Ansichten eines Informatikers

Die eingelötete-4GB-RAM-Seuche

Hadmut
31.10.2022 18:17

Ich habe mich vorhin im Supermarkt geärgert.

Ich war nur ein paar Lebensmittel holen, aber man guckt ja auch mal gern in die Elektronikvitrine, was sie so haben. Ich habe da schon recht günstig Rechner abgestaubt, wenn die lange liegen, keiner sie haben will, und die dann deutlich runtergesetzt zum Rausschmeißpreis angeboten werden, weil die Platz für neue brauchen. Es hat sich für allerlei Fälle von unvorhergesehenen Situationen und Notfälle stets bewährt, einen Reserverechner auf Lager zu haben, und dafür tun es auch billige Rechner mit Plastikgehäuse und Sparprozessor (Atom, Celeron,..), und dafür natürlich billig. Neulich brauchte ich für eine bestimmte Software einen Rechner mit einer CPU mit einer bestimmten Erweiterung zur Hardware-Virtualisierung, aber Schockschwerenot, keiner meiner Rechner hatte eine CPU mit dieser Erweiterung – bis auf eben jenen Reserverrechner, den ich da vor zwei Jahren mal billigst gekauft und bisher nur zum gelegentlichen Akku-Laden aus der Packung genommen hatte. Ausgerechnet der hatte das. Ließ sich sogar aufschrauben und mit RAM und SSD aufmöbeln. Problem gelöst für verhältnismäßig wenig Geld. Und sieht sogar noch vornehm aus.

Und wenn ich Lebensmittel kaufe, gehe ich an dieser Vitrine vorbei. Immer mal gucken.

Sie haben einen Restposten, zwar billig, aber schlecht. Vor allem: Nur 4GB RAM. Und das ist heute ein Problem, denn früher hatten Rechner eine Klappe, die macht man auf, und tauschte die RAM-Riegel. Da war man noch früh darüber, wenn Rechner wenig Speicher hatten, weil man dann weniger für Speicher zahlte, den man eh austauscht. Heute ist bei vielen Billig-Rechnern der RAM aber fest eingelötet, aus verschiedenen Gründen, und nicht mehr aufzurüsten. Zumindest sieht man es der Pappschachtel von außen nicht an, ob man den Inhalt aufrüsten kann.

Was soll dieser Scheiß, heute so viele Rechner mit 4GB RAM auf den Markt zu werfen, der nicht aufrüstbar ist?

4GB RAM sind doch eine Katastrophe. Schon seit Jahren ist bei mir 16GB RAM persönlicher Mindeststandard zum arbeiten, für’s Mobile habe ich noch einige Rechner mit nur 8GB RAM, aber das wird schon knapp. Selbst auf dem Rechner mit den 16 GB RAM, an dem ich blogge, geht der Browser schon merklich in die Knie, wenn zu viele Tabs offen sind und der Rechner anfängt zu swappen. Zumal man ja heute auch gerne mal im Hintergrund virtuellen Kram laufen lässt, um seine persönlichen Cloud auf dem Recher zu haben, kostet halt alles Speicher. Und Speicher kostet nicht mehr so viel. Bei zwei neueren Rechnern habe ich inzwischen je 64GB RAM eingebaut, damit die ein paar Jahre halten und noch virtuelle Serverdienste anbieten können.

Neulich hatte ich ja schon geschimpft, dass es ein Chrome-Book, das mich interessiert hätte, nur mit 4GB RAM gibt, während sie die Windows-Version mit 8GB RAM anbieten. Inzwischen habe ich gesehen, dass sie auch eine Nachfolgeversion für Chrome mit 8GB RAM angekündigt haben – für Mai 2023.

Wie ich also so nach Hause gehe und mich darüber ärgere, dass die den Markt mit solchem Mist fluten, fällt mir ein, dass ich vor einiger Zeit schon mal ein Gespräch mit einem Vertreter eines Herstellers geführt habe, wie sie inzwischen in den Elektronikmärkten neben den eigenen Verkäufern rumstehen. Der wollte mir so ein Ding andrehen, und ich habe ihm gesagt, wo er sich Rechner mit 4GB RAM reindrehen kann. Vor 10 Jahren hätte ich bessere Rechner derselben Marke bekommen. Deckel auf, aufrüsten, fertig.

Und dann hatte der mir etwas Interessantes gesagt:

Sie würden natürlich Markt- und Konsumstudien machen und das nicht einfach so entscheiden.

Die Kundschaft des unteren Preissegmentes sei heute aber so doof und inkompetent, dass die den Unterschied, ob das Ding 4 oder 8 GB RAM hat, gar nicht merken. Und auch nicht verstehen, was das heiße. Die allermeisten Rechner des Niedrigpreissegmentes werden heute nur noch benutzt, um Youtube oder Pornos zu gucken. Und das würden sie genauestens prüfen, dafür würden 4GB RAM völlig ausreichen. Also sagen ihr Marketing und ihr Produktmanagement, dass es Blödsinn wäre, mehr einzubauen, es sei wichtiger, dass das Ding billig ist und gerade so Videos flüssig anzeigen kann. Nur die SSD darf nicht zu klein sein, damit die Musikvideos, Raubkopien und Pornos draufpassen.

Deshalb wird das untere Preissegment mit Rechnern mit 4GB RAM geflutet.