@marion: Sind Sie sich klar darueber, dass der sogenannte Arbeitsmarkt kein Markt im Sinne von Produktmarkt ist? Und dass selbst letzterer nicht im reinen Sinne existiert? Bitte rechnen Sie sich doch mal den Subventionsbetrag pro Arbeitsplatz bei der HRE aus. In einem sinnvollen Rechtssystem waeren diese und Griechenland einfach pleite gegangen.