Ansichten eines Informatikers

Das Studium dient nicht mehr der Berufsausübung

Hadmut
8.1.2017 20:12

Kurzer Blick in das Gesetz:

§ 21 Absatz 1 des Berliner Hochschulgesetzes:

(1) Lehre und Studium sollen die Studenten und Studentinnen auf berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigung der Veränderungen in der Berufswelt vorbereiten und ihnen die dafür erforderlichen fachlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und Methoden so vermitteln, dass sie zu wissenschaftlicher oder künstlerischer Arbeit, zu kritischem Denken und zu freiem verantwortlichen, demokratischem und sozialem Handeln befähigt werden.

  1. Die Befähigung zur Ausübung eines Berufs kommt darin nicht mehr vor.
  2. Es geht überhaupt nicht mehr um konkrete Berufe.

    Die Rede ist von „berufliche Tätigkeiten unter Berücksichtigungen der Veränderungen der Berufswelt”. Heißt: Jeder kann alles. Man lernt keinen Beruf mehr, sondern so generell „Berufstätigkeit”.

  3. Wissenschaftliche oder künstlerische Arbeit, kritisches Denken und verantwortliches demokratisches und soziales Handeln.

    Chirurgie, Leute so zu operieren, dass sie es überleben, Architektur, ein Haus so zu bauen, dass es nicht einstürzt, Maschinenbau, eine Maschine so zu konstruieren, dass sie nicht explodiert, gehören nicht mehr dazu.

  4. Dafür gehört dazu, die Leute auf politisches Handeln und „sozial” abzurichten.

Das ist nicht einfach nur doof.

Das ist verfassungswidrig.

Denn der Staat (und die Universität ist hierbei als Prüfungsbehörde und damit Exekutive tätig) darf sich in diese Bereiche so eigentlich nicht einmischen.

Insbesondere aber fehlt damit die Rechtsgrundlage dafür, überhaupt Prüfungen durchzuführen. Denn der Staat ist überhaupt nur zu Prüfungen (und damit schon durch die Benotung und deren Auswirkungen auf Karriere und Wettbewerb) befugt, soweit Art. 12 I GG Eingriffe zulässt. Und die darf der Staat nur zum Schutz der Öffentlichkeit vornehmen, also beispielsweise die ärztliche Approbation oder das juristische Staatsexamen daran binden, das Fach so zu beherrschen, dass man Kunden oder Dritte nicht schädigt. (Vergleiche auch die Meisterpflicht im Handwerk.)

Das, was da steht, dient aber nicht mehr diesem Zweck, denn die konkreten Fähigkeiten einzelner Berufe kommen darin nicht mehr vor, und die Konstanz einer Wissensvermittlung wird ja explizit (Veränderungen in der Berufswelt) aufgelöst.

Auf dieser Rechtsgrundlage darf es nach dem Grundgesetz deshalb keine Prüfungen und keine Abschlüsse mehr geben.

Aber wen interessiert in Berlin noch das Grundgesetz?

Nur mal so am Rande: Ich erfahre immer öfter, vor allem auch aus meinem Bereich der Informatiker, dass Firmen zwar händeringend Leute suchen und deftige Kopfprämien zahlen, gleichzeitig aber die allermeisten Bewerber wegen mangelnder Tauglichkeit nicht nehmen oder gar nicht erst zum Gespräch einladen.

Einerseits wird viel über den „Fachkräftemangel” gezetert, andererseits wird das als Lüge bezeichnet, denn es gäbe ja so viele Leute mit Abschluss, die in den Bereichen keinen Job fänden. Schaut man sich solche Gesetze an, dann wird einem klar, warum „Leute mit Abschluss” und „Fachkräfte” heute zwei völlig verschiedene Dinge geworden sind.

Was ist die Motivation dafür?

Frauenquote.

Man will die Frauenquoten an Universitäten sowohl bei „Studierenden”, als auch bei „Lehrenden” (ich kann mich an diese Schwätzterminologie einfach nicht gewöhnen) hoch kriegen. Und das geht halt nicht, solange „Lernen” und „Lehren” irgendwas mit konkreten Fähigkeiten zu tun hat. Da ist Schafeln und allgemeines Wohlfühlen gefragt, die Universität als Wellness-Ort für jede.

Und das kommt dabei heraus.

Failed State Berlin

(Nachtrag: Schaut Euch an, was für Leute in den Berliner Parlamenten sitzen. Dann ist alles klar.)