Ansichten eines Informatikers

Die Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf vom 9. November 2022

Hadmut
10.11.2022 8:53

Also von gestern.

Leserzuschrift:

Es gibt Dinge, die sind so unfaßlich, daß man sie sich nicht ausdenken kann. Gestern, am 9. November 2022 hatten wir eine reguläre Sitzung der Bezirksverordnetenversammlung Steglitz-Zehlendorf.

Am Wochenende zuvor war im Tagesspiegel ein Artikel erschienen war, in dem von einem offenen Brief des Personalrats an die Bezirks-Bürgermeisterin berichtet wurde. In dem Brief, den man nur als Brandbrief bezeichnen kann, beklagte die Beschäftigtenvertretung den maroden Zustand des Rathauses Zehlendorf:

  • in den Teeküchem muß man 20 Minuten lang eine trübe braune Brühe ablaufen lassen, bevor brauchbares Wasser aus dem Hahn kommt;
  • der Zustand der Sanitäranlagen ist ekelhaft;
  • neulich ist die Heizung 3 Tage ausgefallen;
  • von fünf Aufzügen funktioniert einer – gelegentlich, auch nur deswegen, weil ein baugleiches Gerät ausgeschlachtet wird; dieser einzige sporadisch funktionierende Fahrstuhl fährt ohne Betriebsgenehmigung vom TÜV;
  • in den Räumen kommt die Deckenverkleidung wegen Wasserschäden herunter;
  • in zwei von fünf Bauteilen wurde Asbest festgestellt.

Das ist der Arbeitsplatz für 500 Menschen. Bewerber, die das Gebäude sehen, sagen ab, Mitarbeiter versuchen sich wegzubewerben.

Also gab es drei Dringliche Große Anfragen von AfD, FDP und Linken zum Zustand des Rathauses. (Dringlich heißt: nach regulärem Redaktionsschluß für die Tagesordnung noch eingebracht.)

Auf der gestrigen Sitzung war das Arbeiten schwierig, weil die auch in die Jahre gekommene Lautsprecheranlage einen nervigen Dauerton produzierte, es dauernd Rückkopplungen gab und stimmschwache oder undeutlich sprechende Redner kaum zu verstehen waren. Nach den üblichen Präliminarien (Einwohneranfragen, Abstimmungen ohne Aussprache) wurde die Sitzung zunächst für eine Pause unterbrochen. Als nächstes hätte die Debatte zum Zustand des Rathauses auf der Tagesordnung gestanden. Nach der Pause beantragte die SPD den Abbruch der Sitzung. Begründung: wegen des Zustandes der Tonanlage. (Vermutlich hatten sie eher Sorge, daß die Debatte für sie zu peinlich werden könnte.) Mit Zustimmung der Ampel-Rathausmehrheit (Grüne, SPD, FDP) wurde die Sitzung dann vorzeitig beendet. Die Debatte über das Rathaus fand nicht statt. Pikant: die FDP blockierte damit die Debatte ihrer eigene Anfrage zu dem Thema.

Fazit: der marode Zustand des Rathauses Zehlendorf verhindert eine Debatte über den maroden Zustand des Rathauses Zehlendorf.

Das ist der Failed State Berlin 2022.

Hauptsache, wir beschäftigen und mit Fahrradwegen, Klima- und Gendergedöns und Straßenumbenennungen.

Man sollte vielleicht erwähnen, dass diese Beschreibung, wenn ich die Zuschrift richtig verstanden habe, von der AfD kam. Die anderen Parteien regen sich zwar über die Tonanlage auf und nehmen sie als Grund, die Sitzung abzubrechen und nicht über die Zustände diskutieren zu müssen, aber nach außen scheinen die nichts zu erwähnen.

Vielleicht sollte man dort einfach den Migrantenanteil erhöhen und sich als Wohnheim ausgeben, dann könnte es eine Chance auf neue Wasserleitungen geben.

Andererseits: Wer oder was ist schon Zehlendorf?

Und wenn es zu peinlich wird, dann finden sie irgendeinen Nazigrund, ist bestimmt irgendwie rassistisch oder kolonialistisch, um Zehlendorf einfach umzubenennen, und schon ist alles vergessen.