Ansichten eines Informatikers

Dummenmangel: Staatspleite zieht Pensionsfonds in den Abgrund

Hadmut
8.10.2022 11:22

Gestern hatte ich erst geschrieben, was für absurde Vorstellungen von Staatsfinanzenz die Grünen haben.

Schon ist ein Beispiel für das Problem da.

Das Manager-Magazin beschrieb in zwei Artikeln vom 28.9. und 29.9, also vor etwas mehr als einer Woche, dass England (noch) gerade so einem Finanzcrash entkommen ist: Britisches Pfund – Bank of England interveniert mit Notkäufen und Der Beinahe-Kollaps der britischen Finanzwelt – “Ich dachte, dies ist der Anfang vom Ende”

Genau das, was ich beschrieben hatte: Der Staat verschuldet sich ohne Beachtung dessen, dass und wie er es zurückzahlen muss, und redet vom „Finanzmarkt“, wo das Geld aus der Steckdose käme, während in Wirklichkeit die Pensionskassen der Bürger – also die Bürger selbst – der Kreditgeber sind und damit in den Abgrund gerissen werden.

Das Pfund abgestürzt, die Zinsen in die Höhe geschossen – die Pläne der neuen britischen Regierung senden Schockwellen durch die Wirtschaft. Nun erreicht die Krise eine neue Eskalationsstufe. Die Notenbank sieht ein “erhebliches Risiko für die britische Finanzstabilität” – und handelt.

Wie kam es?

Naja, das Prinzip der Modern Money Theorie und der Wundersamen Geldbeschaffung nach Art der Linken funktioniert eben nicht so, dass der Staat nach Belieben Geld aufnehmen kann (England wird zwar seit 2010 konservativ regiert, aber da geht es ja immer um längerfristige Angelegenheiten, und wenn man da einmal in dieser Verschuldungsspirale drin ist, kommt man da nicht mehr raus):

Die Bank of England hat Notfallmaßnahmen ergriffen, um die britische Wirtschaft vor einer weiteren Verschärfung ihrer Krise zu bewahren. Mit Blick auf den Absturz des britischen Pfundes, nachdem die neue Regierung ihre Verschuldungspläne vorgestellt hatte, teilte die Notenbank am Mittwoch mit, es gebe ein “erhebliches Risiko für die britische Finanzstabilität”, wenn diese Situation andauere oder sich weiter verschärfe. Daher will die Bank ab sofort Staatspapiere mit langer Laufzeit erwerben – ohne Obergrenze. Dadurch soll sich der Markt stabilisieren.

[…]

Zuvor war am Mittwoch die Rendite 30-jähriger britischer Staatsanleihen zum ersten Mal seit 2002 auf über 5 Prozent hochgeschossen. Nach der Ankündigung der Notenbank griffen Anleger bei britischen Staatsanleihen verstärkt zu. Die Rendite 30-jähriger Papiere sank daher zeitweise um 0,2 Prozentpunkte. Die Rendite der besonders zinssensiblen zweijährigen britischen Anleihen GB2YT=RR ging auf 4,278 von zuvor 4,550 Prozent zurück.

Ähnliche Maßnahmen seien in der Vergangenheit während der Finanzkrise oder der Corona-Pandemie ergriffen werden – aber noch nie, “um die Auswirkungen der Haushaltspläne der eigenen Regierung zu begrenzen”, sagte der deutsch-britische Ökonom Andrew Lee, der an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Karlsruhe lehrt, im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. “Das ist völlig beispiellos.”

Das heißt, dass es eben nicht mehr funktionierte, einfach nach Belieben Geld aufzunehmen und zu glauben, da passiere ja nichts. Und die Notenbank will nun unbegrenzt Staatspapiere aufkaufen, was sich so schön anhört, aber nichts anderes bedeutet, als dass sie die Druckerpresse anwerfen und einfach Geld drucken – unbegrenzt. Das kann aber auch nur vorrübergehend helfen, denn das Pfund kann sich ja gar nicht stabilisieren, wenn man einfach immer mehr davon nachdruckt und auf den Markt wirft. Stabilisieren kann das höchstens kurzfristig, weil akute Geldnot und Zahlungsunfähigkeit abgewendet wird, aber mittel- und langfristig ist das tödlich.

Als Ursache benennt man hier allerdings gerade eine eher konservative Politik, nämlich die Ankündigung, die Steuern zu senken, ohne aber zu wissen, wo das Geld dann herkommt, bei gleichzeitiger Staatsverschuldung. Anderer meinen aber, dass die Senkungen viel zu gering seien, um solche Auswirkungen zu haben, und das nur Ausrede ist. Tatsächlich fürchteten die Finanzmärkte, dass die konservative Regierung sich nicht halten werde und wieder ein Labour-Politiker die Regierung anführen werde.

Am nächsten Tag kam dann auch der Ergebnisbericht:

Am Mittwoch verhinderte die britische Notenbank mit einer spektakulären Notoperation offenbar einen Finanzkollaps in der City – vorerst jedenfalls. Mehrere Pensionsfonds standen kurz vor dem Zusammenbruch. Eine Rekonstruktion.

Das ist genau die Krux, nämlich die Verflechtung von Staatsschulden und Pensionsfonds.

Offenbar war im Laufe des Tages das gesamte Rentensystem der Insel ins Wanken geraten, mehrere Pensionsfonds standen vor dem akuten Zusammenbruch. “Ich dachte, dies ist der Anfang vom Ende”, zitierte die “Financial Times” einen erfahrenen Londoner Banker. Es habe nach einem dramatischen Kursverfall am Mittwochmorgen schlicht keine Käufer für britische Staatsanleihen mit langer Laufzeit mehr gegeben. “Es war nicht ganz ein Lehman-Moment. Aber es war nahe dran.”

Das ist das Problem. Wenn man nicht ordentlich wirtschaftet und immer mehr Schulden macht, die Währung entwertet, dann leiht einem keiner mehr Geld. Es ist eben nicht so, dass man finanziell rumsauen kann, wie man will und wie es diese Modern Money Theory behauptet, sondern irgendwann gibt einem keiner mehr Geld.

Oder anders gesagt: Irgendwann bricht jedes Schneeballsystem zusammen, nämlich dann, wenn man keine neuen Dummen mehr findet. Und das ist den Engländern gerade passiert. Und als Ersatzdumme musste ihre eigene Notenbank einspringen, sie sich also selbst Geld drucken.

Der Markt für britische Staatsanleihen wird dominiert von großen Pensionsfonds, die vor allem als Käufer der langfristigen Papiere (“gilts”) auftreten. Die Turbulenzen trafen sie nun offenbar unvorbereitet. Langfristig sind niedrigere Kurse und höhere Renditen bei Anleihen gut für die Pensionsfonds. Denn sie helfen ihnen, die notwendigen Erträge für die Rentner zu erzielen. Mit Absicherungsstrategien versuchen sie, sich vor Inflations- und Zinsrisiken zu schützen. In normalen Zeiten, wenn die Gilt-Renditen – also die Zinssätze, die auf Staatsanleihen gezahlt werden – steigen, müssen die Fonds unter Umständen einige ihrer Vermögenswerte verkaufen, um alles im Gleichgewicht zu halten. Behutsam und in geordneten Bahnen. Doch angesichts der jüngsten Rendite-Rallye bei Staatsanleihen drohten die Hedging-Strategien komplett zu versagen – und verschärften die Lage nur noch.

Bei kurzfristig rasant steigenden Risikoaufschlägen wie in den vergangenen Tagen müssen abgesicherte Positionen mit zusätzlichen Sicherheiten unterlegt werden. Das zwang britische Pensionsfonds am Mittwoch offensichtlich dazu, Vermögenswerte hastig zu verkaufen, um liquide zu bleiben und um ihre Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dabei mussten sie sich auch von weiteren Anleihen trennen, was die Abwärtsspirale noch beschleunigte, wie die “Financial Times” und Bloomberg in einer Reihe von Artikeln analysieren. Es drohte plöztlich die Implosion des Systems.

Auslöser – vielleicht nicht alleinige Ursache, aber Auslöser – sei gewesen, dass die neue Regierung unter Liz Truss Maßnahmen angekündigt habe, um die Inflation zu bekämpfen. Man wollte die Steuern senken und gleichzeitig die Staatsausgaben erhöhen, indem man die Verschuldung erhöht. Also, abgesehen von der Steuersenkung, trotz der konservativen Regierung ein linker Ansatz. Und dann schwätzte Schatzmeister Kwasi Kwarteng auch noch blöd daher:

Auf Nachfrage schob Karteng nach, die Reaktion an den Finanzmärkten sei ihm herzlich egal: Der Markt möge reagieren, wie er wolle.

Und das machte der Markt dann. Die Käufer gingen, der Markt stürzte ab.

Die Risiken gingen hoch, damit zwar die Renditen, aber auch die Probleme für die Pensionsfonds, weil die hohe Risiken mit zusätzlichen Sicherheiten absichern müssen, die sie nicht hatten. Es hätte sie fast gecrasht.

Es zeigt aber sehr schön (naja, eigentlich war es das Gegenteil von schön, aber sehr anschaulich), dass das Prinzip der Modern Money Theory, oder allgemeiner gesagt, dieser ständigen Neuverschuldung zur Finanzierung immer höherer Staatsausgaben, wie es hierzulande auch SPD und Grüne favorisieren, schlicht nicht funktioniert. Weil es nicht funktionieren kann, und die Realität im Einklang damit steht, dass es nicht funktionieren kann.

Und genau das ist die Wand, gegen die wir auch fahren. Mit mehr Anlauf, mehr Masse. Mehr Crash.

Es drängt sich die Frage auf, ob die Werbung der Politik für private Rentenvorsorge, die es seit 10, 20 Jahren intensiv gibt, ein verkapptes Programm zur Geldbeschaffung für den Staat, so eine Art Steuererhöhung auf dem Umweg über das Privatrecht – wieder mal der Verfassungsbruch über die Flucht in das Privatrecht – ist, nämlich den Leuten sagt, dass sie in Rentenversicherungen einzahlen sollen, die dann Staatsanleihen kaufen, das Geld also dem Staat übergeben. Gegen das Versprechen, dass der Staat später das Geld zurück und eine gewisse Rendite dafür zahlen werde, wir in der Realität aber Negativzinsen hatten. Der Staat also nicht einmal das zurückzahlte, was er bekommen hatte.

Wir haben hier nicht nur schon die höchsten Steuern der Welt.

Realistischerweise müssten wir auch noch die mit draufrechnen, die wir als Umweg über das Privatrecht zahlen, nämlich die fehlenden oder sogar negativen Renditen.

Und wieder mal wird „umverteilt“, nämlich das erarbeitete Geld von denen, die arbeiten, an die, die nicht arbeiten.