Identifikationszwang in Australien
Mehrere Leser schrieben mir …
dass das Verbot des Social Media Zugangs für unter 16-Jährige in Australiennur ein Vorwand sei, und es in Wirklichkeit darum gehe, jeden zu identifizieren, weil das natürlich voraussetze, dass man sich anmeldet und identifiziert. Und weil man das wohl nicht so offen sagen oder politisch nicht so direkt durchsetzen kann, versteckt man das hinter dem Vorwand einer Altersbeschränkung.
Was mich wieder einmal daran erinnert, dass es in Australien strukturell keine Grundrechte im formalen Sinne gibt.
Fragt sich, wie sie das dann umsetzen wollen. Es würde ja bedeuten, dass sie auch VPNs und Einloggen in anderen Ländern verbieten müssten.
Und was ist, wenn beispielsweise jemand aus Europa oder Asien zu Besuch in Australien ist? Müssen die sich dann plötzlich ausweisen und ihren Account umstellen? Was macht die 14-jährige Tochter? Darf die dann dort nicht mehr an ihren Account? Und das Recht welchen Landes gilt überhaupt, wenn der Provider in Deutschland sitzt?
Und was sind eigentlich „Social Media“? Was, wenn man seine eigene Mastodon-Instanz betreibt? Oder ein Blog? Darf man das dann auch nicht mehr? Oder wenn man das beruflich macht? Es gibt ja 14-Jährige, die damit Millionen verdienen. Würde mich interessieren, was da in dem Text steht, obwohl das ja als Gesetz noch gar nicht durch ist, sondern nur eine Hürde genommen hat.
Gar nicht so einfach, den Gesetzestext zu finden, weil es eine Unmenge von Pressemeldungen darüber gibt, die die Stichworte dazu erwähnen und – besonders übel: APNews – immer nur auf die eigenen Artikel verweisen, aber nie Quellen angeben.
Ich habe es aber – mit einigem Suchen – doch gefunden: Online Safety Amendment (Social Media Minimum Age) Bill 2024
Sonderlich schlau wird man daraus aber nicht, weil es kein eigenes Gesetz ist, sondern nur eine Änderung, ein Zusatz zu einem bestehenden Gesetz, und man das dann erst einmal lesen müsste. Anscheinend ist das der Online Safety Act 2021, mir leuchtet aber noch nicht ein, was der Satz
age-restricted social media platform has the meaning given by section 63C.
bedeutet, der da in den Definitionen eingefügt werden soll, denn in diesem Online Safety Act 2021 habe ich zwar einen Paragraph 63 gefunden, aber keinen 63C. – Ah, jetzt habe ich es verstanden. Section 63C gibt es noch nicht, die wird erst mit eben dieser Änderung eingefügt.
Und darin heißt es in Absatz 1:
(1) For the purposes of this Act, age-restricted social media platform means:
(a) an electronic service that satisfies the following conditions:
(i) the sole purpose, or a significant purpose, of the service is to enable online social interaction between 2 or more end-users;
(ii) the service allows end-users to link to, or interact with, some or all of the other end-users;
(iii) the service allows end-users to post material on the service;
(iv) such other conditions (if any) as are set out in the legislative rules; or
(b) an electronic service specified in the legislative rules; but does not include a service mentioned in subsection (6.
Note 1: Online social interaction does not include (for example) online business interaction.
Note 2: An age-restricted social media platform may be, but is not necessarily, a social media service under section 13.
Note 3: For specification by class, see subsection 13(3) of the Legislation Act202003.
Ha. social interaction between 2 or more end-users; Die verbieten damit E-Mail für unter 16-Jährige. Ich glaube nicht, dass die darüber nachgedacht haben. Typische Parlamentsentscheidung.
Den Brüller finde ich ja das: Online social interaction does not include (for example) online business interaction. Was soll das heißen? Das not include (for example) .. ja, was denn noch?
Ich müsste das nochmal detailliert lesen, aber im Prinzip verstehe ich das so, dass eine 14-Jährige beispielsweise keine E-Mail-Freundin in Europa haben dürfte – nur noch per Briefpost oder vielleicht mit Umweg über die Eltern und den Drucker.
Ich bin ja mal gespannt, wie lang das dauert, bis die das auch hier verlangen. Das wird besonders lustig, weil wir ja das Land mit Leuten geflutet haben, von denen wir das Alter nicht kennen.
Ich glaube, die Australier bauen sich da gerade ein Riesen-Problem. Zumal da noch nicht drin steht, wie die Altersverifikation verlaufen soll. Sie wollen den Providern ein Jahr Zeit einräumen, sich etwas einfallen zu lassen.
Im Prinzip darf man damit keine E-Mail mehr nach Australien schicken, weil man ja von hier aus nicht prüfen kann, wie alt der Empfänger ist.