Ansichten eines Informatikers

§ 131 Strafgesetzbuch und die Polizei von Hessen

Hadmut
27.10.2019 17:23

Zum Stand der Meinungs- und Pressefreiheit in Deutschland.

Zum aktuellen Axt-Mord aus Limburg verbreitet die Polizei Westhessen

Vorsorglich wieder als Screenshot:

Das erscheint mir rechtlich überaus zweifelhaft denn

§ 131 Gewaltdarstellung

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1. eine Schrift (§ 11 Absatz 3), die grausame oder sonst unmenschliche Gewalttätigkeiten gegen Menschen oder menschenähnliche Wesen in einer Art schildert, die eine Verherrlichung oder Verharmlosung solcher Gewalttätigkeiten ausdrückt oder die das Grausame oder Unmenschliche des Vorgangs in einer die Menschenwürde verletzenden Weise darstellt,
a) verbreitet oder der Öffentlichkeit zugänglich macht,
b) einer Person unter achtzehn Jahren anbietet, überlässt oder zugänglich macht oder
2. einen in Nummer 1 bezeichneten Inhalt mittels Rundfunk oder Telemedien
a) einer Person unter achtzehn Jahren oder
b) der Öffentlichkeit
zugänglich macht oder
3. eine Schrift (§ 11 Absatz 3) des in Nummer 1 bezeichneten Inhalts herstellt, bezieht, liefert, vorrätig hält, anbietet, bewirbt oder es unternimmt, diese Schrift ein- oder auszuführen, um sie oder aus ihr gewonnene Stücke im Sinne der Nummer 1 Buchstabe a oder b oder der Nummer 2 zu verwenden oder einer anderen Person eine solche Verwendung zu ermöglichen. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 und 2 ist der Versuch strafbar.

(2) Absatz 1 gilt nicht, wenn die Handlung der Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens oder der Geschichte dient.

[…]

(Abs. 3 weggelassen, weil hier irrelevant)

Man braucht sich eigentlich gar nicht mit Absatz 1 herumzuschlagen, weil Absatz 2 sagt, dass damit die Berichterstattung, Meinungsäußerung, Information (vgl. auch Zugang zu Quellen aus Art. 5 GG) nicht eingeschränkt werden kann und darf. Und ein aktueller Axtmord wegen Verhaltens der (Ex-)Frau mit Migrationshintergrund ist zweifelsohne eine Berichterstattung über Vorgänge des Zeitgeschehens. Da braucht man gar nicht erst zu diskutieren, denn weil Art. 5 GG ein Grundrecht ist, sind die Staatsgewalten wie die Polizei dadurch Grundrechtsverpflichtete und nicht in der Position, nach Gutdünken zu bestimmen, wie weit dieses Grundrecht reichen kann. Das verhält sich wie mit der Meinungsfreiheit: Wer meint, er möchte, solle, müsse über etwas berichten und vielleicht noch seine Meinung dazu kundtun, der hat schon dadurch das Recht, es zu tun.

Und das muss denen auch klar sein.

Ich halte eine solche Drohung für strafrechtlich höchst kritisch, nämlich wegen

§ 344 Verfolgung Unschuldiger
(1) Wer als Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Strafverfahren, abgesehen von dem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8), berufen ist, absichtlich oder wissentlich einen Unschuldigen oder jemanden, der sonst nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf, strafrechtlich verfolgt oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrafe von einem Jahr bis zu zehn Jahren, in minder schweren Fällen mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. Satz 1 gilt sinngemäß für einen Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Verfahren zur Anordnung einer behördlichen Verwahrung berufen ist.

(2) Wer als Amtsträger, der zur Mitwirkung an einem Verfahren zur Anordnung einer nicht freiheitsentziehenden Maßnahme (§ 11 Abs. 1 Nr. 8) berufen ist, absichtlich oder wissentlich jemanden, der nach dem Gesetz nicht strafrechtlich verfolgt werden darf, strafrechtlich verfolgt oder auf eine solche Verfolgung hinwirkt, wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft. 2Satz 1 gilt sinngemäß für einen Amtsträger, der zur Mitwirkung an

1. einem Bußgeldverfahren oder
2. einem Disziplinarverfahren oder einem ehrengerichtlichen oder berufsgerichtlichen Verfahren
berufen ist. Der Versuch ist strafbar.

§ 240 Nötigung
(1) Wer einen Menschen rechtswidrig mit Gewalt oder durch Drohung mit einem empfindlichen Übel zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Rechtswidrig ist die Tat, wenn die Anwendung der Gewalt oder die Androhung des Übels zu dem angestrebten Zweck als verwerflich anzusehen ist.
(3) Der Versuch ist strafbar.
[…]

Manche Juristen halten das in solchen Fällen noch nicht für verwirklicht, weil erst mal nur so in die Allgemeinheit getrötet. Andere sehen sowas bereits als Versuch an, weil bereits das ja auf Leute wirken kann und soll und nicht nur eine Vorankündigung ist, die Tatwirkung ist ja schon damit beabsichtigt, nämlich die Unterlassung zu bewirken, und auch die Tat vollendet, wenn irgendwo irgendwer deshalb das Posten des Videos unterlässt, obwohl er es dürfte.

Ich halte das für eine Verletzung der Meinungs- und Pressefreiheit, insbesondere vor und am Tag einer Wahl (Thüringen).

So einen ähnliche Diskussion habe ich im Fall des Mordes in Hamburg schon mit der dortigen Staatsanwaltschaft geführt, die allerdings nicht über § 131, sondern über § 201a StGB argumentierte (Hilflosigkeit zur Schau stellen, Schutz der abgebildeten Person und ihres persönlichen Lebensbereiches), was hier aber wohl auch nicht ziehen würde, denn erstens sieht man auf dem Video praktisch nur den Täter, die Frau ist nicht erkennbar, und zweitens war sie anscheinend schon tot, und Tote werden von § 201a StGB nicht geschützt. Ob § 131 nur lebende oder auch tote Menschen schützt, wäre eine andere Frage, vermutlich aber nicht, weil § 131 nicht so auf den Schutz der abgebildeten Person, sondern eher gegen die Verbreitung von Gewaltbildern abzielt (und vermutlich auch gezeichnete oder computererzeugte Bilder erfasst).

Folgenden daraus erwachsenen Twitterwechsel möchte ich zur allgemeinen Kenntnis geben:

Kam leider zu spät. Als ich das gesehen habe, war meine Dienstaufsichtsbeschwerde an das Innenministerium schon raus.

Mal sehen, was da noch rauskommt.