Ansichten eines Informatikers

Fake News: Das Gerichtsurteil, jemanden als Faschisten zu bezeichnen

Hadmut
9.2.2020 23:04

Fake-News im Fernsehen?

Eigentlich mache ich hier gerade was sinnvolles, aber ich hatte nebenbei noch den Fernseher laufen, und lief gerade das unsägliche Weibergekeife, an dem auch Männer teilnehmen, genannt „Anne Will”. Alle schreien durcheinander, alle beschimpfen sich, und Anne Will bekommt einen Haufen Geld dafür.

Gerade eben schrien sie alle durcheinander, dass man Björn Höcke laut eines Gerichtsurteils „Fachist” nennen darf. Was mich daran erinnerte, dass ich in den letzten Tagen der Thüringen-Diskussion mindestens 20 oder 30 Mal gelesen und im Fernsehen/Radio gehört habe, dass man AfD immer im Kontext Höcke sieht, und man Höcke stets mit dem Satz beschreibt, dass man ihn laut Gerichtsurteil einen Faschisten nennen dürfe.

Was allerdings meiner juristischen Erfahrung zum Recht der Meinungsfreiheit überhaupt nicht entspricht. Es würde da nicht reinpassen, dass ein Gericht urteilen würde, dass eine Person X generell mit dem Schimpfwort Y belegt werden könne. Das geht schon deshalb nicht, weil es keine Allgemeinurteile gibt, und es immer darauf ankommt, aus welchem Kontext das erfolgt, also im Einzelfall entschieden werden muss. Es gibt keine Urteile der Form „Jeder darf den X einen Y nennen”, weil sich Urteile immer nur auf den Kläger des jeweiligen Falles beziehen.

weil die da gerade alle wieder rumschreien, habe ich mal gesucht, was in diesem „Urteil” denn nun eigentlich drinstehen soll.

Man kommt da etwa auf diesen ZEIT– oder diesen SPIEGEL–Artikel, oder auch die FAZ. Wobei sie teilweise selbst angeben, dass einer vom anderen abgeschrieben hat. Aber es stammt alles vom Zeitraum Ende September 2019. Beim Spiegel gibt es einen Download der Entscheidung.

Das ist absoluter Käse, was da gestreut wird.

  1. Erstens ist es ein Beschluss und kein Urteil.
  2. Es ging um einen Eilantrag und nicht um ein normales Gerichtsverfahren.
  3. Zweitens ist es ein Verwaltungsgericht, und das ist gar nicht dafür zuständig, was Person A über Person B sagen kann.
  4. Es ging nicht darum, jemandem konkret diese Aussage zu verbieten, sondern darum, ob ein Widerspruch aufschiebende Wirkung hat und einstweiliger Rechtsschutz gewährt wird.
  5. Höcke war nicht mal Partei in der Streitsache, es kann also keine Entscheidung gegen Höcke sein, dass man ihn so nennen dürfe.

Warum geht es da?

Jemand hatte eine Demonstration mit dem Titel „Protest gegen die rassistische AfD, insbesondere gegen den Faschisten Höcke” angemeldet. Die Stadt Eisenach hatte die Demo nur unter der Auflage genehmigt, dass die Bezeichnung „Faschist” im Rahmen der Versammlung untersagt wird.

Und nun muss man sich das mal im Detail anschauen: Jemand von den Demo-Veranstaltern beantragte eine einstweilige Verfügung gegen die Stadt Eisenach, gegen die Auflage. Dazu schreibt das Gericht:

…Auflagenbescheid vom 25.09.2019 hinsichtlich der von ihr am 23.09.2019 für den heutigen Tag zwischen 13:00 Uhr und 18:00 Uhr angemeldeten Versammlung… […]

Am heutigen Tage um 11:29 sucht die Antragstellerin um einstweiligen Rechtsschutz nach. […]

Muss man sich mal klarmachen: Die beantragten eineinhalb Stunden vor der Versammlung einstweiligen Rechtsschutz gegen die Auflage, nicht „Faschist” zu sagen. Eineinhalb Stunden vorher. In denen sich das Gericht spontan mit der Sache auseinandersetzen und noch diesen achtseitigen Beschluss formulieren, schreiben, ausfertigen muss.

Kein Urteil, sondern ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes.

Wo es auch nicht um die Frage ging, ob man Höcke Faschist nennen darf, sondern ob es die Stadt Eisenach im Rahmen einer Auflage für eine Demo verbieten darf.

Und dazu schreibt das Gericht

Diese Aussagen hat die Antragstellerin mit Zitatstellen aus dem Buch Höckes und Presseberichterstattung belegt.

Damit hat die Antragstellerin in einem für den Prüfungsumfang im Eilverfahren und angesichts der Kürze der für die Entscheidung des Gerichts verbleibenden Zeit in ausreichendem Umfang glaubhaft gemacht, dass ihr Werturteil nicht aus der Luft gegriffen ist, sondern auf einer überprüfbaren Tatsachengrundlage beruht, dass es hier um eine die Öffentlichkeit wesentlich berührende Frage hinsichtlich eines an prominenter Stelle agierenden Politikers geht und damit die Auseinandersetzung in der Sache, und nicht – auch bei polemischer und überspitzter Kritik – die Diffamierung der Person im Vordergrund steht.

Muss man sich klarmachen: In einem Eineinhalb-Stunden-Gerichtsverfahren haben die Demo-Veranstalter ledigtlich glaubhaft gemacht, dass sie sich nachprüfbar (nicht nachgeprüft) mit irgendwas auseinandergesetzt haben, weshalb es einstweiligen Rechtsschutz gegen die Auflage der Stadt gibt und nicht mehr und nicht weniger entschieden wird, als dass der Widerspruch dagegen aufschiebende Wirkung hat. Sie entscheiden nicht einmal, dass man Faschist sagen darf, sondern dass die Entscheidung darüber erst nach der Demo stattfinden kann. Alles, was die Richter entschieden haben, ist, dass die erst mal die Demo machen dürfen, weil über die Rechtmäßigkeit der Auflage durch die Stadt erst später entschieden wird.

Dass Höcke das hinnehmen müsste, steht da nicht drin, es geht lediglich darum, ob die Stadt Eisenach es per Auflage verbieten kann, und es wird im Prinzip auch nur gesagt, dass darüber noch nicht entschieden werden kann, und sie wegen der Kürze der Zeit erst mal demonstrieren dürfen.

Und daraus – man belehre mich, wenn es noch andere Entscheidungen gibt, ich habe nur die gefunden, zumal die sich alle auf Meinungen beziehen, und wenn die im September eine Eilentscheidung erlassen habe, es fraglich ist, ob schon ein richtiges Urteil vorliegen könnte, weil da ja auch erst mal ein Widerspruchsverfahren laufen müsste – machen Presse und Fernsehen das Dauergeprassel, dass man Höcke nach einem Gerichtsurteil als Faschisten bezeichnen dürfe.

Was schlichtweg falsch ist. Wenn es um diese Entscheidung geht, und eine andere habe ich nicht gefunden, dann ist das schlichtweg falsch, Fake News, denn das steht da nicht ansatzweise. Da steht, dass eine Auflage der Stadt Eisenach im Eilverfahren erst mal ausgesetzt wird, bis darüber entschieden wird, weil die Leute glaubhaft gemacht haben, dass sie sich mit irgendwas befasst, es also zumindest nicht völlig aus der Luft gegriffen haben. In eineinhalb Stunden.

Ich ärgere mich gerade. Ich hätte die ganzen Fernseh- und Radio- und sonstwas Berichte und Nachrichtensendungen über die Vorgänge in Thüringen alle notieren und runterladen sollen, weil ich diese Formulierung ja wirklich Dutzende Male gehört habe.

Man hätte wunderbar die Lügenpresse und die Fake-News des Fernsehens damit belegen können.

2020-02-09 23:04:07 +0100