Ansichten eines Informatikers

Kamera-Entscheidung

Hadmut
17.8.2016 20:25

So. Der Nachfolger für meine alte ausgemusterte Taschenknipse ist bestellt.

Vielen Dank an die Leser für die vielen und vielfältigen Tipps und Hinweise. Ich habe doch einige Zeit verwendet, um mich in Realität und Internet nach diversen Kameras umzusehen.

Und ich muss – das wird jetzt viele überraschen – leider sagen, dass ich das derzeitige Angebot an kompakteren, reisetauglicheren Kameras leider stinklangweilig und substanzlos finde. Oder um es landläufig auszudrücken: Ich spür da kein Jucken in der Hose. Nichts, was mich ernstlich hinter’m Ofen herholt.

  • Ich stimme den Lesern (und Verkäufern) insofern zu, als die Sony Alpha 6000 eine gute (und derzeit preisgünstig erhältliche) Kamera ist. Gibt’s mitunter für 599 mit Kitobjektiv und sogar noch ner Tasche dazu.

    Zwar fehlen mir an der 6000 ein paar Eigenschaften, voran die Mikrofonbuchse und ein ordentliches Gehäuse, auch der Phasenautofokus, weshalb die Alpha 6300 eigentlich die Kamera der Wahl wäre, aber bei der stimmt dann das Preis-Leistungsverhältnis nicht mehr. Da fehlt dann ein zweites Rad, GPS und noch so ein paar Details. (Manche sagen, man hat sie absichtlich geschwächt, um eine Alpha 7000 noch teuerer verkaufen zu können.) Aber so rein technisch, von Größe, Funktion, Bedienung und so wären die 6000 oder die 6300 schon die (kompakte) Kamera meiner Wahl.

    Nur: Das Objektivangebot dazu fand ich unbefriedigend. Inkonsistent, planlos, und leider bei kleinen, leichten, preislich angemessenen Objektiven matschig. Will man ordentliche Bildqualität, ist man gleich wieder bei teuren, großen, schweren Brocken. Was dreifach unlogisch ist.

    Erstens in allgemeiner Hinsicht, denn das passt dann nicht zur Kamera. Warum kauft man sich so eine vergleichsweise kompakte Spiegellose, wenn man dann doch wieder die großen schweren Brocken für Ganzformatkameras dranstecken und 1000 bis 2000 pro Objektiv hinlegt? Ich will nicht sagen, dass die Objektive das Geld nicht wert wären oder es kleiner, leichter ginge. Aber dann nimmt man auch gleich ne normale vollformatige Kamera. Sony hat keine geeigneten Objektive für die 6000.

    Zweitens macht das die Reisetauglichkeit zunichte.

    Der dritte Grund ist ein persönlicher. Ich hab schon die großen, schweren, teuren Brocken von Nikon und bin damit zufrieden. Warum soll ich das nochmal neu kaufen?

    Sony baut schon schöne Sachen. Aber denen fehlt ein Konzept für eine Produktlinie. Sie haben gute Techniker aber schlechte Product Manager.

  • Apropos Sony. Die haben auch so einige ganz winzige Kameras, so in der Kategorie Zigarettenschachtelgröße. Die fand ich ziemlich schnuckelig, und was mir daran sehr gefallen hat, war, dass die in den winzigen Dingern tatsächlich noch einen ausfahrbaren digitalen Sucher unterbracht haben, was mir so gefallen hat, weil ich die Display-Fotografie nicht mag und es schon erlebt habe, dass man im Sonnenlicht gar nichts sieht.

    Ich hatte da eine in er Hand, die preisgünstig war, und auch noch so einen extrem großen Zoom-Faktor hatte. Hätte ich fast gekauft. Hab mir aber sagen lassen (unter anderem von der Verstandesecke im eigenen Hirn, aber bestätigt durch Verkäufer) dass die Bildqualität entsprechend lausig ist. Winzkamera mit 30-fachem optischem (!) Zoom ist nicht nur pervers, das geht optisch einfach nicht brauchbar. Schon gar nicht zum Billigpreis.

    Es gibt die gleiche auch nochmal in ordentlich (RX100), aber erstens überteuert und zweitens auf 24-70 beschränkt. Das ist zwar jetzt auch nicht wirklich schlimm, weil ich mit der dicken Nikon auch am liebsten mit dem 24-70 unterwegs bin. Aber wenn man es nicht wechseln kann, ist mir das zuwenig – für den Preis.

  • Bei Micro-Four-Thirds ist es umgekehrt.

    Da gefällt mir das Objektiv-Angebot, die Qualität stimmt, die Preise sind moderat, es gibt viele sehr kurze Objektive (pancakes und ähnliche), noch dazu einen angenehmen Gebrauchtmarkt. Das wäre für das, was ich gerade suche, genau das richtige Kaliber.

    Nur: Da haben mir die Kameras nicht gefallen. Weiß auch nicht. Zwar haben mir viele Leser von den Panasonics vorgeschwärmt, aber irgendwie erschienen die mir altbacken und von der Ausstattung… naja. Die haben sogar so ein Alpha-6000-Pendant, könnte man fast verwechseln, aber irgendwie auch nicht so der Brüller, die Stärken liegen wohl bei Video.

    Wo Olympus hin will, ist mir auch nicht so ganz klar. Einerseits bauen sie welche, die aussehen, wie geschrumpfte Spiegelreflexkameras aus den siebziger Jahren. Ich finde die unpraktisch und auch im Preis-Leistungsverhältnis zu teuer.

    Und dann haben sie die PEN-Reihe. Von der Größe her, was ich suche, aber irgendwie hässlich, schwer, zerklüftet, teuer. Die ist was für Leute, die gerne mit den alten analogen Kameras fotografiert haben, aber eigentlich auch nicht wirklich reisetauglich. Hat mich auch nicht angemacht.

  • Ich hatte mal eine in der Hand, bei der ich mal dachte, boah, wie geil, will ich haben. Weiß nicht mehr, ich glaub, es war ne Fuji X100 oder sowas. Ein optischer Sucher mit eingebautem LCD, bei dem man sich in das normale Sucherbild Informationen einblenden lassen kann, aber auch den ganzen Sucher auf elektronischen Sucher umstellen kann. Wow, so muss das sein, so will ich das haben.

    Nur leider: 23mm Festbrennweite nicht wechselbar. Das taug für meine Zwecke hier nicht. Das ist für Streetphotography ganz nett, und zweifelsohne ist die Kamera von vorzüglicher Qualität, weil auf diese Brennweite gebaut. Aber eben nicht das, was ich gerade suche. Zudem teuer und schwer. Es gibt Fotografen, die schwören auf solche leichten Festweitwinkel. Meine erste Kamera (Beroquick SL 125) war so eine. 35mm Sucherkamera. Ich kann damit auch was anfangen. Aber eben nicht immer. Das ist für mich eine Stadtkamera, keine Reisekamera. Zumal ich einfach auch das leichte Tele brauche.

  • Ein Verkäufer wollte mir die neuen Edel-Kompakten von Nikon schmackhaft machen. Hab davon gelesen. Aber auch Weitwinkel oder 24-70 fest. Außerdem: Schon für Juni angekündigt, noch immer nicht lieferbar.

    Ja, meint er, die hätten halt schon wieder ein Erdbeben in Japan gehabt.

    Tut mir ja leid. Aber wie soll ich eine Kamera kaufen, die nicht erhältlich ist?

    Außerdem glaub ich es nicht so ganz. Nikon hat am Jahresanfang eine 3D-Actionkamera angekündigt, von der noch gar nichts zu sehen ist außer 3 Testfotos. Angeblich sei die Kamera produziert und auf Lager, aber die Software einfach nicht fertig.

    Andere sagen, dass sie damit hadern, dass sie die Kamera für 800 verkaufen wollen, die Qualität sich aber wie bei einer 300-Euro-Kamera verhalte und sie das nicht gesteigert bekommen. Kommt davon, wenn man Kameras ankündigt, bevor man sie einsatzfähig gebaut hat.

Irgendwie macht mich das alles nicht an.

Da war nichts dabei, wofür ich jetzt ernstlich Geld ausgeben wollte.

Was imr vor allem auf den Wecker geht: Eigentlich könnten sie wunderbare Kameras bauen. Das Wissen und die Technik dafür sind da.

Aber diese Scheiß-Produkt-Politik macht da eigentlich immer alles kaputt. Irgendwie immer nur so Teillösunge und Untermengen von dem, was man kann und will, damit der Käufer nicht nur durch geplante Obsoleszenz, sondern auch durch ständige latente Unzufriedenheit angehalten wird, ständig neu zu kaufen.

Das erinnert mich irgendwie an das Nokia-Apple-Duell.

Nokia hatte eine unüberschaubare Zahl von Handys im Angebot, in allen Farben, Jungs- und Mädchen-Handys, krumme und gerade, manche mit Piep, andere mit Pup und so weiter. Updates gab’s nie, alles fix, nie vollständig, mal sollte ja im Prinzip jedes Jahr mit der Vertragsverlängerung ein neues Handy kaufen. Und in jedem Land gab’s andere, kein Händler konnte sie alle haben.

Und dann kam Apple und machte alles ganz anders. Die hatten genau ein Handy im Angebot. Aber das in Qualität, mit jahrelangen Updates und eben auch nachträglichen Funktionserweiterungen. Also das Gegenteil des Nokia-Prinzips. Wer gewonnen hat, ist bekannt.

Während Nokia die Kunden permanent unzufrieden hielt, um ihnen ständig neue zu verkaufen, hat Apple den Leuten das Geld aus der Tasche geholt, indem sie ihnen eins verkauft hat, mit dem sie dann jahrelang zufrieden waren.

Und diese Firlefanz-Taktik ist schwer aufrechtzuerhalten, denn technisch tut sich an der Kamerafront gerade relativ wenig. Das waren rasante 15 Jahre der Digitalisierung, aber zumindest das Grundprinzip ist erst mal auswentwickelt. Man muss den Leuten heute Pseudoinnovationen verkaufen, viele Kameras habenheute „Neuheiten”, die keiner braucht.

Ich hatte jetzt auch keine Lust, da in irgendwas zu investieren, was mir nicht behagt, zumal so kurz vor der Photokina. Ich würde gerne warten, bis so etwas wie die Sony 6300 mit GPS und für Nikon DX-Objektive haben. Das, was in der Fotoausrüstung Bestand hat, sind nämlich die Objektive. Und die will man nicht vorzeitig ersetzen.

Apropos Objektive: Man sagte ja mal, dass Nikon den größten Werterhalt hält, weil die im Gegensatz zu Canon und Minolta bei der Einführung von Autofokus-Objektiven in ihrem alten Bajonett festgehalten haben und sogar Objektive aus den 60er Jahren heute noch an den Profi-Nikons funktionieren. (Was übrigens relevanter ist, als man so glaubt. Ich liebe die preisgünstigen Fisheye-Objektive von Samyang, und die ersten davon waren bei Anschluss technisch auf dem Stand der alten mechanischen OBjektive.) Heute kam zur Fotokina Werbemail von Nikon. Zwei neue Objektive für den unteren Consumer-Bereich. Und obwohl die mechanisch-optisch eigentlich an alle Nikons passen müssten, sind sie nur mit den allerneuesten verwendbar, der Software wegen. So wird künstlich ein Markt erzwungen, das Gegenteil von dem, was Nikon bei Profis einst zur Nummer eins machte.

Man merkt sehr deutlich, dass da momentan nur wenig über echte Innovation geht, und vieles einfach nur noch Müll- und Schwindelmarkt ist.

Leider kann ich jetzt nicht bis zur Fotokina warten, ich brauche vorher eine einsatztaugliche Taschenkamera.

Was hab ich jetzt gemacht?

Eine Dummheit.

Ich hab mir die Winz-Kamera 1 Nikon J5 im Set mit dem neueren 10-100 bestellt. Gab’s im Angebot für 599,-. Also ungefähr je 300 für Kamera und Objektiv. Also wenig im Vergleich zu dem, was ich so besichtigt habe.

An sich weiß ich ja, dass ein so kleiner Sensor nicht viel bringen kann. Andererseits: Viel größer als bei Handys, und heute fotografiert fast jeder mit Handy, da meckert ja auch keiner.

Außerdem habe ich schon eine 1 AW1 (wasserdicht und outdoor-robust). Mit der bin ich zwar eigentlich nicht zufrieden, aber momentan meine einzige wasserdichte (von der GoPro abgesehen) und ich hatte von der schon ein zusätzliches Objektiv (30-110). Außerdem hab ich mir auf eBay noch für Kleingeld ein gebrauchtes 10-30 geschossen. Mit den Objektiven könnte ich auch die Wasserdichte im Notfall als Ersatzkamera verwenden, und muss dann nicht noch weitere mitschleppen.

Es gibt noch ein Weitwinkel-Zoom (6,7 bis 13), das in einem sehr guten Ruf steht und nach dem, was es an Beispielfotos gibt, schon gute Bilder macht, aber auch wieder mindestens 400 kostet, womit man dann auch schon wieder in der Größenordnung eines Tausenders wäre.

Andererseits ist der Gedanke, eine ganze Fotoausrüstung von Fischauge bis starkem Tele komplett in einer Hand halten zu können, schon lustig, und es erinnert mich sehr an die Pentax Auto 100, die ich als Jugendlicher mal ausprobieren durfte. Ein perverses Stück: Eine Spiegelreflexkamera mit allem was dazugehört, einer ganzen Sammlung von Objektiven im Koffer, Blitz, Winder, und das für die alten 110-er Filmkassetten, die in den Siebziger Jahren durch die Pocket-Kameras (Ritsch-Ratsch-Klick) so beliebt waren. Man hatte den kompletten Spiegelreflex-Spaß, aber eben in Puppengröße. Die Qualität war … naja, sehr mäßig.

Schaun mehr mal, ob das mit der jetzt besser ist. Zumindest bei Tageslicht und für das Blog müsste es reichen, nach dem, was ich bisher so gesehen habe.

Ich habe durchaus vor, mir noch irgendwann mal was in der Kategorie einer Sony 6000 oder 6300 zu kaufen. Aber erst dann, wenn es was gibt, was mir wirklich gefällt, mir den Neukauf der Objektive erspart und ein ordentlichens Objektivprogramm hat. Ich habe die Tage gelesen, dass es jetzt Adapter gibt, um Canon-Objektive mit Autofokus und allen anderen Funktionen an Sony-Kameras zu verwenden. Vielleicht denke ich mal drüber nach, wenn es so einen Adapter für Nikon-Objektive gibt, was aber möglicherweise wegen der unterschiedlichen Bajonett-Größen nicht möglich ist. Vielleicht schafft Nikon es ja doch noch, sowas wie die 6300 für Nikon DX rauszubringen.

Ich glaube, das größte Problem, dass die Fotoindustrie gerade hat, ist, ihre Produkt-Manager loszuwerden. Die produzieren nur Mist. Wir brauchen einen Übergang wie von Nokia zu Apple/Android, nämlich die Produktvielfalt durch ein ordentliches, weiter gepflegtes und nachrüstbares Produkt zu ersetzen.

Harren wir also der Dinge (und Bilder), die da kommen werden.