Ansichten eines Informatikers

Mehr als 20 Euro

Hadmut
23.1.2017 20:34

Ein kurzer Zwischenstand zu der Frau aus der S-Bahn. Und was mich da noch mehr entsetzt. [Nachtrag]

Eigentlich hätten wir gestern im Laufe des Abends mit Leserhilfe etwas zusammenbekommen:

  • Eine Rechtsanwältin mit Fachgebiet Sozialrecht hat sich bei mir gemeldet, die weiß, wie man in solchen Fällen – auch sehr schnell – helfen kann (und das hier ausnahmsweise mal ohne Honorar machen würde), auch einen Tipp auf einen zweiten Anwalt habe ich noch bekommen,
  • jemand von einer Ladenkette hat sich gemeldet, die noch jemanden suchen, und der meinte, vielleicht geht da ja was,
  • ein paar Leser haben etwas Geld für die Frau auf mein Spendenkonto überwiesen oder das angekündigt (es widerstrebt mir und ich hatte es eigentlich nicht vor, Geld für andere Leute über mein Konto laufen zu lassen, aber wenn’s nu schon mal da ist, ist es natürlich Ehrensache, das auch weiterzureichen).

Ich habe heute den Tag über etwa zehnmal versucht, die Frau auf ihrer Telefonnummer zu erreichen (ist ne Handy-Nummer). Bis zum späten Nachmittag war das Handy nicht eingebucht, und dann kam ein Freiton, aber es ging niemand ran. Ein Gedanke wäre ja, dass es nicht sonderlich effektiv ist, Leute um einen Job zu bitten und ihnen die Telefonnummer zu geben, und dann darauf nicht erreichbar zu sein. Das wäre aber sicherlich zu hart gedacht, denn wenn man gar nichts mehr hat, ist es womöglich nicht einfach, die elektronische Erreichbarkeit aufrecht zu erhalten. Wer keinen Strom mehr hat, kann das Handy nicht mehr laden, es könnte ja auch kaputt, geklaut oder sowas sein, oder vielleicht hat sie doch irgendwas zu tun gefunden. An einen Fake glaube ich nicht, denn als ich ihr das Geld gegeben hatte, habe ich mich erst wieder auf meinen etwas entfernten Platz gesetzt, und sie kam dann nochmal zu mir um sich zu bedanken und mir die Handynummer zu geben. Das hätte sie nicht getan, wenn das faul wäre. Man weiß halt nicht, welche Probleme da vorliegen. Da jetzt aber nunmal ein paar Spendengelder zusammengekommen sind (oder noch reinkommen), die reichen, um auch drei kleine hungrige Mäuler für ein paar Tage satt zu kriegen, werde ich es weiter versuchen.

Allerdings will ich auch mal drei, vier Punkte von dem aufgreifen, was ich so erfahren habe:

Die Anwältin sagte mir am Telefon, ich könnte mir gar nicht vorstellen, wie viele Leute in dieser Situation seien. Das wäre in Deutschland inzwischen so etwas wie ein Standardfall, der unglaublich viele Leute beträfe. Die haben solche Fälle massenweise (und wissen deshalb sofort, was zu tun ist).

Mehrere Leser haben mir geschrieben, die selbst mal in solchen Situationen waren, und mir das bestätigt haben, dass das oft so läuft, und die auch Kontakte in die Ämter haben (bei einem Leser hörte sich das so an, als arbeite er selbst dort). In der Zielaussage übereinstimmend schrieben mir mehrere, dass solche Probleme heute vor allem ein Ergebnis linker Politik und deren political correctness sei. Denn die Mitarbeiter in den Sozialbehörden seien massiv eingeschüchtert und unter Druck gesetzt worden, alles Migranten zu geben und den „Weißen” ihre „Privilegien” zu nehmen. Wer nicht spurt, bekäme sofort Druck als „Rassist” oder fliege gleich raus. Migrantenfamilien mit Kindern kämen mit allen Zuschüssen oft ohne weiteres auf Beträge bis zu 7.000 Euro im Monat. Ich weiß nicht, ob das stimmt und kann es nicht nachprüfen. Aber ich fand das schon so bedenklich, dass man es mal irgendwie nachprüfen sollte. Dass die ständig von „Privilegien” reden, die man Weißen (in der regel weißen Männern) wegnehmen müsste, ist mir ja aus den letzten 5 Jahren gut bekannt. Ich frage mich nur, welches „Privileg” man jemand noch abnehmen könnte, der in der S-Bahn um Essen für die Kinder betteln muss.

Ich will auch einfach mal ein Fragment aus dem herausgreifen, was mir der von der Ladenkette geschrieben hat, die da noch jemanden suchen:

Es gibt irre viele Bewerbungen, aber fast nur Leute, die abgelehnt werden wollen. Die wollen nur eine Unterschrift für die Arbeitsagentur. Arbeitswilliges Personal fehlt deshalb eigentlich überall.

Lasse ich jetzt einfach mal so stehen.

Dann habe ich (neben sehr viel positivem Feedback) allerdings auch noch einen anonymen Beitrag für mein Poesiealbum erhalten:

From: Anonymous
To: hadmut@danisch.de
Subject: Bettler

Hallo!

Also ich muss sagen, dass niemand eine Träne verdrücken wird, wenn sie Dich Vollpfosten irgendwann einmal unter die Erde bringen. An diesem Tag wird der Planet wieder ein kleines Bisschen besser werden.

Mit herzlichem Gruß

So rein inhaltlich muss es ein Soziologe sein, denn denen habe ich dabei ja vor die Hütte getreten. Der Server, über den das reinkam (die Domain habe ich oben mal weggelassen) lässt jedoch deutliche Verbindungen zum Chaos Computer Club erkennen, wobei man sich zweierlei fragen kann, nämlich a) ob da heute überhaupt noch ein wesentlicher Unterschied besteht und b) ob die mit der Mail inhaltlich was zu tun haben oder Anonymisierungsdienste für Dritte anbieten. Ist mir aber auch egal, ändern nämlich auch an meiner Meinung über beide nichts mehr.

Bemerkenswert aber, weil uns unsere lieben Politiker doch immer weismachen wollen, Hate Speech käme nur von rechts. Wehe dem, der die Privilegien der Geistes- und Sozialwissenschaftler in Frage stellt. Ich weiß schon, warum ich mir dieses Institut für Sozialwissenschaften nur von außen angesehen habe und nicht reingegangen bin.

Nachtrag: Ein Leser hat mir geschrieben, dass in seinem Bekanntenkreis auch jemand diese Frau in dieser S-Bahn gesehen und meinen Eindruck bestätigt hat. Es war anders als bei den sonstigen Berufsbettlern und Bettlerdarstellern. Man hat der Frau die Verzweiflung intensiv angemerkt.