Ansichten eines Informatikers

Zum Unterschied zwischen Pflicht und Zwang

Hadmut
15.1.2022 1:12

Deutschunterricht für Deutschende.

Bei mir laufen gerade zu meinem Artikel Die Bezirksregierung in meist mehr oder weniger unhöflichem Ton Zuschriften wie

„Natürlich kann man die Ansicht der Tochter für blöd halten. Schon weil sie Pflicht und Zwang nicht unterscheiden kann.“

Sorry, aber wo ist für Sie der Unterschied zwischen Pflicht und Zwang?

Ist es nicht eines diese „Doppelbegriffe“ derer Sie sich so gerne annehmen? Sorry, aber kann es sein, das s Sie nichts anderes als ein großer Heuchler sind? Nur so ne Frage…

Und immer und ausnahmslos glauben sie, ich hätte mir den Unterschied zwischen Pflicht und Zwang persönlich ausgedacht.

Womit bewiesen wäre, dass die Impfgegner keine Nazis sind, denn die Nazis waren stolz auf die Sprache und konnten sie deshalb zumindest halbwegs. Erstaunlich, wie das Sprachvermögen nachgelassen hat. Wir leben in einem Zeitalter der sprachlichen Verlblödung und des Wortschatzschrumpfens, in dem es zu jeder Kategorie nur noch einen Begriff – oder, falls man Doppelbegriffe braucht, einen positiven und einen negativen – gibt, alles in Emojis, Denglisch, Gendersprech absäuft. Wo alles nur noch eine Kategorie kennt, man schon den Unterschied zwischen Hass und Verachten nicht mehr kennt, alle Gegner nur noch Nazis sind, das Gute nur noch geil ist, alles nur noch auf primitive Sprachrudimente reduziert wird.

Mal zur Etymologie:

Das Wort ist eine Ableitung von pflegen in dessen älterer Bedeutung „für etwas einstehen“; aus mittelhochdeutsch pflicht → gmh und althochdeutsch pflicht → goh, westgermanisch *pleh-ti-; belegt seit dem 11. Jahrhundert; die Ableitung pflichten ist heute nur noch in Präfigierungen wie beipflichten „zustimmen“ und verpflichten „bindend festlegen, beauftragen“ erhalten.[1][2]

Man verpflichtet sich, etwas zu tun, oder man verpflichtet jemand anderen, etwas zu tun, etwa durch Vertrag. Sagt man ja so: Wir haben einen Künstler oder Fußballer verpflichtet. Das heißt ja nicht, dass man den mit Gewalt auf die Bühne oder den Rasen zerrt.

Eine Pflicht ist etwas, was man selbst tun muss, und ansonsten die Konsequenzen und Rechtsfolgen zu tragen hat. So wie Pflichtvorlesung. Oder Darlegungspflicht. Wehrpflicht. Berufspflicht.

Zur Etymologie von Zwang:

innerer oder äußerer Druck, etwas zu tun ; mittelhochdeutsch twanc, althochdeutsch geduang, belegt seit dem 10. Jahrhundert[1]

und

zwingen Vb. ‘gewaltsam zu etw. nötigen, zu etw. veranlassen, mit etw. fertig werden, etw. meistern’. Das stark flektierende Verb ahd. thwingan (8. Jh.), twingan (9. Jh.) ‘zwingen, unterjochen, beherrschen, festbinden’, mhd. twingen, dwingen, auch quingen, (seit 14. Jh.) zwingen ‘(zusammen)drücken, pressen, (be)drängen, nötigen, einschließen, beherrschen, bändigen’, asächs. thwingan ‘zwingen, bedrängen’, mnd. dwingen, mnl. dwinghen, nl. dwingen, afries. thwinga, aschwed. (auch schwach) þvinga, schwed. tvinga (germ. *þwingan) und schwach flektierendes anord. (aus dem Mnd.?) þvinga ‘zwingen, quälen’ lassen sich lediglich mit awest. θwązǰaiti ‘gerät in Bedrängnis’ vergleichen. Daraus ist ein Ansatz ie. *tu̯eng̑h- ‘bedrängen’ erschließbar. Ob (bei einer ie. Auslautvariante auf -k-) auch toch. AB twāṅk- ‘einzwängen’, lit. tveñkti (Wasser) ‘stauen’, reflexiv ‘sich versammeln’ und (unnasaliert) griech. sáttein (σάττειν) ‘vollstopfen, festdrücken, bepacken, beladen, ausrüsten’ hier anzuschließen sind, ist zweifelhaft. Als Grundbedeutung für das germ. Verb ist ‘einen Körper durch Gewaltanwendung zusammenpressen’ anzunehmen; übertragener Gebrauch im Sinne von ‘überwältigen, überwinden, meistern, bedrängen, einengen, rügen’ ist in ahd. Zeit bereits voll ausgeprägt. tw-Anlaut (bei Notker einsetzend, vereinzelt schon im 9. Jh.) herrscht im Mhd. (bis etwa gegen Ende des 15. Jhs.), zw-Anlaut setzt im 14. Jh. ein. Häufig sind Fügungen wie zu etw. gezwungen (‘genötigt, verpflichtet’) sein (15. Jh.), sich gezwungen (‘genötigt’) sehen (17. Jh.). zwingend Part.adj. ‘bedrückend, verpflichtend, unabdingbar’ (16. Jh.), ‘schlüssig, folgerichtig, überzeugend’ (18. Jh.); geläufig zwingende Not (17. Jh.), besonders zwingendes Gesetz (16. Jh.), dann rechtssprachlich zwingendes Recht ‘Recht, das keine abweichende Regelung durch Vereinbarung unter den Betroffenen zuläßt’ (19. Jh.). bezwingen Vb. ‘überwältigen, meistern’, ahd. bithwingan ‘einengen, zügeln’ (8. Jh.), mhd. betwingen ‘bedrängen, beengen, bändigen, (er)zwingen’. Zwinger m. ‘von innerer und äußerer Mauer, von Schloß- oder Stadtmauer und Graben begrenzter Raum, in dem der vorgedrungene Feind überwältigt werden soll’, allgemein ‘Befestigungsanlage’ (15. Jh.), auch (da im Zwinger zu dessen Bewachung starke Hunde oder Bären gehalten wurden) ‘Tiergehege, Käfig’ (ebenfalls 15. Jh.), mhd. twingære, twinger, zwinger ‘Dränger, Überwältiger, Zwingherr (d. i. Grundherr mit Hoheitsrechten über Land und Leute)’; vgl. ahd. nōtthwingāri ‘gewaltsamer, heftiger Mensch’ (Hs. 12. Jh.). Zwang m. ‘Druck, Nötigung durch Macht, Androhen von Gewaltanwendung’, ahd. thwang ‘Zügel’ (um 900), githwang ‘Zucht, Zwang’ (9. Jh.), mhd. twanc (auch zwanc) ‘Beengung, Gewalt, Einschränkung, Not, Bedrängnis’, ablautendes Verbalabstraktum. zwängen Vb. ‘gewaltsam einengen, Druck ausüben, pressen’, ahd. thwengen ‘bedrängen, züchtigen, beängstigen’ (9. Jh.), mhd. twengen (auch zwengen) ‘Zwang antun, drücken, zusammenpressen, bändigen’, mnd. dwengen ist Kausativum zu dem unter zwingen (s. d.) behandelten Verb. zwangsläufig Adj. ‘zwingend eintretend, unabwendbar, notgedrungen’ (19. Jh.).

Es ist die Anwendung von Gewalt durch andere auf einen. Und kommt eigentlich von Zusammendrücken. Deshalb heißt das Werkzeug auch Schraubzwinge.

Wie in Zwangsvollstreckung, Zwangsvorführung.

Oder auch „unmittelbarer Zwang“. Da merkt man so richtig, dass die Wehrpflicht nicht mehr besteht. Da brachten die einem nämlich bei, was der Unterschied ist, etwa beim Wachdienst: Pflicht ist, was man selbst erfüllt. Zum Beispiel pünktlich zu erscheinen. Oder die Waffe vor dem Dienst zu kontrollieren und sie ordnungsgemäß zu bedienen. Sonst macht man sich strafbar oder erhält Disziplinarmaßnahmen. Unmittelbarer Zwang ist, was man auf andere ausübt, wenn man sie – auch mit Gewalt – daran hindert, in die Kaserne einzudringen oder festnimmt und in die Zelle sperrt.

Wenn die Polizei kommt und einen festnimmt, oder ein Gerichtsvollzieher jemandem den Kuckuck klebt, dann erfüllen sie ihre Pflicht, weil sie es selbst machen und ihre Aufgaben erfüllen, aber üben Zwang auf jemand anderen aus.

Schon mal überlegt, warum der Dresdener Zwinger Zwinger und nicht Pflichter heißt? Oder warum es Hundezwinger und nicht Hundepflichter heißt? Schon mal versucht, einen Hund zu verpflichten? Mal überlegt, warum es Zwangsneurosen, aber keine Pflichtneurosen gibt? Schon mal einen Bilderrahmen in eine Schraubpflichte eingespannt?

Zum Zwinger:

Sein Name Zwinger geht auf die im Mittelalter übliche Bezeichnung für einen Festungsteil zwischen der äußeren und inneren Festungsmauer zurück, obschon der Zwinger bereits bei Baubeginn keine dem Namen entsprechende Funktion mehr erfüllte.

Und da hilft es auch nichts, so umgangssprachlich daherzuschwätzen, ja wenn ich sonst bestraft werde, dann bin ich ja gezwungen… Begriffe werden nicht schon dadurch bedeutungslos, weil man sie gedankenlos verwendet oder nicht drüber nachdenkt.

Eine Pflichtimpfung ist eine, die man an sich selbst vornehmen lässt, und zwar auch dann, wenn man es unfreiwillig tut. Weil es ja keine Pflichtimpfung wäre, wenn sie nur freiwillig passierte. Das kann zu Rechtskonsequenzen, Strafen, Nachteilen und so weiter führen, aber nicht dazu, dass man gewalsam durch andere geimpft wird.

Eine Zwangsimpfung ist eine, wo sie kommen, einen Festhalten und auch unter Anwendung von Gewalt die Nadel reinhauen.

Und nachdem mich jetzt mehrere Leute angeschrieben haben und mich in unterschiedlichen, aber selten neutralem Tonfall angefragt bis angepöbelt, aber mir immer unterstellt haben, dass ich mir das so ausgedacht hätte, dass das nur meine Sicht wäre, möchte ich hier meiner Verachtung Ausdruck verleihen.

Nicht, weil jemand den Unterschied zwischen Pflicht und Zwang nicht kennt. Man kann nicht alle Wörter der Sprache kennen, schon gar nicht, wenn man in der Schule unserer Zeit war. Man lernt sowas ja nicht mehr.

Aber dass die Leute nicht mal mehr in der Lage sind, selbst Begriffe zu klären – was ihre Pflicht wäre, bevor sie jemanden so angurken, wozu sie aber nicht gezwungen sind – obwohl es noch nie so einfach war wie heute, man nur danach googeln muss, währen man früher noch Wörterbücher kaufen und haben musste, dass alles nur noch auf diesem Wege des Gepöbels und Beschimpfens funktioniert, und man unterstellt, jemand habe sich das einfach so ausgedacht oder würde das halt mal so meinen, so als eine Einpersonenmitsichselbstverschwörungstheorie, das ist dann wirklich intellektuell bodenwertig. Wenn man selbst nicht mehr darauf kommt, dass man etwas nicht weiß und sich dann informiert, sondern die eigene Unwissenheit zum Maß aller Dinge macht, und anderen unterstellt, sie würden sich alles nur willkürlich ausdenken, was über den eigenen Blumentopfhorizont hinausgeht.

Ich hätte ja nichts dagegen, wenn einer einfach fragt. Aber wenn einer fragt, weil er es nicht weiß, und dabei trotzdem unterstellt, dass es falsch oder erfunden ist, obwohl er es nicht weiß, einfach, weil es ihm nicht in den Kram passt…

Und ich habe so den leisen Verdacht, die Bewertung von Covid und Impfung läuft bei manchen genauso ab.