Ansichten eines Informatikers

Zwei Stimmen zum Platzen der Grünen in Hessen

Hadmut
11.11.2023 16:45

Eine Aromanote.

Die WELT: Die Katastrophe für die Grünen ist perfekt

Die Entscheidung sei ihm „auch emotional“ immens schwergefallen, schließlich stehe man sich nach zehn Regierungsjahren sehr nah, sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU). „Leider hat es am Ende nicht gereicht.“ Die Freundschaftsversicherung klang allenfalls höflich, zumal CDU-Fraktionschefin Ines Claus großmütig anfügte, sie habe „großes Verständnis dafür, dass die Grünen einen grundlegenden Wandel in vielen Politikbereichen nun mal nicht mitgehen können“.

Den will die CDU jetzt also mit der SPD einleiten, und die dafür von Rhein formulierte Devise gibt den Grünen zwischen den Zeilen noch mal eines mit: Man werde eine Politik machen, die die Menschen nicht bevormunde, sondern beteilige, sie ent- statt belaste und auf Anreize setze statt auf Verbote. Bereits im Wahlkampf hatte sich die Union polemisch von grünen Positionen abgesetzt, plakatierte zum Beispiel: „Auto verbieten verboten!“

Gerächt haben dürfte sich für die Grünen auch, dass sie der CDU nach der Landtagswahl 2018 immens große Zugeständnisse abgerungen hatten, weil rein rechnerisch auch eine Ampel möglich gewesen wäre. In vier wichtigen Ministerien gebündelt hatten die Grünen nicht nur bei Wirtschaft, Verkehr, Landesplanung, Energie und Umweltschutz das Sagen, sondern auch bei Sozialem, Gesundheit, Wissenschaft sowie Landwirtschaft. Die Machtballung hatte seinerzeit zu Murren in Kreisen der CDU geführt.

FOCUS: Nur ein Grüner übt nach Hessen-Beben Selbstkritik und trifft den wunden Punkt

Es gibt aber auch nachdenklichere und selbstkritische Stimmen aus dem grünen Lager. Dazu gehört Danyal Bayaz, Finanzminister von Baden-Württemberg und Mitglied einer grün-schwarzen Regierung. Es sei „das legitime Recht eines Wahlsiegers, sich seinen Koalitionspartner selbst auszusuchen. Das ist Demokratie”. Und weiter: „Für meine Partei ist das bitter. Nach Berlin ist Hessen nun der nächste herbe Rückschlag. Wer jetzt aber einfach nur sagt, die SPD habe sich eben „billiger“ angeboten oder Boris Rhein wolle nur Merz stützen, der macht es sich aus meiner Sicht zu einfach. Wir Grüne müssen uns schon auch selbstkritisch fragen, warum uns einstige Koalitionspartner nicht mehr als moderne Kraft der Veränderung, sondern offenbar mehr als eine Art Belastung in schwierigen Zeiten wahrnehmen.“

Bayaz zielt damit auf eine klaffende Wunde der Grünen. Denn er spricht direkt die Aussagen von Ministerpräsident Rhein an, mit denen dieser den Partnerwechsel begründet hatte. „Die Menschen wollen nicht bevormundet werden, aber sie sind bereit für Veränderungen“, hatte Rhein gesagt. Und er wolle eine Wirtschaftspolitik, die auf „Anreize statt Verbote“ setzt. Es ist völlig klar, was gemeint war: Die Grünen sind offenbar nicht zu den aus seiner Sicht notwendigen Veränderungen bereit und setzten zu sehr auf Verbote statt auf Innovationen.

Das könnte daran liegen, dass sie eine Belastung in schwierigen Zeiten sind. Und darüber hinaus, dass sie für die schwierigen Zeiten auch ursächlich sind.

Erfahrungsgemäß finden sich hinter den Kulissen dann immer auch weit mehr und schwerwiegendere Gründe, als öffentlich dann genannt werden.

Es erweckt den Eindruck, als seien die Grünen in letzter Zeit bis zur völligen Unerträglichkeit übergeschnappt. Nach der letzten Merkel-Regierung waren CDU und SPD ja so zerstritten, dass sie nie wieder miteinander wollten. Und überzeugt waren, es auch nicht könnten.

Wie schlimm muss das dann mit den Grünen sein, wenn die CDU dann doch lieber wieder mit der SPD?

Dabei heißt es, die hessischen Grünen seien unter allen Grünen noch die erträglichsten.