Ansichten eines Informatikers

Das kultursensible Klo

Hadmut
6.9.2017 21:50

Also dazu muss ich jetzt auch mal was sagen.

In dem Riesen-Stapel von Hinweisen, die ich noch abarbeiten muss, finden sich auch viele zu den „kultursensiblen“ Änderungen im Kölner Toilettenbau, beispielsweise aktuell die NZZ mit Hinweis auf Express.

Dazu habe ich Anmerkungen. Kacktechnischer Natur.

Ich habe da nämlich den Eindruck, dass in dieser Diskussion Nah- und Fernost verwechselt werden.

Ja, ich habe schon solche Toiletten benutzt, die nur aus einem Loch im Boden mit zwei Stellen für die Füße bestehen. Das ist aber schon sehr lange her, und damals hatte ich noch voll funktionsfähige Knie, während ich heute Meniskus-Probleme habe. Ich könnte das heute nicht mehr, jedenfalls nicht ohne Probleme und ohne Schmerzen im Knie. Schön war das aber auch damals nicht, es ist nämlich verdammt schwierig, die Hosen so runterzuziehen, dass sie einerseits weit genug unten/vorne sind, damit man sich nicht rein…., und andererseits sie nicht so weit unten sind, dass sie auf den – meist widerlich schmutzigen – Boden oder gar in die Schüssel kommen. Und dann noch die Reinigung mit dem Wasserschlauch, ohne sich die Hosen komplett nass zu machen oder gar dunkel zu sprenkeln, ist nicht ganz einfach. Und dann noch das Gleichgewicht zu halten um nicht nach hinten ärschlinks in die … zu plumpsen.

Ein wesentlicher Punkt ist nämlich, dass solche Toiletten auch von anderen Kleiderordnungen ausgehen. Traditionell trägt nämlich auch der Mann in den Gegenden, in denen solche Toiletten in Gebrauch sind, „unten offen“ und kleidartige Gewänder, die man einfach nach oben ziehen kann und damit besagte Probleme gar nicht erst hat. Nach unten alles frei und offen, lass’ fallen. Und hinterher bequem trocknen.

Ich habe mich im arabischen Raum nämlich einmal um Kauf, Beratung und Aufklärung zu arabischer Männermode bemüht und mir auch so ein weißes langes Hend und Kopftuch und so weiter gekauft (fällt vielen auch nicht so auf, dass dort Männer und Frauen Kopftuch tragen), und danach geforscht, was der wackere Wüstensohn da trägt, wo der Schotte nichts trägt. Man legte mir – vornehmer Herrenausstatter – eine Boxershort amerikanischen Stils von allerbester Qualität in blütenweiß vor. Das wies ich zurück, weil vielleicht dort heute sicherlich üblich, aber eindeutig amerikanischer Stilrichtung, und damit nicht Kulturecht. Mit der Reaktion „Wenn er’s nun unbedingt wissen will…“ legte man mir einen ebenso blütenweißen Faltenrock vor, natürlich unten offen, den der Sohn der Wüste traditionell trägt. Das erleichtert derartige Transaktionen ungemein.

Allein: Ich habe im arabischen Raum bisher kein einziges solches Hock-Klo gesehen.

Ich kenne die Dinger aus Malaysia und China, habe sie sogar im modernen Flughafen von Peking gesehen. Und als ich Kind war, waren die Dinger als „französisches Klo“ bekannt, weil angeblich in Frankreich verbreitet, und ich habe mal gehört, wie ein Bekannter fluchend berichtete, an einer französischen Autobahnraststätte nur solche Dinger vorgefunden zu haben.

Dass die Klos dabei in Nordsüd-Richtung ausgerichtet sein müssen, damit man nicht gotteslästerlich gen Osten kacktoder dabei gen Osten guckt, war mir bis kürzlich gar nicht bekannt. Was man machen würde, wenn wir noch weitere Einwanderer hätten, deren Gottheit am Nordpol lebt, wäre die Frage. Drehbare Klos?

Das für mich charakteristische Element im muslimisch-arabischen Kulturraum ist der Gebrauch von Wasser anstelle von Klopapier. Ich habe das bisher in allen Hotels der arabischen Emirate und in allen öffentlich zugänglichen Toiletten, ebenso auf den Malediven so vorgefunden, dass die normale Kloschüsseln (meist amerikanischen Stils, bei dem man keine Bürste braucht) haben, manchmal für westliche Gäste noch Papier, aber immer so eine kleine Handbrause am Schlauch neben der Toilette, um sich damit die Ritze zu spülen, quasi ein Bidet für Arme.

Und ich muss sagen, ich fand das angenehm. Und eine Wohltat gegenüber rauem Billig-Klopapier der Kategorie Sandpapier.

Würden wir das als arabische Sitte und Kulturöffnung übernehmen, wäre ich damit voll einverstanden und würde das sehr befürworten. Man sollte sich allerdings hygienische Gedanken zum Griff der Brause machen, weil die dann jeder anfasst.

Und was natürlich ein wesentlicher Punkt ist: Dort wird es nicht kalt, deshalb ist auch das „kalte“ Wasser nicht kalt. In unserem Winter ist das Wasser aus der kalten Wasserleitung bisweilen eiskalt, und das wäre dann nichts für Stellen, an die die Sonne nicht kommt.

Man muss sich schon klarmachen, dass andere Kulturkreise manches auch besser machen und man dabei was gewinnen und übernehmen kann.

Deshalb verstehe ich nicht, warum die da jetzt unbedingt diese Löcher im Boden einbauen müssen, denn das wäre mir jetzt nicht geläufig, dass die dort noch weite Verwendung fänden.

Natürlich gibt es da kulturelle Karambolagen. Ich wohnte mal einige Jahre in einem berüchtigten Karlsruher Studentenwohnheim, und wir hatten keine eigenen Toiletten, sondern zwei für den ganzen Flur. Und gewisse Fluktuation bei den Bewohnern. Als wir mal einen aus dem arabischen Raum hatten (und nicht alle, aber viele derer waren ein stetiger Quell von Konflikten und Problemen) fiel uns auf, dass man auf den Klobrillen immer wieder mal Schuhsohlenabdrücke fand, einmal war eine gebrochen, das Klo häufig sehr dreckig, lauter kleine brauche Sprengsel an den Kabinenwänden, und immer wieder leere Cola-Flaschen. Immer wenn wir die wegwarfen, stand eine neue da. Bis wir der Sache mal auf den Grund gingen.

Der gute Mann hockte sich wie im Hock-Klo oben auf die Klobrille und balancierte da. Um sich sodann nach arabischer Sitte mit der Colaflasche Wasser in die linke Hand zu gießen und damit durch heftige Wedelbewegungen den Allerwertesten zu waschen, und dabei Spritzer links und rechts zu hinterlassen.

Das zog Diskussionsbedarf nach sich. Die Diskussion verlief überaus exotherm. Und nachdem er sich strikt weigerte, die Klobürste zu gebrauchen, steckte sie dann jeden Morgen an seiner Türklinke. Er zog dann sehr schnell aus.

Kern des Problems waren unterschiedliche hygienische Vorstellungen. Unsere Vorstellungen waren, dass man zwar dieses und jenes berühren und anfassen und sich draufsetzen muss, man dafür aber alles sauber hinterlässt. Seine Vorstellung war, dass man das hinterlassen kann, wie man will, und die Scheiße ringsherum überall kleben darf, sich die Hygiene aber daraus ergibt, dass man grundsätzlich nichts berührt oder anfasst. Damit stimmt überein, was man mir in Neuseeland als Ursache manch widerlich verschmutzer Toilette angab.

Was man sich jetzt allerdings davon verspricht, in Köln Boden-Hock-Klos zu installieren („zum interkulturellen Lernen“ und damit sich Migranten „zuhause“ fühlen), vermag ich nicht zu greifen. Wie soll Integration funktionieren, wenn die Leute schon an unseren Toiletten scheitern?

Immerhin können sich Männer in den meisten Nöten mit dem Urinal helfen, aber wie Frauen (die erfahrungsgemäß ja eh meist mehr Andrang haben und Schlange stehen) mit diesen Boden-Klos und der daraus entstehenden Knappheit herkömmlicher Kloschüsseln umgehen, ist die Frage.

Mein Vorschlag wäre, arabische Handbrausen zu installieren, die ja nur eine zusätzliche Installation sind, und die man benutzen oder es auch einfach bleiben lassen kann. Und ansonsten jedem Migranten erst mal eine Skizzenanleitung überreicht, wie man hierzulande Toiletten zu benutzen hat.

Immerhin hat man es ja hier auch geschafft, in vielen Toiletten Aufkleber anzubringen, dass Männer nicht im Stehen pinkeln sollen. Dann müssen auch die Aufkleber möglich sein, dass man sich nicht mit den Füßen auf die Klobrille hocken darf.

Aus lauter Unterwürfigkeit aber unsere Kloschüsseln abzubauen und diese unsäglichen Löcher im Boden zu machen (bei denen ich mich als jemand mit kaputten Menisken auch „diskriminiert“ fühle) halte ich für unvertretbar. Und nebenbei für arrogant, denn damit unterstellt man ja, dass die dort keine ordentlichen Toiletten hätten.