Ansichten eines Informatikers

Kriegt Nikon die Kurve?

Hadmut
18.5.2022 20:46

Beachtlich. Bedenklich. [Nachtrag: Noch eins]

Ich hatte ja schon mal die Frage diskutiert, ob Nikon die Kurve schafft oder im schwindenden Kameramarkt hinten runter kippt und den rechtzeitigen Umstieg auf spiegellos einfach verpasst.

Scheint, als hätten sie mit der Profi-Kamera Z9 einiges richtig gemacht:

Was insofern erstaunlich ist, dass Sony nicht nur großen Vorsprung vor Nikon hatte und den mirrorless-Trend angestoßen hat, sondern mit der … ich glaube Alpha 1 heißt sie … selbst neulich einen Profi-Kamera vorgelegt hat, die zwar etwas teuerer als die Nikon ist, aber deutlich kleiner. Irgendwo habe ich mal einen Vergleichstest gesehen, wonach die Sony in fast jedem Leistungsparameter gleich gut oder besser sein soll, aber Nikon das bessere und ausgewogenere Gesamtpaket gemacht habe. Obwohl die Nikon ein Riesenbrocken ist.

Normalerweise kommt nach einer neuen Top-Profi-Kamera etwas später eine im mittleren Segment, in der die für die Top-Profi-Kamera entwickelten Funktionen nochmal verwertet werden. Deshalb sind solche Entwicklungen auch für die interessant, die sich so eine Kamera nicht leisten können (und wer, außer hochbezahlten Profis, kann das schon?)

Ich möchte bei der Gelegenheit nochmal auf den Punkt zurückkommen, dass so viele Leute behaupten, es käme nur auf den Fotografen und nicht auf die Kamera an.

Das stimmte schon zur Zeit der analogen Kameras nur sehr bedingt, weil die Kamera damals wirklich kaum eine Rolle spielte (dunkler Kasten halt, der auf und zu macht, sonst nichts), aber das Objektiv.

Die heutigen Kameras haben aber so viel Rechenleistung, dass man das wirklich nicht mehr halten kann, dass es auf die Kamera nicht ankäme. Moderne Brocken können Video mit 8k aufnehmen oder Serienbilder mit 20 Bildern pro Sekunde. Und da kommt es dann eben nicht mehr drauf an, ob man im richtigen Augenblick drücken kann, sondern man nimmt die Szene einfach auf und wählt dann das beste hochauflösende Foto aus, auf dem etwa der Politiker richtig guckt. Oder eben, wenn man ihn negativ darstellen will, den Augenblick, in dem gerade die Gesichtszüge schief sind.

Leser wissen, dass ich hier immer wieder gerne mal auf Doppelbegriffe abhebe: Positiv und besetzte Begriffspaare für dieselbe Sache.

Denselben Effekt haben wir dann im Bereich der Fotografie. Jedes Gesicht sieht für Sekundenbruchteile beim Sprechen durch Mimik, Artikulation, Blinzeln und so weiter mal bescheuert aus. Das ist normal, wenn man spricht, oder ab und zu blinzelt. Das ist einfach so.

Mit den modernen Kameras aber kann man jemanden permanent hochauflösend aufnehmen, und das mit hoher Bildrate. Das heißt, dass wenn jemand irgendwo öffentlich spricht, man von wirklich jedem damit auch schlechte Fotos machen kann, auf denen er bescheuert aussieht. Gute Fotos natürlich nur von denen, die zwischendrin auch mal gut aussehen.

Das heißt, dass man subtil manipulieren kann, indem man die Politiker der Parteien, die man fördern will, durch gute Bilder und die Schwefelparteien durch schlechte Bilder präsentiert, obwohl sie nicht schlechter aussahen. Weil man mit diesen Kameras eben von jedem, der sich bewegt, auch schlechte Fotos machen kann.

Aber sie können eben auch bewegte Objekte schnell verfolgen und aufnehmen, und das ist es dann eben, was bei Tieren, im Sport und mitunter eben auch bei Politikern das Brüllerfoto macht. Oder das Reportagefoto. Wenn man wieder ein Ei nach der Politikerin der Herzen geworfen wird, ist das dann eben die Kamera, die es als Bild hat, wie es fliegt, wie das Gesicht unwillkürlich zur Grimmasse wird, weil etwas ankommt. Sind übrigens auch bei Sportbildern, besonders olympischen Spielen, sehr beliebt die Bilder, auf denen Sportler im Moment höchster Anstrengung und Anspannung oft extreme Grimassen machen.

Nachtrag: Noch so eins, bei dem es wirklich auf die Kameratechnik ankommt: