Ansichten eines Informatikers

Nichts zum Fall Rittenhouse

Hadmut
20.11.2021 18:30

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser ist unzufrieden:

Hallo Hadmut,

ich vermisse noch Dein Statement zur erfolgten Freisprechung von Kyle Rittenhouse, den selbst ein greiser US Präsident Biden lieber lebenslänglich im Knast gesehen hätte.

Gottlob hat sich in der Jury der gesunde Menschenverstand durchgesetzt, ein weiteres gutes Zeichen zur Abkehr von woker Spinnerei und der Toleranz gegenüber linker Brandschatzung- und Lynchmobs.

„Recht auf Selbstverteidigung“
Jury spricht den Todesschützen von Kenosha in allen Anklagepunkten frei

https://rp-online.de/panorama/ausland/kenosha-jury-spricht-todesschuetze-von-kenosha-in-allen-anklagepunkten-frei_aid-64174533

Weiß ich nicht.

Ich weiß nicht, was ich dazu schreiben soll.

Ich habe es so am Rande, aber nur am Rande mitbekommen und keine Darstellung gefunden, die mir plausibel erscheint. Jeder zeigt und sagt heute nur noch das, was ihm gerade ins Konzept passt.

Worum geht es überhaupt?

Das weiß ich nicht mal so genau.

Ich habe es eigentlich nur mitbekommen, weil ich auf Twitter ein Bild eines gewissen Scott Carpenter und seiner Mutter Linda sah, aufgelöst vor einer Brandruine. Möbelhändler seien sie, in soundsovielter Generation, und nun habe man ihren Laden niedergebrannt. Hatte mich noch gewundert, über die Randala in „Kenosha“, dachte, das sei in Südafrika, die Rassenunruhen. Und mich noch gewundert, warum die Form der Ruine so amerikanisch aussieht. Um dann in den Kommentaren zu lesen, dass ich knapp daneben lag und das irgendwas mit Wisconsin zu tun habe.

Kenosha in Wisconsin. Näher bei Milwaukee als bei Südafrika.

Rassenunruhen in einer Folge von Rassenunruhen, bei denen ich längst sowohl den Überblick, wie auch das Interesse an den Einzelfällen verloren habe. Die neue US-Folklore eben.

Ich weiß nicht, was das ablief, man sollte das woanders nachlesen als bei mir. Im Januar gab es wohl Zoff, weil ein weißer Polizist dem schwarzen Jacob Blake sieben Mal in den Rücken geschossen hat. Der hat es überlebt, ist seither aber querschnittsgelähmt. Danach hat man aus Gründen der Gerechtigkeit Randale veranstaltet und unter anderem das Lager eines Autohändlers niedergebrannt, der damit gar nichts zu tun hatte.

Das große rustikale Diversitätsscheitern eben, business as usual.

Ich habe nicht mal verstanden, warum die auf den geschossen haben. Irgendwas mit Messer und SUV und Freundin und so weiter. Gab wohl einen Haftbefehl wegen sexueller Belästigung und häuslicher Gewalt gegen ihn, das in United Feministan Übliche.

Warum man ihm gleich siebenmal in den Rücken schießen musste, um seinen Angriff aufzuhalten, habe ich nicht verstanden. Rambo oder Dirty Harry wäre das nicht passiert, war aber wohl eher Police Academy.

Man befand den Polizisten wohl für unschuldig wegen Notwehr, und die Dinge nahmen den wohl üblichen Lauf.

Gewehrlauf, um genauer zu sein.

Es gab – natürlich, was sonst – wieder Unruhen, zu denen ein 17-Jähriger Idiot namens Kyle Rittenhouse im August aus Illinois eigens zur Teilnahme anreiste, selbstverständlich mit einem halbautomatischen AR-15 rifle, sieht so nach Sturmgewehr aus. Was man in den USA als Teenager eben so zu zünftigen Unruhen mitnimmt. Es heißt, er habe behauptet, den Autohändler schützen zu wollen, und deshalb auch Erste-Hilfe-Material mit sich geführt, der gute Junge.

Davon fühlten sich andere Idioten – vielleicht nicht ganz zu Unrecht – bedroht, hielten ihn für einen Amoktäter und stellten ihm nach. Wovon sich seinerseits Rittenhouse bedroht fühlte und zweieinhalb von ihnen erschoss. Zwei tot, einer schwer verletzt.

Ich hab’s wirklich nicht verstanden, das waren anscheinend nun alles Weiße, aber die Schwarzen haben wieder Randale veranstaltet, weil sie auch Randale veranstalten, wenn sich Weiße erschießen oder irgendsowas, ich habe es einfach nicht durchverstanden. Dabei nahm wohl auch der unbeteiligte Möbelhändler seinen besagten Schaden.

Nun hat man Rittenhouse gerade freigesprochen, er habe in Notwehr gehandelt.

Das mag befremdlich wirken, auch der Staatsanwalt meinte, dass man keine Notwehr gegen eine Gefahr ausüben könnte, die man selbst provoziert hat, aber es wurde berichtet, dass sich der Richter seinerseits von abwegigen Benehmen des Staatsanwaltes verärgert fühlte und die sich untereinander gezofft haben (allerdings noch ohne Waffengewalt).

Die Feinheiten des Freispruchs liegen wohl in der Auslegung des Strafrechts von Wisconsin begründet, mit dem ich jetzt nicht so sonderlich vertraut bin, das einem aber das Recht auf tödliche Notwehr einräumt, wenn man selbst in Gefahr ist, sein Leben zu verlieren oder erheblicher Gewalt gegen seinen Körper ausgesetzt ist. Davon ausgenommen sind wohl die Fälle, wenn man selbst Straftaten begeht und andere einen deshalb angreifen, was wohl die Grundlage der Anklage war, aber die juristischen Feinheiten liefen wohl darauf hinaus, dass diese Ausnahme vom Notwehrrecht hier nicht anwendbar waren, weil er sich zumindest subjektiv bedroht sah, und was sollte ein 17-Jähriger mit einem Sturmgewehr in der Innenstadt schon anderes tun können, als um sich zu schießen.

Ich habe mich damit aber nicht näher befasst. Die Informationen dazu sind alle deutlich gefärbt. Es ist schwer nachzuvollziehen, was da eigentlich nun passiert ist.

Davon abgesehen halte ich Rittenhouse zumindest nach den paar Sekunden Video, die ich gesehen habe, für einen ziemlichen Idioten, aber Idiot zu sein ist nicht strafbar und auch nicht per se strafverschärfend.

Zu mikroskopisch

Mich interessiert das aber nicht so sehr, weil ich die Gefahr sehe, dass man dann vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr sieht. Ich halte es für falsch, da einzelne Personen zu hängen oder als Täter hinzustellen, wenn doch die gesamte Gesellschaft wegkippt, und das nur Symptome sind.

Ich verstehe schon nicht, wie man einen 17-Jährigen, der auf mich zumindest in den paar Sekunden Videoaufnahmen wie ein gestörter Depp wirkt – man kann natürlich sagen, dass man bei einer Mordanklage mit Risiko Gefängnis für den Rest des Lebens unter Stress steht, aber das steht man bei Randale dann auch – mit einem geladenen Sturmgewehr in der Stadt rumlaufen lassen kann.

Ich muss aber ehrlich sagen, dass ich das Problem eher bei denen sehe, die sowas gesetzlich zulassen, als bei dem 17-jährigen Idioten, der tut, was man ihm formal erlaubt hat, und dann damit überfordert ist, die Tragweite seines Handelns abzuschätzen.

Wobei mir unklar ist, ob er das mit dem Gewehr tatsächlich durfte (unten dazu ein Hinweis, dass nein), aber es zumindest in der Gesellschaft verankert ist, dass man das aus natürlichem Recht dürfe.

Die amerikanische Gesellschaft ist gerade derartig mit Gewalt aufgeladen und großräumiger Vandalismus schon so zum Standard geworden, dass es eigentlich nicht nur sehr schwer, sondern wegen der subjektiven und nicht aufklärbaren Komponente inzwischen unmöglich ist, eine klare Linie zwischen richtigem und falschem Verhalten zu ziehen. Da wird sich inzwischen jeder bedroht fühlen.

Man hat dort inzwischen genau das, was man sozialistisch haben wollte, und was die – zum großen Teil sogar deutsche – Antifa dort angezettelt hat: Klassenkampf.

Ich halte es deshalb für verfehlt, sich zu sehr auf diesen Fall zu konzentrieren. Man wählt damit einfach die falsche Vergrößerungsstufe am Mikroskop.

Ein anderer Leser schickt mir dazu einen Link auf MSNBC, die dazu schreiben (und nun erwähnen, dass er das Gewehr nicht legal hatte):

Kyle Rittenhouse’s not guilty verdict is a symptom of a bigger sickness

Rittenhouse’s verdict is both smaller and bigger than most people believe.

[…]

For many the verdict is an outrage and a brazen miscarriage of justice. Rittenhouse is a Blue Lives Matter enthusiast who went to protests against a police shooting with a military-style rifle that he obtained illegally, falsely told people he was a medic, and ended up killing and hurting people who felt threatened by him. The overwhelmingly white jury appears to have given Rittenhouse the benefit of the doubt, after a trial in which the judge at times appeared to show favorable treatment of the defendant, and in a country in which it’s almost impossible to imagine a Black defendant accused of similar crimes receiving such easy treatment.

In other words, the Rittenhouse verdict easily reads like a referendum on the nation’s ongoing clashes over the state of racism in American life: not just an expression of mercy toward Rittenhouse, but white vigilantism.

Die meinen, er hätte das Gewehr nicht besitzen dürfen.

Die Frage wäre aber, ob er sich nach der Gewalt in den USA der letzten ein bis zwei Jahre, vor allem eben seit George Floyd, in begründeter Weise so bedroht fühlen konnte, sollte, durfte, musste, dass er staatlichen Strukturen nicht mehr traute. Das wohl schon.

Mir fällt nichts ein, was ich zum Fall Rittenhouse schreiben könnte.

Weil mich der Einzelfall nicht (mehr) interessiert. Wenn ein Fahrzeughersteller seine Autos ohne Bremsen ausliefert, interessiert mich der 117. Fall, in dem jemand andere über den Haufen gefahren hat, auch nicht mehr im Einzelnen.

Man sollte sich nicht zu sehr in das Klein-Klein verstricken.

Was man hier sieht, ist eher das Problem eines im Ganzen scheiternden und zerfallenden Großstaates USA, der gerade an Sozialismus, Diversität und Antifa in einer Selbstzerstörungsspirale angekommen ist.

Ich halte es für falsch, sich zu sehr mit solchen Einzelheiten, 17-jährigen Idioten und den Feinheiten des Strafrechts von Wisconsin zu befassen.

Ich halte es für viel wichtiger zu sehen, wie der Sozialismus ein ums andere Mal und auch hier wieder völlig scheitert und eine Schneise der Vernichtung hinter sich herzieht.

Nicht die einzelne Schießerei ist von Bedeutung.

Sondern dass da inzwischen regelmäßig und zuverlässig Bevölkerungsgruppen aufeinandertreffen und sich das zum Bürgerkrieg hochschaukelt. Oder wie Kalifornien einfach so zugrunde geht.