Ansichten eines Informatikers

Mehr zu Solarzellen und der Erdumlaufbahn um die Sonne

Hadmut
29.11.2021 19:15

Es gibt noch Dinge zu erwähnen.

Das ist zutreffend, solange man nur die Sonne und den Weltraum betrachtet. Die Erde ist so weit weg von der Sonne, dass es keinen signifikanten oder auch nur nennenswerten Unterschied macht, ob man die Sonnenstrahlung mit dem Abstand der der Sonne zu- oder abgewandten Seite aufnimmt, der Unterschied ist zu gering. Könnt Ihr ja mal ausrechnen. Bis zur Sonne sind es im Mittel ungefähr 150 Millionen Kilometer.

Aufgabe:

Setze die Entfernung ins Verhältnis

  1. zum Durchmesser der Erde
  2. zur geschätzten Gesamtflugstrecke aller Politiker der Grünen in Deutschland im Laufe ihres Lebens

und diskutiere das Ergebnis unter dem Aspekt der Effektivität von Solarzellen jeweils zum Standort und unter dem Aspekt der Klimagerechtigkeit.

Insofern stimmt es, dass sich das nur im Winkel unterscheidet, die Intensität der Sonnenstrahlen selbst aber praktisch gleich ist.

Die Krux liegt aber eben im Winkel. Der hat nämlich zwei Auswirkungen:

  • Treffen die Sonnenstrahlen nicht senkrecht auf die Erde, sondern im spitzen Winkel, müssen sie einen viel längeren Weg durch die Atmosphäre nehmen. Und die reduziert die Sonnenintensität ziemlich. Merkt man schon, wenn man Bergwandern, Skifahren oder mal mit so einem kleinen Flugzeug ohne Druckkabine fliegen geht, oder irgendwo sonst auf Höhen über 1000 oder 2000 Meter ist. Schon da ist die Sonneneinstrahlung viel intensiver. Mal einen Sonnenaufgang im Flugzeug auf 10.000 Metern gesehen?

    Und wenn die Sonnenstrahlen flach auftreffen, müssen sie einen viel weiteren Weg durch die Atmosphäre. Da bleibt viel weniger übrig.

  • Richtig ist allerdings, dass man Solarzellen natürlich aufstellen und senkrecht zu den Sonnenstrahlen ausrichten sollte. Habe ich ja auch gemacht (und das mit dem senkrechten Auftreffen erwähnt). Und professionelle Solarparks haben ja Servomotoren, die die Zellen optimal ausrichten.

    Auch da lauert aber ein Denkfehler.

    Denn eine hochgestellte Solarzelle braucht mehr Platz als eine, die flach auf dem Boden liegt. Das erscheint auf den ersten Blick widersinnig, denn hochkant nimmt sie ja weniger Platz weg, als flach auf dem Boden. Es geht aber nicht um die Stellfläche, sondern um die abgeschattete Fläche. Und die ist umso größer, je flacher die Sonnenstrahlen eintreffen und je aufrechter die Solarzelle stehen muss, damit sie senkrecht auf die Zelle treffen. Kennt man ja: Abends sind die Schatten viel länger, weil die Sonne tief steht.

    Obwohl die Solarzelle ihre Größe nicht verändert, wenn man sie aufstellt, vergrößert sich damit die Grundfläche, deren Licht sie beansprucht.

    Anders ausgedrückt: Die Fläche einer bestimmten Solarzelle oder eben meines Balkons ändern sich nicht in Abhängigkeit von der Jahreszeit, die wachsen und schrumpfen nicht (von der thermischen Ausdehnung mal abgesehen, aber man bräuchte es ja gerade andersherum). Meine Solarzelle und mein Balkon haben ein konstantes Verhältnis zur Größe der Fläche Deutschlands. Ist aber Winter, kippt ganz Deutschland stärker gegen die Sonneneinstrahlung, und bleibt dabei zwar von der Grundfläche gleich, verringert also seinen Flächenanteil (Vektorrechung), der senkrecht zur Sonnenstrahlung wirkt, und vergrößert den, der entlang der Sonnenstrahlung liegt, also unwirksam ist. Warum? Na, weil wir eben Deutschland nicht am Stück hochkant stellen und nach der Sonne ausrichten können. Und selbst, wenn wir es könnten, wir dann im Krieg mit Skandinavien wären, weil wir aus den besagten Gründen denen das Licht abschatten würden.

    Wenn aber Deutschland im Ganzen weniger Sonne abbekommt und mein Balkon nicht größer wird, muss die Sonnenenergie, die mein Balkon abbekommt, als fester Anteil an der Sonnenenergie Deutschlands also genauso abnehmen. Gleiche Vektorrechnung.

    Nun könnte man sagen, dass das nicht stimme, weil man bei niedrigem Sonnenstand die Solarzellen doch an die Wand hängen kann, während man sie bei hohem Sonnenstand nur auf den Boden legen kann. Jain. Das liegt daran, dass die Wand die Abschattung (nämlich die in der Wohnung) vorwegnimmt und letztlich die Solarzelle doch wieder diese Abschattung vornimmt, die ich oben beschrieben habe. Stellt Euch vor, die Wand wäre aus Glas oder ein großes Fenster, Balkontür oder sowas. Dann würde die Solarzelle wieder einen sichtbaren Schatten werfen.

    Zugegebenermaßen wirkt sich das Problem nicht aus, solange man genug Platz hat, und die Solarzelle – wie die auf meinem Balkon – nur einen kleinen Teil der Fläche belegt, und/oder ich hier sowieso eine Wand zur Wohnung habe, die die Wohnung ohnehin abschattet und bei der es mir egal ist, ob die Solarzelle einen Schatten wirft.

    Hat man aber eine größere Solarfarm oder will seinen Platz möglichst stark ausnutzen, dann stößt man da sehr schnell auf Problem, weil nur der Anteil der Bodenfläche, der vektormäßig senkrecht zu den Strahlen steht, sonnenwirksam ist.

Es stimmt zwar also, dass die Intensität der Sonnenstrahlung auch auf der Seite der Erde prinzipiell (fast) gleich stark ist, aber sie wird eben durch den viel längeren Weg durch die Atmosphäre deutlich reduziert, und durch die kleinere effektive senkrecht zu den Strahlen liegende Fläche bekommen wir einfach weniger davon. Gleichen wir den Winkel durch aufgestellte Solarzellen aus, brauchen diese effektiv mehr Fläche, mehr Anteil am Boden. Werden also „größer“, nämlich im Sinne des Schattens, den sie werfen.

Ich empfehle da ja immer die Empirie: Nachmessen.

Und eigentlich berichten alle, die da irgendwas nachmessen, immer dasselbe Messergebnis. Wie dieser Leser:

Hallo Herr Danisch,

wir haben hier auf dem Dach des Verwaltungsgebäudes eine Solaranlage mit einer Leistung von 29,76 kWp. Hört sich gut an, ne?

Wir lesen monatlich die Stromernte aus:

Jan. 20 567 Kwh

Feb.20 742 Kwh

Mrz.20 2.227 Kwh

Apr.20 3.794 Kwh

Mai 20 4.352 Kwh

Jun.20 3.314 Kwh

Jul.20 4.290 Kwh

Aug.20 3.373 Kwh

Sep.20 2.485 Kwh

Okt.20 968 Kwh

Nov.20 721 Kwh

Dez.20 255 Kwh

Summe 2020 27.088 Kwh

Schauen Sie mal auf die Werte von November bis Februar. Das reicht noch nicht einmal tagsüber für die Kaffeemaschinen. Nachts ist´s eh duster, da fällt der Solarstrom täglich komplett aus.

Das hat eben auch einen Grund, dass sie alle dasselbe erzählen: Physik und Mathematik. Sitzen alle im gleichen Land, stehen alle mit (fast) dem gleichen Winkel zur Sonne.

Deshalb wird das auch nicht so wahnsinnig viel bringen, da einfach mehr Geld in Forschung zu stecken, solange die Welt sich dreht.

Sehr beachtlich ist übrigens die Zuschrift eines anderen Lesers:

Guten Tag, Hadmut,

nirgends wird soviel gelogen wie bei kleinen Solarzellen und deren Leistung (es sei denn bei Computerbrüllwürfeln und der PMPO).

Gute Solarzellen wandeln etwas mehr als 20% des Lichtes in Strom um. Billiger SoHo-Kram dürfte bei 10-15% liegen. Unter Idealbedingungen.

Rechnen wir mal: die Solarkonstante liegt bei senkrechter Einstrahlung am Äquator bei knapp 1400 Watt/m².
Das wären 14 Watt pro dm². Mittags am Äquator. Wirkungsgrad der Solarzelle 20% sind 3 Watt/dm² Solarzellenfläche.
Deine Solarzelle mit 28 Watt müßte also 9 dm² Fläche haben. Von Umwandlungsverlusten (hohe Gleichspannung auf niedrige Gleichspannung) schweigen wir mal ganz, da gehen auch noch mal bis 30% flöten.
Praktisch gilt: schafft eine Solarzelle hier im Sommer die Hälfte der angegebenen Maximalleistung, dann ist sie gut.
Ich habe mit größeren Solarzellen, Reglern um Akkus (Campingbetrieb) mal etwas rumexperimentiert, ein mit 150 Watt
angegebenes Modul bringt im Sommer unter Idealbedingungen hier maximal 80 Watt. Im Winter bei bedecktem Himmel
kommen aus dem Modul vielleicht noch 5 Watt raus.

Prüfen wir’s mal nach: Das Ding hat vier Panele zu 25,5cm x 12,5cm. Macht 12,75 dm². Passt doch. Zieht man davon die 30% Wirkungsverlust noch ab, landet man genau bei den 9 dm². Ein seriöses Machwerk.