Ansichten eines Informatikers

Digitales Versagen

Hadmut
18.11.2017 22:42

Jetzt kommt noch ein Milliardär daher und sagt, was eigentlich längst bekannt ist, versteht es aber nicht.

Ralph Dommermuth kritisiert, dass wir den digitalen Anschluss verpasst haben. Das ist der von 1&1 und Co. Ist hinter einer Paywall, als guckt man wie üblich, wer es abschreibt und kostenlos anbietet, in diesem Fall Golem:

Deutschland fällt in der Digitalisierung zurück, der Vorsprung der großen US-Konzerne wie Google oder Amazon ist nicht mehr einzuholen. Dieser Ansicht ist United-Internet-Chef Ralph Dommermuth, für den die Politik mit daran schuld ist.

Kein Digitalministerium, Bevorzugung der Deutschen Telekom, falsche Einschätzung der Lage: Die deutschen Politiker seien mit dafür verantwortlich, dass Deutschland in der Digitalisierung hinten liege. Das sagte Ralph Dommermuth, Chef des Unternehmens United Internet, im Gespräch mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel.

Die Politiker unterschätzten immer noch die Dramatik der Entwicklung, sagte Dommermuth. Sie schauten zu und reagierten viel zu langsam. Ein Grund dafür sei, dass die Politiker sich zu wenig in dem Bereich auskennen. “Wer ist denn heute politisch aktiv? Jedenfalls nicht die jungen Digitalunternehmer.”

Oh je, oh je. Es ist leicht und billig, mit 20 Jahren Verspätung zu kommen und zu meckern, wenn der Zug abgefahren ist. Und ausgerechnet 1&1 war bisher auch eher Technikhindernis als Technikbefeuerung. Ich war vor 10 Jahren mal Kunde bei denen und hatte mit denen viel Ärger, um dann vor 4 Jahren, als es in der damaligen Wohnung nur die als DSL-Anbieter gab, gleich nochmal masssiven Ärger mit denen zu bekommen, und da habe ich richtige Datenschutzprobleme entdeckt. Die wollen einfach blind Phantasiesummen von angeblich offenen Forderungen, und wenn man dreimal fragt, bekommt man dreimal unterschiedliche Beträge genannt, und wenn man Auskunft nach § 34 BDSG fordert, wiederholen sie nur, wieviel Geld sie haben wollen. Wer sich nur aufs Abkassieren beschränkt und seinen Laden so wenig im Griff hat, der wird Milliardär, aber ist nicht in der Position, sich über technologischen Rückstand zu beklagen.

Davon abgesehen: Er hat ja recht. Aber 20 Jahre zu spät zu kommen und dann zu schlaumeiern, ist jetzt auch nicht der Brüller.

Richtig ist, dass die deutsche Politik die Sache irreparabel versemmelt hat. Dass man in den Neunzigern die Sache sogar massiv sabotiert hat. Und dann die Positionen mit unfähigen Leuten besetzt und zerfasert, weil in der Politik jeder Schwätzer mitschwätzen will.

Ich habe die Zypries mal gefragt, warum eigentlich sie als digital völlig ahnungslose Juristin für Digitalkram zuständig ist, um dann zu völlig überfordert zu sein, von „Gütesiegeln” zu faseln und verzweifelt bei ISOC um Hilfe zu betteln. Ergebnislos. Die kapieren das nicht.

Die Grünen machen ja gerne auf Digitalpartei (nachdem sie die Piraten mit ihren Rübergemachten versenkt haben). Warum erinnert sich eigentlich fast niemand mehr daran, dass die Grünen damals mit allen Mitteln ISDN und Digitalisierung bekämpften und sabotierten, weil sie der Meinung waren, dass Computerzeugs böse ist und verboten werden muss wie Atomkraft? Ich verweise mal auf einen alten Blogartikel und zitiere nochmal aus der medienpolitischen Erklärung der Grünen aus der 8. Bundesversammlung im Dezember 1985:

„Die weitere Einführung neuer IuK-Techniken muß solange mit dem Ziel eines Einführungstopps bekämpft werden, bis ihr gesellschaftlicher Nutzen und ihre soziale Unschädlichkeit von den Befürwortern eindeutig nachgewiesen sind. Jedoch auch schon eine spürbare Behinderung der Herrschenden bei der Computerisierung der Gesellschaft und der Schaffung des ›Modell- und Testmarktes Bundesrepublik‹ hilft Schaden abzuwenden und trägt zur Entwicklung von kritischem Bewußtsein und politischer Handlungsbereitschaft in der Bevölkerung bei.“

Das war der Zeitpunkt, an dem wir angefangen haben zu verlieren.

Und spätestens mit Merkels korrupter Schranzenrepublik, in der ein Inkompetenzmonster wie Annette Schavan Forschungsministerin werden und der Feminismus alles vernichten konnte, ist der Untergang besiegelt. Dass man dann noch mit der SPD-Strickliesel Gesche Joost als „Internet Botschafterin” um die Ecke kam und diese Strickjacken-Blondine zum Sinnbild der Digitalisierung machte, ist ein Gassenwitz. Was haben wir jetzt? Calliope. Kleine Einplatinencomputerchen für Kinder, die blinken und piepen können. Die Computerchen, nicht die Kinder.

Und der Feminismus tut ein Übriges: Man fährt Anforderungen und Fachwissen gewaltsam soweit herunter, bis es „frauenkompatibel” ist.

Das muss man sich mal klarmachen: Mit Forderungen, dass man Informatik „enttechnisieren” und auf soziale Themen verlegen muss, um sie für Frauen attraktiv zu machen, und strunzdummen Aussagen, dass die Turing-Maschine frauenfeindlich wäre, weil sie keine Interrupts kennt, es Frauen aber gerne „Interaktiv” hätten, kann man in Deutschland Informatikprofessorin werden und damit Männer verdrängen und Studenten verblöden.

Hat man sich eigentlich schon mal gefragt (Dommermuth anscheinend nicht), ob wir uns nur blöd angestellt haben oder ob wir systematisch sabotiert wurden?

Warum wird es total weggeschwiegen, wie der BND als Verhüterli der NSA hier Informatikforschung sabotiert hat?

Warum jammert die Wirtschaft über Fachkräftemangel, sagt aber nichts, wenn im Zeichen des Feminismus alles verblödet und Mathematik verteufelt wird?

Und warum sind wir überhaupt eine Juristen- und damit eine reine Verhinderungsrepublik?

Dommermuth hätte sicherlich die Position und das Geld, das Problem anzugehen. Er hat das Problem auch – zumindest wirtschaftlich – erkannt. Aber er hat das Problem nicht begriffen. Und er kommt 20 Jahre zu spät. Das Pferd ist tot.

Aber zum Trost: den anderen deutschen Milliardären geht es genauso. Die hocken auch in den Universitäten mit drin und merken nicht, was abgeht, oder fördern das sogar noch. Beispielsweise wenn sie im Universitätsrat hocken und korrupte Rektoren wählen oder so.