Ansichten eines Informatikers

Baerbock und die Landkarte

Hadmut
8.5.2022 10:12

Ganz viele Leserzuschriften…

zum Artikel über Annalena Baerbock fotografiert im Erich-Mielke-Ambiente drehten sich um die Frage, ob ich denn völlig die Landkarte da übersehen hätte, die sei doch das wichtigste an diesem Bild, nämlich dass dort Asien und nicht Europa im Mittelpunkt steht:

Ausschnitt, entzerrt:

Doch, die Landkarte war mir aufgefallen, aber nicht, weil Asien in der Mitte ist, sondern weil es nicht die übliche Mercator-Projektion ist, sondern Mollweide oder sowas. Was bei Weltkarten hier zwar nicht die Regel, aber auch nicht so selten ist, sieht man hin und wieder.

Die Mollweide-Projektion, auch als homolographisch oder homalographisch bezeichnet, ist (angeblich, nachgeprüft habe ich es nicht) flächentreu, dafür aber nicht geraden-, winkel- und formtreu. Man kann bei der Projektino einer Kugeloberfläche in die Ebene nicht alle Eigenschaften haben, für eine oder manche muss man sich entscheiden. Im Gegensatz zur Marcator-Projektion taugt diese Projektion deshalb nicht zur Navigation, aber sehr wohl für geopolitische Fragen. Schon deshalb halte ich es für richtig, dass eine Karte mit dieser Projektion in einem Außenministerin hängt. Zumal ein anderer Tweet zeigt, das sie da mehrere Landkarten hängen haben:

Ich finde es auch nicht abwegig, dass Asien in der Mitte ist, denn wäre ich das Auswärtige Amt (dort dafür zuständig), würde ich auch den diplomatischen Dienst anspitzen, dass sie mal in ihrem jeweiligen Land eine Karte kaufen und heimschicken, um die Perspektiven zu zeigen, so wie die häufig zu sehende Sammlung von Uhren mit den Zeitzonen der wichtigsten Städte. Gerade dann, wenn man einen solchen Besprechungsraum ausstattet (ob nun funktional oder nur zur Dekoration) wäre das doch gerade sinnvoll, da unterschiedliche politische Perspektiven zu haben. Außerdem verzerrt die Mollweide-Projektion umso stärker, je weiter außen etwas ist. Will man irgendwelche Vorgänge in Asien diskutieren, dann braucht man genau solche Karten. Für die Aufgaben des Ministeriums ist es also völlig richtig, so eine Karte an der Wand hängen zu haben, wenn da mehrere hängen.

Außerdem ist nicht Asien in der Mitte, sondern Australien, Neuseeland, Ozeanien. Und wenn man sich das Bild mit Maas anschaut, hängt rechts eine ebensolche Karte, aber mit Europa/Afrika in der Mitte. Was in der Mitte hängt, kann man nicht erkennen, weil Maas davor steht, vermutlich ist da eine Leinwand für Projektionen oder ein Bildschirm.

Vor allem aber glaube ich nicht, dass der Fotograf darauf irgendwie geachtet hat. Der hat da eindeutig auf Licht, Farben, Goldner Schnitt, Baerbock geachtet. Ich glaube nicht, dass der die Karte wahrgenommen oder gar bewusst gewählt hat. Der hat auf das Licht und auf das Fenster geachtet. Denn bei der anderen Karte ist kein Fenster, kein Licht.

Und es ist bekannt, dass wenn ein Bild dynamisch wirken soll, der Protagonist von links nach rechts gucken soll (ich weiß aber nicht, ob es da kulturelle Unterschiede gibt, etwa mit der Schreibrichtung). Deshalb soll man ja für Fotoalben von Urlaubsreisen Fotos aus dem Flugzeug mit Blick auf den linken Flügel an den Anfang des Albums stellen, weil damit die Bewegungsrichtung von links nach rechts dargestellt wird, was mit „fliegt weg“ assoziiert wird, und die vom rechten Flügel ans Ende des Albums, weil sie nach „kehrt zurück, kommt heim“ schmeckt.

Deshalb glaube ich, dass die Auswahl der Landkarte auf diesem Bild schlicht und einfach gar nichts bedeutet.

Ich hätte auch Zweifel daran, dass Baerbock sich mit Kartenprojektionen auskennt.

Mir war etwas anderes durch den Kopf gegangen. Nämlich dieses Gesamtbild. Die überhebliche, eingebildete Baerbock und die Weltkugel. Ich musste dabei sofort an die Szene mit Chaplin als Anton Hynkel in „Der große Diktator“ denken, als er da durchdreht und anfängt, mit dem Globus zu tanzen. Für eine Selbstdarstellerin wie Baerbock ist das natürlich wichtig, plötzlich wichtig zu sein und durch die Welt zu jetten. Denn genau das suggeriert das Bild, das stellt es dar. Den Pas de deux zwischen der Übergeschnappten und der ganzen Welt. Ich hatte mir die Bemerkung aber bewusst verkniffen, weil ich mir dachte „nicht schon wieder Hitler-Bezug“.

Offenbar war ich aber nicht der Einzige, dem diese Assoziation durch den Kopf ging, die Ähnlichkeit ist doch zu frappierend, zumal die räumliche und historische Nähe des Gebäudes ja noch dazu kommen, das war ja ein politisches Gebäude des Dritten Reiches:

Die Art der Landkarte ist egal. Aber so ein Bild hätte ich nicht rausgegeben.