Ansichten eines Informatikers

Fotorecht: Ab wann ist man volljährig?

Hadmut
12.11.2011 20:02

Schräge Frage zum Fotorecht: Hierzulande ist „Jugendpornographie” strafbar (§ 184c StGB), wobei ja schon der Begriff der Pornographie sehr auslegungsabhängig ist. Es sind ja angeblich schon 14-jährige Mädchen vor den Richter gekommen, weil sie sich mit dem Handy vor dem Spiegel selbst nackig aufgenommen und die Bilder an Freunde verschickt haben. Man muß also nicht erst auf Pornographie aus sein, denn in manchen Ländern laufen die Leute so im normalen Leben auf der Straße herum.

Wenigstens ist klar definiert, was „Jugend” ist, nämlich Alter zwischen 14 und 18.

Was die Frage aufwirft, wie Personen behandelt werden, die nach dem Gesetz in ihrem Land schon früher volljährig sind. Es gibt so zwei oder drei Länder auf der Welt, in denen man mit 16 volljährig ist. Angeblich gehört sogar Schottland dazu. Und Schottland ist als Teil von Großbritannien Teil der EU, unterliegt damit also der beruflichen Freizügigkeit. Fände sich also eine 16-jährigen schottische Pornodarstellerin, die ihrem Gewerbe in Deutschland nachgehen möchte, das aber nicht darf, könnte sie wohl vor der EU gegen Deutschland klagen. Aber das ist wohl eher theoretisch.

Interessanter ist die frage, wenn man das Alter einer Person nicht kennt. Ich war schon in Ländern, in denen es Bevölkerungsteile gibt, bei denen das Geburtsdatum als irrelevant angesehen und gar nicht erst aufgezeichnet wird. Teilweise können sie das gar nicht, weil ganze Dorfgemeinschaften Analphabeten sind und von Kalendern gleich gar nichts halten. Dazu kommt, daß es für uns Mitteleuropäer manchmal sehr schwierig sein kann, das Alter von Menschen anderer ethnischer Gruppen korrekt einzuschätzen. Ich hatte durchaus schon Schwierigkeiten, das Alter von Leuten richtig einzuschätzen. Ich habe mal eine Asiatin für eine junge Schülerin gehalten, obwohl die schon diplomiert und Mitte 20 war. Ich habe aber auch schon Frauen gesehen, bei denen es mir unmöglich war, vom Aussehen her einzuschätzen, ob die eher 15 oder 25 war. Und wenn Leute nicht zur Schule (in der bei uns geläufigen Weise) gehen oder man keine gemeinsame Sprache spricht, kann man das auch anhand des Bildungsstandes schwer einstufen. Umgekehrt geht es denen mit uns ähnlich. Ich wurde mit 25 in Asien auf 40-50 geschätzt, einfach weil ich damals einen langen dichten Vollbart und Geheimratsecken hatte, und dichter Bartwuchs und „hohe Stirn” in vielen Gegenden Asiens – wenn überhaupt – erst bei älteren Männern einsetzen.

Wie also ist jemand fotorechtlich zu bewerten, der selbst nicht weiß, wie alt er ist?

Man könnte freilich einwenden, daß man ja nicht seine Unschuld, sondern die Staatsanwaltschaft die Schuld, also die Jugend der Person nachweisen müßte, was dann schwierig wird. Wenn sich nun doch aber aus irgendwas ergibt oder irgendein Gutachter anhand des Ohrenabstandes erkennen will, daß die Person jünger als 18 ist, hat man ein Problem. Denn möglicherweise könnte einem bedingter Vorsatz unterstellt werden. Denn wenn man sich nicht positiv vergewissert, könnte es heißen, daß man es billigend in Kauf genommen hat, Jugendliche abzubilden. Was macht man also, wenn man jemanden fragt, wie alt er/sie ist und die es selbst nicht wissen?

10 Kommentare (RSS-Feed)

Alex
12.11.2011 21:10
Kommentarlink

Ich bin mir sehr sicher irgendwo mal den Bericht über einen Fall (ich glaube in Südamerika) gelesen zu haben, wo jemand wg “Kipo” angeklagt wurde, weil eine der Darstellerin von irgendwelchen Stöckchenwerfern als Jugendlich eingeschätzt wurde;
Dort ist dann die Darstellerin angereist und hat sich als volljährig ausgewiesen.

Leider finde ich den Fall mit 2 Minuten google nicht.

Zusammenhang hier zu dem Thema ist:
– Stöckchenwerferei anstelle von Beweisen
– Umkehr der Rechtsstaatlichkeit (Beweis der Unschuld nötig, statt der der Schuld)


Daniel
13.11.2011 1:48
Kommentarlink

yasar
13.11.2011 15:18
Kommentarlink

Also das mit dem Alter falsch einschätzen kann durchaus auch hier passieren, z.B. letztens am Elternabend haben wir uns gewundert, warum eine Schülerin vorne bei den Lehrern steht. Bis sich dann herausgestellt hat, daß diese auch eine Lehrerin ist (und nicht einmal Refendarin, sondern schon fertig ausgebildet).


Kai
13.11.2011 20:12
Kommentarlink

@Alex: Ich kann besser googlen. 🙂
http://11k2.wordpress.com/2010/04/23/us-gerichtsdrama-pornstar-rettet-fan-vor-20-jahren-haft/
Allerdings hatte ich damals auch eine andere Quelle mit Video und Interviews.


Kai
13.11.2011 20:13
Kommentarlink

Hadmut
13.11.2011 20:21
Kommentarlink

Hoho, sie sagen im Interview daß die Sachverständigen gesagt hätte, sie wäre nicht älter als 12, dabei war sie längst volljährig…


Maximilian
13.11.2011 20:43
Kommentarlink

Wenn das Alter nicht bekannt ist, dann wird es geschätzt und z. B. der 1. Januar in den Personalausweis eingetragen. Das müsste dann das rechtliche Alter der Person sein.


Hadmut
13.11.2011 20:45
Kommentarlink

@Maximilian: Und wie willst Du das bei Leuten machen, die keinen Personalausweis und keine Meldebehörde haben? Sowas wurde nicht in jedem Land erfunden. Geht nicht überall zu wie in Deutschland… (Kleiner Kulturschock für Zivilisationskinder…)


Alex
14.11.2011 11:35
Kommentarlink

@Maximilian
Es ist auch nicht so einfach – wichtig für einen Rechtsstaat ist die Rechtssicherheit.
Wenn ein Alter nur geschätzt werden kann, wie will man dann Rechtssicherheit haben, wenn man selber schätzten muss (und etwa anders schätzt als “Experten”)


Maximilian
15.11.2011 13:47
Kommentarlink

Gute Fragen! Am Ende müsste bei so einem Fall dann einfach ein Richter eine Entscheidung treffen, die er mit seinem Gewissen für Gerechtigkeit vereinbaren kann. Es ist unmöglich, dass Gesetze alle Eventualitäten abdecken.