Ansichten eines Informatikers

Der Attentäter ist blond

Hadmut
25.7.2011 12:19

Die Medien sind seit Tagen voll von Berichten über den Anders Behring Breivik, den Attentäter von Norwegen. Und in allen, wirklich allen schriftlichen Berichten, die ich gelesen habe (und das waren viele in vielen verschiedenen Medien) wurde immer gleich zu Anfang prominent herausgehoben, daß er blond ist. Als ob das der wichtigste Teil der Täterbeschreibung ist, als ob das nicht jeder auf den Fotos selbst sehen könnte. Warum? Welche Rolle spielt das? Warum ist das so wichtig oder überhaupt von Bedeutung? Was hätte man geschrieben, wenn er braune Haare gehabt hätte? Ist es vielleicht so, daß der Mensch sich – wie so oft – irgendeine fiktive Hilfserklärung sucht, wenn er sich etwas auf normalem Wege nicht erklären kann? Oder habe ich einen echten Zusammenhang übersehen?

11 Kommentare (RSS-Feed)

Steffen
25.7.2011 13:00
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Nicht nur blond, sondern so gut wie immer war von “blond und blauäugig” die Rede.

Vielleicht eben wegen der Assoziation von “blond und blauäugig” mit rechtsextremen kruden Rassentheorien. Daß es also weniger eine Beschreibung des Aussehens des Täters war, sondern eher ein Symbol für die dahinterstehende Ideologie.


Christian Weiske
25.7.2011 13:01
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Weil sich alle anfangs auf islaministische Gruppen eingeschossen haben und jetzt klargestellt werden muss, daß es nicht stimmt – weil Islaministismen wahrscheinlich nicht blond sind.


Michi
25.7.2011 13:07
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Das erinnert mich ein wenig an die Stoiber-Pauli-Affäre vor einigen Jahren, damals konnte man in fast jedem Blatt und Bericht irgendetwas von der “schönen” Landrätin lesen. Für mich war das damals ein Zeichen, dass man mit der Dame sonst nichts asoziiert, keine politische Leistung etc. Deswegen muss man ja die Person anderweitig beschreiben, und dazu dient dann das Offensichtliche. Wenn er also eine lange Narbe im Gesicht hätte, wäre es vermutlich der entstellte Attentäter gewesen.


User
25.7.2011 13:48
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das ist halt ein hervorstehendes Merkmal… hätte der nur ein Arm oder extremes Übergewicht dann würden die wohl eher das hervorheben. Ich würde da jetzt keine “Verschwörung” hinein interpretieren 😉


FF
25.7.2011 14:08
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Ist mir auch aufgefallen. Eigentlich eine Nullaussage – aber doch entlarvend, wenn man die latente (und enttäuschte) Erwartungshaltung der Journaille berücksichtigt: ein Terrorist, so sagen sich die “Experten”, hat gefälligst auch “terroristisch” auszusehen: irgendwie “arabisch” halt, dunkelhaarig, Turban, bärtig, finster, gegebenenfalls Sprengstoffgürtel und/oder vorgereckte Kalaschnikow. Wie auf dieser ein paar Tage alten, völlig verunglückten Polizeifotokampagne…

Ein blonder, smarter, attraktiver Nordeuropäer paßt da natürlich nicht ins Bild.


georgi
25.7.2011 14:15
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Das liegt an der Überraschung. Man hatte einen böse guckenden, südländischen Typus mit Vollbart, Kaftan und Turban erwartet. Aber so einem hellen, blütenreinem, nach Milch duftenden Wesen traut man ja so einen Irrsinn nicht zu.

Wo habe ich den Begriff “blonde Bestie” schon einmal gehört? Ah! Von Nietzsche! Auf den bezieht sich Anders Behring Breivik ausführlich.


Mephane
25.7.2011 14:48
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Das liegt daran, dass die Medien generell Personen nicht mehr beim einfach nur Namen, Geschlecht (wenn nicht aus dem Namen ersichtlich) und evtl. das Alter nennen können. Es muss immer mindestens ein Attribut hinzu:

– Aussehen
– Beruf
– politisches Engagement
– Religion
– usw.

Und das meist auch dann, wenn es keine unmittelbare Relevanz hat. Und meist wird dann gedankenlos einfach das Attribut wiederholt, das irgendwer schon vor einem benutzt hat, was im aktuellen Fall eben “blond” ist. Das könnte irgendein Boulevardredakteur angefangen haben und dann hat es einfach jeder kopiert.


tonne
25.7.2011 14:51
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Ja, aber anders als in den Medien gemeint, ich denke, die waren eher überrascht, dass ihr Al-Kaida-Schema nicht passte, ganz im Gegenteil.

Überflieg mal Breiviks “Manifest”, dann wird klar, dass das “Blondsein als kulturelles Reinheitsmerkmal” in diesem Fall Symbolcharakter hat und ganz verkürzt die Motivation und Essenz der ganzen Geschichte ist. Aber ohne diesen Kontext reicht allein der Hinweis “Täter blond” in den Medien nicht aus, um die ideologische Nähe zu Sarrazin oder Wilders deutlich zu machen – und ist sicher auch nicht beabsichtigt.

Breivik wähnt sich wie andere Rechtspopulisten im Kulturkrieg Europas mit dem Islam und geht mit terroristischen Mitteln gegen eine Regierung und Partei vor, die die multikulturelle Gesellschaft fördert. In einem Kapitel seiner Schrift geht es tatsächlich darum, Merkmale wie Blondsein vor Verwässerung (durch den Islam) zu schützen.

Kommt einem das alles bekannt vor …


der andere Andreas
25.7.2011 15:41
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die BILD von heute machts wenigstens richtig und schreibt gleich blonder teufel – in jedem 3. satz, über mehrer seiten (was vergleichsweise viel text für ne BILDmeldung ist)…

es wird sich einfach keiner den unverständlichen namen geben wollen, daher der blonde attentäter oder der attentäter von oslo.

BILD war übrings auch unwillkürlich komisch, da gabs auf der titelseite ne riesige schlagzeile mit den 93 toten in norwegen und ein kleiner artikel daneben erzählt einem was von 2mio vom hungertod bedrohten menschen in afrika.
in der mitte stand was von 43 toten und 200 verletzten bei nem bahnunglück in china, ach und die letzte seite war dann wieder komplett der einen! toten in england gewidmet – soviel zum thema selektive wahrnehmung…

bin ja nur mal gespannt ob man medial wirklich den braunen hintergrund breittreten wird oder pseudodiskussionen ala killerspiele führen wird…


User
28.7.2011 14:08
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ich hab heute irgendwo gehört Anonymous hätte dazu aufgerufen, das Manifest von diesem Idioten runterzuladen und zu bearbeiten, in dem man einfach Textpassagen durch irgendwas noch Absurderes bzw. nicht Passendes sowie Fotos usw. ersetzt und danach solle man es wieder unter Originalnamen hochladen und so gut es geht verbreiten. Damit soll sein “Nachlass” verunstalten werden und ins Lächerliche gezogen werden. Das Ar…loch wollte sich selbst ja ein Denkmal setzen und das könnte damit ja wirklich mal – wie ich finde äußert subversiv – verhindert werden!

Das ist die Idee des Tages für mich…


Volker
30.7.2011 3:23
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Es gab von Niggemeier im FAZ.NEt einen wunderbaren Artikel:

http://www.faz.net/artikel/C30280/fernsehkommentare-zum-terror-wer-solche-experten-kennt-braucht-keine-laien-30472105.html

Wer sich direkt nach der ersten Bombenmeldung so sehr auf ein Feindbild versteift braucht irgendeine Ablenkung von dem Mist, den man noch vor 2 Stunden behauptet hatte, wenn durch Bilder offensichtlich wird, dass man Blödsinn geredet hat. Also fleissig Blondsein betonen, weil ist doch arisch und damit böse! Gehört zum Spiel, genauso wie grundsätzlich alle Amok-Läufer spätestens am Tag drauf als verrückt und unzurechnungsfähig bezeichnet werden…da bleibt als Resumée für die Zukunft: „Al Qaida! Alles andere wäre zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation.“ (aus: Switch)