Ansichten eines Informatikers

Ich bin ein Präsident – Holt mich hier raus!

Hadmut
18.2.2012 12:48

Deutschland sucht den Super-Präsidenten. Oder Germany’s Next Top-President. Oder so.

Eine Präsidentenwahl steht an.

Bei Dieter Bohlens DSDS, bei Heidi Klums Germany’s Next Topmodel, beim Dschungelcamp mit dem Dicken und der Blondine darf der Zuschauer abstimmen, wen er haben will. Bei etwas so lächerlich irrelevant unwichtigem wie einer Sangesschwuchtel, die ein Jahr später pleite geht und ins Dschungelcamp ausweichen muß, bei der 300qm-Dschungel-Königin und bei irgendeinem auf hohen Hacken herumstolpernden Teenie wird der Zuschauer in die Auswahlentscheidungen eingebunden, kann anrufen, ausbuhen. Und die Kandidaten müssen vorturnen. Singen, Stolzieren, Känguruh-Hoden fressen, Kakerlaken widerstehen. Da kann man anrufen und abstimmen, wer im Dschungelcamp bleiben soll.

Wird aber ein Bundespräsident gewählt, einer der uns auf 5 Jahre hinaus nach außen repräsentieren soll, jemand der für uns Deutsche steht, die protokollarische Nummer 1 ist und unsere Gesetze unterzeichnet, wird der Bürger gar nicht gefragt. Da veranstalten die Parteien ein völlig absurdes Theater mit irgendwelchen Promis, die da als Wahlmänner eingespannt werden und ihren Präsidenten nach Lust und Laune auskungeln.

Was qualifiziert einen Promi dazu, für mich meinen Präsidenten zu wählen? Gar nichts! Warum sollte jemand, der ein guter Schauspieler ist, als Sportler schnell rennen kann oder sonstirgend ein Kunststück beherrscht, in irgendeiner Weise das Volk vertreten können oder intellektuell irgendwie vorne dran sein? Ich finde das schon affig, wenn in der Fernsehwerbung Promis für Pralinen oder Hörgeräte auftreten. Warum sollten die Pralinen besser beurteilen können als jeder andere auch?

Die Volksverarsche liegt nicht in einer Person wie Christian Wulff, sondern im Präsidentenamt und der Art des Zustandeskommens der Auswahl selbst. Die Parteien liefern Parteisoldaten und daraus wählen dann irgendwelche Parteifreunde und bekloppten Promis ihren Kumpel aus. Da stimmt doch schon von vornherein die Auswahl nicht.

Wir haben 30 Tage Zeit, einen Präsidenten zu wählen.

Das reicht völlig, um 10 Kandidaten der Reihe nach zu Dieter Bohlen („so’n Durchschnittsgelaber könenn wir hier echt nicht brauchen”), Heidi Klum („Du hast uns heute nicht überzeugt, für Dich habe ich heute leider kein Foto”) und noch 2 Wochen ins Dschungelcamp zu schicken, um zu probieren, wie gut die Kandidaten im Umgang mit Kakerlaken, Ekel und im Verdauen von A…löchern sind, denn diese Fähigkeiten werden sie in unserer Politik ja dringend brauchen.

Hört sich bekloppt an? Mag sein. Isses auch. Aber immer noch viel besser und demokratischer als das, was die da zur Präsidentenwahl machen. Das ist noch viel bekloppter.

8 Kommentare (RSS-Feed)

yasar
18.2.2012 14:01
Kommentarlink

Der da http://www.heise.de/tp/blogs/6/151183 wäre einer nach meinem Geschmack. Am liebsten würde ich ja den Job selber machen. Ich verspreche auch, daß ich nichts von Freunden annehme, wie z.B. bei Hadmut mal auf der Couch zu übernachten, wenn ich mal in München bin. 🙂

Aber ich habe mir die Politikerkarriere schon abgeschminkt, weil ich da vermutlich zuviel Gewissen hab.


FF
18.2.2012 17:04
Kommentarlink

“So’n Durchschnittsgelaber können wir hier echt nicht brauchen.” Das ist der Kernsatz, Herr Danisch.

Am “Durchschnittsgelaber” wird, ich darf die Prognose wagen, auch die zweite sogenannten Demokratie in unseren Breiten in nicht allzugroßer Ferne eingehen.

Anämie, Blutarmut, geistige Magersucht, Mangelkrankheit, “Schwatzbude” statt Parlament, Desinteresse, Seich- und Siechtum, Krisen, Verarmung, Lähmung. Dann: der “starke Mann”. Hatten wir schon mal, kommt wieder. Gut, Geschichte wiederholt sich nicht, aber sie reimt sich…

Daß ein rednerisches Nullum wie Merkel, sozusagen die “Queen of Durchschnittsgelaber” überhaupt Kanzler werden und bleiben darf – weil ihre “Kontrahenten” noch größere Pfeifen sind, ist ein böses Omen.


Hanz Moser
18.2.2012 17:34
Kommentarlink

Du bist ausnahmsweise der Zeit ein wenig hinterher mit deiner Idee. Das ZDF ist schon dabei Castingshows für politische Zwecke zu testen:
http://kanzler.zdf.de/
Auch wenn das ZDF die Grenze bei “jungen Erwachsenen” ziehen will könntest du es ja mal versuchen. Nicht lesen zu können und klare Vorgaben zu ignorieren ist schon mal eine wichtige Kompetenz für das Bestehen im politischen Betrieb.

Wenn ich das, irgendwo, richtig gelesen habe, kommt das Format aus Kanada, ist also genauso ein Amerikaimport (wenigstens nicht US) wie der Rest der Castingsachen auch.
Apropos Kanada: Dort wollen die Konservativen wohl auch Datenspeicherung für alle Internetnutzer und freien Zugang für Ermittlungsbehörden zu diesen Vorratsdaten. Einer der politischen Akteure hat wohl schon seine Karte ausgespielt und sinngemäß gesagt, man sei entweder dafür oder auf der Seite der Kinderschänder\Kinderpornokonsumenten.


Stefan
19.2.2012 19:25
Kommentarlink

Das Amt ist abzuschaffen. Ich (vielleicht auch andere) brauche keinen Bundespräsidenten. Repräsentiert im Ausland wird die BRD von der Bundeskanzlerin und dem Aussenminister (und Diplomaten). Wozu noch einen Gruß-August ?
Man merkt dem Amt seine Herkunft an (Reichspräsident, der auch den “Starken Mann” nicht verhindert hat).


Stefan
19.2.2012 19:33
Kommentarlink

@ O.T. – Lob an den blog Betreiber
Zwar teile ich nicht alle deine Meinungen, aber es befinden sich hier so viele Perlen (richtig gute Artikel), das ich dich dafür gerne lobe und sage “weiter so”.
bsp.:
– Wie die deutsche Internet-Kinderpornosperre zustande kam – und zugrunde ging
– Über die Vorratsdatenspeicherung
– Die Konstruktionsfehler des “Sicherheits- und Überwachungsstaats”
– Religion – Aberglaube – Ausländerfeindlichkeit
– Die Zensur geht vom Volke aus

Danke!


Hadmut
19.2.2012 19:39
Kommentarlink

Danke für das Lob. 🙂

Ich bin – entgegen verbreiteter Meinung – durchaus der Meinung, daß wir einen Präsidenten noch gebrauchen können.

Einmal weil der Repräsentant in der Weltgeschichte herumreisen und repräsentieren soll, während der Kapität gefälligst am Steuer stehen soll. Also müssen Kanzler und Präsident verschieden sein.

Der Präsident soll (theoretisch) politisch einigermaßen neutral sein und alle Deutschen vertreten. Der Kanzler gehört der Regierung an und steht naturgemäß nur für die Mehrheit, die ihn bzw. seine Partei gewählt hat. Die Oppositionswähler werden sich kaum von ihm/ihr repräsentiert fühlen.

Der Präsident soll die Gesetze unterzeichnen oder eben auch nicht. Dazu ist eine Distanz notwendig.

Der Präsident hat das Gnadenrecht. Auch dazu ist einen Distanz nötig.

Insofern halte ich das Amt des Bundespräsidenten für gut, richtig, wichtig.

Ich sehe den Fehler darin, es dem politischen Ränkespiel zu überlassen, das Amt zu besetzen. Denn dadurch kann der Präsident diese Aufgaben gerade nicht erfüllen. Eine trübe Tasse wie Wulff hätte niemals in dieses Amt gedurft. Da gehört eigentlich kein Politiker, sondern ein Intellektueller hin.

Ein ehemaliger Bischoff wäre für mich ein Grund, über das Auswandern nachzudenken.


FF
19.2.2012 22:15
Kommentarlink

Gauck. Jetzt müssen wir ganz stark sein. Vom privilegiengeilen und opportunistischen DDR-Pfaffen zum aufgeblasenen Großinquisitor (der noch schnell höchstselbst seine eigene Stasi-Akte bereinigte) zum Sozialstaats-Kritiker zum neoliberalen Sarrazin-Claqueur zum bornierten occupy-Verächter – zum Bundespräsidenten.

Na, das ist doch mal wieder eine deutsche Karriere.

PS.: Ach, und danke, liebe “S”PD, danke liebe Grüne. Das nächste Mal schlagt ihr dann bitte Hubertus Knabe vor.


Werner
19.2.2012 23:11
Kommentarlink

@FF: “aufgeblasenen Großinquisitor” macht das Rennen. Wer hätte das gedacht? Die Braunschweiger Zeitung meldet “Gauck wird Bundespräsident”.
Ich weiß immer noch nicht, ob das ein Karnevalsscherz ist.
http://www.braunschweiger-zeitung.de/ticker_deutschlandwelt/gauck-wird-bundespraesident-id600822.html
Ich habe ein ungutes Gefühl mit dieser Entscheidung, Wahl kann man das ja nicht nennen. Man wird sehen.