Ansichten eines Informatikers

Miss Marple in jünger

Hadmut
26.3.2021 18:23

Seit früher Kindheit gehören die vier alten Miss-Marple-Filme zu meinen Lieblingsfilmen.

Ich habe immer überlegt: Wo kommt die schrullige Alte eigentlich her?

Es hieß ja immer, dass die Darstellerin Margaret Rutherford hauptberuflich Schauspielerin sei, Bühnenschauspielerin, aber ich habe mich immer gewundert, wie das möglich sei: Man sieht nur diese vier Filme, als wäre sie im hohen Alter erst Schauspielerin geworden. (Sie war ja auch mit Stringer Davis, dem Darsteller des etwas naiven Mr. Stringer in den Miss Marple-Filmen, verheiratet). Oder vielleicht erst von der Bühne zum Film gewechselt. Dafür spielt sie aber einfach viel zu gut.

Ich habe ja schon erwähnt, dass ich a) tagsüber beim Arbeiten oft den Fernseher nebenbei laufen lasse und b) nicht daran denke, für Privatfernsehen noch Aufpreis zu bezahlen, den sie verlangen, seit man auf DVB-T2 umgestellt hat. Weil ARD und ZDF vorhin wieder mal unerträglich waren, wollte ich mal rumzappen und bin bei ARTE hängengeblieben. Da lief gerade ein Film, eigentlich nicht der Rede wert. Alberne Geisterkommödie von 1945. Leute machen sich einen Spaß daraus, zur Unterhaltung Seancen zu veranstalten, holen sich dazu die schrullige „Madame Arcati” und es geht schief: Sie schaffen es aus Versehen und unbeabsichtigt, den Geist der ersten, verstorbenen Ehefrau des Hausherrn herbeizurufen, den er nun an der Backe hat und die ihn wieder ziemlich nervt. Wie wird man den Geist nun wieder los?

Naja. Sehr flach. Man braucht das amerikanische Gemüt der damaligen Zeit, um sich daran irgendwie abamüsieren zu können. Liegt wohl an der Zeit und der Frühzeit des Filmkönnens, obwohl die „Feuerzangenbowle” ja auch aus der Zeit stammt und besser ist. Man merkt schon, dass die damals die technischen Möglichkeiten bekommen hatten, richtige Kinofilme zu machen, den Umgang damit aber erst lernen mussten. Das wirkt alles noch etwas hölzern, wie Bühnentheater mit Kamera, und genau das war es ja auch, denn es war die Verfilmung eines Bühnenstücks. Es dauerte etwas, bis Könner wie Hitchcock auftauchten und aus dem Film eine eigene Kunstform machten (obwohl dessen Cocktail für eine Leiche auch nur ein Bühnenstück ist und deshalb in nur einem Raum spielt, auch Fenster zum Hof ist ja noch ziemlich stark auf einen Ort eingeschränkt.)

An sich würde ich den Film überhaupt nicht empfehlen. Billiges Material für die Mittagszeit, wenn sowieso keiner guckt. (Würde mich nicht übermäßig überraschen, wenn ich der einzige gewesen wäre, bei dem das lief, aber zu Corona guckt vielleicht doch der ein oder andere wie ich.)

Als ich aber diese Madame Arcati, das Geistermedium, sah, dachte ich sofort: Das ist doch Miss Marple! Nur 15 Jahre jünger. Gleiches Gesicht, jüngerer Körper drunter.

So belanglos der Film als solcher ist, und Rutherford darin nur eine Nebenrolle spielt: Es hat eine eigene Komik, diese da jüngere Frau zu sehen, die schon voll diese Mimik, Gestik, Bewegungsweise wie Miss Marple hat (was zeigt, dass sie Miss Marple gar nicht so gespielt hat, sondern da eben Margaret Rutherford war).

Also, für die beinharten Miss Marple-Fans: Geisterkomödie