Ansichten eines Informatikers

Leser-Beschwerde wegen Dubai und Kameras statt COVID-19 und Impfung

Hadmut
13.11.2021 23:16

Ein Leser klagt, er könne mein Blog nicht mehr ernst nehmen.

Hallo Herr Danisch,

ich bin langjähriger Leser Ihres Blogs und in vielen Dingen haben Sie Recht.
Aber, dass Sie DAS Thema “Corona und die Impfungen” kaum thematisieren ist für mich unverständlich.

Sonst setzen Sie sich immer für Fairness, Rechtstaatlichkeit etc. ein. Hier aber wird eine riesige Menschgruppe (die “Ungeimpften”) diskriminiert und der Staat versucht Menschen ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit zu nehmen.

Und das alles wird mit Schutz und 2G etc. begründet, dabei übersieht die breite Masse der Politiker, dass die Impfstoffe die Übertragung und eigene Infektion schon nach kurzer Zeit (3-4 Monate) nicht mehr gewährleisten.
https://www.nature.com/articles/d41586-021-02689-y
https://www.news-medical.net/news/20211019/Waning-COVID-vaccine-efficacy-especially-against-reinfection.aspx

Hier soll ganz offensichtlich der Rechtstaat abgeschafft werden und Sie schweigen und schwurbeln etwas von Dubai und ihren Kameras etc.

Ich glaube, Sie haben langsam Ihr Gespühr verloren, was wirklich momentan wichtig ist.
(Sie betrifft es ja nicht, Sie sind ja geimpft.)

Mit freundlichen Grüßen

Den Vorwurf finde ich unangebracht und unfair, denn wieviele Blogger haben sich in solchem Umfang wie ich damit beschäftigt, darauf hinzuweisen, dass der Rechtsstaaat zertrümmert wird? Worüber schreibe ich denn seit 20 Jahren?

Soll das jetzt heißen, dass ich wegen COVID-19 über gar nichts anderes mehr schreiben darf, bis ich ausgiebig auf die Regierung eingedroschen haben?

  1. Auf welche Regierung und welche Maßnahmen sollte ich denn gerade eindreschen? Wir haben doch gar keine.
  2. Welche Regierung wir auch immer kriegen: Warum hat man sie dann gewählt?
  3. Was genau sollte ich denn schreiben?

Nur mal zum Verständnis:

Das Regierungshandeln in Sachen COVID-19 – zu dem ich ja schon viel Kritik geäußert habe, keine Ahnung, warum das nicht wahrgenommen wird – letztlich einzustufen, würde voraussetzen, dass ich wüsste, ob es richtig oder falsch ist, sich gegen COVID-19 zu impfen. Nur dann könnte ich das einordnen. Wie schon so oft erläutert, weiß ich das aber nicht.

Wie also sollte ich gleichzeitig auf die Regierung einprügeln, und trotzdem zugeben müssen, dass ich nicht weiß, ob COVID-19 gefährlich und die Impfungen richtig und wirksam sind?

Ich sage das zum hundertsten Male und habe das auch schon zum Thema Klima gesagt:

Ich werde mich in einem Thema, in dem ich mich nicht auskenne, nicht so weit aus dem Fenster lehnen.

Gnoti seauton. Erkenne Dich selbst. Ich versuche zumindest, wenn auch nicht immer mit Erfolg, dann zumindest doch mit Absicht, meine Grenzen zu kennen und zu erkennen.

Danisch, Corona und die Proportionalität

Leute, es tut mir leid, wenn ich Euch das nochmal mit dieser Deutlichkeit servieren muss:

Für mich sind COVID-19 und die Impfung kein solches Thema. Das regt mich alles nicht so auf wie Euch.

Ich bin das seit 30 Jahren gewohnt, mich vor Reisen gegen alles mögliche impfen zu lassen, und irgendwelche Nachweise vorzulegen. Da bekomme ich jetzt bei einer mehr keine Krise. Und die Impfungen haben mich bisher nicht dauerhaft beeinträchtigt. Bisschen Halskratzen und dicken Speichel am ersten und Armschmerzen wie Muskelkater am zweiten Tag. Mehr war nicht. Meine Risiko- und Folgenabwägung läuft eindeutig zugunsten der Impfung.

Über Lock-down und Home-Office habe ich mich gefreut, da ging’s mir nämlich drastisch besser. Die zwei Impfungen haben mich nicht gestört. Für ich ist das einfach nicht so ein Thema wie für Euch, in meinen Grundrechts- und Empörungsprioritätenlisten kommt das eher weit hinten. Ich finde andere Dinge wie Frauenquoten, Migration, Political Correctness weit, weit, weit schlimmer.

Ja. Kann sein, dass ich mich irre und damit falsch liege. Dass ich Pech habe und morgen tot umfalle. Das habe ich einkalkuliert. Weil ich mit meinem beschränkten Laienwissen und meinen Methoden der Risikoabwägung zu dem Ergebnis kam, dass ich das Risiko, morgen tot umzufallen, sowieso und in beiden Fällen habe, es mir aber mit Impfung nicht nur geringer erscheint, sondern ich mich damit bis dahin auch besser fühle.

Ich habe derzeit keinen Grund, mich über einen Impfzwang aufzuregen, weil er mich nicht betrifft. Ich wollte geimpft werden, und ich habe mich selbst dazu entschieden.

Sorry, wenn ich Euch das jetzt mal so sage, aber subjektiv und aus meiner Position heraus empfinde ich das, was die mit mir in der Promotion oder mit der Diffamierung am Arbeitsplatz und in der Nachbarschaft angestellt haben, als sehr viel größere Grundrechtsverletzung als diese Impfung. Kann ja sein, dass ich mich irre, aber nach meinem derzeitigen Wissensstand sehe ich das so.

Hat sich denn irgendjemand von Euch schon mal für meine Grundrechte eingesetzt?

Warum also sollte ich jetzt für Eure Grundrechte trommeln, obwohl ich selbst gar nicht mal so davon überzeugt bin, dass es eine Grundrechtsverletzung ist?

Tut mir leid, aber das geht nicht.

Viele Leute werden mir ohne weiteres bestätigen (und tun das auch), dass ich kein Feigling bin und nicht davor zurückschrecke, Regierung, Justiz, Bundesverfassungsgericht auch offen zu kritisieren. Habe ich ja auch schon das eine oder andere Mal getan.

Aber ich werde nicht im Blindflug und noch dazu gegen meine derzeitige – womöglich falsche, aber derzeit eben vorliegende – Überzeugung schreiben.

Und vor allem, und das lasst Euch gesagt sein: Ich werde mich ganz sicher nicht dem Tunnelblick ergeben, nur noch Corona zu sehen und alle anderen Grundrechtsverletzung auszublenden. Das machen schon die Presse und der Rundfunk. Da könnt Ihr einschalten oder aufschlagen, wann Ihr wollt, meistens geht es um Corona.

Wozu soll das gut sein, wenn ich jetzt auch noch auf dieses Monothema einschwenke?

Diskriminierung

Davon ganz abgesehen geht mir dieses Diskriminierungsgeschwätz schlicht auf den Sack. Frauen, Schwarze, Transen, Behinderte, X, Y und Z, und jetzt auch noch Ihr, alle wollen sie diskriminiert sein.

Bin ich der einzige Mensch, der nicht diskriminiert wird?

Wird man diskriminiert, wenn man keinen Führerschein machen will und dann nicht Auto fahren darf?

Ich war gerade in zwei anderen Ländern.

In einem musste ich beim Betreten jeden Ladens, jedes Restaurants, jedes Museums, einfach überall den Impfnachweis vorzeigen. Gut, dass ich ihn vorher laminiert hatte, sonst hätte das Papier das nie durchgehalten.

Im anderen, Dubai, wurde ich bei der Einreise nochmal zwangsgetestet, obwohl schon hier in Berlin getestet, und musste jeden Morgen bei der Expo, und manchmal sogar drinnen, meinen Impfausweis vorzeigen.

Also ist das alles mal keine spezifisch deutsche oder grundrechtsorientierte Frage.

Und nein, ich bin nicht Euer Tanzbär und auch keine Musikbox, die auf Bestellung spielt.

Und mein Tag hat auch nur 24 Stunden. Ich habe nicht die Zeit – und auch gar nicht die Lust – mich durch den ganzen Virenmedizinkram zu arbeiten, sonst hätte ich Medizin studiert. Auch nicht Klima, sonst wäre ich Meteorologe geworden.

Es würde mir auch nichts bringen, denn selbst, wenn ich das jetzt anfangen würde, wäre ich vielleicht in drei, vier, fünf Jahren halbwegs schlau zu dem Thema. Das funktioniert nicht.

Selbst wenn ich mich, wie das manche Leser von mir verlangten, nur noch um das Klima gekümmert und in das Fach eingearbeitet hätte: Hätte ja auch nicht geklappt, weil ich alles hätte stehen und liegen lassen müssen, um jetzt COVID-19 zu machen, bevor ich das Klima verstanden habe. Nochmal: Ich habe zu Hochschulen, Wissenschaft, Gender, Verfassung eine große Klappe und reiße das Maul auf, weil ich mich damit Jahre, Jahrzehnte beschäftigt habe. Nicht, weil es gerade akut ist.

Genauso, wie ich die Brötchen beim Bäcker kaufe, die Nudeln im Supermarkt, und mich bei gebrochenem Bein oder entzündetem Blinddarm zu einem begebe, der sich mit sowas auskennt, weil meine Lebenszeitkapazität das gar nicht erlaubt, mir das alles anzueignen, und das gar nicht anders funktioniert als über Arbeitsteilung.

Und ich sehe mich derzeit schlicht und einfach nicht in der Lage dazu, einen eigenen fundierten Standpunkt dazu einzunehmen, wie man mit COVID-19 und den Impfungen umgehen sollte.

Und eine hundertköpfige Redaktion, in der sich jeder auf ein paar wenige Themen konzentrieren kann, bin ich auch nicht.

Auswandern

Ich bekomme massenweise Zuschriften, in denen Leute fragen, warum ich nicht längst ausgewandert bin. (Ich bin bereits dabei, mich umzusehen und auch deshalb zu reisen. Ich trage mich mit dem Gedanken, Walter Lübckes Wunsch zu erfüllen, zu gehen und im Ausland weiterzubloggen, weil hier nämlich auch Grundrechte wie die Meinungs- und Pressefreiheit abgeschafft sind, werden, wurden, und nicht nur das biss’l Corona-Gehampel.)

Warum aber gilt der Ratschlag nur für mich und nicht für Impfgegner?

Gurtpflicht

Ich bin alt genug, mich an die Einführung von Sicherheitsgurten in Autos, die Gurtpflicht und die Streitereien damals an der Kasernenwache zu erinnern, weil der Kasernenkommandant die Wache angewiesen hatte, die Gurtpflicht auch ausnahmslos durchzusetzen.

Auch der Gurt kann nicht jeden Toten verhindern. Niemand hätte je behauptet, dass der zu 100% schützt.

Trotzdem haben damals viele einen Glaubenskrieg daraus gemacht, den Weltuntergang darin gesehen, und die Gefahr darin gesehen, dass wir alle elendiglich in Autos verbrennen oder ersaufen, weil wir die Gurte nicht aufkriegen und nicht mehr rauskommen. Trotzdem war die Gurtpflicht die richtige Entscheidung.

Ich hatte vor etwa 10 Jahren im Blog nur mal am Rande erwähnt, dass ich mir beim Radfahren einen Fahrradhelm aufsetze. Und wurde von Leuten geshitstormt, die eine Helmpflicht für den Untergang der Grundrechte hielten und mir Lebensmüdigkeit unterstellten, weil der Helm einen bei einem Sturz schier umbringe und nicht wenigen schon den Kopf abgerissen habe. Dabei hatte ich kein Wort von einer Helmpflicht gesagt, nur gesagt, dass ich mir einen aufziehe. Wir haben ja auch keine.

In Neuseeland dagegen hatte die Polizei 2008 zwei splitternackte Radfahrer festgenommen. Wegen Verstoßes gegen die dortige Helmpflicht. Dort gilt eine Helmpflicht.

Was soll also die Diskussion um unsere Grundrechte?

Mir geht das vor allem immer so auf den Wecker, wenn die Leute bei allem, was ihnen nicht passt, immer gleich die allergrößte Kanone auspacken, das aber nicht begründen, sondern nur als rhetorische größte verfügbare Keule einsetzen.

Das Gespür für das, was gerade wichtig ist:

Und was den Vorwurf betrifft, ich hätte mein Gespür dafür verloren, was gerade wichtig ist:

Mein Gespür sagt mir, dass es noch andere wichtige Themen gibt, über die sonst gar niemand schreibt. Es gibt nicht nur ein Thema, das gerade „wichtig“ ist. Zumal ich auch kein Wichtigkeitsschreiber bin. Und mein Gespür sagt mir auch, dass wir Gefahr laufen, in den Fußballweltmeisterschaftseffekt zu laufen: Während alle Endspiel gucken, laufen im Hintergrund die dreckigen politischen Dinger.

Ich hielte es deshalb für einen massiven Fehler, wie alle anderen über COVID-19 zu schreiben.

Ich halte es beispielsweise für grotesk falsch, wenn der Leser klagt, der Rechtsstaat solle doch wohl abgeschafft werden.

Der Rechtsstaat ist schon längst abgeschafft worden, den haben wir schon lange nicht mehr. Und gerade weil Leute wie dieser Leser das noch immer nicht wissen und gemerkt haben, halte ich es für erforderlich, etwas anderes als alle anderen zu schreiben.

Hängt vielleicht damit zusammen, dass meine Aufmerksamkeitsspanne weiter als Armlänge oder „gerade“ reicht.