Ansichten eines Informatikers

Lesch, Kemfert und die Physik

Hadmut
28.3.2022 20:02

Tja.

Ein Leser schüttelt sich gerade, weil Harald Lesch, Astrophysiker, die Fernsehenergieblondine Kemfert interviewt, und die meint, dass wir Kernkraftwerke ja gar nicht gebrauchen könnten, weil wir ja heizen müssten, also Wärme bräuchten, aber Kernkraftwerke Strom produzierten.

Mal abgesehen davon, dass man Strom in Wärme wandeln kann – nennt sich Heizlüfter, Nachtspeicherheizung und so – habe ich die Tage gerade einen Artikel gelesen, finde ihn nur gerade auf Anhieb nicht wieder, wonach der Energieplan so, wie ihn die Grünen sich vorstellen, schlicht nicht funktionieren kann. Die wollen ja, dass in Kürze nur noch Wärmepumpen als Heizungen eingebaut werden. Das wird aber nicht gehen, weil es uns an drei Dingen dazu fehlt:

  • Genug Wärmepumpen,
  • genug Fachkräfte (weil die angeblich viel komplizierter und aufwändiger einzubauen sind als normale Heizungen, und wir gerade kaum noch Handwerker haben),
  • wir nicht genug Strom haben, um die zu betreiben. Man braucht zwar weniger Strom, als wenn man direkt mit Strom heizt, aber trotzdem noch eine Menge Strom. Und den haben wir nicht, auch nicht, wenn wir Windräder aufstellen. Und Windräder haben den Nachteil, dass sie sich gerade dann, wenn wir am meisten heizen müssen, am wenigsten drehen. Das könne gar nicht ohne zusätzliche enorme Stromquellen funktionieren.

Davon ganz abgesehen: Wenn Kernkraftwerke nur Strom und keine Wärme produzierten, wozu haben sie dann Kühltürme? Bier kaltstellen?

Ich bin kein Experte für Kernkraftwerke, aber ich habe vor über 20 Jahren mal eines abgesichert und ans Internet angeschlossen. War, sagte man mir damals, sogar das erste, und andere haben mir das dann nachgemacht. Dabei habe ich natürlich einen Rundgang und eine Erläuterung bekommen, weil ich ja auch wissen musste, wie das alles zusammengehört und zusammenpasst, und wie ich da wo eingreifen kann.

Ein Kernkraftwerk (jedenfalls das, in dem ich damals zugange war) funktioniert im Prinzip – oder eigentlich genau – wie eine große Dampfmaschine (nein, nicht wie, es ist eine), wie das Blechmodell, das ich als Kind mal hatte. Nur dass man nicht Esbit-Tabletten reinlegt und anzündet, sondern Kernbrennstäbe, aber der Rest ist gleich: Die Dinger erzeugen Wärme, viel sogar, und treiben damit einen riesigen Dynamo an. Wie ein Fahrraddynamo, aber so groß wie eine Fabrikhalle. Wollte ich als Kind auch für meine Dampfmaschine mit Glühbirnchen haben, hat aber nicht mehr auf das Brett gepasst.

Kernkraftwerke produzieren eben Wärme. Und wandeln die in Strom. Und sie produzieren nicht Strom ohne Wärme.

Zugegeben, sie produzieren die Wärme am Standort und da will man nicht direkt nebendran wohnen, aber es gab irgendwo mal einen Bericht, dass Bauern höhere Erträge haben, wenn sie die Felder in Nähe von Kernkraftwerken mit deren Abwärme beheizen und der Boden schön warm ist. Und eines der Dinge, die aus Sicht der IT-Sicherheit stark zu schützen waren, war das System, mit dem die Messwerte rund um das Kraftwerk erfasst werden, die Messwerte aus der Umgebung. Da geht es natürlich um Radioaktivität, mehr aber um Wärme. Weil das Kraftwerk nämlich an einem Fluß lag, und auch das Flusswasser zur Kühlung verwendete, muss überwacht und auch nachgewiesen werden, dass das Wasser nicht zu warm wird, sonst sterben die Fische. Und je nach Jahreszeit verbrauchen die – weiß nicht mehr genau – 10 oder 20% ihres produzierten Stroms selbst, um ihre Kühlanlagen zu betreiben, weil sie so viel Wärme produzieren.

Und dann kommen Lesch und Kemfert und meinen, wir bräuchten keine Kernkraftwerke, weil die Strom lieferten und wir aber Wärme bräuchten.

Das wird noch lustig.