Ansichten eines Informatikers

Das Informationszeitalter

Hadmut
27.10.2019 18:42

Ein Update.

Ich hatte neulich geschrieben, dass ein wesentlicher Unterschied zwischen dem Dritten Reich und dem Heute ist, dass man damals viel mehr auf Medien publiziert hat, die hundert Jahre (und mehr) haltbar sind, weshalb wir heute und auch in Zukunft in Ausstellungen, Museen und so weiter darüber informieren können.

Heute dagegen ist alles auf volatilen und ständig geänderten Webseiten und Streamings, nicht mal mehr auf DVD. Zeitungen werden bald mehr und mehr eingestellt.

Bei früheren Recherchen in der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe und in der Bibliothek des Bundesgerichtshofs war mir schon aufgefallen, dass man Bücher von etwa 1930 oder früher noch gut beisammen und normal lesbar sind, während Zeitschriften der 50er und 60er Jahre und teils auch Bücher nicht nur vergilben oder schon leichte Brauntöne annehmen, und zwar vor allem außen, was auf einen Zusammenhang mit Licht oder Sauerstoff hindeutet, sondern mir beim Lesen von etwa alten SPIEGEL-Ausgaben nach 10 bis 20 Minuten die Hände anfangen, an manchen Stellen, mit denen ich das Papier berührt habe, leicht zu schmerzen, zu brennen, was aber ziemlich schnell wieder verschwindet, wenn man dann sofort zur Toilette geht und sich die Hände gründlich mit Seife und reichlich Wasser wäscht. Das ist anscheinend saueres Papier, das sich dadurch nicht nur selbst zerstört und brüchig wird, sondern auch die Haut ätzt. Man sollte sich dabei auch nicht ins Gesicht fassen. Dieses Papier wird bald zerfallen oder ist es in Teilen schon. Papier aus dem Mittelalter war stabiler.

Ich weiß auch, dass bei unseren öffentlich-rechtlichen Fernsehsendern irgendwann mal notfallmäßig die alten Magnetbandaufzeichungen digitalisiert werden mussten. Die Magnetisierung an sich hält zwar, aber die Beschichtung auf den Bändern nicht. Das Zeug hat sich, wenn ich das richtig in Erinnerung habe, als leicht hygroskopisch erwiesen, wird krümelig und bröselt ab. Es hört sich absurd an, aber irgendwo stand, dass man kaputte Bänder retten konnte, indem man sie in einer Mikrowelle trocknete. Danach konnte man sie noch ein oder zweimal abspielen.

Kann gut sein, dass das bald alles futsch ist.

Vor einigen Jahren war ich mal auf einer Schulung für Kameraleute zum Thema Digitalkram. Da wurde erzählt, dass die großen Filmstudios in Hollywood erkannt haben, dass ihre alten Filmarchive ein riesiges Kapital sind, und deshalb speichern sie ihre ganzen neuen Filme nicht nur im ungeschnittenen und unbearbeiteten Roh-Format, sondern

  • Unverschlüsselt
  • Unkomprimiert
  • In einem ganz einfachen, voll dokumentierten Dateiformat

weil sie eine höllische Angst davor haben, dass bei dem ganzen Digitalkram irgendwann „vergessen” werden könnte, wie man das Zeug liest. Auch ein Problem, um das sich unsere Bundesregierung und ihre Digitalgremien nicht kümmern.

Selbst Filme, die man noch erhalten hat, kann das Fernsehen nicht zeigen, weil der Rechteinhaber (juristische Person) untergegangen ist und keiner weiß, wer die Rechte für die Ausstrahlung noch geben könnte, und man es auch nicht kann, ohne die Rechte zu haben.

Wir haben neben dem technischen Verfall noch die juristischen Probleme.

Und dann natürlich noch eine Generation, die alles bestehende zutiefst verachtet und vernichten will. Die werden das alles irgendwann mal verbrennen. Und wenn’s nur deshalb ist, weil es politisch nicht korrekt, sexistisch oder sowas ist.

Vor noch gar nicht allzu langer Zeit hat man sich hier fürchterlich darüber aufgeregt, dass die – weiß nicht mehr genau – Taliban oder Islamischer Staat oder sowas irgendwo in Pakistan, Syrien oder sowas irgendwelche jahrhunderte alten aus dem Felsen gehauene riesige Figuren und eine historische Stadt gesprengt haben.

Sind wir denn da besser?

Wenn wir Werke wie Pippi Langstrumpf als sexistisch ablehnen oder verändern?