Grüne, Blasenkrebs, Verlogenheit und Wissenschaft

Hört auf die Wissenschaft, heißt es zu Klima und Corona.

Oder: Warum sich die Impfgegner taktisch so blöd angestellt und ihre Chance verpasst haben.

Momentan geht’s ja gerade mal wieder rund: Die Impfgegner und Corona-Leugner seien ja alle Wissenschaftsignorier und Faktenverächter und so weiter und so fort.

Man solle doch bitte auf die Wissenschaft hören. Und schimpft auf alle, die sich von „Wissenschaft“ nicht beeindrucken lassen, obwohl – wie ich schon oft erklärt habe – deutsche Professoren mit Wissenschaft ja auch fast nichts mehr zu tun haben.

Und ein anderer Punkt ist ja, dass es ausgerechnet die Linken, rot-grün sind, die jetzt auf Impfgegner schimpfen, obwohl doch besonders die Grünen die übelsten Wissenschafts- und Technikgegner sind und seit Jahren, Jahrzehnten ISDN, Internet, Gentechnik und sonstwas alles bekämpfen, wo sie nur können, und am liebsten in einer haptisch orientierten mittelalterlich-mythischen Agrargesellschaft lebten, in der man nicht mehr denkt, als zu welcher Jahreszeit man welches Kraut säen und ernten muss. Technikfeindlichkeit ist ja immer auch Denkfäule. Und die „Querdenker“ bestehen ja auch besonders aus Grünen und Ex-Grünen, weil die ja besonders esoterisch drauf und Impfgegner sind. Die machen ja immer gern auf ganzheitliche Medizin und Naturheilkunde und Schamanen und Hokus-Pokus.

Ich hatte ja mal erzählt, dass ich in meiner Jugend in einer lustigen kleinen lokalen Pfadfindergruppe war, in der wir halt so Zelten und Lagerfeuer und Knoblauch essen und Brot rösten und Singen und sowas gemacht haben. Dann waren wir mal auf zwei oder drei von diesen offiziellen Pfadfinderlagern und schier entsetzt, weil das eigentlich nur linke Abrichtungslager der Grünen in ihrer Frühzeit waren. Da wurde dann organisiert, dass alle Pfadfinder gleichzeitig in eine US-Kaserne stürmen und die Pershings suchen und belagern sollten. Wir haben uns gefragt, ob die noch alle Latten am Zaun haben und uns mit unserer Gruppe in dem Zeitraum in der exakt entgegengesetzten Richtung im Wald verirrt haben und deshalb leider und bedauerlicherweise nicht dabei sein konnten. Kann ja nicht jeder so gut im Pfade finden sein, wir hatten uns da eher darauf spezialisiert, das Weite zu suchen. (Und ja, wir waren sehr gut mit Karte und Kompass, und haben uns sonst eigentlich nie verirrt, nicht in stockfinsterster Nacht, und hier dann gleich exakt 180° in die Gegenrichtung.) Erst am frühen Morgen haben wir wieder „zurückgefunden“ um zu fragen, wieviele denn von der Wache festgenommen oder erschossen worden waren. Hatte sich herausgestellt, dass die Amis jetzt auch nicht ganz blöd waren und die Pershings da auch nicht einfach so offen rumliegen und das Tor offenstehen lassen, wie man sich das vorgestellt hatte, sondern die da einige Zäune hatten und die dann alle schon am ersten Zaun gescheitert waren. Ärger und ein paar Festnahmen hatte es trotzdem gegeben.

Und ich kann mich noch erinnern, dass damals Brennnesselfrikadellen und Brennnesseltee als das Universalheilmittel propagiert wurden. Ich muss dazu sagen, dass die Dinger schon gut schmecken, wenn sie richtig zubereitet werden, aber eine beobachtbare Heilwirkung hatten sie nicht. Dafür schimpfte man auf die gesamte Medizin und schwor auf irgendwelche Blüten.

Und diese Leute kommen heute an und trommeln für Fakten und Wissenschaft und beschimpfen Impfgegner, sie sollten auf die Wissenschaft hören.

Auf Twitter gefunden:

Liebe Leute bei @Lehmanns allerspätestens bei Krebs ist eine rote Linie überschritten! Und kommt jetzt nicht mit "Aber das ist doch nur eine Ergänzung". So ein Mist hat in einer Universitätsbuchhandlung absolut nichts verloren! pic.twitter.com/QtLmhhvC4g

— Reinhard Remfort (@ReinhardRemfort) January 18, 2022

Während alle auf die Impfgegner schimpfen und trommeln, man müsse doch auf die Wissenschaft hören, steht in den Universitätsbibliotheken die Homöopathie als Mittel gegen Blasenkrebs herum.

• Grüne Baden-Württemberg: Komplementärmedizin für alle Versicherten
• Minister Lucha und Ärzte-Verband kämpfen für Homöopathie-Erstattung – Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manne Lucha (Grüne) will die Kostenerstattung für Homöopathie erhalten und sogar ausbauen.
• Grüne und Homöophatie: Glaubenskrieg um Globuli Sanfte Heilung oder Hokuspokus? Den Grünen droht auf ihrem Parteitag ein Streit über den Sinn und Unsinn von Homöopathie. Der Vorstand ist alarmiert.

Insofern haben sich die Impfgegner da taktisch völlig blöd verhalten.

Es war ein enormer rhetorischer Fehler, zu sagen, dass sie die Impfung einfach ablehnen und COVID-19 für inexistent oder ungefährlich halten. Spätestens seit sich die Grünen als Pro-Impfung positioniert haben und das als Hebel gegen politische Gegner verwenden, hätte man demonstrieren müssen, dass man COVID-19 mit homöopathischen Mittel bekämpft und demonstrativ vor der Kamera Zuckerkügelchen fressen müssen.

Damit nämlich hatte man die Grünen (und teils auch die SPD) da erwischt, wo es richtig weh tut, nämlich an deren Dummheit, Korruptheit und Wissenschaftsfeindlichkeit. So aber hat man denen ermöglicht, die Positionen zu wechseln und sich als die großen Wissenschaftsverfechter aufzuspielen.

Hätte mich mal interessiert, wie die Grünen reagiert hätten, wenn die Impfgegner nicht gegen die Impfung, sondern für einen homöopathischen Umgang mit COVID-19 demonstriert und sich dazu auf die Grünen berufen hätten. Man hätte sich damit viel weniger zur Zielscheibe gemacht, dafür aber den Grünen einen richtig schweren Treffer versetzt, von dem die sich nie wieder richtig erholt hätten.

Aber da fehlt dann auch die Fähigkeit, weiter als eine Armlänge zu denken.