Ansichten eines Informatikers

Opium-Kriege: Die Rache der Chinesen?

Hadmut
6.11.2022 0:19

Leser fragen – Danisch weiß es auch nicht.

Ein Leser fragt an:

Hi Hadmut,

In-der-Dusche Gedanke neulich, nach dem ich das Vancouver Video bei dir gesehen hatte:

Kann es sein, dass China im Moment eine großangelegte Rache für die Opium Kriege gegen die Angelsachen führt?

Nur so ein Gedanke, weil… ist ja verblüffend die Ähnlichkeit zwischen SF und VC

Grüße

Weiß ich nicht.

Mal überlegen. Opium-Kriege, das war doch was, schauen wir in die allwissende Müllhalde, ach, es gab gar zwei.

Der Erste Opiumkrieg war ein bewaffneter Konflikt zwischen Großbritannien und dem Kaiserreich China der Qing-Dynastie, der vom 4. September 1839 bis zum 29. August 1842 ausgetragen wurde. Die britische Seite nahm die Beschlagnahmung des Opiums britischer Händler zum Anlass, den Krieg zu beginnen. Das Motiv dahinter war die Erhaltung des illegalen Opiumhandels, der für den Ausgleich des britischen Handelsdefizits mit China sorgte. Die Briten konnten das chinesische Kaiserreich in einer mehrjährigen Militärexpedition durch die Eroberung und Blockade strategisch gelegener Küstenstädte schließlich zu den ungleichen Verträgen von Nanjing und Humen zwingen. Die Konzessionen dieser Verträge entzogen China die Souveränität über den eigenen Außenhandel und öffneten die chinesischen Märkte für die Briten und andere Europäer. Ebenso musste der chinesische Staat Reparationen für die britischen Kriegskosten und das vernichtete Opium leisten.

Ach. Das hatte ich irgendwie anders in Erinnerung, so ganz anders. War da nicht was damit, dass man die Chinesen alle opiumabhängig gemacht hat und die dann in den berüchtigten Opium-Höhlen von Shanghai und Singapur rumlagen, wo sie dann – daher der Name – im Rausch „shanghait“ wurden und als Arbeitssklave auf irgendeinem Schiff wieder aufwachten, von dem sie nicht mehr runterkamen?

Nee, auch dazu die Müllhalde:

Schanghaien bezeichnet in der Seemannssprache das gewaltsame Rekrutieren von Seeleuten für Kriegs- und Handelsschiffe. Diese Art der Freiheitsberaubung, auch Pressen genannt, wurde zeitweise auch für die Heeresergänzung angewandt.

Das Pressen von Matrosen war besonders im 18. und 19. Jahrhundert und vorzugsweise in europäischen (britischen) sowie nordamerikanischen Hafenstädten verbreitet. Berüchtigte Häfen in den USA waren insbesondere Portland (Oregon), in England London. Auch in Hamburg wurde schanghait, wie Knigge es in seiner Geschichte Peter Clausens[1] darstellt.

Um Matrosen zu schanghaien, durchkämmten Presskommandos (auch Pressgangs genannt) bzw. bewaffnete Schiffsbesatzungen die Hafenviertel, dort vor allem Kneipen und Bordelle. Anwesende Seeleute wurden unter Einsatz von List, Alkohol oder Gewalt entführt und zum Dienst auf Kriegs-, häufig auch Handelsschiffen gezwungen. Gelegentlich konnten sich Pressopfer rückwirkend freiwillig melden; einen Anreiz bildete das üblicherweise gezahlte Werbegeld, das ihnen dann ausgehändigt wurde.

Die britische Royal Navy verwendete Zwangsrekrutierung spätestens ab dem Elisabethanischen Zeitalter, seit 1563 war dies gesetzlich legitimiert.[2] Ab 1597 konnten durch den Vagabonds Act (39 Eliz. c. 4) umherziehende Matrosen, Bettler, Wahrsager und andere fahrende Leute zum „lebenslangen Dienst in den Galeeren dieses Reichs“ gezwungen werden.[3] Besonders ab Beginn des 18. Jahrhunderts wurden genauere Regeln für das Pressen aufgestellt, so 1740 auf britische Bürger zwischen 18 und 55 Jahren beschränkt. In der Praxis wurden diese Beschränkungen jedoch oft ignoriert.[2] Auch zivile Schiffe wurden von der Royal Navy regelmäßig genutzt, um die eigene Besatzung zu “ergänzen”, indem benötigte Matrosen schlicht von einem beliebigen Handelsschiff zwangsrekrutiert wurden, was obendrein noch den Vorteil hatte, dass man so gezielt qualifizierte Männer pressen konnte.

1747 kam es in der britischen Kolonie Boston zu Unruhen, nachdem Admiral Charles Knowles 46 Personen hatte zwangsrekrutieren lassen wollen.[4] Auch nach der amerikanischen Unabhängigkeit wurden weiterhin Amerikaner in die Royal Navy gepresst, da Großbritannien alle als Briten geborenen US-Amerikaner weiterhin als seine Staatsbürger betrachtete. Im Zuge der Koalitionskriege wurden so rund 9000 Amerikaner in die britische Flotte zwangsrekrutiert. Diese Vorgangsweise war ein Grund für den Ausbruch des Britisch-Amerikanischen Kriegs (1812–1815). Nach Ende dieser Kriege verschwand die Praxis weitgehend, auch wenn die juristische Grundlage weiterhin bestand.

Komisch. Ich war mir sicher, als Kind gelesen zu haben, dass das nach Shanghai benannt ist, weil es da üblich war, die Leute aus den Opium-Höhlen zu holen und auf Schiffe zu bringen, die ablegten, bevor die wieder aufwachten.

Und was war mit dem Zweiten?

Der Zweite Opiumkrieg oder Arrow-Krieg Großbritanniens und Frankreichs gegen das Kaiserreich China währte von 1856 bis 1860. Die europäischen Mächte versuchten hierbei, das von der Taiping-Rebellion geschwächte Kaiserreich durch die Demonstration militärischer Macht zu erneuten vertraglichen Zugeständnissen im Außenhandel zu zwingen. Die Kämpfe endeten nach Versuchen der chinesischen Regierung, die Ratifizierung zu verhindern, 1860 nach dem Einmarsch der verbündeten Truppen in Peking mit der Ratifizierung des Vertrag von Tianjin, der China weiter für europäische Wirtschaftsinteressen öffnete. Beim Einmarsch in die chinesische Hauptstadt zerstörten die Europäer den Kaiserlichen Sommerpalast.

Hintergrund

Nach dem Ersten Opiumkrieg hatte Großbritannien Zugang zu mehreren Handelshäfen erhalten. Die Exporte nach China stagnierten jedoch nach dem Krieg und waren 1849 geringer als 1843 im ersten Nachkriegsjahr. Die britische Regierung machte für die mangelnden Exporte die Qing-Regierung verantwortlich und versuchte, den durch militärische Gewalt erzwungenen Vertrag von Nanjing erneut durch die Anwendung militärischer Gewalt zu revidieren. Ziel war die Legalisierung des Opiumhandels und eine Erschließung des chinesischen Hinterlands jenseits der Vertragshäfen für britische Exportinteressen.[1]

Anlass

Am 8. Oktober 1856 gingen chinesische Beamte an Bord der Lorcha Arrow, eines chinesischen Schiffs, das in Hongkong registriert war und unter britischer Flagge fuhr. Gegen dieses Schiff bestand Verdacht auf Piraterie, Schmuggel und illegalen Opiumhandel. Chinesische Kaufleute ließen häufig solche Schiffe mit chinesischer Besatzung unter einem britischen „Marionettenkapitän“ fahren, um den eigenen Fiskus zu betrügen. Seit dem Ersten Opiumkrieg hatten chinesische Beamte kein Recht, britische Schiffe zu kontrollieren. Zwölf von 14 chinesischen Besatzungsmitgliedern wurden verhaftet, gefangen genommen und auch auf Verlangen Großbritanniens nicht freigelassen. Daraufhin erklärten die Briten China den Krieg.[2]

Demnach würde ich sagen, eher nicht, denn warum sollten die Chinesen an den Kanadiern und Amerikanern Rache für die Opiumkriege nehmen, wenn das doch die Briten waren und die Amerikaner mit den Briten selbst Zwist hatten?

Eigentlich hätte ich ja gesagt, weil ich das mit den Opium-Kriegen falsch in Erinnerung hatte, denn mir war so, das hatte ich irgendwo mal gelernt, dass die Opium-Kriege Handelskriege waren, bei denen man die Opium-Sucht gegen China eingesetzt hatte. Dann hätte das mit der Rache nämlich auch gepasst. Ist der Leser womöglich demselben Fehler erlegen?

Schauen wir nochmal, was es mit dem Opium-Höhlen auf sich gehabt haben soll:

Aufgrund des Fernhandels mit Portugal und Holland verbreitete sich der Tabakgenuss ausgehend von Formosa (Taiwan) auf die südlichen Festlandprovinzen Chinas. Auch das 1644, durch den letzten Ming-Kaiser ausgesprochene Verbot – jeder, der mit den „Barbaren“ Tabakhandel betrieb, wurde mit Enthauptung bedroht – konnte den Tabakgenuss nicht eindämmen. Zu Beginn des 17. Jahrhunderts brachten die Holländer die Sitte des Opiumrauchens nach Formosa. Da der Tabakgenuss verboten war und diese Droge hoch besteuert wurde, gingen die tabaksüchtigen chinesischen Untertanen dazu über, den Tabak mit Opium zu strecken und zu rauchen. Schließlich wurde das Opium, in der fermentierten Form des Chandu, pur geraucht. Es entstanden überall Opiumdivane, in denen man das Opium kaufen und genießen konnte. Wohlhabende Chinesen verfügten über einen eigenen Rauchsalon in ihrem Anwesen, in dem man mit Geschäftsfreunden gemeinsam Opium rauchte. Ärmere Chinesen besuchten spartanisch ausgestattete Opiumhöhlen. Diese Entwicklung wurde mit Misstrauen seitens des chinesischen Herrscherhauses betrachtet, da das Rauchen zu diesem Zeitpunkt noch nicht akkulturiert war und Berichte über Rauschexzesse und Todesfälle befürchten ließen, dass diese Konsumform einen unguten Einfluss auf die allgemeinen Sitten ausüben könnte.[3]

Beunruhigt über die weite Verbreitung des Opiumrauchens im ganzen Land, erließ der chinesische Kaiser Yongzheng 1729 ein Antiopiumedikt, das den Ankauf von Opium und das Betreiben von Opiumdivanen unter schwere Strafe stellte. Trotz zahlreicher weiterer kaiserlicher Antiopiumedikte in den folgenden Jahrzehnten konnte die Ausbreitung des Opiumkonsums in der chinesischen Gesellschaft nicht verhindert werden. Insbesondere in China wurde das Opium nicht nur zur Entspannung, sondern auch aufgrund seiner Appetit dämpfenden Wirkung geraucht, da es zu dieser Zeit in China periodisch zu Hungerkatastrophen kam. Um 1830 wurde die Gesamtzahl der Opiumsüchtigen in China bereits auf zwei Millionen Menschen geschätzt, daher ging der chinesische Kaiser Daoguang 1839 mit drastischen Maßnahmen gegen den illegalen Opiumhandel der britischen East India Company vor. Nach Chinas Niederlagen im Ersten (1839–1842) und Zweiten Opiumkrieg (1856–1860) wurde der Opiumhandel in China legalisiert. Die Zahl der Opiumsüchtigen stieg in der Folgezeit an, von 13 Millionen 1906 auf 40 Millionen 1945. Erst nach der 1949 erfolgten Machtübernahme durch Mao Zedong sank die Zahl der Opiumraucher in China rapide und stetig ab.[4]

Das hatte ich einfach anders in Erinnerung. Und ich wüsste gerne, warum eigentlich. Denn anscheinend geht es ja nicht nur mir so, dem Leser wohl auch. Denn zu der Variante, die ich so in Erinnerung hatte, hätte das mit der Rache durchaus gepasst.

Es ist aber interessant, dass Mao die Drogensucht bekämpft hat, während unsere grünen Maoisten sich für sie einsetzen.

Wenn ich aber so drüber nachdenke, könnte das durchaus die Vorlage für einen Krieg gegen Amerika sein, wenn man weiß, wozu die Opiumsucht führt. Es muss ja nicht in Form der Rache passieren, es kann ja auch einfach so ein Angriff sein.