Ansichten eines Informatikers

Politiker und die Angst vor dem Internet

Hadmut
25.8.2011 12:19

Ein Leser macht mich gerade (Danke!) auf diese Seite bei Netzpolitik aufmerksam.

Das Thema ist nicht neu, kürzlich, vor zwei oder drei Wochen, gab es schon mal irgendwo eine Fernsehsendung zu dem Thema (und sogar mit dem gleichen Titel, wenn ich mich richtig erinnere).

Grundsätzlich gibt es da ja so zwei Sichtweisen auf Politiker:

  • Da soll es die Politiker geben, die sich einfach nur mit irgendwas in den Vordergrund spielen und Wählerstimmen sammeln wollen, indem sie einfach auf irgendetwas fremdes, neues, unverständliches einschlagen, egal was. Quasi so eine Art Fremdenfeindlichkeit, die sich nun nicht mehr nur auf fremde Menschen und fremde Sitten, sondern alles ausdehnt, was fremdartig wirkt. Kategorie: Was der Bauer nicht kennt, frißt er nicht. Womit sich der Politiker nicht auskennt, mag er nicht. Ist halt auch so ganz einfach und billig, mit sowas Wählerstimmen zu fangen, weil es genug Bevölkerung gibt, die dem Internet hilflos oder ablehnend gegenüber steht, und die kann man so eben ganz primitiv einsammeln. Urängste aktivieren und so. Das böse Mördernet (nicht zu vergessen Betrügernet und Schändernet) wird Euch alle heimsuchen, wenn Ihr mich nicht als Euren Beschützer wählt.
  • Und dann soll es die geben, die ganz spezifisch gegen das Internet vorgehen, weil ihnen dessen unkontrollierbare Meinung, dessen Anarchie und Respektlosigkeit, dessen Fähigkeit, hochgejubelte Politiker lächerlich zu machen und herabzuwürdigen, als Gefahr erscheint.

    Es ist bekannt, daß sich die Politik schon lange der Presse und des Rundfunks bemächtigt und diese unterwandert, um die öffentliche Meinung zu kontrollieren. Die sogenannte frei Presse existiert in weiten Teilen nicht mehr. Insofern könnte das Internet genau an deren Stelle treten und das „Problem” neu auferstehen lassen.

Ja, besonders die zweite Sorte Politiker erscheint mir gefährlich. Und die Vorwürfe gegenüber Politikern erscheinen mir voll berechtigt.

Allerdings muß ich sagen, daß sich in meinen Augen die Gegenseite, nämlich die Internet-Befürworter-Politiker-Ablehner letztlich genau derselben Methoden bedienen. Bei den einen ist das Internet das ultimativ Böse, wo man ohne Nachdenken fast alles pauschal als schlecht hinstellt und an den Haaren herbeigezogene Pseudobegründungen verwendet. Bei den anderen ist die Politik das ultimativ Böse, und der Rest funktioniert genauso. Irgendwie habe ich da immer das Gefühl, daß da auf der einen und auf der anderen Seite die selben Betonschädel rumlaufen, die mit denselben tumben Denkweisen und derselben Polemik die jeweils andere Seite verteufeln, um Publikum um sich zu scharen. Das meiste, was ich in letzter Zeit als Argumente gegen Überwachung und für Anonymität und Pseudonyme gelesen habe, war – auch wenn es dafür wirklich gute Gründe gäbe – nur dummes Geschwätz und Ideologiebefeuerung, Sammeln von Wählerstimmen und Sympathisanten, in exakt der gleichen Weise, wie Politiker es tun (oder genauer gesagt müßte man feststellen, daß die, die da auf die Politik schimpfen und für die vorgebliche Freiheit tröten, letztlich auch nur Politik machen und damit Politiker sind, auch wenn sie sich anders anziehen – und damit denselben Mist produzieren).

Ich glaube, daß beide Seiten letztlich nicht richtig liegen, sondern einfach nur die Soße auskippen, die ihr jeweiliges Publikum konsumieren möchte.

Eigentlich will ich mich von beiden Seiten distanzieren.

2 Kommentare (RSS-Feed)

Stefan
26.8.2011 8:56
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Es kommt mir manchmal aber auch so vor, als wäre das teilweise eine Frage der Eskalation. Ich denke, manche “Freiheitsverteidiger” sind mit hehren Zielen und sinnvollen Argumenten an den Start gegangen, aber durch die reißerische Art der Medien und Politiker immer mehr “gezwungen” worden, ebenso drastischer auf die Anliegen aufmerksam zu machen.

Mit rationalen Argumenten überzeugt man eben keine Massen – leider.


loller
1.9.2011 13:26
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Das mit den Medien ist der Kernpunkt.
Durch die allgemeine Gleichschaltung in den Print- und TV-Medien einschließlich der ja so unabhängigen ÖR wird in der Bevölkerung Stimmung gemacht.
Ein Paradebeispiel ist die Plagiatsaffäre des Guttenbergs, da haben Journalisten in sämtlichen “Kampfblättern” das Betrugsdelikt kleingeschrieben und massiv Werbung für Guttenberg gemacht.
Warum ?
Weil die Besitzer der Verlage ein Interesse haben ihre konservativen Ansichten in der Politik durchzusetzen und ihre relative Macht Politiker hoch und runter zu schreiben dafür benutzen selbst Politik zu betreiben, am Souverän vorbei !
Das ganze korrupte Netzwerk erkennt man daran, wo die Leute die z.B. “brutalstmögliche Aufklärung” gefordert haben nun sitzen, in Vorständen wo sehr viel geld für keinerlei produktive Arbeit erhalten, nur die Verbindungen zu noch amtierenden Politikern sind für Konzerne interessant, wenn sie Einfluß auf die Gesetzgebung haben wollen.
Und das ist in Deutschland Fakt, leider …