Ansichten eines Informatikers

Presse am Ende?

Hadmut
27.9.2017 22:49

Wo wir gerade bei Verwesungsgeruch sind:

Ich weiß zwar nicht, was „Rubikon“ genau ist, aber sie haben einen lesenswerten Artikel über die Journalismus-Krise. Sie stellen verschiedene Thesen auf und erläutern diese.

Beispielsweise dass vielen Journalismus ihr eigener Journalismus nicht mehr gefällt, er habe den falschen Weg eingeschlagen. (Wenigstens da sind sie sich mit den Lesern einig.) Kritischer ist, dass viele amerikanische Journalisten inzwischen blanke Angst haben, etwas unerwünschtes zu schreiben, und dann überwacht zu werden. 8 Jahre Obama haben eben Spuren hinterlassen.

Dann würden Journalisten immer schlechter bezahlt. Alles andere wäre auch ungerecht, denn sie schreiben ja immer schlechter. Außerdem: Warum sollen Journalisten als Einzige von Globalisierung und Digitalisierung verschont werden? Sie schreiben doch so gerne linksaußen, und links ist für Globalisierung. Bedenke, worum Du bittest, es könnte Dir gewährt werden.

Wären Journalisten eine Spezies, hätte man allen Grund zur Sorge, dass sie vom Aussterben bedroht sind.

Weil sie aber keine Spezies sind, hegt man auch eher Hoffnung als Sorge, dass man sie endlich los wird.

In den letzten zweieinhalb Jahrzehnten sind 60% der Arbeitsplätze im US-amerikanischen Journalismus verschwunden.

Das passt. Denn vor etwa 20 Jahren gab es noch Journalismus. Was danach kam, braucht man nicht mehr.

Wir werden ersetzt von einer neuen Art von journalistisch geschulten PR-Experten.

Das ist falsch. Journalisten werden nicht von PR-Experten ersetzt. Journalisten haben sich selbst zu PR-Schwätzern gemacht, weil sie das in politischer Verirrung für Journalismus und Zeitgeist hielten. Was man sieht ist, dass schlechte PR-Schwätzer durch bessere PR-Experten ersetzt. Der Leser will aber beide nicht haben.

Ein anderer Punkt, den sie anführen, ist, dass das Geschäftsmodell des Journalismus nicht tragfähig sei. Ein Geschäftsmodell, das auf Kundenbeschimpfung beruht, hat mir noch nie eingeleuchtet. Außer im SM-Bereich bei Dominas. Aber die haben wenigstens Lack und Leder an und man weiß, was man für sein Geld bekommt.

Sie sagen, der Journalismus sei nicht mehr in der Lage, die zentrale Funktion der Information der Bevölkerung zu erfüllen. Und dass die Bevölkerung der Presse nicht mehr traut.

Dazu gibt es auch andere Vorgänge. Heute ist ein Fernsehteam von Phoenix (anscheinend WDR und auf Phoenix gesendet) mit Ex-AfD Pretzell aneinandergerasselt. Und man kann sich das auf Youtube-ansehen/hören, und sich eine Meinung über beide Seiten bilden. Leider sieht man nicht, wer das Interview führt, aber ich finde zumindest das Auftreten der (unsichtbaren) Journalistin für miserabel. Ich glaube, sowas braucht man wirklich nicht. Muss solche Leute aber bezahlen.

Was ich von Jakob Augstein halte, ist bekannt. Ich halte ihn für die Fleischwerdung des Niedergangs des Journalismus. Mit dem Papier, das der vergeudet, könnte man viel besseres anstellen. Der schreibt heute – wohl in Anspielung auf Star Wars – „eine neue Hoffnung“. (Als wäre Schulz der tote Obi-Wan Kenobi und Andreas Nahles Prinzessin Leia. Ich hoffe sehnlichst, dass Nahles niemals auf die Idee kommt, das ikonische Kleid mit sich selbst zu schänden. Vermutlich hofft Augstein insgeheim eher auf „Imperium schlägt zurück“.) Im Versuch, sich die Niederlage verbal schönzusaufen, meint er, die Niederlage wäre der Weg zum Sieg:

Zwanzig Prozent. Das schlechteste Nachkriegsergebnis der SPD. Eine Katastrophe.

Aber Katastrophen befreien auch. Es gibt nichts mehr zu verlieren.

Katastrophen können die Wendung bringen. Es heißt, Trinker müssten erst ihre Alkohol-Katastrophe erleben, bevor Besserung einsetzen kann. Die SPD war wie ein Trinker, süchtig nach der Macht. Sie konnte davon nicht lassen. Obwohl der Preis, den die Partei dafür zahlte, immer höher wurde. Jetzt kam der Absturz. Die SPD liegt am Boden. Die Rückkehr wird ein langer Kampf werden.

Nehmen wir Augstein doch mal beim Wort.

Würde das nicht heißen, dass die deutsche Presse erst mal so eine richtig dicke Katastrophe braucht, um zu merken, dass es so nicht mehr geht und sie das wieder anders machen müssen?

Gut. Hoffen wir also auf die große Katastrophe des Journalismus. Entweder lernen sie spät, aber immerhin daraus (warum wollen uns eigentlich ausgerechnet die immer belehren, die bisher nichts daraus gelernt haben?) und vielleicht geht es irgendwann wieder aufwärts.

Oder sie lernen nichts, es geht nicht aufwärts und wird nichts besser, aber dann sind wir sie wenigstens los und sie richten nicht noch mehr Schaden an.

Die Medieninhalte der letzten Tage zeigen meines Erachtens recht deutlich, dass das derzeitige Personal nicht Journalismusfähig ist, weder fachlich noch charakterlich, und meiner Einschätzung auch keine Hoffnung darauf besteht, dass die sich noch irgendwie bessern oder dazulernen. Das ist einfach Atommüll. Es wird einfach größere Pleiten und richtige, heftige Not brauchen, damit etwas Neues kommt.