Ansichten eines Informatikers

Zypern. Warum ausgerechnet Zypern?

Hadmut
24.11.2022 13:16

Eigentlich wollte ich es ja gar nicht erwähnen. Aber weil so viele Leute anfragen.

Ich hätte ja nicht gedacht, wieviele Leute sogar mein Impressum lesen. Und nachdem sich die Änderung inzwischen weitgehend rumgesprochen hat:

Ja. Ich hocke in … nein, auf Zypern. Ist ja eine große Insel, da sagt man „auf“.

Und die Anfragen kommen rein wie

Herzlichen Glückwunsch zur neuen Heimat lieber Hadmut,
jeder kann das verstehen und viele beneiden dich darum.
Gibt ‘s da “unten” noch Platz für weitere Auswanderer?
Welche Vorteile bietet gerade dieser Platz für Deutsche?
Vielleicht kannste mal ein paar Worte dazu sagen.

aber auch sowas wie

Wie zu DDR Zeiten – die kritischen Köpfe werden zum Schweigen gebracht oder verlassen das Land,

Ja, es fühlt sich tatsächlich wie Exil oder Ausbürgerung an. Auch nach Erleichterung.

Ich könnte zu alledem, der Motivation, den Gründen, über Zypern inzwischen ganz viele Blogartikel schreiben – und werde es auch tun, falls daran Interesse besteht und nicht „Oh Gott, jetzt nervt er auch noch mit dieser Insel…“, und einer der Gründe ist sogar, dass ich mir hier die Ruhe nehmen will, über eben diese Gründe ein Buch zu schreiben, weil ich inzwischen genug Haarsträubendes auf einem Haufen habe, was im Blog noch nie erwähnt wurde. Der Kampf gegen kritische Stimmen ist in Deutschland nicht nur in vollem Gange, sondern läuft hinter den Kulissen noch um einiges derber. Und die Justiz versinkt in Korruption und links-grünem Schergentum, weil man dort immer mehr unfähige Leute auf Posten hievt, nicht nur mit der Frauenquote, die dann imkompetent genug sind, einfach alles zu machen und zu tun, und abhängig genug vom Bestand dieser Regierung, es dann auch zu tun.

Bin ich jetzt weg aus Berlin?

Nein. Da wird auch keine Wohnung frei.

Ich bin zuerst Informatiker. Ich denke nicht wie normale Menschen (nur) in Fluchtreflexen, sondern in Redundanzen. So, wie ich über Jahre Firewalls und Server gebaut habe. In einer Bedrohungslage ist für mich die Redundanz, der Hot Standby, der schnelle Failover wichtiger als der Ortswechsel. Die Distanz und Redundanz ist wichtiger als der Ort. Es ging mir nicht darum, umzuziehen oder zu emigrieren, sondern einen zweiten Standort zu haben. Für einen Umzug wäre die Wohnung hier auch zu klein. Sie reicht, um es hier auszuhalten. Nicht, um meinen ganzen Kram hier unterzubringen und alles von hier aus machen zu können.

Warum Ausland?

Als ich im Frühjahr letzten Jahres aus der Firma ausgeschieden bin, und es aber noch ein Dutzend Jahre bis zur Rente habe, wenn ich überhaupt je eine bekomme, woran ich nicht mehr so glaube, fragte mich mein damaliger Ex-Chef, ob ich schon wüste, was ich jetzt mache.

Ich antwortete ihm: Ja, weiß ich. Gar nichts mehr außer zu bloggen und zu schreiben. Es können mich jetzt alle kreuzweise, gerne auch in Regenbogenfarben und mit Quote. Ich suche mir jetzt irgendwo eine Insel, wo ich Meer, Sonne und Internet habe, und mich mit einem Notebook und einem Sonnenhut ans Meer setzen kann.

Das habe ich getan.

Der Hauptgrund aber war, dass ich Deutschland für rapide unerträglich halte. Der Grund, warum ich in Zypern bin, ist nicht Zypern, sondern Deutschland.

Es mag Leute geben, die das so mögen, wie es da läuft, ich halte es für eine Katastrophe. Vor allem vertraue ich zu keinem Zeitpunkt t mehr darauf, dass Deutschland sechs Wochen später noch stabil und funktionsfähig ist (was wir eigentlich jetzt schon nicht mehr sind). Die aktuellen Strom- und Energiepreise kann man nur kurzzeitig aushalten, aber mal im Ernst: Wer glaubt, dass die wieder deutlich sinken werden?

Wer glaubt, dass das stabil bleiben kann, wenn man die Entwicklungen in Schweden, England, Frankreich sieht?

Ich war die Tage unterwegs und habe mich mit einem Zyprioten unterhalten, der sich erkundigt hatte, ob ich hier sesshaft sei, weil ich Dinge kaufte, die ein Tourist nicht kauft. Ich habe ihm erzählt, was meine Lage ist, und dass ich im Prinzip auf der Flucht vor Deutschland bin, das innerhalb nur weniger Jahre einen grotesken, steilen Absturz erlebt hat und sich zu einem Alptraum entwickelt hat, gesellschaftlich, politisch, faktisch unerträglich geworden ist, und sich durch vorsätzlichen Schwachsinn immer weiter verschlechtert. Und ich habe mich erkundigt, woher er kommt. Denn er sah aus wie ein Zypriote, redet auch inhaltlich wie ein Zypriote, aber sprach unüberhörbar und eindeutig das charakteristische Englisch einer bestimmten Gegend in England. Ja, sagte er, er stamme zwar aus einer zypriotischen Familie, aber er sei genau da in England aufgewachsen und habe dort bisher auch gelebt, aber in England finde genau derselbe Absturz statt, genauso steil, weshalb er auch die Notbremse gezogen hat und zurück nach Zypern gegangen ist.

Warum Zypern

(Ich beziehe mich nachfolgend ausschließlich auf Südzypern, also die Republik Zypern, die griechisch bevölkert ist und zur EU gehört. Zum türkisch besetzten Nordzypern kann ich bisher nur sehr wenig sagen, und das nur aus Erzählungen anderer, ich war gestern zum ersten mal für 2 Stunden zu Fuß in Nicosia in Nordzypern, um mir das mal anzuschauen, aber das gehört hier nicht hin, das schreibe ich mal separat. Alles Folgede als nur für die Republik Zypern, die zur EU gehört.)

Es gibt kein Warum. Es gibt keinen Katalog von Gründen. Es gibt keine Auswahl, bei der Zypern als Sieger hervorgeht. Vielleicht, wie in vielen Testberichten von Elektronikkram, als Preis-Leistungs-Sieger. Weil ich die Auswahl nicht so getroffen habe. Ich habe eigentlich gar keine Auswahl getroffen.

Kennt Ihr den Witz vom Männerkaufhaus? Bitte erst mal lesen und verstehen. Der ist hier wichtig. Ich habe nicht gehandelt wie Frauen im Männerkaufhaus, sondern wie Männer im Frauenkaufhaus. Ich habe nicht optimiert, sondern ich habe „Passt, reicht, nehm’ ich“-mäßig zugegriffen.

Oder denkt an das, was ich zur Corona-Impfung ausführlich beschrieben habe. Ein Leser hatte das mal zutreffen mit „Was richtig ist, weiß man erst hinterher, aber entscheiden muss man sich jetzt sofort“ zusammengefasst.

Es ist also nicht so, wie manche Leser jetzt von mir erwarten, dass ich eine flammende Rede halte, warum Zypern der tollste, schönste, beste Ort ist. Denn ich weiß nicht, ob er das ist, und finde ihn nicht mal sonderlich schön. Es gibt schöne Stellen, aber insgesamt finde ich Zypern eigentlich nicht schön, eher so basis-pragmatisch. Wenn ich Bilder aus Süditalien, Kroatien, Thailand sehe, dann ist es dort vieeeeel schöner. Aber da, wo es dort vieeeel schöner ist, ist es auch vieeel teurer. Und voller.

Die Sache ist die:

Als ich zu meinem Ex-Chef sagte, ich suche mir eine Insel, schönes Plätzchen irgendwo am Meer, wo ich so mit Hawaii-Hemd, Hut, kurzen Hosen und Notebook an der Strandpromenade mein restliches Dasein fristen kann, meinte ich das ernst. Aber nicht so schnell. Es war mir wichtig, aber nicht eilig. So wie Ian Fleming und James Bond auf Jamaica.

Und deshalb hatte ich vor, auf Tournee zu gehen und mir die Optionen alle mal anzuschauen, und hatte auf dem Zettel

  • Dubai
  • Thailand
  • Uruguay, Paraguay, Panama
  • Zypern
  • Griechenland/Kreta (ich hatte mich vor vielen Jahren schon mal bei der europäischen IT-Sicherheitsbehörde ENISA beworben, die auf Kreta sitzt, da hat mir aber wieder mal das Promotionsdesaster einen Strich durch die Rechnung gemacht, und ich war noch nie dort)
  • Süditalien, Malta
  • Mallorca/Ibiza/Balearen
  • Kanaren (war als Kind mal auf Teneriffa)
  • Madeira
  • (La Reunion, da war ich ja schon mal)

Wenn ich frei wählen könnte, Neuseeland oder Australien, aber da bin ich zu alt, um noch reinzukommen, und da fehlt mir das Geld, weil die Preise dort auch ziemlich derb geworden sind. Es gab zwar mal Rentnervisa, aber die sind wohl gerade ausgesetzt und dafür muss man ein paar Millionen investieren, damit sichergestellt ist, dass man von den Erträgen leben kann und denen nicht auf der Tasche liegt. Außerdem gibt es in Neuseeland das Problem eines fehlenden Sozialabkommens mit Deutschland, weshalb man seine ohnehin schon zu geringe deutsche Rente dort nur zum Teil bekommt und dann noch in Deutschland höher versteuern muss. Unser miserables Rentensystem macht generell alles außerhalb der EU zum Problem. Das ist Absicht, weil gewollt ist, dass Deutsche ihre Rente auch in Deutschland ausgeben. Nur Migranten sollen das Geld raustragen.

Südfrankreich und Spanien sind zwar sehr schön, habe ich aus politischen Gründen aber gleich von der Liste gestrichen. Und wohl auch gesellschaftlich am Ende.

Ich hatte mir also vorgenommen, meine neu erworbene und nie zuvor gehabte Freiheit, nicht mehr an 6 Wochen Jahresurlaub gebunden zu sein und Urlaub absprechen und beantragen zu müssen, zu nutzen, die nächsten vielleicht 5 Jahre in der Welt herumzureisen und das dann zu tun, wenn die Corona-Beschränkungen, die das Reisen beschwerlich machen, um mir anzuschauen, wo es mir am besten gefällt.

Also habe ich letztes Jahr mit Zypern angefangen, weil es innerhalb der Corona-Krise noch am leichtesten zu besuchen und gerade günstig war. Letztes Jahr war das hier auch noch sehr streng, da konnte man nur mit Impfnachweis einreisen, musste vorher eine Online-Anmeldung durchführen, die man nicht nur zur Einreise brauchte, sondern praktisch zum Betreten jedes Ladens, jedes Restaurants, jedes Hotels. Die Einheimischen haben dafür so kleine Karten im Scheckkartenfformat bekommen, aber das Ding für Touristen war A4 groß, und weil man es ständig brauchte, wäre es nach einem halben Tag zerfleddert gewesen, hätte ich es nicht in weiser Voraussicht in Deutschland vor dem Abflug noch durch die Laminiermaschine gezogen.

Und dachte so: Naja. Kann man mal kurz Urlaub machen und abhaken. Hatte mich da dann durchgängig nach Unterkünften umgesehen und einen ersten Eindruck bekommen.

Und weil ich dann im März nochmal los wollte, dachte ich mir, ist gerade günstig, weil außerhalb der Saison die Preise im Keller sind, guckste Dir nochmal die nächste Gegend an. Und war dort intensiv Wohnungen und Immobilien suchen. Hat mir aber auch alles nicht so zugesagt, bis ich dann in eine Gegend kam, die mir besser gefallen hat.

Außerdem bin ich bei diesem März-Besuch in ein Kältephänomen gelaufen. Denn eigentlich heißt es hier, dass selbst im Winter die Temperaturen tagsüber so zwischen 15 und 20 Grad blieben. Außerdem hatte ich so eine Billigpauschalreise gebucht, konnte nur 15 kg Gepäck mitnehmen, hatte Übergewicht und dann vor dem Abflug noch Pullover und lange Hose ausgepackt, weil ich dachte, die brauche ich sowieso nicht.

Und dann war es da saukalt. Nachts ging es auf 3° runter. Sie sagten, sie hätten sowas auch noch nicht erlebt, und das müsse wohl an mir liegen, weil sie alle sagten, sie hätten bis vor meiner Ankunft noch 20° gehabt (und hatten die auch wieder, nachdem ich wieder weg war), aber da war es kalt. Da liefen die Leute mit den dicken Daunen- (oder sieht so aus als ob)-Mänteln auf der Straße rum, und ich in kurzen Hosen und Poloshirt, weil ich nicht mehr dabei hatte. Ging gerade so, war aber nicht angenehm, ich habe mir dann Klamotten nachgekauft. Und habe dann eine Gegend gefunden, in der es trotz dieser Kaltfront angenehm war, mir sogar einen leichten Sonnenbrand geholt hatte, weil ich wegen der Kälte die Sonnencreme im Hotel gelassen hatte. Weil da der maritime Einfluss mäßigender wirkt.

Meine Einschätzung war deshalb, nee, nicht so doll. Es gibt zwar eine Reihe rationaler Vorteile, etwa

  • Es sprechen zwar nicht alle und viele nicht gut Englisch, aber weil es mal eine englische Kolonie war, kommt man mit Englisch hier durch und bekommt auch viele Texte auf Englisch, und selbst vom Griechisch verstehe ich so ab und zu mal ein Wort mit meinem Altgriechisch aus der Schule. Sie wunderten sich, warum der komische Deutsche im Supermarkt steht und lacht. Weil ich auf einem Mandelküchlein die Aufschrift Amygdalopasta entdeckt, verstanden und gerade irgendwas zur Amygdala im Hirn (=Mandelkern) gebloggt hatte. Ich habe hier ständige solche Augenblicke, in denen ich irgendwas mit Altgriechisch verstehe, obwohl sie sich ausschütten vor Lachen, wenn ich erzähle, dass ich Altgriechisch in der Schule hatte. Ich habe es aber schon geschafft, sie sehr zu verblüffen.

    Man kommt aber mit Englisch gut durch. Viele der Engländer, die hier leben, haben deshalb nie Griechisch gelernt.

    Im Gegenteil scheint zumindest bei der Jugend eher Englisch in Mode zu kommen.

  • Es ist EU.

  • Den meisten Teil des Jahres hat man hier keine Heizkosten. Damals im März im Hotel (kältere Gegend) habe ich zwar zuheizen müssen, aber hier bisher nicht, und selbst das Warmwasser bekomme ich den meisten Teil des Jahres fast gratis, weil auf den Dächern der Häuser Wassertanks installiert sind, in denen das Wasser durch ein schwarz lackierten Sonnenkollektor erhitzt wird, und man nur den Strom der Wasserpumpe und das Wasser zahlt. Die Leute sagen, dass sie nur etwa in den kältesten zwei Monaten den zur Reserve installierten Heißwasserboiler zuschalten müssten.

    Zypern hängt auch nicht am europäischen Gasnetz.

    Das verspricht alles, etwas robuster in Bezug auf Energiekrisen zu sein.

  • Auch sonst ist Energie hier etwas günstiger. Benzin kostet gerade 1,54 Euro.
  • Steuerlich ist es günstiger. Es gibt keine Grundsteuer (allerdings eine Kommunalabgabe, die eine ähnliche Funktion erfüllt, keine Grunderwerbssteuer (allerdings beim Verkauf eine Steuer auf den Gewinn, die aber in bestimmten Fällen, etwa beim Verkauf in Zusammenhang mit Todesfällen, entfällt), keine Erbschaftssteuer, und falls man hierherzieht, sogar einmal im Leben einen weitgehenden Erlass auf die Mehrwertsteuer bei Neuimmmobilien. Es könnte also sinnvoll sein, Kindern oder anderen Verwandten Verögen nicht durch die absurden Steuern in Deutschland zu hinterlassen, sondern als Immobilie auf Zypern, die sie dann steuerfrei erben und bei Bedarf dann auch sofort steuerfrei verkaufen können (ohne Gewähr, alles erst nachprüfen)
  • Häuser und Wohnungen sind hier einiges einfacher gebaut, und folglich auch billiger. Hier kann man sich sowas noch leisten, auch wenn es nicht als Spekulationsobjekt taugt, weil sie Platz und eine umtriebige Bauwirtschaft haben, die Nachfrage das Angebot deshalb immer nur kurzfristig übersteigen kann. Vor ein paar Jahren gab es wohl eine Immobilienkrise, wo man die Häuser billig bekam, und da habe ich auch einiges verpasst, weil ich damals noch nicht so dran gedacht habe. Inzwischen hat sich der Markt verknappt, weil die Leute aufgrund der Krise kaum umziehen und alle halten, aber viele einen sicheren Hafen suchen, gerade auch Russen, von denen es viele gibt, und deshalb im Moment die Nachfrage das Angebot übersteigt. Sie bauen, aber leiden natürlich auch gerade unter den angestiegenen Materialpreisen.
  • Zypern ist klein. Die haben gerade mal etwas mehr als eine Million eigene Einwohner, ganz Zypern ist also etwa ein Drittel von Berlin, wenn man die vielen Ausländer hier nicht mitrechnet. Die haben hier gar nicht die Kapazität, all den behördlichen und politischen Blödsinn wie in Deutschland zu treiben. Es gibt zwar auch hier einiges an Bürokratie, aber insgesamt ist das alles sehr viel kompakter, pragmatischer, effizienter.

    Die reiben sich hier nur verdutzt die Augen, wenn ich erzähle, wie lange das in Deutschland dauert, sich anzumelden oder ein Auto zuzulassen.

    Die Makler waren sehr irritiert, als ich beim Besichtigen von Wohnungen fragte, ob da auch ein Internetanschluss verfügbar wäre. Sie antworteten immer, verständnislos, dass alle Wohnungen in Zypern Internet hätten. Und guckten ungläubig, wenn ich erzählte, dass das in Deutschland nicht so sei, dass der Wert einer Wohnung in Deutschland stark davon abhängt, wie gut da die Internet- und Mobilfunkabdeckung ist.

    Zwar heißt das auf Zypern, dass man in abgelegenen Gegenden das Internet per Funkmodem bekommt, aber das funktioniert gut. Ich habe hier selbst (noch) so eines. In den nächsten Tagen bekomme ich hoffentlich den Glasfaseranschluss. Bandbreiten hoch bis GB.

  • Bei der Gepäckkontrolle am Flughafen in Berlin haben sie blöd geguckt, weil ich einen Bluray-Player im Gepäck hatte. Den habe ich hier in Zypern nicht bekommen. In den Läden sagten sie, ja, früher hätten sie die im Angebot gehabt, aber die seien doch veraltet, kauft doch keiner mehr. Wird doch heute alles aus der Mediathek gestreamt. (Aber halt griechisch.) Vieles ist hier einfach weiter voran als in Deutschland. Obwohl nicht alles. Mülltrennung und Recyling sind hinterher.
  • Die Kriminalitätsrate ist hier viel, viel niedriger als in Deutschland. Bedrohungslage Null. Irgendwo glaube ich gelesen zu haben, sie hätten die niedrigste Kriminalitätsrate weltweit.

    Man wird nicht blöd angemacht. Nicht angerempelt (nur im Straßenverkehr angehupt), es wird hier praktisch nicht geklaut. Außer ein paar einzelnen Graffiti keinerlei Spuren von Vandalismus. Alles unglaublich friedlich, entspannt, konfliktfrei.

    Stress machen die hier auch nicht.

    Eins ist sicher: Der Herzinfarkt wurde gewiss nicht auf Zypern erfunden.

  • Alles realitätsnah, bodenständig, handwerklich orientiert. Es gibt hier viel weniger Akademiker, Geisteswissenschaftler, Besserwisser. Die Leute sind Klempner, Schreiner und sowas, und damit viel vernünftiger und realitätsbezogener.
  • Es gibt hier zwar auch Gegenden, in denen der Dreck rumliegt, und die Leute ihren Müll aus dem Autofenster werfen, gerade die Straßen zu den Flughäfen sehen wüst aus. Und in Baugruben sammelt sich auch der Müll.

    Aber generell sind die Innenstädte hier viel, viel sauberer als in Deutschland, es liegt praktisch kein Müll rum, kaum oder gar keine Zigarettenkippen und sowas. Dass hier einer wie in Berlin einfach auf die Straße kacken würde, völlig undenkbar. Ich habe noch keine schmutzige Parkbank gesehen, man kann sich überall bedenkenlos hinsetzen. Nichts kaputt, nichts beschmiert, nichts dreckig.

  • Die Leute sind so friedlich und umgänglich. Man wird nicht blöd angemacht, bekommt eigentlich mit niemandem Krach.

    Einzige Ausnahme war eine durchgeknallte Russin, die ihren Rotzbengel von Sohn nicht unter Kontrolle hatte, und der bei einem Straßenumzug trotz zweier Hinweise der Polizei ständig in die Straße und den Musikanten vor die Füße und den Autos vor die Räder lief, und mich ständig anrempelte. Als ich dann was sagte, wurde die stinksauer und rannte mir – mit den Kindern an den Händen – noch hinterher um mich zu beschimpfen und mir vorzuhalten, dass ich gefälligst russische Frauen nicht anzusprechen und auf die andere Straßenseite zu gehe hätte, wen sie kämen. Die Frage, woher ich, selbst wenn ich mich ihren Anweisungen unterwerfen würde, hätte wissen sollen, dass sie Russin ist, habe ich mir erspart. Ich habe es sogar auf Video, aber dann doch davon abgesehen, das auf Youtube zu packen, weil das nur zu Ärger führt.

    Allgemein heißt es aber, die Russen gäben hier Ruhe. Es haben mal welche am Strand für Putin demonstriert, aber da war die öffentliche Meinung, dass man mal die einstellige Zahl in Vergleich zu den vielleicht 50.000 Russen setzen sollte, die hier leben, um zu wissen, wie die Begeisterung für Putin ausfalle.

  • Weil hier nichts groß ist, und ganz Zypern relativ klein (was die Bevölkerung angeht), gibt es hier einfach nicht viel. Man kann sich in vier, fünf Wochen einen Überblück über das Land, die Städte, die Lebensweise, die Einkaufsquellen verschaffen, einleben und im Sattel sitzen. Das geht flott.

Es hat hier gerade 22°C, die Sonne scheint (heute morgen um 6 bin ich aufgewacht, weil es fürchterlich geregnet hat, was gut ist, weil das Wasser ja irgendwo her kommen muss, habe mich rumgedreht, weitergeschlafen, und als ich dann von selbst wach wurde, war wieder Sonnenschein). Nein, sie scheinte. Während des Schreibens hier zog Bewölkung drüber, aber gerade kommt die Sonne wieder raus. Die Entfernung zwischen Haustür und dem Pool beträgt, grob geschätzt, ich habe es nicht gemessen, etwa 13 Meter. Vor einer Woche habe ich noch ein paar Runden im Pool gedreht, das war aber nicht mehr so doll, weil die tiefstehende Sonne es bei den kurzen Tagen nicht mehr schafft, den Pool angenehm warm zu machen, weil es zu dieser Jahreszeit nachts etwas frisch wird. Tagsüber habe ich alle fenster und Balkontüren offen, habe eine frische Meeresbrise, und habe gerade beim Schreiben dieser Zeilen Blick auf das Meer. Genauer gesagt, sehe ich das Meer von hier aus unter einem Blickwinkel von ziemlich genau 90°. Was jetzt etwas Angeberei ist, denn viel gibt es da eigentlich nicht zu sehen. Es ist einfach flach, sehr flach, sonst nichts. Aber jeder Abend sieht anders aus, weil das Wetter über dem Meer immer anders ist. Ich laufe hier in T-Shirt und kurzen Hosen rum. Meistens. Es gibt auch Zeiten, in denen es selbst hier kalt wird, aber es ist angenehm. Im Sommer war es in Berlin mitunter heißer als hier.

Es ist energiesparender. Und damit sogar klimafreundlicher, wenn man sich dieser Kategorie anschließt.

Warum also dann Zypern?

Ich hab keine konkreten Gründe für Zypern. Nichts, wo ich sagen würde, da muss man hin, oder da ist es so schön.

Es gibt auf Zypern keine Sehenswürdigkeit, die man gesehen haben müsste, es gibt wenige Veranstaltungen, die Strände sind auch nicht betörend schön, im Meer ist wohl auch nicht so viel los, weshalb man für Taucher extra Schiffe als künstliche Riffe versenkt. Man muss nicht auf Zypern gewesen sein. Vieles ist stinklangweilig, manches schäbig.

ich hatte aber so um März/April herum das dringende Gefühl, dass es jetzt pressiert, dass die Lage in Deutschland rapide anbrennt und mir die Zeit wegläuft. Ich jetzt nicht mehr die Zeit habe, noch lange zu suchen und zu vergleichen.

Nicht, dass ich Deutschland jetzt sofort vor dem Zusammenbruch gesehen hätte, aber vielleicht vor einer Situation, in der viele dann auswandern und man dann nichts mehr bekommt, weil alle weg wollen. Zu viele Leser haben mir geschrieben, dass sie entweder selbst weg oder auf dem Sprung sind, oder gefragt, warum sich so verrückt wäre, in Berlin/Deutschland zu bleiben.

Dazu kam der Ukraine-Krieg.

Ein Makler sagte mir, aus Maklersicht gebe es nur zwei Arten von Russen. Die, die kommen und kaufen, und die die gehen und verkaufen.

Es gäbe die, die nach der Perestroika 1990 Geld im Ausland angelegt und sich Immobilien gekauft haben, und die nun zu Geld machen, um Geld in Euro zu haben, weil sie den Rubel nicht mehr konvertieren können.

Und es gibt die, die machen, dass sie aus Russland weggkommen, und Wohnungen im Ausland suchen. Die haben zwar Probleme, weil hier auch schon Käufe geplatzt sind, weil die russischen Käufer das Geld zwar hatten, solvent waren, aber nur in Rubel, und den dann nicht mehr konvertieren konnten.

Engländer ziehen hier zwar weg, weil das Reisen für sie beschwerlicher wurde, seit England nicht mehr in der EU ist, sie alles verzollen müssen, und das Pfund gegenüber dem Euro immer schwächer wird, aber im Zuge der Energiekrise könnte es zu einem Run aus den EU-Ländern nach Süden geben, und im Zuge des Ukraine-Krieges zu einer Migration von Russen und Ukrainern.

Das war für mich der ausschlaggebende Punkt zu sagen „jetzt oder nie“. Nicht zu warten, bis ich schlau bin, weil es dann wohl zu spät ist. Ich dann weiß, was ich hätte wählen sollen.

Wie bei der Corona-Impfung: Schlauer ist man hinterher, aber entscheiden muss man sich sofort.

Oder wie in dem Witz vom Männer- und Frauenkaufhaus. Ich konnte (und wollte) mich nicht wie die Frauen im Männerkaufhaus immer weiter optimieren, bis man gar nichts mehr hat, wie die Frauen, die nur den superreichen Märchenprinzen haben wollen, und dann mit Mitte 30 ganz ohne dastehen. Sondern wie die Männer im Frauenhaus in der zweiten Etage. Passt, reicht, nehme ich.

Weil die Anforderung nach meiner Spezifikation eben nicht war, ins schönste Paradies umzuziehen, sondern schnellstmöglich erträgliche und finanzierbare Redundanz zu erreichen.

Deshalb ist die Situation ähnlich wie nach der Covid-19-Impfung:

Ich kann Euch keine Empfehlung abgeben. Nicht sagen, was für Euch richtig ist.

Ich kann nicht einmal loben oder empfehlen, was ich selbst getan habe.

Ich kann nur sagen, dass ich mich – erneut – in einer Situation sah, in der ich weiß, dass es zu spät ist, wenn ich mich erst dann entscheide, wenn ich alles weiß, was dazu erforderlich ist. Ich musste eine Management-Entscheidung treffen. Es funktioniert auch nicht, den Lottoschein erst auszufüllen, wenn man weiß, welche Zahlen gezogen werden.

Ich hatte das Gefühl, dass Berlin oder Deutschland zeitnah einstürzen könnten und es auch wohl werden, und es dann, wenn alle suchen, keine Chance mehr gibt.

Ich hatte das sehr dringende Gefühl, dass man von Deutschland runter muss wie von einem sinkenden Schiff. Ab ins Rettungsboot. Ob nun wie Titanic, oder wie Deutschland 1933. Und dass sie, kaum war ich hier, in Berlin die Keller aufgebrochen haben, auch meinen (weiß noch gar nicht, ob was fehlt, wurde von den Nachbarn informiert), hat mich in meiner Einschätzung bestätigt.

Natürlich werden viele sagen „wie kann man nur…“. Aber eine bessere Idee hatte auch keiner. Nur die Fragen wie „Wo kann man noch hin“ oder „Komm nach Südamerika“, was sich aber aus verschiedenen Gründen sehr problematisch darstellt.

Wenn Interesse besteht (aber nur dann) kann und werde ich in der nächsten Zeit darüber bloggen und berichten. Und irgendwann natürlich auch Fotos und/oder Videos zeigen, aber das wird noch dauern, denn erst mal bin ich mit Einrichten und so weiter beschäftigt und habe noch ein paar Fristsachen.