Mutanten

Ein Leser grollt.

Hallo Herr Danisch,

Mir geht dieser Begriff “Mutante” so richtig auf den Sack. Zum ersten ist es grammatikalisch richtig eine “Mutation” zum anderen finde ich es gegenueber dem “Mutanter” fuer diskriminierend stets nur von der ” Mutante” zu sprechen. Wer erfindet solche Wortkonstruktionen?

Kalifornien in der Corona-Krise: Was eine Mutante anrichten kann, zeigt sich in Kalifornien | ZEIT ONLINE
https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2021-01/kalifornien-corona-krise-los-angeles-neuinfektionen-mutante-covid-usa

Mmmh.

Das Wort „Mutation” ist tatsächlich weitaus bekannter, aber soweit ich weiß, bezeichnet die Mutation sowohl den Vorgang und Ablauf der Veränderung, als auch die konkreten Veränderung (er hat eine Mutation auf Gen …), aber nicht das Invididuum, das diese Mutation in den Genen hat. Das wäre ein Mutant. Die feminine Form Mutante war mir vor COVID-19 auch nie untergekommen, erscheint mir zwar auch sprachlich unschön, aber auch nicht unplausibel, denn man spricht ja auch von der Variante und nicht dem Variant (außer bei den Kombis von VW).

Die allwissende Müllhalde meint dazu:

Als Mutation (lat. mutare „ändern/verändern, verwandeln“) wird in der Biologie eine spontan auftretende, dauerhafte Veränderung des Erbgutes bezeichnet.[1] Die Veränderung betrifft zunächst das Erbgut nur einer Zelle, wird aber an deren Tochterzellen weitergegeben.[2] Bei mehrzelligen Tieren unterscheidet man Keimbahn-Mutationen, die durch Vererbung an die Nachkommen weitergegeben werden können, von Mutationen in somatischen Zellen, die nicht in den Keimzellen (Gameten), sondern nur in den übrigen Geweben des Körpers vorliegen. Ein Organismus mit einem neuen, durch Mutation entstandenen Merkmal wird als Mutant oder Mutante bezeichnet.

Insofern würde ich nach ausführlicher Befragung meines Sprachgefühls tatsächlich auch dazu neigen, ein als als Persönlichkeit wahrnehmbares Individuum, wie einen Menschen oder ein größeres Säugetier, etwa so manche der Gestalten, die in Berlin rumlaufen, als „Mutanten” bezeichnen und im Singular als der Mutant (notfalls Mutantin), während etwas, was ich nicht mehr als Individuum, sondern nur noch als Gattung wahrnehme, weil man ja beispielsweise nicht mehr einzelne Bakterien oder Viren persönlich unter dem Mikroskop begrüßt, sondern sie nur noch Kategorie oder eben Gattung wahrnimmt – mit Bezug auf den Müllhaldenbegriff könnte man sogar darauf abheben, dass Einzeller oder Viren ja mangels Mehrzelligkeit selbst kein mutierter Organismus werden können, sondern die Mutation nur über ihre Vermehrung weitergeben können und damit keine Organismus, sondern nur eine Gattung bilden können – als Mutante bezeichnet.

Auch wenn das Wort ungewohnt erscheint und tatsächlich dem Sprachgefühl Unwohlsein bereitet, komme ich ad hoc zu dem vorläufigen Ergebnis, den Begriff für richtig zu halten und auch den Verdacht zu haben, dass er etwas anderes als Mutant meint. Mein Verdacht wäre, dass Mutant ein mehrzelliges Individuum ist, bei dem die Reproduktion der Genveränderung durch die Mehrzelligkeit innerhalb des Individuums erfolgt, während eine Mutante die Gattung ist, die entstehen muss, weil Einzeller und Viren die Genveränderung nicht in sich selbst, sondern nur über Vermehrung weitergeben können.

Von genderistisch geprägten Forderungen nach Muonkeln bitte ich abzusehen.