Ansichten eines Informatikers

Piraten in Berlin

Hadmut
19.9.2011 0:37

Ein paar Überlegungen dazu.

Ich finde es gut, daß die Piraten in Berlin ins Parlament einziehen. Schon allein deshalb, weil sie neu sind. Bei den „alten” Parteien finde ich nichts mehr, was ich noch wählen könnte. (Gut, ich wohne in Bayern, insofern bringt mir das nicht unmittelbar etwas, aber grundsätzlich sorgt es für Aufmerksamkeit.)

Bei den „alten” Parteien hatte sich so eine Ignoranz, so eine Hornhäutigkeit gegenüber dem gebildet, was da draußen so läuft. Besonders bei Themen wie dem Internet und dem Datenschutz merkt man das immer stärker. Da sind Leute zugange, denen außer „Das Internet darf kein Rechtsfreier Raum sein” oder „Wir sind dagegen” nicht mehr viel einfällt. Und bei anderen Themen sieht es genauso aus.

Ich glaube allerdings nicht, daß alle die, die Piraten gewählt haben, sie wirklich gewählt haben. Ich glaube eher, daß sie allein schon aufgrund ihrer Eigenschaft als neue und abweichende Partei, die nicht in das bisherige Schema paßt, davon profitiert haben, daß Nichtwähler und Wutbürger endlich mal etwas hatten, wo sie ein Kreuz hinsetzen können. Ich habe so das Gefühl, daß die Piraten am ehesten noch dem Nichtwähler und Parteiverdrossenen eine Partei gegeben haben.

Ich habe nicht den Eindruck, daß die Piraten irgendeine konkrete politische Zielrichtung oder ein – über ein paar wilde Ideen hinaus – greifbares politisches Programm haben. Die wissen gar nicht, was sie an Politik machen sollen und worauf sie sich eingelassen haben.

Aber wißt Ihr was? Das macht gar nichts. Die müssen jetzt eben mal klein anfangen. Mit 9 Prozent sind sie eigentlich sehr gut bedient, einerseits nicht so viel, daß sie in einen Erwartungsdruck oder echte Verantwortung kommen, andererseits aber genug, um nicht bedeutungslos oder unsichtbar zu sein, und durchaus in der ein oder anderen Abstimmung Gewicht zu haben. Die haben jetzt eine ganz wunderbare Grundlage, um zu üben und zu lernen. Die Frage ist nämlich nicht, ob sie jetzt ein Programm oder eine Richtung haben. Das müssen sie (noch) nicht. Die Frage ist vielmehr, was sie in den nächsten vier Jahren (eigentlich müßten man ihnen ein Jahr zum Einsortieren erlauben und nur 3 Jahre zählen) machen und wo sie in vier Jahren stehen.

Das fände ich zumindest fair.

So wird’s aber nicht laufen. Man wird eher in den Zwischenzeit bei anderen Landtagswahlen und der Bundestagswahl fragen, was sie zu bieten haben und wofür sie stehen. Darauf sollten sie sich vorbereiten.

Was mich an den Piraten am meisten interessiert ist die Tatsache, daß sie eben (noch?) nicht von den „üblichen Verdächtigen” (Pfarrer, Lehrer, Juristnen, Soziologen, Beamte) durchsetzt sind, sondern zur Abwechslung mal einen Schwerpunkt bei Informatikern haben (ob das gut geht, ist freilich eine andere Frage). Vielleicht kommt damit endlich mal etwas Internet-Sachkunde in die Politik.

Ich fürchte aber, daß sie noch einen weiten Weg vor sich haben. Ich war vor einiger Zeit mal kurz auf deren Bildungsmailingliste, weil ich wissen wollte, wie sie zur Bildungspolitik stehen (und war auf meine Frage statt einer inhaltlichen Antwort auf diese Mailingliste verwiesen worden). Dort aber kam das Thema überhaupt nicht an, die Liste war ausschließlich dominiert von irgendwelchen Leuten, die sich kleinbürgerlich-spießig darüber aufregten, wie dumm die Lehrer ihrer Kinder seien. Alles andere lag außerhalb des Horizontes. Und das ist genau die Schwäche, die ich bei den Piraten sehe – diese Internet-affine Naivität, daß Mailinglisten, Liquid Feedback und sowas schon alles richten werden. So eine Art Out-/Crowdsourcing der inhatlichen Verantwortung, die alte Internet-Romantik von der Gleichheit und der Macht der Masse.

Sowas wird in Internet-Kreisen zwar immer verklärt und hochgejubelt, de facto geht es aber fast immer schief. Da kommt am Ende immer irgendsowas wie Spam, Astroturfing, die Aquaria-Kriege oder die Wikipedia-Krankheit dabei heraus. Um so an die Sache zu gehen, wie die Piraten, braucht man einerseits Frische und Unverbrauchtheit, andererseits aber auch ein gerüttelt Maß an Blauäugigkeit und Naivität. Sie werden es merken – früher oder später. Fragt sich, was dann von ihnen übrig bleibt. Die Piraten müssen schwer aufpassen, daß sie ohne Internet-Romantik und die Liquid-Feedback-Mentalität nicht sowas werden wie die Grünen ohne Atomkraft (obwohl die Grünen ja ganz schön viele Stimmen holen gemessen daran, daß sie eigentlich kein einziges vernünftiges Thema mehr und keinen tageslichttauglichen Kandidaten haben).

Ein anderes Problem der Piraten ist, daß sie in Berlin eigentlich auf dem falschen Schiff sind. Mit dem, was sie derzeit an Themen haben, gehören sie eindeutig in die Bundes- und nicht die Landespolitik.

Nun ja, man wird sehen. Bin mal gespannt, ob sie in Bayern auch über die Hürde kommen (falls ich bis dahin überhaupt noch in Bayern bin). Und ob sie es schaffen, dauerhaft eine politische Kraft zu formen, oder ob es nur ein Papiertiger ist. Das ist nämlich der Haken an der Internet-Community-Mentalität. Die taugt herrlich zum Diskutieren und Streiten. Aber nicht zur Politik. Das muß woanders herkommen.

Ich werde sie beobachten und besenfen. (Also meinen Senf dazu abgeben.)

Ansonsten erstmal herzlichen Glückwunsch für den neuen Player in der deutschen Politik.

32 Kommentare (RSS-Feed)

Linulo
19.9.2011 1:03
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Parteienwahlrecht bedeutet, dass man das kleinere Übel wählen darf, nicht, dass es Parteien geben müsste, mit denen man große Übereinstimmungen hat.


Anmibe
19.9.2011 1:12
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Im Wesentlichen gebe ich Dir recht.
Das die Piraten nicht für alle Probleme DIE Lösung parat haben, wird wohl eigentlich auch keiner der Wähler erwartet haben, aber zumindest besteht die Möglichkeit, daß sie
1.) für mehr Transparenz zu sorgen könnten
2.) Denkprozesse in anderen Parteien anregen. Ich bin mir sicher, dort rotieren einige Leute ziemlich.

Immerhin sammeln sich dort bzgl. Altersgruppe und Ausbildung u.a. genau die Leute welche die gängigen Parteien eigentlich dringend benötigen würden.
Dem Problem der Existemz der Nichtwählerfraktion haben sie aber auch nicht abgeholfen.


Alex
19.9.2011 1:29
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Ich muss sagen, ich freue mich, dass es nun endlich Abgeordnete gibt, die nicht anhand irgendwelcher ideologischen Richtlinien ihre gottgleichheit folgern (und die Richtlinien eh opportunistisch ‘verraten’ wo der Koffer ankommt), sondern Abgeordnete, die durch ihre Arbeitsweise sich qualifiziert haben.
Insofern geht das eben auch einher, dass es keine der üblichen Verdächtigen sind, sondern immerhin Menschen aus Fächern, in denen konstruktiv vorgegangen wird.

Hoffen wir mal, dass sinnvolles dabei rumkommt.
Und ich denke gerade die Landespolitik besonders in Berlin gibt die Chancen für die Piraten eben zu zeigen dass/ ob sie “es können”.


tonne
19.9.2011 2:17
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Herzlichen Glückwunsch an die Piraten.

Zur Wählerwanderung zu den Piraten gibt es hier http://wahlarchiv.tagesschau.de/flash/?lra=rbb&wahl=2011-09-18-LT-DE-BE

was. Geht auf den Link Umfragen & Analysen und rechts in der Scrollbox auf Wählerwanderung.

Zur politischen Zielsetzung: Aber selbstverständlich haben die eine, und die ist nicht von Pappe, wenn man länger drüber nachdenkt. Im Grunde sind sie die neue Bürgerrechtspartei. Und zwar mit einem sehr viel umfassenderen Begriff von Bürgerrecht, als das bei der FDP je der Fall war. Einfach mal da nachschlagen http://www.piratenpartei.de/unsere_ziele

Im kleineren (landespolitischen) Rahmen gab es solche Vorschläge wie den fahrscheinlosen steuerfinanzierten ÖPNV. Nicht den ÖPNV zum Nulltarif, wie das in der Bild und sonstwo stand. Eine solche Idee würde ich ausprobieren, es könnte tatsächlich die Kosten senken, Leute vom Auto wegbringen, die Berliner Gerichte entlasten.

Was direkte Demokratie angeht, gab es sehr kontroverse Debatten wegen liquid feedback. Da sind längst nicht alle der Meinung, dass das in seiner jetzigen Form das fertige neue Tool für direkte Demokratie ist. Aber es ist ein Schritt, neue Möglichkeiten dafür nutzbar zu machen. Oder Thema Wahlcomputer. Aus Piratenkreisen kommt da ganz klare Ablehnung, weil Manipulation dort viel weniger ausgeschlossen werden kann und einfache Nachprüfbarkeit viel weniger gegeben ist als bei papierbasierter Wahl. Das sind keine IT-verliebten Gamer, die jetzt zufällig mal etwas Protestpotential aufgesaugt haben. Die haben ernsthafte Anliegen, im Grunde ist das unsere Bewegung 15M. Zudem gibt es Piraten in vielen Ländern, die tauschen sich auch untereinander aus.

Ich finds spannend und wünsche Ihnen, dass sie im Gegensatz zu den Grünen ihren Zielen möglichst lange treu bleiben.


Manuel
19.9.2011 2:35
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Also soviele reine Protestwähler sind das glaube ich gar nicht.
Wenn man sich ansieht, woher die Piratenwähler kommen sollen, dann fällt auf, dass die meisten von den Grünen, gefolgt von SPD und Linkspartei kommen, aber auch ein paar FDPler und dann noch ein Batzen Nichtwähler.

Wenn nun jemand mit der SPD unzufrieden ist und als Protest mal anders wählen möchte, aber die SPD eig. seine politische Heimat ist, dann wählt so jemand meistens seinen Lieblingskoalitionspartner, also wäre das in diesem Fall Grün, CDU oder Linke.
Ein Wähler, der von der SPD zu den Piraten wechselt tut das kaum aus Protest, weil den würde die SPD so nie verstehen können. Das sieht also aus, als ob diese Wechselwähler ne neue politische Heimat gefunden haben.

Jemand, der mit der Linkspartei unzufrieden ist, der geht dann eher zu noch größeren Protestparteien als die Linke (NPD, DKP…) oder er geht zur SPD, weil ihm die Linke ne zu große Protestpartei ist.
Ein Wähler, der von den Linken zu den Piraten wechselt, kann das kaum als Protest gegen die Linke verstanden wissen. Sowas sieht eher nach einer neuen politischen Heimat aus.

Lediglich die Wähler, die von den Grünen wechselten, könnten in einem nennenswerten Teil Protestwähler gegen Grün sein und würden bei nächsten Wahlen wieder Grün wählen. Allerdings sind die Grünen grad nicht sonderlich anfällig für aus Protest abwendende Wähler, denn sie sind eine Nichtregierungspartei im Bund und im Land Berlin. Also auch diese Wechselwähler würde ich zu einem Großteil als Überzeugungstäter einschätzen.

Lediglich die Wähler aus dem Nichtwählerlager könnten größtenteils Protestwähler sein.

Es kannn natürlich sein, dass ich mich komplett täusche und meine eher diffuse Ahnung völlig daneben liegt.

Was die Wahl in Bayern angeht sehe ich die Chancen der Piraten allerdings nicht so gut, weil ich es für sehr wahrscheinlich ansehe, dass sich in Bayern im politisch linken Lager eine Wechselstimmung breit macht, ähnlich wie das in Baden-Württemberg in diesem Jahr der Fall war und was den Piraten dort auch sehr geschadet hat, sonst wären sie nicht bei 2,3%, sondern eher bei >3% gelandet.


Hansi
19.9.2011 5:40
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Nicht, dass es an der Argumentation etwas ausmachen würde, aber die Legislaturperiode des Berliner Abgeordnetenhauses sind fünf Jahre, keine vier.


Hadmut
19.9.2011 9:03
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@Hansi: Oh, das wußte ich nicht. Ich dachte, es wären einheitlich 4 Jahre.


euchrid eucrow
19.9.2011 8:22
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ja, das ergebnis macht schon mut. obgleich ich ähnliche bedenken habe. aber: die zeit wird es richten. ich bin mir sicher, dass mit der zeit auch menschen zu den piraten finden werden, die mit kompetentz und sachverstand weitere relevante themen wie bildung, gesundheit, soziales, umwelt, verkehr und finanzen abdecken werden.
nichts desto trotz handelt es sich bei den berliner piraten um nichts geringeres als um menschen, wie du und ich. ich hoffe, das es so bleibt und die piraten politische entscheidungen nach besten wissen und gewissen treffen und nicht nach vorgegebener parteipolitischer linie wie der rest in diesem altersdementen und karrieregeilen politiksumpf.


iz
19.9.2011 8:38
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Ich glaube allerdings nicht, daß alle die, die Piraten gewählt haben, sie wirklich gewählt haben.
Nur 10% haben die Piraten wegen ihrem Programm gewählt habe ich gestern irgendwo gelesen.


klonderer
19.9.2011 9:36
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Was bitte sind denn die Aquaria-Kriege?


Hadmut
19.9.2011 11:00
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@klonderer: Die Aquaria-Kriege sind Legende und fundamental unverzichtbares Pflicht- und Allgemeinwissen für jeden der behauptet, sich mit Netzwerken, dem Internet und allem anderen auszukennen.

Vor vielen, vielen Jahren, nein, Jahrzehnten, als es noch kein Web, keine URLs, keine Browser, kein Twitter, kein Facebook, keine privaten Internet-Anschlüsse, und eigentlich außerhalb der Universitäten, des Militärs und einiger weniger Firmen noch kaum Internet gab, als Rechner – wenn überhaupt – Telekommunikation noch überwiegend per Modem und UUCP trieben, war – neben einigen kleinen individuellen Mailboxen – die Form der Nicht-privat-Kommunikation das Usenet mit seinen Newsgruppen. Rein text-orientiert. Durch die nur dünn vernetzte Store-and-Foreward-Struktur, langsame Telekommunikation und die hohen Kommunikationskosten war der Austausch erheblich langsamer als heute.

Damals schon zeigte sich aber, daß solche Kommunikation bestimmte Schwächen des Menschen herausschält, nämlich in der der Gegenreaktion, Gestik und Mimik enthobenen reinen Text-Kommunikation überzureagieren und sich gegenseitig in Aggressionen hochzuschaukeln. Außerdem entwickelten sich damals die ersten Trolle und Fake-Identitäten, bei denen also Leute mehrere Identitäten vortäuschten und damit Abstimmungen, Meinungen und Diskussionen manipulierten oder unliebsame unterdrückten. Das Usenet hatte damals (heute auch kaum besser) praktisch keine Sicherheitsmechanismen. Dabei entstanden auch die sogenannten Flame Wars, bei denen sich Leute also im diesen Newsgruppen heftig und ungehalten beschimpften oder sonstwie niedermachten. Und viele bekamen da schon wegen Nichtigkeiten Streit. Streit gab es schon darum, welche Newsgruppen gegründet werden sollen.

So um 1989 kam es zu einem besonders spektakulären, wüsten und ausartenden Streit um irgendeine lächerliche Nichtigkeit. Irgendwer wollte irgendwas über irgendwelche Aquarienfische wissen, bekam irgendwo in irgendeiner Haustiergruppe keine Antwort und beschloß, einfach eine Newsgruppe über Aquarien zu eröffnen. Dabei kam es irgendwie zum Streit. Ich glaube es ging darum, ob sie unter alt.aquaria , rec.aquaria oder sci.aquaria gegründet werden sollte, also ob sie unter Alternativ, Freizeit oder Wissenschaft zu gründen wären. Daraus entstanden riesige Flamewars samt Fälschungen, Trollen und dem ganzen Mist, der auch auf andere Gruppen übergriff und ziemlich lange anhielt.

Diese „Aquaria Wars” (hört sich so ein bisschen nach Star Wars an, war es ja auch, weil Computer damals noch total futuristisch waren) waren so die erste große Eruption und das Anzeichen dafür, daß ungezügelte, ungesicherte und rein elektronische Massenkommunikation zwischen vielen Menschen einfach schiefgehen muß, und daß es immer Leute gibt, die trollen, fälschen, flamen um ihre Sichtweise durchzusetzen oder einfach nur zu provizieren (und sich wichtig zu machen oder sonst einen Sprung in der Schüssel zu pflegen).

Das gehört so zum Grundwissen wenn es darum geht, die Öffentlichkeit in irgendwelche Meinungsbilder einzubinden, beispielsweise sowas wie Liquid Democracy zu bauen. Nach meiner Einschätzung dürften die meisten der Piraten aber zu jung sein, um diese Kriege noch zu kennen oder gar mitbekommen zu haben. Ich war damals noch Student an der Uni und habe News damals noch an einer Vax unter VMS gelesen bzw. mühsam per seriellem Kabel und Kermit auf einen Amiga kopiert und per Diskette nach Hause getragen.

Auch wenn sich das Usenet danach noch eine Zeitlang gehalten hat, die Brauchbarkeit war dahin, weil solcher Mist immer öfter vorkam. Wenn ich mich richtig erinnere, entstand auch der erste Spam in einer Newsgroup (und nicht per E-Mail). Das war – glaube ich – eine Anwaltskanzlei, die Werbung gepostet hat. Man regte sich damals fürchterlich darüber auf, aber nicht wegen der Werbung, sondern weil sie separat in viele Gruppen gepostet hatten statt ein Crossposting zu senden.

Wenn man in Internet oder gar in Security macht, gehört sowas einfach zum Wissen, weil man wissen muß, daß sowas mit der Species Homo Sapiens (oder in vielen Fällen auch Homo Erectus oder nicht mal das) einfach nicht funktioniert.


Roland
19.9.2011 10:01
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Freut mich fuer die Piraten ! Furchtbar viel falsch koennen auch *Laien* in unserer Politik wirklich nicht machen………- es sind doch bereits (fast) alle Fehler gemacht worden…..


Sascha
19.9.2011 10:04
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Oh, ich bin eine 10% Minderheit?


klaus
19.9.2011 12:12
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“Ich habe nicht den Eindruck, daß die Piraten irgendeine konkrete politische Zielrichtung oder ein – über ein paar wilde Ideen hinaus – greifbares politisches Programm haben.”

Als Bayer hast Du sicher die Diskussionen im Berliner Wahlkampf nicht aufmerksam verfolgt. Der Tagesspiegel hat die Antworten der PiratenPartei zu einigen für Berliner interessante Frage veröffentlicht: http://www.tagesspiegel.de/mediacenter/fotostrecken/berlin/acht-fragen-an-andreas-baum/4608278.html?p4608278=2#image

Die Antworten zeigen, dass die PP durchaus zu vielen Themen Position bezieht, abseits vom Parteienzwang der Etablierten und für mich als Berliner interessante Theman aufgreift.

eigentlich muss keine Partei ein allumfassendes Programm vorlegen. Mein Kreuz mache ich da, wo es für meine Probleme passende Lösungen gibt.


Hadmut
19.9.2011 12:28
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@klaus: Nun werd hier nicht beleidigend. Nur weil ich gerade mal in Bayern wohne, bin ich noch lange kein Bayer. Ich bin so ziemlich und in nahezu jeder Hinsicht das genaue Gegenteil eines Bayern.

Wenn ich es mir aussuchen könnte, würde ich Berlin als Wohnort vorziehen. Nur gibt’s in Berlin eben kaum Arbeitsplätze, und das Umland ist praktisch tot. Das ist ein Bayern eben anders. Das wäre mal ein politisches Profil, wie man das angeht (und sich nicht wie die Linken noch darin suhlt).

Und wenn man diese popelige Liste für „Antworten zu interessanten Fragen” hält, dann muß man schon sehr anspruchslos sein. Es sei Dir gestattet, aber mir genügt es nicht, wenn sich einer hinstellt und einfach mal ein paar Wünsche äußert, was ihm gerade so oberflächlich einfällt. Sowas hat noch nicht entfernt mit Politik oder einer Zielrichtung zu tun, das ist Wunsch- und Bestelldenken. Von den „Wir fordern”-Politikern haben wir doch schon so viele, sowas braucht keiner. Zumal sich da auch keine Linie entnehmen läßt. Solche Einzelfall-Ich-wünsch-mir-was-Kasuistiker sind unbrauchbar. Wir sind hier nicht beim Wunschkonzert. Die müssen klar begründen können, wo die Vor- und die Nachteile sind und wie es finanziert wird, und nicht einfach nur wünschen, wie schön das wäre, wenn man keine Fahrscheine mehr bräuchte oder es keine Überwachungskameras mehr gäbe.

Bei der derzeitigen Finanz- und Gefahrenlage in Berlin halte ich es geradezu für bekloppt, zum jetzigen Zeitpunkt zu fordern, Kameras abzubauen und mehr Polizisten einzusetzen. Polizisten wachsen nämlich nicht auf Bäumen, und die kosten Geld. Politik wäre, wenn man sagt, wie man es zustande bringt, daß man mehr Geld und mehr Polizisten auftreibt, damit in 5 Jahren die Kriminalität in Berlin drastisch sinkt, und wie man das sonst noch hinbekommt, damit man dann in 5 oder 10 Jahren mal sagen kann, man braucht die Kameras nicht mehr. Das Problem, daß es in den Berliner U-Bahnen kriminell zugeht (und ich bin die oft genug selbst gefahren) bekommt man nicht dadurch in den Griff, daß man wegguckt, indem man Kameras abschraubt. Billigster Populismus zum Stimmenfang. Sei ihnen auch erlaubt, weil es die anderen Parteien ja auch machen. Aber damit macht man Stimmen, keine Politik. Und da müssen die noch viel lernen und arbeiten.

Wie gesagt, das ist kein Vorwurf, es sei den Piraten ausdrücklich noch zugestanden, daß sie planlos sind. Aber Planlosigkeit als politischen Plan anzuerkennen, das wäre verfehlt.


Alex
19.9.2011 12:17
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Aber wie unterscheidet sich dass denn von wirklichen Diskussionen?

Sicherlich, in echt ist man meist freundlicher, und man kann nicht mit Fake-identitäten arbeiten, aber manipuliert wird doch in realer Diskussion genauso.

Siehe doch nur Dein Besispiel mit der Redezeitquotierung bei den Grünen.


Hadmut
19.9.2011 12:35
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@Alex: Ich vermute mal, Du beziehst Dich jetzt auf die Aquaria-Kriege, oder? (Bitte immer dranschreiben…)

Von einer wirklichen Diskussion unterscheidet es sich dadurch, daß man sich mit wildfremden Leuten nicht tage- und wochenlang streitet, weil man normalerweise irgendwann nach Hause geht (oder sich mit völlig Fremden erst gar nicht streitet).

Wie oft passiert es Dir, daß irgendwer fremdes auf der Straße einen Streit wegen irgendwas mit Dir vom Zaun bricht?

Und in einer echten, körperlichen (wirklich ist das falsche Wort) Diskussion muß einer auch selbst anwesend sein und kann nicht ohne weiteres faken oder mehrere Identitäten annehmen. Und man kann sich durchaus mit Leuten unterhalten, ohne einen Troll mitreden lassen zu müssen, was in Foren nicht geht. Zumal die Wirkung von Mimik, Gestik, Artikulation usw. enorm ist. Ich kann mit ein und derselben Formulierung etwas in gänzlich unterschiedlichen Graduationen sagen, was auch unterschiedlich wirkt, was in Text-Diskussionen nicht geht. Ich kann sogar allen durch Mimik zeigen, wie ich mein Gegenüber einstufe, ohne überhaupt etwas zu sagen. Das fehlt da alles.

Zumal es – das merkt man ja auch schon in Blog-Diskussionen – immer wieder Leute gibt, die an der Tastatur durchdrehen und mit Gewalt ihre Meinung als die einzig richtige durchprügeln und andere zum Schweigen bringen wollen. Sowas gibt es in der Realität viel seltener, ist auch schwieriger. Online-Diskussionen sind etwas völlig anderes, haben eine ganz andere Dynamik als echte Diskussionen.


iz
19.9.2011 12:39
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Seit wann ist denn Bayer eine Beleidigung?


Hadmut
19.9.2011 12:41
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@iz: Hängt vom Kontext ab und wie es im Einzelfall gemeint ist. Ich bin jedenfalls kein Bayer. Das Bayerische umfasst zu viele Eigenschaften, die mir einfach nicht liegen.


Turtle
19.9.2011 12:49
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Endlich mal ein Kommentar, der nicht so väterlich daher kommt als ob die Berliner Piraten gar nicht wüssten worauf sie sich da eingelassen haben und nun plötzlich wie Kinder im Museum stehen.
Keine Frage: Der Weg bis zur echten politischen Kraft ist noch weit aber schaffbar. Die Piraten gibt es zwar seit 2006 aber so richtig erst seit knapp 2,5 Jahren. Man wächst an seinen Aufgaben 🙂


klausi
19.9.2011 12:53
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“Nun werd hier nicht beleidigend. Nur weil ich gerade mal in Bayern wohne…”

@Hartmut: Entschuldigung, ich wollte auf keine Fall beleidigen, habe nur Deine Bemerkung aufgegriffen, dass Du derzeit in Bayern wohnst. Für mich ist “Bayer” kein Schimpfwort, genausowenig wie “Berliner”.

Zur konkreten politschen Zielsetzung noch eine Bemerkung:

Ich hoffe, dass sich die Farbe Orange für “direkte Bürgerbeteiligung” im politischen Spektrum etablieren wird, als politischen Konzept und als anerkannte politische Zeilsetzung. Rot, Grün, Gelb… gibt es.

Früher gab es vor allem Rechts und Links, die Zeiten haben wir zum Glück schon überwunden.

Ich sehe also duruchaus eine politische Zielsetzung, die aber nicht in die üblichen Schubladen passt. (ist eine ganz private Meinung, ich bestehe nicht darauf, Recht zu haben)


klonderer
19.9.2011 17:58
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@Hadmut Wow, Aquaria-Kriege? Da war das Internet wohl wirlich noch ein Baby, es kann sich garnicht mehr daran Erinnern. Ich auch nicht, obwohl das ich das I-net seit ISDN-Zeiten nutze (nicht als Sozialmedium) ist das an mir vorbeigegangen. Wenn du mir hier mal keinen fetten Hoax aufgetischt hast.
Es liegt aber wohl in der Natur des Menschen in Ihrer Umgebung nach Möglichkeiten zu suchen die Ihnen Vorteile verschaffen, egal ob in der körperlichen oder in der virtuellen Welt.


Jens
19.9.2011 20:46
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AG Bildung? Da hast Du Dir aber auch einen extrem steinigen Einstieg ausgesucht. Ich glaube nicht, dass sich der überwiegende Teil der an Bildungspolitik interessierten Piraten dort beteiligt.


Phil
19.9.2011 21:47
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@klonderer hier gibt es einen sehr kurzen Hinweis:
http://www.bsd.org/bdgtti/bdgtti_8.html

Außerdem verwechselst du Internet und World Wide Web. “Das” Internet gabe es schon 20 Jahre vorher (oder je nach Zählung auch mehr).

Bzgl. Liquit-Demokratie und offene Diskusionsforen:

Ich denke die Piratenpartei wird in das gleiche Problem laufen, wie alle Ansätze zur direkten Demokratie: Nach einiger Zeit – wenn die Masse anfängt Interesse zu zeigen – werden die Querulanten, Kleingeister und sonstige Unpersonen die Herrschaft übernehmen.
Dies passiert zwangsläufig, weil diese eine ungeheure Ausdauer darin haben, immer wieder die gleichen schwachsinnigen Argumente zu bringen.
Dies zermürbt dann auf die Dauer alle “guten” Teilnehmer. Dies ziehen sich dann nach und nach zurück.

Außerdem ist ja aus Philosophie und Psychologie bekannt, dass eine größere Ansammlung von Menschen nicht das Allgemeinwohl im Auge behalten kann.
Bzw. anders herum formuliert: Die Egoisten in einer großen Menge einen Vorteil, weil diese gar nicht in der Lage ist, sich geschlossen dagegen zu stellen. Die Menge kann diese einzelnen Personen nicht bremsen, sondern hat allein durch den Versuch noch einen zusätzlichen Nachteil.

Bezüglich einer direkten Demokratie verweise ich auf Kant, welche sich nämlich mit der Frage direkter oder repräsentativer Demokratie sehr genau auseinander gesetzt hat. Resultat, direkte Demokratie kann nicht funktionieren. (Denn dafür bräuchte es eine ethisch sauber und weitsichtig denkende Bevölkerung – die ist aber eine Utopie, denn nur Einzelne werden diese Kriterien erfüllen, nie jedoch Alle.)

Ich wünsche der Piratenpartei viel Erfolg und dass sie möglichst lange ohne Kleingeister durchhalten.


tonne
19.9.2011 22:28
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Erste Reaktionen auf die “nicht vorhandenen politischen Ziele” gibts schon: http://www.evangelisch.de/themen/politik/piraten-forderung-zu-kirchen-nicht-durchsetzbar48637


Hadmut
20.9.2011 0:45
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@tonne: 9 Prozent reichen nicht, um da etwas durchzusetzen. Aber 9 Prozent reichen, um da die richtigen Fragen aufzuwerfen. Hoffentlich wird was draus.


Alex
20.9.2011 1:45
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@ Phil
Verweise nicht auf Kant, der war sowieso ein Idiot, sondern verweise lieber auf die Schweiz.

“Außerdem ist ja aus Philosophie und Psychologie bekannt, dass eine größere Ansammlung von Menschen nicht das Allgemeinwohl im Auge behalten kann.”
Funktioniert selbstverständlich.

Ausserdem ist es gar nicht nötig die best-möglichen Entscheidungen zu treffen, sondern für alle praktische Dinge reichen gute Entscheidungen, und dazu ist eine Menge auch trotz Egoisten in der Lage.

Tatsächlich ist eine mittelgroße Menge von nebeneinanderstehenden Menschen, oder auch eine geheime Wahl, wesentlich robuster (d.h. unanfällig für Störer) als wenn irgendwelche Gruppierungen (ca 10-200) für viele entscheiden, denn:
* theoretisch: Eine beliebige Große Gruppe, die in Absprache eine Entscheidung durch Mehrheitsentscheid bestimmt, lässt sich von der Hälfte+1 der Mitglieder dominieren.
Diese Hälfte bildet aber auch wieder eine Gruppe, und so weiter, bis man bei sehr wenigen Einzelnen landet.

* praktisch: Direkte Beeinflussung von Aussen (“Korruption”) ist nur praktikabel bei Gruppierungen, wie sie bei der repräsentativen Demokratie auftreten

@tonne:
Ja, den Verrückten wird wohl Angst und Bange werden, zumal es in der bisherigen Politik keinerlei Partei gab, die laizistische Bestrebungen hat – dafür aber ein Potenzial von ca. 30% der Bevölkerung vorhanden ist.


tonne
20.9.2011 2:52
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@Hadmut, Phil

Ja, es ist höchste Zeit, dass so Zumutungen wie die Privilegien, die die christlichen Kirchen vom Staat immer noch eingeräumt bekommen (finanzielle, arbeitsrechtliche, steuerrechtliche, bildungspolitische etc inklusive staatliches Inkasso der Kirchensteuer) auf den Tisch kommen. Viele wissen bspw überhaupt nicht, dass von ihren Steuergeldern Bischöfe bezahlt werden, egal ob der Steuerzahler einer Kirche angehört. Das Potential an Unterstützern dürfte viel höher sein als 30%, denn wenn die Zustände endlich mal breit diskutiert würden, wäre nur noch der harte Kern an Nutznießern dafür, den Kirchen jährlich Geschenke in der Größenordnung 60-70 Mrd Euro zu machen. So Läden wie die kath. oder evang. Kirche braucht man nicht zu alimentieren, das sind finanziell gut aufgestellte globale Konzerne. Es sind auch keine unverzichtbaren moralischen Instanzen, die die Jugendindoktrination für sich beanspruchen können.

Es geht nicht darum, Religionen zu unterdrücken oder diskreditieren. Sie sollten nur Privatsache sein. Daher: Religion privatisieren.


Stefan W.
20.9.2011 3:56
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Hadmut ist nicht Bayer, sondern Migrant. 🙂


Oppi
20.9.2011 10:47
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Ich freu mich erstmal, dass sie es endlich in ein Parlament geschafft haben, und harre der Dinge die da kommen. Die sicherlich nötige Professionalität kommt halt mit dem Dienstalter. Dummerweise waren SPD und CDU “schon immer” durchsetzt von Berufspolitikern, darum denkt keiner mehr darüber nach, dass die auch irgendwann mal “neu angefangen” haben.

Klar wären sie im Bund besser aufgehoben, aber auch in einem Landesparlament gäbe es einige Programmpunkte, die theoretisch umsetzbar wären. Ich bin jedenfalls mal gespannt.


Deutschland ist so versaut, daß man inzwischen an jeder Ecke, an der man anfängt wirklich aufzuräumen, richtig ist.

Die Piraten haben noch kein Konzept. Aber auch ohne Konzept kann man hier aufräumen. Es gibt genug Vordenker. Man muß nur die richtigen finden und die Spreu liegen lassen. Ich fürchte, in dieser Übung werden sie versagen, wie jede Gruppe, die die Mehrheit sucht. Die Masse ist auf dem falschen Dampfer, leider. Deshalb funktionieren Mehrheiten nicht. Konsequente Logik funktioniert. Aber schauen wir mal.

Die Grünen waren auch mal Hoffnungsträger und haben sich geistig in Ideologien und Lügen festgebissen. Politisch haben sie sich an den Kriegstreibern der Atlantiker und anderer orientiert, der Macht wegen. Ökologisch — Fehlanzeige, friedlich — Fehlanzeige, ökonomisch — Deppenclub… und so weiter.

Wo ist eigentlich das friedlich und freiheitlich orientierte Bündnis 90 geblieben? Ah ja!

Carsten

Mit einem Begriff von „Recht“, der tatsächlich verbindlich definiert wäre, wäre ein Rechtsstaat wahrscheinlich nicht aufrecht zu erhalten.”
Norbert Lennartz


Hadmut
20.9.2011 13:17
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@Stefan: Migrant?

Oa Zuagroaster! Oa Saupreiß, oa doamischer!

(Letzteres hat mir gerade erst wieder am vergangenen Freitag ein Eingeborener kernig an den Kopf geworfen. Geht aber noch. Die hiesige ortübliche Grußformel innerhalb der Eingeborenen lautet „Oah Dua Depp, dua doamischer!)