Ansichten eines Informatikers

Freie Universität Berlin – Korfu 22

Hadmut
6.10.2022 15:15

Eigentlich sollte man die Hochschulen in Niedergänge umbenennen.

Als ich noch an der Uni war, genauer gesagt, an die Uni kam, gab es noch die sogenannte „O-Phase“. Die Orientierungsphase.

Ich weiß nicht mehr genau, ob die ein oder zwei Wochen vor Beginn der Vorlesungen stattfand, aber man lud alle neuen Studenten in einen Hörsaal ein, begrüßte sie und teilte sie in Gruppen ein, damit ihnen die „alten Hasen“ zeigen, was wie wo geht, wie man lebt und lernt, und so weiter.

Als ich selbst frisch an die Uni kam, war das noch recht informativ, lediglich politische Flugblätter wurden intensiv verteilt, eine Lesbengruppe stellte sich vor und die Schwule Uni-Gruppe (Abkürzung SchwUnG) lud zum wöchentlichen „Tuntentunken mit SchwUnG“ im Fächerbad ein, das war es dann aber auch schon mit den Absonderlichkeiten.

Mir hat das damals so gut gefallen, dass ich über mein ganzes Studium hinweg mit einem oder zwei Kumpels jedes Jahr selbst mitgemacht und eine O-Phasen-Gruppe angeboten und auch sonst bei der Organisation mitgemacht habe. Rätsel erstellt. Beim Kochen geholfen. Und sowas.

Das waren dann so Sachen wie ein Rundgang über die Uni, den Leuten zeigen, wo was ist, und wie man was beantragt, was man braucht und so weiter, weil es sowas wie Google Maps, Handys oder Webseiten damals ja noch nicht gab. Damals musste man den Hörsaal noch so richtig suchen. Und dann einfach wissen, wo der war. Und wo die Kneipen sind, wo man günstig was zu Essen bekommt, studentische Lebenstricks, Copyshops, wie man Übungsblätter löst und so ein Kram halt.

Mit der Zeit war bei den Karlsruher Informatikern noch ein ursprünglich einmaliger Gag zum jährlich wiederkehrenden Ereignis geworden: Statt die Leute freundlich zu begrüßen, gab ein älterer Student so einen Kotzbrocken-Professor, der im Feldwebel-Ton knallharte Phantasiestudienpläne runterratterte und absurde Anforderungen (als Insider-Gag: Teils echte Beth-Zitate) stellte, und den Leuten immer mehr Anforderungen und Aufgaben stellte, unverständliches Mathe-Zeug faselte, und so weiter, man konnte da immer sehen, wie die neuen Studies innerhalb von Minuten kreidebleich wurden und ihnen das blanke Entsetzen und die Panik ins Gesicht geschrieben waren. So nach 8 bis 10 Minuten kamen dann welche im weißen Kittel auf die Bühne und holten den als dann offensichtlich irre und mit der Zwangsjacke ab, um ihn zurück in die Klapse zu bringen, und dann kamen die lustigen Typen mit „Sorry, der ist uns wieder entlaufen, so läuft es natürlich nicht…“. Da konnte man dann immer einen ganzen gestopften Hörsaal voller Anfänger sehen, die mit den Nerven fertig waren und denen ganze Berge darüber vom Herzen fielen, dass das nicht echt war, und wir ihnen sagten, entspannt Euch, das kommt zwar wirklich so ähnlich, aber es macht Spaß. Aufatmen.

Nun könnte man meinen, dass diese Orientierungsphasen heute nicht mehr so wichtig sind, weil man die allermeisten Informationen über eben Google Maps, Webseiten, Foren, Handy abwickeln kann. 80 bis 90% dessen, was wir damals an wichtigen Informationen rübergebracht haben, könnte man heute sehr praktikabel auf Webseiten und in Foren darstellen, wenn man das ordentlich macht. Oder mit Youtube-Videos. Gut, das Soziale, die vielen Witze und so weiter, das natürlich nicht.

Nun schaut Euch mal an, was die da an der Freien Universität Berlin abziehen. Sie nennen es „KORFU 2022“ – Kritische Orientierungswochen an der FU Berlin. Schon der Name ist Kommunismus.

Nur noch kommunistisches Gaga.

Bei uns ging das noch um das Studium selbst, und der ganze politische Mist war auf ein gewisses Maß begrenzt und beschränkt. Die durften sich mal vorstellen und Zettel in der Mensa verteilen, hatten sich ansonsten aus dem Uni-Betrieb aber rauszuhalten.

Was mir nicht klar ist: Ist das deren O-Phase, oder haben die auch noch eine in normal? Schaue ich auf diese Webseite, dann scheinen die nicht wahnsinnig viel zu haben. Die Domain korfu-berlin.org ist zwar keine FU-Domain und im Whois anonymisiert, im Impressum nur eine Privatperson genannt, deren Stellung zur FU nicht erkennbar ist, aber es gibt einen Bezug auf den AStA.

Wie rechtfertigen die eigentlich noch das „Hoch“ in Hochschule?