Ansichten eines Informatikers

Maybrit Illner, ZDF und der ganze sonstige Käse

Hadmut
21.2.2020 0:16

Ich sehe gerade die Sondersendung von Maybrit Illner im ZDF.

Ich habe gerade totalen Arbeitsüberlauf, zu viele Baustellen. Ich schaffe es gerade nicht mehr, dazu auch noch eine Analyse zu schreiben, aber ich finde diese Talkshow von Maybrit Illner – wieder einmal – für völlig verfehlt, für völlig daneben, für eine Ansammlung von Schwätzern. Ich find das mal wieder unfassbar, was für einen Käse man uns da auftischt.

Ich habe heute über den Tag mehrmals, morgens, mittags, frühabends, spätabends, die Medien und die Social Media verfolgt.

Unfassbar, was für ein dummes, leeres, verlogenes, selbstwidersprüchliches Geschwätz da ventiliert hat. An solchen Tagen kommen mir die Medien besonders dumm, inkompetent, propagandistisch vor.

Ich habe heute viel Text gelesen, Video geschaut, Radio gehört.

1 Minute hatte aber völlig gereicht, denn sie sagen zwar alle eigentlich gar nichts, trotzdem aber alles genau dasselbe. Eine zweite Meinung gibt es erst gar nicht. Oder sowas, wie eine zweite Meinung einzuholen. Oder überhaupt erst mal den Sachverhalt zu kennen.

An solchen Tagen tritt besonders plastisch hervor, was für ein Geschwätzbrei unsere Politik und unsere Medien sind. Ich habe heute keinen einzigen auch nur entfernt lesenswerten, substantiellen, sinnvollen Text oder Beitrag gesehen. Keinen einzigen. Null. (Die beiden Sondersendungen von ARD und ZDF habe ich noch nicht gesehen, die muss ich mir aus der Mediathek noch anschauen, ich war unterwegs. Hoffnung auf Inhalt habe ich aber nicht.)

Ich habe da nichts mit Hirn gesehen. Aber jeder will mitschwätzen, Aufmerksamkeit abernten. Keiner weiß was, aber jeder weiß alles besser als andere.

Und dann dieses hirnlose, dumme Geschwätz. Als ob die Moral jeden Unsinn rechtfertigte. „Es muss einen Konsens geben”. Wenn man muss, dann ist es kein Konsens. Eine komplett Einheitsuniformierte (Kittel, Schleier, Einheitsschminke, in Berlin laufen tausende herum, die völlig gleich aussehen) fordert, dass man ihre Individualität anerkennen möge.

Und vor allem: Man erfährt fast nichts über den Sachverhalt, aber es wird mitgeteilt, wie es moralisch zu bewerten und zu verallgemeinern ist. Kann man nicht erst mal erfahren, was eigentlich passiert ist, bevor die moralische Bewertung dazu ausgeteilt wird?

Update vor der Veröffentlichung: Ich habe nochmal schnell durch die beiden Sondersendungen gezappt.

ARD Brennpunkt: Es wird dargestellt, welcher Politiker Kränze gebracht hat, man bringt die Betroffenheit von Verwandten und Ladeninhabern und so weiter, hört Bewertungen von Personen, die weder den Sachverhalt kennen können, noch zur Bewertung qualifiziert sind, die ganze Geschichte anderer Fälle. Nur was da jetzt eigentlich passiert ist, das erfährt man nicht.

ZDF Spezial: Wieder nur Bewertungen, Interpretationen. Geistig verwirrter Mörder, täter mit rasstischem Motiv. Alle möglichen Leute geben Senf und Bewertungen dazu, obwohl sie noch gar nichts wissen können, andere Fälle rauf und runter. Politikerkommentare. Sonstige Kommentare. Weitere Kommentare. Und auch da nicht, was eigentlich passiert ist.

Die machen Sondersendungen, in denen alles vorkommt, nur nicht das, worüber die Sondersendung gehen sollte.

Warum warten die mit Sondersendungen nicht, bis sie was wissen?

Warum sagen die nicht mal „Wir wissen noch nichts, die Sondersendung kommt morgen. Oder übermorgen.”

Heute morgen, ich pflege morgens im Bad die Zeit zu nutzen, meine morgentliche Presse- und Social-Media-Schau zu begehen und dazu auch noch Radio zu hören.

Es fängt damit an, dass die Polizei twitterte, dass man noch nichts weiß, und man sich deshalb bitte bedeckt halten möge. Und dann Dauerfeuer, jeder zweite Politiker und jeder dritte Journalist gibt seine Bewertung und Forderung zum Besten. „Ich bin entsetzt und schockiert” – und das erste, was einem dann einfällt, ist Wahlkampftwittern.

Dann sagte der im Radio, dass er eigentlich auch was dazu sagen wollte, dass es ganz sicher ein rechtsradikaler Anschlag sei, das jetzt aber eigentlich nicht gehe, weil die Polizei die Medien gemahnt habe, mit dem Berichten zu warten, bis man überhaupt irgendwas wisse, was man berichten könne. (Also nicht vor dem Wissen zu berichten.) Dann meinte der aber, es käme gerade rein, dass die Bundesanwaltschaft die Ermittlungen wegen der Schwere der Tat und dem Verdacht einer politischen Terrortat übernommen habe. Und dann sagte der, das sei ja nun der Beweis, Feuer frei. Los ging’s.

Also nicht, dass die Bundesanwaltschaft irgendetwas ermittelt habe, sondern allein schon der Umstand, dass die Anwaltschaft mitgeteilt habe, dass sie ermitteln wolle, wird schon als Beweis für eine zu dem Zeitpunkt frei auswählbare Darstellung der Geschehnisse angesehen.

Die völlige Besessenheit, bei jeder Gelegenheit sofort, unverzüglich, als erster rauszuposaunen, was man eigentlich immer posaunt.

Ich habe mal auf einer dieser Journalistenkonferenzen von Netzwerk-Recherche in Hamburg einen kleinen Notizblock bekommen, auf dem der Slogan der damaligen Konferenz stand: „Be first. But first be sure.”

Das gilt nicht mehr. Heute gibt es nur noch „Be first. Egal womit.”

Oder: Es ist schon alles gesagt worden. Auch von jedem. Nur heute noch nicht. Und los geht’s. Feuer frei.

Ich habe heute – außer der Polizei! – nicht eine einzige Person gehört, gesehen, gelesen, die auf mich den Eindruck gemacht hätte, dass sie den Sachverhalt hinreichend kennt oder zur Bewertung kompetent wäre.

Was mich zum Beispiel sehr interessiert hätte, ich aber heute auch nirgends gehört habe: Wie hat man den eigentlich gefunden? Woher weiß man, dass der das war? Nachts hieß es noch, man suche „ein dunkles Auto”.

Ich mag es nicht, wenn man den Sachverhalt nicht mitteilt, aber sagt, was man davon zu denken hat.

Ich würde darum bitten, Moral und Meinung zurückzuhalten, bis ich weiß, was passiert ist, und an meiner Meinungsbildung selbst teilnehmen und mitwirken kann, und ich nicht nur damit betankt werde. Es ist eine Sache der Reihenfolge.