Ansichten eines Informatikers

Von der Digitalisierung, dem Datenschutz und der Akteneinsicht bei Gericht

Hadmut
29.11.2023 15:29

Wahnsinn Deutschland.

Ich hatte Euch doch berichtet, dass und wie und warum mir die Deutsche Bank das Konto gekündigt und dabei gleich massig unerlaubt Daten an das Landeskriminalamt weitergegeben hat.

Der Hessische Landesdatenschutzbeauftragte sagt dazu gar nichts und meint nur, da wäre doch alles super, weil er ja gar nichts machen könnte, wenn ich denen nicht nachweisen könnte, dass sie in der Datenschutzauskunft etwas nicht angegeben haben, was sie erweislich wussten. (Was ich längst nachgewiesen habe, denn sie wussten ja, dass sie die Daten weitergegeben haben.)

Zur Datenverarbeitung und zu der Datenweitergabe an das LKA will der Landesdatenschutzbeauftragte partout nichts sagen. Als habe es das überhaupt nie gegeben, als hätte das gar nicht stattgefunden. Der will das komplett unter dem Teppich halten, und weil die Bank das alles so geschäftsmäßig machte, habe ich so den Verdacht, dass die Deutsche Bank und der Hessische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit da vielleicht so eine gemeinsame Leiche im Keller haben, und der Beauftragte das Prozedere vielleicht schon einmal freigegeben haben könnte, obwohl es datenschutzwidrig ist. Einige betroffene Leser/Spender hatten nämlich auch Beschwerde erhoben und Antworten bekommen, die nach meiner Einschätzung und Erfahrung schlicht und einfach falsch und nur darauf ausgelegt sind, die Leser abzuwimmeln.

Ich klage deshalb vor dem Verwaltungsgericht Wiesbaden gegen den Hessischen Datenschutzbeauftragten. Und habe da auch beantragt, dass das Gericht den Datenschutzbeauftragten Hessens doch nach § 86 Abs. 1 und 3 VwGO mal dazu motivieren möge, sich zur Sache zu äußern. Der ist da nämlich etwas schüchtern und will zur Sache nichts sagen.

Nun ist die Sache die, dass die da beim Gericht gerade alles digitalisieren.

Ich hatte dazu auch schon mal angefragt, zunächst eine unklare Antwort bekommen, inzwischen wurde das aber geklärt. Ich hatte nämlich mal angefragt, wieviele Ausfertigungen von Schriftsätzen sie haben möchten. Früher nämlich, in der analogen Zeit, reichte man drei Ausfertigungen ein, wenn die Gegenseite anwaltlich vertreten war – eine für das Gericht, eine für den Gegenanwalt, eine für die Gegenseite – und zwei, wenn die Gegenseite als Behörde nicht anwaltlich vertreten war.

Inzwischen ist das anders.

Inzwischen will man alles über das Anwaltspostfach haben, und ich habe reichlich Anwälte unter meinen Lesern, die über das Anwaltspostfach ziemlich schimpfen, vor allem darüber, dass sie als Anwälte das Ding benutzen müssen, während es den Gerichten frei stehe, wie sie was machen und nach Lust und Laune elektronisch oder Papier schicken. Die Anwälte fluchen.

Nun bin ich kein Anwalt, habe da auch keine Anwalt und deshalb auch kein elektronisches Anwaltspostfach. Muss ich ja auch nicht, in der ersten Instanz gibt es keine Anwaltspflicht.

Das nun ist aber digital nicht vorgesehen. Oder noch nicht. Oder doch, aber nicht so richtig.

Denn De-Mail ist ja grandios gescheitert, deshalb machen sie es gleich noch einmal, heißt dann irgendwie elektronisches Bürger- und Organisationenpostfach (eBO), ist zur Kommunikation mit der Justiz, und beruht auf dem Gesetz zum Ausbau des elektronischen Rechtsverkehrs mit den Gerichten und zur Änderung weiterer Vorschriften vom Oktober 2021 (BGBl. I S. 4607).

Ich habe mir das noch nicht angesehen, es gibt aber Anbieter, die dafür einen Haufen Geld wollen. Allerdings auch

Seit dem 12. Oktober 2023 können Bürgerinnen und Bürger für die Kommunikation mit der Justiz auch ein kostenfreies Postfach namens Mein Justizpostfach (MJP) im Pilotbetrieb nutzen. Das MJP steht als Browseranwendung unter https://mein-justizpostfach.bund.de/ externer Link, öffnet neues Browserfenster bereit. Im Rahmen der Pilotierung wird das MJP weiterentwickelt und um zusätzliche Funktionen ergänzt.

Für die Verwendung des MJP benötigen Sie zur Identifizierung ein BundID-Konto. Weitere Informationen sowie die Möglichkeit zur Einrichtung einer BundID finden Sie hier:

https://id.bund.de/de externer Link, öffnet neues Browserfenster

Was ist denn jetzt wieder ein BundID-Konto?

Das verheißt alles Komplikationen und Kosten noch und nöcher, nachher rennt man wieder von Hinz zu Kunz und über drei Behörden, wenn irgendwas nicht funktioniert.

Das Verwaltungsgericht Wiesbaden sieht die Sache deutlich pragmatischer. Die meinen, am liebsten wäre ihnen, wenn ich die Schreiben nur per Fax und gar nicht auf Papier schicke, dann hätten sie am wenigsten Arbeit und müssten nichts einscannen, weil die Faxe automatisch in die elektronische Akte laufen. Im Jahre 2023 sieht man das Fax als Fortschritt und Erleichterung.

Damit käme ich klar.

Aber, ach

Aber, ach. Ich würde ja so einen Artikel nicht schreiben, wenn die Sache nicht einen Haken hätte.

Der Landesdatenschutzbeauftragte nämlich hat in seiner Klageerwiderung – die mir vorliegt – nur wenig gesagt, und das wenige, was er sagt, ist kaum verständlich, weil er dabei immer wieder kommentararm oder kommentarlos auf die Akte verweist, die er dem Gericht vorgelegt hat.

Das muss er, nach § 99 VwGO.

Und wenn er das tut, dann darf ich da nach § 100 VwGO auch Akteneinsicht nehmen bzw. mir Kopien machen lassen. Das weiß ich und vergesse ich auch nicht, denn über §§ 99, 100 VwGO bin ich ja damals im Uni-Streit an die Promotionsprüfungsgutachten gekommen, die die Fakultät partout und rechtwidrig geheim halten und – Geheimdienstumfeld – als Geheimsache behandeln wollte, nur eben nicht wusste, dass sie als Universität und insbesondere in Prüfungsangelegenheiten das nicht kann, das – wenn überhaupt – das Ministerium gekonnt hätte, und man auch nur die Dissertation gegenüber der Öffentlichkeit, aber nicht die Prüfungsgutachten gegenüber dem Prüfling geheim halten kann. Die Uni musste die Gutachten also nach § 99 dem Gericht vorlegen, und was beim Gericht ist, kann ich nach § 100 einsehen. Weil im Verwaltungsgerichtsverfahren der Aufklärungsgrundsatz gilt, und man nicht, wie im Zivilprozess, die Freiheit hat, nur vorzulegen, was einem opportun erscheint. Das vergesse ich nicht mehr.

Da liegt also ein Stapel Akten mit der Korrespondenz zwischen der Deutschen Bank und dem Datenschutzbeauftragten bei Gericht, und ich will ihn haben und habe auch einen Rechtsanspruch darauf. Außerdem fordert es das rechtliche Gehör, weil ohne die Akten die Klageerwiderung unverständlich ist. (Ich vermute, dass sie das auch mit Akte sein wird, aber das sehen wir dann später.)

Und kommen wir zum Problem.

Ich hatte wohlweislich und in Vorahnung zu meinem Antrag auf Akteneinsicht durch Kopieübersendung reingeschrieben, dass mir das egal ist, ob sie mir das per E-Mail oder auf Papier schicken, und ich das der Vorliebe des Gerichts überlasse.

Weil aber keine Reaktion kam, habe ich nachgefragt.

Und nun habe ich erfahren, dass sie ein Problem haben.

  • Auf Papier können sie es mir nicht schicken, weil sie es selbst nicht auf Papier haben. Der Datenschutzbeauftragte hat das selbst elektronisch eingericht. Anscheinend – ich habe nicht nachgefragt – gibt es da keinen „Print“-Button, auf den man draufdrücken könnte, damit das Zeug aus dem Drucker fällt.
  • Per E-Mail scheint technisch kein Problem zu sein, das geht wohl, aber es ist ein juristisches Problem. Sie haben nämlich jetzt zunächst mal die Gegenseite, den Datenschutzbeauftragten, gefragt, ob der damit einverstanden ist, dass mir die Akte elektronisch auf schnödem Wege der E-Mail übersandt wird. Und der antworte bisher nicht. (Klar, der will die Sache möglichst verschleppen.)

Das heißt: Sie haben die Akte, und ich habe einen Rechtsanspruch auf Einsicht in die Akte und Kopie, den sie auch nicht in Frage stellen, aber sie wissen gerade nicht, wie sie das machen können und dürfen.

Jetzt muss ich mir dann wohl doch mal dieses eBO anschauen.

Und die Moral von der Geschicht’:

Dem Bankgeheimnis und Art. 9 DSGVO unterliegende Daten ohne Rechtsgrundlagen zu Hunderten durch die Gegend zu pumpen sieht man nicht als Problem an. Da gibt es dann nichts zu verbergen. Will der Bürger aber Akteneinsicht in seine eigenen Angelegenheiten, dann wird es sehr kompliziert.