Ansichten eines Informatikers

Haftbefehl wegen Beleidigung

Hadmut
17.8.2022 18:12

und anderem.

Ein Leser schreibt mir gerade, zur Causa Oliver Janich habe der SPIEGEL ein paar dünne Informationen:

Der Verschwörungsideologe Oliver Janich ist am Mittwoch auf den Philippinen verhaftet worden. Nach SPIEGEL-Informationen ermitteln die philippinischen Behörden wegen des Verdachts einer Straftat gegen Janich. Außerdem liegt parallel seit dem 22. April ein deutscher Haftbefehl wegen öffentlicher Aufforderung zu Straftaten und Beleidigung gegen ihn vor.

Die Staatsanwaltschaft München bestätigte, dass sie gegen Janich Ermittlungen führt. »Es besteht der Tatverdacht, dass der Beschuldigte im Jahr 2020 bzw. 2021 – jeweils öffentlich über Telegram – eine andere Person beleidigte, dazu aufrief, die Exekution einer prominenten Person durchzuführen und die Tötung damaliger Regierungsmitglieder von Bund und Ländern in der Bundesrepublik Deutschland forderte«, teilte die Behörde dem SPIEGEL mit.

Mmmh.

Wäre mir nicht bekannt, dass irgendeine deutsche Staatsanwaltschaft ähnlich gegen die linke oder islamische Szene vorginge. Mir wäre nicht bekannt, dass deren Kommunikation überhaupt überwacht werde. Und mich würde dann schon mal interessieren, was da konkret geäußert wurde.

Oliver Janich ist in der Pandemie als einer der radikalsten deutschen Verschwörungsideologen aufgefallen. Auf seinem Telegram-Kanal mit rund 150.000 Anhängern schwadronierte er Ende 2021 etwa davon, es sei geboten, »sämtliche Regierungsmitglieder im Bund und in den Ländern standrechtlich zu erschießen«. Janich war schon vor mehreren Jahren auf die Philippinen ausgewandert und baute dort auf der Insel Tablas mit Gleichgesinnten eine Art Aussteigerprojekt auf.

Das ist natürlich sehr übel. Wirft aber die rein formaljuristische Frage auf, ob die Forderung, jemanden standrechtlich zu erschießen, gleichbedeutend damit ist, jemanden widerrechtlich zu erschießen. Denn Standrecht gibt es, und das ist zwar mehr so ein Krisending für den Fall, dass ordentliche Gerichtsverfahren nicht mehr durchführbar sind. Aber damit zumindest formal jetzt auch nicht völlig rechtsfern. Das dürfte ein interessanter Fall werden, da sollte man dann genau verfolgen, was daraus juristisch (gemacht) wird. Das mag sich jetzt etwas an den Haaren herbeigezogen anhören. Bedenkt man aber, dass in jüngster Zeit Straftäter schon aus der Untersuchungshaft entlassen werden mussten oder sogar Straftaten verjährten, weil die Justiz nicht mehr zu Potte kommt, ist es zumindest auch nicht mehr völlig und ohne jede Grundlage aus der Luft gegriffen, zumal sich ja immer öfter abzeichnet, dass Staatsanwaltschaften und Gerichte politisch und regierungstreu sind.

Was auch immer da abläuft, es sieht danach aus, als sei es durchaus erkenntnisrelevant und deshalb zu beobachten und zu verfolgen.

Seit 2017 verbreitete Janich auch immer wieder Elemente der aus den USA stammenden QAnon-Verschwörung. Deren Anhängerinnen und Anhänger wittern hinter allem den »Deep State« und behaupten, die Eliten folterten heimlich Kinder, um aus ihrem Blut das Lebenselixier Adrenochrom zu gewinnen. Janichs YouTube-Kanal wurde im Herbst 2020 gelöscht, auf der Messenger-Plattform Telegram kann er jedoch weiter ungestört Inhalte verbreiten.

Ist es eine Straftat, das zu behaupten?

Mal abgesehen von der Frage, ob daran etwas stimmt: Es ist in Deutschland zumindest nicht grundsätzlich verboten, frei erfundene Behauptungen zu verbreiten. Harry Potter ist auch frei erfunden.

Es gibt Leute, die behaupten allen Ernstes, Männer hätten sich seit dem Mittelalter verschworen, um das Sklavengeschlecht „Frau“ zu erfinden und einen Teil der Menschheit durch Geschlechtszuweisung nach der Geburt in Verderb und Untergang zu knechten. Und denen gibt man dafür Professuren, Richterposten und Regierungsstellen. Schlimmer als Gender Studies sind QAnon auch nicht. Und dass Politiker Kinder missbrauchen – war da nicht was mit Jeffrey Epstein und seiner Bumsinsel? Marc Dutroux? Komischerweise hieß es dann bei #MeToo, das müsse alles stimmen, das müsse man ungeprüft glauben. Wieder mal die doppelten Maßstäbe.

In einem Livestream sprachen am Mittwoch mehrere Unterstützer und Vertraute von Janich über die Festnahme. Dabei sprachen sie davon, dass die Vorwürfe gegen ihn in Zusammenhang mit seinem Privatleben stehen könnten, erklärten jedoch, dass alle Anschuldigungen unbegründet seien.

Der aus München stammende Janich wird schon länger durch den bayerischen Verfassungsschutz beobachtet. Gegenüber dem SPIEGEL bezeichnete die Behörde ihn im vergangenen Jahr als »bekanntesten Vertreter der Verschwörungstheorie QAnon im deutschsprachigen Raum«. Mithilfe seiner großen Reichweite verbreite Janich »rechtsextremistische Inhalte und schürt ein generelles Misstrauen seiner Anhänger gegenüber dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen System in Deutschland«.

Nun, was das Privatleben angeht, ist das von außen eigentlich gar nicht zu beurteilen, da wird man dann einfach abwarten müssen, worauf das hinausläuft.

Problematisch finde ich aber diesen Satz:

Mithilfe seiner großen Reichweite verbreite Janich »rechtsextremistische Inhalte und schürt ein generelles Misstrauen seiner Anhänger gegenüber dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen System in Deutschland«.

Misstrauen gegenüber dem gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und politischen System zu schüren ist meines Wissens nicht nur nicht strafbar, sondern fällt unter den Kern der Meinungsfreiheit, ist geradezu dessen sinn- und substanzgebender Inhalt. Berücksichtigt man, dass die Bundesinnenministerin Faeser und der Verfassungsschutz neulich die als neue Feindgruppe auserkoren haben, die den Staat „Delegitimieren“ wollen, was sich anhört wie Stasi-Sprech direkt von Mielke, und bedenkt man weiterhin, dass München politisch von SPD und Grünen gerade missbraucht wird, wie man kürzlich an der Causa Laura Sophie Dornheim und ihrer Wahl zur IT-Referentin sehen konnte, dann besteht nur wenig Hoffnung, dass die Staatsanwaltschaft München weniger korrupt und missbräuchlich besetzt wurde als das IT-Referat.

Wenn ich dann noch dazunehme, dass ich vor zwei Jahren gegenüber dem Landtag in Sachsen schon auf finanzielle Ungereimtheiten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk hingewiesen habe, man das aber überging und mir rot-grün sogar an den wichtigsten Stellen das Wort abschnitt, damit das nicht ins Protokoll kommt, man also ganz bewusst einen korrupten und dafür regierungsgefälligen Rundfunk hinnimmt, regelrecht baut, und gleichzeitig alle die verfolgt, die nicht regierungskonform schreiben, dann ist dieser Staat eigentlich am Ende. Der delegitimiert sich gerade selbst, um diesen eigentlich schwachsinnigen Begriff zu verwenden. Der Begriff ist nämlich eigentlich Blödsinn.

Nur zur Erinnerung: In der Frühzeit der Corona-Pandemie war es (auch) der Bayerische Rundfunk, der behauptete, die Pandemie gäbe es gar nicht oder sie wäre nur ein harmloser Schnupfen, und das alles nur Panikmache Rechter sei, die die Grenzen schließen wollen und die so durchgeknallt und aluhutig seien, dass die schon mit Gesichtsmasken in der Stadt herumliefen. Mir wäre aber nicht bekannt, dass die Staatsanwaltschaft München deshalb gegen den Bayerischen Rundfunk ermittelt hätte.

Mal sehen, ob von diesem Strafverfahrensfall mehr übrig bleibt als der Vorwurf insubordinativer Meinungsverbreitung.

Wie gesagt, mich erinnert das alles so an Mielke und die Stasi.

Es bleibt, den Fall zu beobachten und juristisch und verfassungsrechtlich sehr genau zu analysieren. Ich würde vermuten, dass wir hier wieder ein großes Stück des Zerfalls des Rechtsstaates zu sehen bekommen. Denn eigentlich wäre sowas ein Fall für das Bundesverfassungsgericht, aber die haben sie ja auch unterwandert und übernommen. Habe ich ja lang und breit beschrieben.

Letztlich ist es aber so, dass auch dieses Volk die Regierung hat, die es sich gewählt hat. Letztlich sehen wir hier einen Staat, der sich selbst zerwählt hat.