Ansichten eines Informatikers

„Der deutsche Abgrund“

Hadmut
21.1.2022 2:02

Interessante Sendungen, die meine Thesen bestätigen.

Wer mein Blog liest, weiß, dass ich oft bis spät nachts arbeite, und gerne nebenher den Fernseher laufen lasse.

Gestern abend, oder besser vergangene Nacht bin ich zufällig auf eine Folge von einigen (fünf) Dokumentationssendungen über die Entstehung des Nationalsozialismus, alle unter dem Oberbegriff „Der deutsche Abgrund“, im ZDF gestoßen, hier in der Mediathek zu finden.

Natürlich merkte man wieder einmal die völlig einseitige Darstellung, in der die Nazis das Bösen-Monopol haben, und die Kommunisten, wenn überhaupt, eher neutral dargestellt werden. Liebknecht ruft die sozialistische Republik aus. Na, und? Kann man ja mal machen.

Zwar wird so am Rand erwähnt, dass es damals schon ziemliche Randale gab, aber meines Erachtens völlig unangemessen flach. Sowohl meine eigene Großmutter hatte mir erzählt, also auch viele Leser eigene Erlebnisse oder Erzählungen der Eltern und Großeltern mitgeteilt, dass es damals einen massiven kommunistischen Terror in den Straßen gab, die alles und jeden drangsaliert haben, und anders als durch Gewalt keine Ruhe zu schaffen war. Viele haben damals Hitler gewählt – es heißt ja immer, er sei von Frauen gewählt worden, aber man sagt nie, warum die Frauen ihn gewählt haben – weil endlich der kommunistische Terror aufhören sollte und die Leute den Kommunismusdruck nicht mehr aushielten.

Die Kommunisten hatten nicht nur das Nachbarland Russland brutal übernommen, sondern hatten dasselbe mit Deutschland angefangen. Deutschland war ein Land in einer doppelten Notwehrsitutation: Gegen die Gewalt der Kommunisten und wirtschaftlich gegen den Vertrag von Versailles.

Ich habe das jetzt nicht mit völliger Inbrunst und Aufmerksamkeit gesehen, weil ich, wie gesagt, nebenher gearbeitet habe. Aber ich fand, diese Entstehungsphase wurde viel zu wenig beleuchtet, wohl auch, weil man beim ZDF halt einfach ganz weit links draußen ist und den Kommunismus nicht zu schlecht darstellen will. Ich bin der Auffassung, dass wer das Aufkommen des Nationalsozialismus verstehen will, spätestens 1914 beim ersten Weltkreig und 1917 in Russland anfangen muss. Man wird es nicht verstehen und bewerten können, wenn man den kommunistischen Terror übergeht. Und nur dann kann man auch verstehen, wie gefährlich die heutige Zeit ist, und dass man versucht, die sozialistische Republik Liebknechts mit 100 Jahren Verspätung auszurufen. Gerade hatten wir es davon, dass das Misstrauen in die Politik nicht erst mit Corona, sondern spätestens 2012 entstanden ist, was mir einige Leser bestätigt haben. Das kommt nicht von ungefähr. Man versucht das wieder.

Das ist umso ärgerlicher, als man in einem der Videos Filmaufnahmen von frühen NSDAP-Veranstaltungen sah, auf denen „Gegen Kommunismus“ (oder so ähnlich) auf Wandtransparenten stand. Das kommt immer viel zu kurz, dass die Motivation der Wahl Hitlers nicht Judenhass oder Arierwahn, sondern vor allem eine Notwehrsituation gegen den Kommunismus war.

Nichtsdestotrotz und von dieser ideologischen Einseitigkeit abgesehen fand ich die Dokus aber doch recht gut und wegen der vielen historischen Aufnahmen überaus interessant, und möchte sie trotz obiger Kritik sehr empfehlen.

Was mir nämlich auch immer wieder mal aufgefallen ist, dass viele meiner Aussagen im Blog darin voll bestätigt werden.

Beispielsweise dass die Nazis und ihre Ideologie eben nicht singulär und monopolböse waren, sondern die die einfach zusammengekehrt haben, auch Genetik, was damals weltweit eben Zeitgeist war. Ich hatte das ja schon beschrieben, dass man das auch in den australischen Museen sehen kann und die damals von ihren hingerichteten Verbrechern nach der Hinrichtung noch Gipsmasken gefertigt haben, die man noch besichtigen kann, weil man dachte, dass das Dumme und das Kriminelle sich an der Gesichtsform müsse ablesen lassen. Gab auch Porzellanköpfe mit eingezeichneten Charakterarealen.

Ideologisch haben die Nazis nur den Zeitgeist eingesammelt, und die Gestik und Symbolik von Mussolini abgeguckt, der sie wiederum von den Caesaren übernommen hatte (Heil=Salve Caeser, Hand hoch und sowas). Und das stellen sie durchaus recht gut dar.

Was eben auch interessant ist, diese Entwicklung zum Bösen zu beobachten. Ich hatte mich ja schon so häufig daran gestört, dass man Hitler immer als diese verschrobene Witzfigur hinstellte, der einen dämlichen Bart hat und so komisch schnarrig spricht, also ob die Deutschen sich damals willentlich einen Clown gewählt hätten. Sie zeigen aber durchaus Fotos aus jüngerem Alter, wo der deutlich normaler aussieht, und seinen ursprünglichen Bart hat, nämlich diesen weit ausladenden Schnäuzer, wie ihn Horst Lichter noch trägt. Er war aber im ersten Weltkrieg, und da mussten sich die Soldaten die langen Bärte wegen der Gasmasken stutzen, weshalb der Gasmasken-Bart zum Veteranenkennzeichen wurde. Es ist eigentlich falsch, das „Hitler-Bärtchen“ zu nennen, sondern müsste Weltkriegs-, Veteranen- oder Gasmaskenbärtchen heißen, denn das hatten damals viele. Auch diese schnarrende Sprechweise, die der beim normalen Sprechen nicht hatte, wird oft als Dachschaden betrachtet, war aber antrainiert und der damaligen schlechten Tontechnik geschuldet, und bei Schauspielern erlernt, die damals auf den Bühnen ohne Mikrofon auskommen und trotzdem bis ganz hinten verstanden werden mussten. Auch das merkt man an den früheren Tonaufnahmen.

Ich halte es für hochgefährlich, dass man die Geschichtsschreibung und die Holocaust-Museen immer so naiv und dämlich gestaltet, und das eigentliche Problem völlig verdeckt. Das ist immer so „Die Deutschen wollten Juden umbringen, deshalb haben sie sich einen Spinner gewählt, der komisch aussah und bekloppt sprach, dann kamen viele Mörder mit Hakenkreuzen und haben die alle umgebracht, bis die Russen und die Amerikaner kamen. Fertig.“

So wird man nicht in der Lage sein, zu verhindern, dass es wieder passiert. Aber vielleicht will man das auch gar nicht verhindern.

Denn würde man es verhindern wollen, hätte man viele Entwicklungen der Neuzeit in den USA und Deutschland verhindern müssen, die eigentlich darauf hinauslaufen, die Ereignisse von 1917 nochmal nachzuspielen, nur mit dem „richtigen Ergebnis“. In den USA läuft man geradewegs auf eine Entwicklung zum selben Ergebnis zu.

Denn wenn man sich die Ereignisse von damals betrachtet, dann machte die Geschichte damals eigentlich keine großen Sprünge. Alles ging mit relativ kleinem Entscheidungsraum, freilich immer zum Fatalen, aber eben doch immer kausal und nie als unerklärbarer Geschichtssprung, aus dem vorangegangenen Ereignissen hervor. Und das ist das, was ich an den vielen Nazi- und Holocaustausstellungen so schlecht finde: Da kamen halte einfach irgendwie die Mörder mal vorbei, und an ihren Hakenkreuzen sollt Ihr sie erkennen. Damit wird man es nicht schaffen, eine Wiederholung zu verhindern.

Ich würde mit meiner heutigen Lebenserfahrung sogar sagen, dass das schlimmer ist und mehr auf eine Wiederholung hinausläuft, als wenn man gar nichts machte. Denn so, wie man das heute darstellt und die Jagd auf „Rechtradikale“ mit Hakenkreuzen macht, erzwingt man geradezu die Wiederholung der Vorgänge ab 1917 – Ausrufung der sozialistischen Republik und so weiter. Man will das ja sogar wiederholen, weil man es nachspielen will, aber mit „richtigem“ Ergebnis.

Und meine Befürchtung ist, dass man aus blanker Dummheit den Anfang wiederholt und der Rest dann wieder in Schritten erfolgt, die mit nur etwas Pech einer aus dem anderen folgen. Denn der Dumme ist der, der denselben Fehler zweimal macht.

Deshalb: Trotz der Kritik deutliche Empfehlung.