Ansichten eines Informatikers

Aufklärung und Humanismus

Hadmut
3.11.2012 19:13

Philipp Möller bei Disput\Berlin:

13 Kommentare (RSS-Feed)

Uwe
3.11.2012 23:04
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Bei 0:20 Matussek mal auf die Rabulistik achten. Er greift den Vorredner an, statt dessen Argumente.

http://www.youtube.com/watch?v=OMsTc26wUfg


pufaxx
3.11.2012 23:23
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@Uwe: Matussek – nicht nur in dieser Diskussion kaum auszuhalten. Der wird immer schlimmer.


Ludi
4.11.2012 0:20
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Vielen Dank für den Link auf die interessante Diskussion, die sich in voller Länge hier findet: http://www.youtube.com/watch?feature=player_embedded&v=OMsTc26wUfg

Ich halte ja die Existenz eines Gottes für genauso wahrscheinlich wie einen Mann im Mond, aber eine gute Figur machen die Religionskritiker bei dieser Diskussion nicht. Gerade Phillip Möllers Seitenhieb auf die jüdische Religion war völlig unangebracht und hat zurecht für Empörung gesorgt.


Heinz
4.11.2012 11:12
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@Uwe 0:20
Darüber kann man streiten, ich halte das eher für einen allgemeinen Spruch. Selbst wenn würde ich das eher unter (noch) zulässiger Rhetorik einordnen, da er anschließend Argumente liefert.
Die Argumente, die er liefert greifen die typischen Kirchenargumente an von daher geht er durchaus auf die A. seiner Kontrahenten ein.

@pufaxx
Welche Sache/n genau meinst du?

@Ludi
Zeitangabe und ggf Link pls, sonst kann man immer so schlecht nachvollziehen, was (genau) gemeint ist.


Mana
4.11.2012 15:50
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Mich würde interessieren, wieviel Prozent des Publikums religös ist. Ohne diese Information ist die Abstimmung (am Ende) bei so einem Thema wohl kaum Aussagekräftig. Denn für Kritikimmunisierte erscheint jedes noch so stichhaltige Argument als falsch.

Falls es paritätisch gewesen wäre, ergibt das ein bedenkliches Gesellschaftsbild ab. Haben wirklich Sachen wie das Pascal-Zitat Leute überzeugt?

>Seitenhieb auf die jüdische Religion war völlig unangebracht
Gemeint ist wohl der Bezug auf Einstein zu dem Möller (der nach meinem schnellen Überblick sich sonst nirgends zur jüdischen Religion äußert) u.a. sagte dass er (Einstein) “am Ende seinen kindischen jüdischen Aberglauben abgelegt hat”. Man kann hier ob der Wortwahl natürlich leicht in Empörung geraten, weil man zunächst denkt, dass Einstein sich anders ausgedrückt hat. Hat er aber nicht: “Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens.” und an anderer Stelle: “Die Bibel ist eine Sammlung ehrbarer, aber dennoch primitiver Legenden, welche doch ganz schön kindisch sind.”
Die letztliche Verkürzung zu “kindischen jüdischen Aberglauben” steigert das zwar etwas, aber die Reaktionen halte ich dennoch weit übertrieben. Genauso wie Deine, Ludi. Oder warum findest Du den Seitenhieb auf die Kinderschänder-Christen nicht für unangebracht? Zumal das Judentum hier nur aufkam, weil es um Einstein ging, und er zufällig Jude war. Wäre er Buddhist gewesen, hätte Möller “kindischen buddhistischen Aberglauben” gesagt. Es wirkt eher so, dass die hier in Deutschland andressierte Standardreaktion bei Kritik am Judentum zum Vorschein kam. Denn Judentum darf hier nicht kritisiert werden.

Dennoch muss man einige handwerkliche Fehler der Pro-Gruppe anlasten – z.B. die Sache mit dem Gürtel, und, um bei der oberen Situation zu bleiben, wie man sich die Situation aus der Hand gleiten lässt: weg vom Einstein-Zitat, um das es eigentlich ging, und hin zum Thema Judenverfolgung die Atheisten betreiben. Unfassbar, wie gut der Pastor da einen Strick aus dem Zitat dreht, und die Menge darauf abfährt. Tja, gute Nacht.


Johanna
5.11.2012 8:52
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> Unfassbar, wie gut der Pastor da einen Strick aus dem Zitat dreht, und die Menge darauf abfährt.

Das zeigt eigentlich nur, dass der Pastor seinen Beruf versteht und sich während seiner Ausbildung und auch in seinem Berufsleben große Mühe gibt. Und zwar ganz im Sinne der einleitenden Worte des Phillip Möller an Bischof Huber. Wenn man mit Leuten zu tun hat, die Rhetorik und Polemik bestens beherrschen und deshalb beides nicht nur als Totschlagargument oder zur reinen Diffamierung des Gegenübers einsetzen, dann muss man eben in der Lage sein, dagegen zu halten.

> Tja, gute Nacht.

Das gilt im Sinne des oben Gesagten für die atheistische Seite. Wenn man eine ernsthafte Position vertritt, dabei aber nur ein paar Platitüden (wie “Kinderschänder”, “Aberglauben”, “kindisch-naive Gefühlsduselei”) vorbringen kann, anstatt die Steilvorlagen der Gegenseite (die Pascal’sche Wette und deren logisch mindestens naive Interpretation des Herrn Pastors wäre so eine gewesen) zum eigenen Vorteil auszunutzen, wundert mich nicht, dass die atheistische Seite so schlecht abgeschnitten hat.


Mana
5.11.2012 17:05
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>> Tja, gute Nacht.
>Das gilt im Sinne des oben Gesagten für die atheistische Seite.

Ja, in die Richtung war das tatsächlich auch gemeint (im Sinne von “gute Nacht Aufklärung”).

>Steilvorlagen der Gegenseite […] auszunutzen

Eine Reaktion ist allerdings schwerer als ein Angriff. Um beim Pascal-Beispiel zu bleiben: Der Angriff war in Ruhe vorbereitet. Die Reaktion muss aber unter Streßbedingungen und knapper Zeit ausgearbeitet werden. Dazu kommt, dass man bei Logikdiskussionen das ganze auch noch so aufbereiten muss, dass es die Masse versteht. Wenn ich mich an meine Schulzeit erinnere, war Mathematik eher unbeliebt. Es war quasi cool, darin schlecht zu sein. Und dann soll man logische Gedankengänge anschaulich darstellen? Halte ich für aussichtslos.

Ich denke dass ist auch eine der Quellen der Kritikimmunisierung bei Religionen: man lebt in einem *festem* Weltbild was das Leben vereinfacht. Man muss sich nicht ständig mit Ungewissem plagen. Frei nach dem Spruch “der Dumme ist todsicher während der Kluge voller zweifel ist”. Und viele wollen sich nicht immer nur mit Problemen beschäftigen. Siehe auch Wahlen: ich wähle immer Partei X, ich will mich nich damit beschäftigen, was sie bisher umgesetzt haben oder nicht, etc pp .. und Programme lese ich auch nicht.

Das könnte man vielleicht nur dahingehend aufgreifen, dass man genauso unüberlegt Menschenverachtendes tut. Stichwort Gürtel – der aber nur in Richtung Krieg gestimmt hat.

Im Falle von Pascal kann man natürlich sagen, dass man mit sowas hätte rechnen können. Denn Aussagen wie die werden ja häufiger rezitiert. Die Atheisten müssten hier einen reichhaltigen Gegenfundus haben. Aber da braucht es auch eine Ausbildung und Erfahrung.

> Platitüden

Ein “ihr Atheisten seid doch die, die Juden verfolgen” (oder so ähnlich) ist für mich nicht besser als eine Platitüde.

Interessant finde ich auch, dass man sämtliche Verfehlungen und Auswüchse im Zusammenhang mit Religionen und deren Machtinstitutionen (Decken von Kinderschändern, Inquisition/Hexenverbrennung, Kreuzzüge) als völlig legitim ansieht: “Es ist schon so lange her”, “das waren nur Einzelfälle” usw. Bei Verbrechen aus der rechten Szene ist da immer deutlich mehr los. Beispiel NSU: nur 10 Opfer (ok, tot und nicht “nur” mißbraucht; das Leben ist aber trotzdem kaputt) und die zuständige Organisation (Verfassungsschutz) bekommt deutlich länger und mehr auf den Deckel.

Die Sache mit dem Gürtel hätte zwar dennoch – nach den ersten Reaktionen – glaube ich gesessen, hätte es denn gestimmt. Allerdings wäre auch hier irgendwann der oben erwähnte Schutzreflex auferstanden. D.h. damit kann man – und da hast Du, Johanna, recht – keinen Blumentopf gewinnen.

Selbst wenn die Pro-Seite alles richtig gemacht hätte – also z.B. perfekt und anschaulich auf Pascal und co reagiert, glaubst Du, dass sich ein religiös gefestigter Mensch überzeugen ließe?


Ludi
5.11.2012 17:24
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@Heinz: Den Link hatte ich gepostet und ich meine die Zuschauerfrage und das anschließende Statement von Philipp Möller ab 0:48:50. Die Frage an Philipp Möller lautete: “Wie erklären Sie sich, daß ausgerechnet die Angehörigen dieser primitiven Hirtenreligion, nämlich die Juden, die einflußreichsten und größten Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts waren”. Philipp Möllers Antwort: “Damit, daß sie sich von Ihre Religion entfernt haben und somit zu den Wissenschaftlern werden konnten, wie es zum Beispiel bei Einstein zu beobachten ist, der sich gegen Ende seines Lebens von seinem kindischen jüdischen Aberglauben ferngesagt hat…”

@Mana: Das Zitat stammt aus einem Brief Einsteins an Erich Gutkind. Das Faksimile läßt sich hier einsehen: http://www.auctioncause.com/cf/einstein/images/large.jpg

Einstein schreibt: “Das Wort Gott ist für mich nichts als Ausdruck und Produkt menschlicher Schwächen, die Bibel eine Sammlung ehrwürdiger, aber doch reichlich primitiver Legenden. Keine noch so feinsinnige Auslegung kann (für mich) etwas daran ändern. […] Für mich ist die unverfälschte jüdische Religion wie alle anderen Religionen eine Incarnation des primitiven Aberglaubens.” Und das zu “kindischen jüdischen Aberglauben” zu verkürzen ist ebenso falsch wie unangebracht. Im Übrigen lassen sich eine Reihe Aussagen von Einstein zur Quantenmechanik finden, die die meisten als “Gott würfelt nicht.” kennen dürften. Den Seitenhieb Philipp Möllers auf die “Kinderschänder-Christen” fand ich übrigens genau so unangebracht. Eine ebenfalls stark verkürzte und sinnentstellende Behauptung zum Thema Kindesmißbrauch.

Die englischsprachige Wikipedia macht aus dem obigen Zitat: “The word god is for me nothing more than the expression and product of human weaknesses, the Bible a collection of honourable, but still primitive legends which are nevertheless pretty childish.” Vermutlich stammt die im Original nicht vorhandene Ergänzung “which are nevertheless pretty childish” aus einem Artikel des Guardians vom 13.5.2008 – http://www.guardian.co.uk/science/2008/may/12/peopleinscience.religion und Wikipedia hat es ungeprüft übernommen.


Ludi
5.11.2012 23:36
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@Mana: Du schriebst: “Selbst wenn die Pro-Seite alles richtig gemacht hätte – also z.B. perfekt und anschaulich auf Pascal und co reagiert, glaubst Du, dass sich ein religiös gefestigter Mensch überzeugen ließe?”

Das gilt nicht nur für religiös gefestigte Menschen. Nach dem Zusammenbruch des Kommunismus konnte man dies auch bei ideologisch gefestigten Menschen beobachten. Ich kenne da einige, die noch heute die vergangene DDR für das bessere Deutschland halten. Gegen Fanatismus gleich welcher Couleur ist kein Kraut gewachsen, aber ich halte die überwiegende Mehrheit, ob nun religiös oder nicht, für vernunftbegabt und bei denen kann man mit guten Argumenten Punkte machen bzw. Blumentöpfe gewinnen. “Kindisch jüdischer Aberglauben” und “Kinderschänder-Christen” sind allerdings keine guten Argumente.


Stefan W.
6.11.2012 2:43
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Zu Einstein: Der hat sich meines Wissens schon in seiner frühen Jugend von der Religion abgewandt. Dass er dann als verfolgter ‘Jude’, in Anführungsstrichen, weil sich die Nazis das Recht rausgenommen haben zu bestimmen, wer Jude ist und wer nicht – im Exil nicht den anderen Juden, die sich aber selbst als solche verstanden, nicht in den Rücken gefallen ist, und sich weiterhin lautstark von denen abgegrenzt hat, ist glaube ich gut verständlich.

Zu Pascal: Dessen Wette ist schon vom Pfarrer gar nicht dargelegt worden, sondern zu einem reinen Argument der Autorität zusammengeschnurrt – das große Genie Pascal bla, bla – das hätte man als typisches, religiöses Muster aufgreifen können: Man verneigt sich vor der Autorität und stellt das Denken ein. Richtig ist, dass das Ausklamüsern der Wette spontan in mündlichem Disput nicht ganz einfach ist. Kritisierbar ist pauschal, dass Pascal ein 50:50 Verhältnis angenommen hat zwischen der Möglichkeit, es gäbe Gott, und es gäbe keinen – eine aus der Luft gegriffene Behauptung, und dass er die Kosten für den Glauben mit 0 veranschlagt – es schade nicht sein Leben auf den Knien in Angst herumzurutschen, und affige Zeremonien zu vollführen, dem Priester seine unkeuschen Gedanken zu beichten, Kirchensteuer zu zahlen, Sonntags in der Frühe aufzustehen und, und, und – dafür aber ein ewiges Leben als automatisch gegeben ansieht, und zwar nicht weil man brav an Gott glaubt, sondern weil man mit der Nützlichkeitserwägung im Hinterkopf, der jeder spirituelle Geist abgeht, den allwissenden Geist mit Heuchelei zu betrügen trachtet.

Einen besseren Beweis des eigenen Unglaubens hätte der Pfaffe eigentlich nicht abliefern können. Das hätte man ihm schon ordentlich unter die Nase reiben sollen.

Der kürzere, und weniger ergiebige Weg ist es, zu fragen, welcher Gott denn mit 50% Gewissheit existiert, und wieso nicht jeder Gott, etwa Thor und Zeus, Jahwe und Allah, Zahnfee und Spaghettimonster mit einer gleichen Wahrscheinlichkeit von etwa 1 Promille anzunehmen seien. Man könne dann zwar versuchen an alle zu glauben, aber die meisten sind ja eifersüchtige Primadonnen, die keinen anderen Gott neben sich dulden, und schon von daher als moralische Instanz für jeden denkenden Menschen ausscheiden. Zu sehr ist ihnen ihre Herkunft vom Stammes- und Familiendespoten ins Gesicht geschrieben.


Johanna
6.11.2012 9:00
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@Mana: Da haben Sie vollkommen Recht, Platitüden fanden sich auf beiden Seiten genügend. Allerdings empfand ich in diesem Punkt bei dieser Debatte doch ein deutliches, ein bedauerliches Ungleichgewicht zu Lasten der atheistischen Seite. Und Sie haben auch Recht, wenn Sie anmerken, es sei schwerer, auf einen Angriff geschickt und gezielt zu kontern. Das hier war aber nicht die erste Debatte dieser Art. Daher kann man sich auf eine Handvoll “Standardargumente” problemlos vorbereiten. Dazu gehört auch und gerade die Pascal’sche Wette. Um es mal besonders platt zu formulieren: Die Gegenargumente liefert in diesem Fall bereits Wikipedia.


Phil
6.11.2012 12:04
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@Ludi Ich kenne Einige, die das westliche Deutschland für das bessere Deutschland halten. Schaut man sich mal allein die Fakten an und versucht die unterschiedlichen wirtschaftlichen Voraussetzungen herauszurechnen, dann stellt man fest, dass die Unterschiede bis weit in die 80 hinaus nicht besonders groß waren (also bis zum internen Zusammenbruch der UdSSR).
Jedes System hatte (und hat) in bestimmten Punkten seine Vorteile und einige gravierende Nachteile.

Jeder primitive Geist klammert sich an eine Ideologie und auch sehr gebildete Menschen fallen oft genug darauf hinein. Außerdem ist es eine (geistige) Arbeitserleichterung, wenn pauschalieren kann. Unsere geistige Kapazität ist nun mal begrenzt und niemand kann sich mit allen Themen intensiv auseinander setzen. Das führt zwangsläufig dazu, dass man bestimmte Dinge einfach glauben muss.
Dabei muss man jedoch Vertrauen in die Anderen haben, welche sich mit den Themen beschäftigen, für die man keine Zeit hat.

Wenn nun jedoch selbst ein einfacher Faktencheck fehl schlägt und die Argumentation sichtbar aus vielen Fehlschlüssen besteht, dann lehnt man mal schnell eine ganze Gruppe von Leuten/Wissenschaftlern/Ideologen ab (zur Erinnerung: Pauschalieren ist Arbeitserleichterung).
Oder man verteidigt sie als Gottgegeben, wie dies bei Religionen der Fall ist.


Ludi
6.11.2012 18:58
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@Phil: Ich kenne diese netten Systemvergleiche noch aus meiner Schulzeit. Da wurden dann BRD und DDR oder USA und UDSSR verglichen. Dumm dabei ist nur, wenn man die Hälfte der Mitspieler einsperren muß.

Irgendwelche Vorteile bzw. Profiteure hat jedes System. Aber dann kann man auch freiwillig in den Knast gehen, da gibt es zumindest jeden Tag eine warme Suppe.