Ansichten eines Informatikers

Urheberrechtsfrage der Woche

Hadmut
7.7.2011 23:41

Wenn ein Affe sich ohne Zutun eines Menschen (mal – zum Zwecke des Disputs – angenommen, es war kein Fake sondern echt) eine Kamera nimmt und sich selbst fotografiert, und dabei ein Spitzenfoto herauskommt (oder auch, wie gelegentlich üblich, Affen und Elefanten mit dem Pinsel Bilder malen), wer hat dann eigentlich die Urheberrechte? Kein Mensch war Schöpfer des Werkes. Ist es überhaupt ein Werk? Kann ich so ein Bild risikolos kopieren und auf meine Webseite packen?

18 Kommentare (RSS-Feed)

Andreas
8.7.2011 0:51
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Diese Thema scheint gerade noch mehr umzutreiben: http://wirres.net/article/articleview/5820/1/6/


Hadmut
8.7.2011 1:06
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Oh, danke für den Hinweis. Sehr interessant.

Ich hab mal die Agentur angeschrieben und gefragt, wie sie zu dem Copyright gekommen sein wollen. Mal sehen, ob und was sie antworten.


Ich gehe mal davon aus, daß das im Tierpark Berlin passiert ist (wegen des Disputs…).
Die “Fotos” sind weder Lichtbildwerke noch Lichtbilder. Es gibt ja keinen Schöpfer, und somit auch keinen Urheber der Lichtbilder/-werke. De jure kann der Schöpfer nur ein Mensch (oder eine Frau… *Scherz*) sein, da Gesetze eben nicht für Tiere gelten. Zumindest in unseren Gefilden hier… Das wird in diesem Falle auch durch § 2(2) Urhg deutlich: “Werke im Sinne dieses Gesetzes sind nur PERSÖNLICHE geistige Schöpfungen.” Die “Fotos” wären bis jetzt also gemeinfrei. Das ist in etwa die gleiche Situation wie bei der Skulptur, die sich aus/mit/um meinen ABWASCH gebildet hat…

Wenn der Eigentümer der Kamera aber beim Betrachten der Bilder auf den Gedanken gekommen ist, daß das ja ein Kunstwerk ist, was er da gerade in den Händen hält, so ist in diesem Moment ein nach § 2 Urhg geschütztes Werk entstanden, da ja jetzt eine PERSÖNLICHE geistige Schöpfung vorliegt. Nämlich das Erkennen des “Kunstwerks”. Und somit ist der “Erkenner” zum Urheber geworden.


yasar
8.7.2011 9:36
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Wie ist das eigentlich mit dem Copyright/Urheberrecht in folgenden Fällen:

1. Man bittet einen Passanten, ein Foto von einem selbst zu machen, z.B. vor irgendeinem Panorama (typische Touristensituation). Ist derjenige, der den Auslöser drückt der Inhaber der Rechte, oder der Eigentüme der Kamera, der diesen Passanten gebeten hat, ihn zu fotografieren?

2. Was ist mit dem automatischen Selbstauslöser? Photograph stellt ein Motiv ein, aktiviert selbtsauslöser, verheddert sich, Kamera wird in eine zufällige Position geschoben, Selbstauslöser löst aus. Tolles Bild entsteht. Ist nun der Photograph Urheber oder nicht?

3. Kamera liegt auf dem Tisch. Irgendein Kumpel will Streich spielen, nimmt die Kamera, macht ein paar “blöde” Bilder, udn legt die Kamera unauffällig wieder hin. Hinterher hat der Eigentümer ein Riesenerfolg mit den “blöden” Bildern. Wer hat hier nun die Urheberrechte?

4. Kumpel leiht sich Kamera offiziel aus, Machte Bilder, ziht sie sich runter, vergißt diese aber zu löschen bevor er die Kamera zurückgibt. Der Eigentümer verwertet die Bilder.Hier würde ich eindeutig die Rechte dem Kumpel zuordnen.

Wenn man diese Fragen eindeutig beantworten könnte, sollte es auch möglich sein, die Rechte der “Affenbilder” zuzuordnen. Aber ich gehe davon aus, daß i.d.R. das Urheberrecht dem zugestanden wird, der der Bestzer der Kamera ist. Also In den Fällen 1 bis 3 der Eigentümer, im Fall 4 der Kumpel. Daher dürfte wohl weitgehend ein Konsens bestehen, daß die “Affenbilder” dem Fotografen gehören.


Ahoi,

@yasar: (ianal, aber Fotograf)
1) Urheber sind beide. Der Tourist für das erkennen und konstruieren des Bilds, der Passant für das anfertigen. Theoretisch könnte der Passant eine Kopie verlangen.

2) Der Photograph hat das Urheberrecht. Ob man ein Bild mit Glück oder Können gemacht hat spielt da keine Rolle.

3) Der Kumpel hat das Urheber und alle Verwertungsrechte -> Muss es nur glaubhaft machen das er die Bilder gemacht hat. Der Eigentümer der Kamera kann dann natürlich Beteiligung fordern für das unerlaubte Benutzen seines Eigentums.
(vergleiche z.B. die Situation: Ich klau mir eine Kamera und mach damit Bilder: Urheber bin natürlich ich auch wenn mir das Werkzeug nicht gehört. / oder denk mal an Grafitti das ja auf Oberflächen angebracht wird die dem Urheber nicht gehören.)

4) Eindeutige Situation. Der Kumpel hat die Rechte und Basta, keine Diskussionen.

Zu den Tieren:
Tiere haben selber kein Recht auf Urheberschaft, wohl aber ihre Besitzer / Eigentümer an der Werken der Tiere (da gabs mal ein Urteil zu, ich finds aber grad nimmer; Da ging es um Katzen die Bilder malen. Argumentation war das die ursprüngliche Urheberschaft die Dressur der Katze war) Hat das Tier keinen Eigentümer (wie bei den Affen) wirds spannend. Ich würde erwarten das die Bilder dem Fotografen zugesprochen werden da dieser den Affen ja initial gezeigt hat wie die Kamera zu bedienen ist (oder so) und man diesen Akt als ‘Dressur’ betieteln kann.

Grüße

Angelo


Ja ja, das Fotorecht… 😉 Da ich selber Fotograf u.a. von/für http://www.weloveberlin.com bin, befasse ich mich mit diesem Thema recht intensiv

Zu 1: Der Passant ist nicht der Rechteinhaber, aber der Urheber des Bildes, da er (der P.) auf den Auslöser gedrückt hat. Und genau darauf kommt es an. Wer drückt, ist der Urheber, aber nicht immer der Rechteinhaber. Der Kamerabesitzer ist in diesem Falle der Rechteinhaber.

Zu 2: Ja! Wenn in diesem Moment auch kein Lichtbildwerk, sondern “nur” ein Lichtbild entstanden ist, so hat der Fotomensch den Auslöser gedrückt. Ob dieser mit oder ohne Zeitverzögerung reagiert, ist egal.

Zu 3: Der “Streicher” ist Urheber. Und da er es ja billigend in Kauf genommen hatte, daß die Bilder dem Kameraeigentümer in die Hände fallen, ohne daß der K.-E. weiß, wer der “Streicher” ist, verzichtete der S. durch konkludentes Handeln auf die Verwertungsrechte.

Zu 4: Hier ist der Kumpel eindeutig Urheber und Rechteinhaber.

Viele Informationen zum Thema “Foto und Recht” gibt’s auf: http://www.rechtambild.de/ .


Hadmut
8.7.2011 10:38
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@Bleistiftanstumpfer: Stimmt so auch nicht. Urheber ist der Schöpfer, nicht der Drücker.

Die Schöpfung beim Bild liegt in der Gestaltung usw., dazu zählt das Arrrangement des Motivs, etwa auch besondere Einstellungen an der Kamera (Schärfentiefe) usw., während das bloße Drücken des Knopfes keine schöpferische Tiefe hat. Wenn ich mir also ein Motiv ausdenke, die Kamera einstelle, alles plane (evtl. noch ein Stativ einsetze) und dann irgendwen bitte, mal auf den Knopf zu drücken, erwirbt er dadurch keine Urheberschaft, weil die schöpferische Tiefe fehlt.


Jan
8.7.2011 11:06
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1) Könnte man auch argumentieren, dass es sich um eine Auftragsarbeit handelt, bei der der Passant freiwillig auf seine Vergütung verzichtet? Ich habe ja den Passanten mit dem Anfertigen des Fotos beauftragt in der offensichtlichen Absicht, das Foto später (wie auch immer) verwerten zu können.


@ Hadmut: Urheber ist nach laut UrhG § 7 der Schöpfer eines Werkes. Und eine Fotos entsteht ja durch das Belichten des lichtempfindlichen Films/Chips in dem Moment, in dem der Auslöser betätigt wird (bzw. nach gewollter Verzögerung). Der Foto-Schöpfungsakt dauert demzufolge exakt so lange, wie die Blende offen ist. Die Vorbereitungen, so z.B. das Drapieren von Requisiten, Belichtungsmessungen, theoretische Planungen e.t.c. sind natürlich unbestreitbar wichtig für das Foto, haben aber nichts mit der Bildschöpfung unmittelbar zu tun.
Das wäre ja so, als wenn man zur Entstehung – also der Schöpfung – eines Ölgemäldes auch das Basteln des Rahmens und das Weben der Leinwand zählen würde.


Hadmut
8.7.2011 11:41
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Stimmt einfach nicht. Zumal Schöpfung eine Schöpfungstiefe voraussetzt, und die ist beim bloßen Druck auf den Auslöser nicht gegeben.


Hat der Drücker nicht konkludent durch Annahme und Rückgabe der Kamera eines Fremden zugestimmt, die Verwertungsrechte am Bild an den Inhaber der Kamera abzutreten? Was, wenn Kamerabesitzer und Überreicher nicht übereinstimmen? Wie ermittelt man später den Urheber? Justiz im Rekursionskarussel. Besser, man kotzt sich vorher aus. Schöpfungstiefe? Auch Kleine Münze ist zu schützen.

Carsten

Was Mielke sich einst ausgedacht
hat Merkel heuer wahr gemacht


Hadmut
8.7.2011 14:34
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Dazu müßte er sie erst mal gehabt haben, außerdem stünden dann immer noch die Urheberpersönlichkeitsrechte zur Frage.


@yasar

1 ist wirklich fies.

Am besten immer drei Leute bitten dasselbe Foto zu machen. Dann ist wie bei der Giftspritze nicht klar wer es gemacht hat und keiner kann Ansprüche durchsetzen. 😉

Als wenn es nicht schon unangenehm genug wäre die Kamera irgendjemand in die Hand zu geben. Nachher läßt er sie fallen oder rennt einfach mit dem Teil weg.


Siap1984
8.7.2011 16:38
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Also der Affe hat kein Urheber- oder Leistungsschutzrecht an dem Bild.

Auch derjenige, der darin Kunst zu entdecken meint, wird nicht automatisch Schöpfer dieses Werkes. Das reine Auffinden eines Objekts macht noch keine individuelle schöpferische Leistung. Dazu müsste der Finder das Gefundene schon noch in einen bestimmten Kontext setzen etc.

Allerdings kann der Affe als Instrument eines Menschen zu einer Werkschöpfung führen. Etwa wenn Affen beim Auslösen eine charakteristische Bewegung machen, die dem Bild einen bestimmten Effekt geben etc. Ist aber etwas konstruiert.

1. Passant: Selbst bei Annahme einer kleinen Münze fehlt bei einem reinen “Schnappschuss” die nötige minimale Individualität, ausgedrückt durch die sog. Schöpfungshöhe. Schwer, die abstrakt zu bestimmen, aber um diese Schwelle zu überschreiten, muss das Foto das Alltägliche zumindest ein wenig dadurch übertreffen, dass es durch den Fotografen etwas “Besonderes” gegenüber anderen Bildaufnahmen ähnlicher Art erhält (wachsweich, ich weiß). Somit: Inhaber des Leistungsschutzrechts an dem Foto ist der Tourist. Ob er daran Verwertungsrechte hat, oder ob er auf diese ggü. dem “Auftraggeber” verzichtet, ist eine andere Frage.

2. Selbstauslöser: Es bedarf keines Willens, keines Bewusstseins und keines bestimmten Plans oder Konzepts, um ein Werk zu schaffen. Allerdings wird bei reinen Zufallsprodukten die Individualität näher zuz klären sein.

3. Die Leistungs- oder Urheberrechte liegen beim Fotografen. Im Ausgangspunkt hat er die Verwertungsrechte.

4. Ja, der Kumpel hat die Rechte.

Wg. § 72 I UrhG macht sich übrigens bei noch lebenden Lichtbildnern kaum jemand die Mühe, die Werkqualität der Bilder festzustellen, da diese jedenfalls als Lichtbilder geschützt sind. Daher ist es im Ergebnis erstmal egal, ob Schöpfungshöhe/Individualität (kleine Münze) vorliegt oder nicht.

Übrigens: Auch derjenige, der nicht den Auslösevorgang beherrscht, kann Urheber des entstehenden Bildes sein, zB wenn er die Bildkomposition bestimmt und lediglich (aus welchen Gründen auch immer) eine Hilfsperson den Knopf drücken lässt. Das Bild hat in diesem Fall seinen Gehalt durch den nicht abdrückenden erhalten. In solchen Konstellationen kann aber auch eine Miturheberschaft durch beide vorliegen.


Stefan W.
9.7.2011 3:29
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Wenn ich dem Passanten alles fertig übergebe, inkl. Ausschnitt, Belichtung, Entfernung usw., und dieser muß nur noch mich mit Y. vor dem Eiffelturm knipsen, dann => keine Schöpfungshöhe.

Wenn der Tourist mich aber weiter nach rechts schickt, und nochmal hier und da dreht, dann würde ich sagen er ist Schöpfer, aber hat, konkluend handelnd, die Verwertungsrechte stillschweigend an mich abgetreten, (ob ich nun Besitzer der Kamera bin oder meine Mutter). Das ist einfach Usus im Tourismusgeschehen.

Der Affe der sich der Kamera bemächtigt ist faktisch Urheber, ohne es rechtlich zu werden – ‘gemeinfrei’ ist auch mein Fazit. Allerdings, wenn ich als Fotograf es zur Masche mache, Affen an Kameras heranzuführen, die affig präpariert sind, dann kann ich behaupten, dass der Affe selbst zu meinem Instrument geworden ist, und ich der wahre Urheber (Concept-Art).


§ 2 (2) UrhG grenzt m. E. n. mit der Bestimmung “persönliche geistige Schöpfung” Werke aus, die allein bzw. automatisiert durch Maschinen oder andere technische Mittel entstehen und dabei nicht unter der Herrschaft eines persönlichen Urhebers stehen.

Die definitorische Engführung auf “Menschen” ist insofern problembehaftet, als damit die Fähigkeit zur persönlichen geistigen Schöpfung nur dem mit geistiger Gesundheit, Bewußtsein und Willensfreiheit ausgestatteten Wesen zugesprochen wird. Doch können auch schwer geistig behinderte bzw. kranke Menschen Schöpfer/Urheber von Werken sein, ohne daß eindeutig eine verbindliche Aussage über den Grad des (Schöpfungs-)Bewußtsein gemacht werden könnte.

Insofern nenne ich den beispielhaften Affen den “Urheber” des Lichtbildes (Werkes), was in dem Fall vor allem die wahreitsgemäße Urhebernennung nach sich zieht. Der Pfleger oder die Anthropologin könnte sich rechtmäßig nicht als “Urheber” des Lichtbildes ausgeben.

Hinsichtlich der Verwertungsrechte halte ich eine Einordnung als apriori “gemeinfrei” für nicht richtig. Denn auch die Werke von rechtlich Unmündigen (nicht rechtsfähigen Urhebern) sind nicht von vornherein als gemeinfrei anzusehen. Vielmehr sehe ich die Verwertungsrechte eines durch einen Affen entstandenen Lichtbilds bei jener juristischen oder natürlichen Person liegen, die entweder Eigentümer der Kamera(ausstattung) ist (vgl. Touristen-Frage) oder in deren Obhut sich das Tier befindet (Reservat, Tiergarten usw.).

Eine rechtmäßige Lizensierung zur kostenpflichtigen Verwertung halte ich also für möglich, mit allen Kosenquenzen, die sich aus den entsprechenden Verwertungsrechten ergeben.


Ralf Muschall
14.7.2011 19:59
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Wie ist die Rechtslage eigentlich bei Wesen, die *über* dem Menschen stehen und mit dessen Kamera etwas aufnehmen, z.B. http://www.youtube.com/watch?v=x5DyBkYKqnM oder http://www.science20.com/squid_day/squid_refuse_be_outdone_octopuses_film_themselves ?


Hadmut
14.7.2011 20:01
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Kürzlich gab es ja noch Fälle, in denen ein Vogel mit der Kamera weggeflogen ist, und irgendwas mit einer Meeresschildkröte war da auch mal…