Ansichten eines Informatikers

Agile Religion

Hadmut
1.9.2021 14:45

Zu den Ähnlichkeiten zwischen Softwaretechniken und Kommunismus.

Ein Leser hat mir noch einen Link geschickt, weil ich Scrum mit Sozialismus verglichen hatte: The agony of Agile (Part 1) von Horatiu Ripa:

Agile it’s not the holy grail, the silver bullet, the best of the best of methodologies, and constantly avoiding to speak loud about its flaws it’s an act of stupidity, at least. And to use “you didn’t strictly stick to Agile principles, that’s why you failed” is like stating that all the ex-communist countries failed because they didn’t strictly follow the doctrine.

Of course that’s true, both failures are due to the fact that the theory wasn’t followed “by the book” but that has a very simple reason: because reality looks different and doesn’t fit in the theory. As simple as that. And furthermore, the flaws in the theory, once forced in reality, generates another kind of reality; other monsters that arise from the sleep of reason.

From the very beginning, a simple critical thinking will find out lots of contradictions, truisms and lies or at least naiveties all over Agile manifesto and principles. And that should’ve been obvious years ago and for some of us it was…

Eigentlich dasselbe wie bei Kommunismus, Sozialismus, Feminismus.

Und genau wie bei deren Ausfällen heißt es dann, ja, das war aber noch nicht der wahre Sozialismus.

Der Denkfehler ist bekannt, nennt sich „No true scotsman“, ist mir auch schon in der Variante „No true muslim“ begegnet. Man baut sich ein Ideal in seiner Phantasie, und wenn die Realität nicht darauf passt, kommt man mit „ja, aber das war ja noch nicht das richtige, noch nicht echt,…“.

Oder auf deutsch:

„Kein wahrer Schotte“ (englisch no true scotsman) ist ein Ausdruck, der von Antony Flew in seinem 1975 erschienenen Buch Thinking About Thinking geprägt wurde. Damit wird eine Argumentationsform bezeichnet, mit der eine Aussage über eine Gruppe gegen ein Gegenbeispiel immunisiert wird, indem es dieses nachträglich als „atypisch“ oder uneigentlichen Vertreter aus der Gruppe ausschließt, sodass es die behauptete Regel, die nur „wahre“ Vertreter diese Gruppe beträfe, nicht widerlege. Der Ausdruck selbst geht auf das einführende Beispiel von Flew zurück.

Argument: „Kein Schotte streut Zucker auf seinen Haferbrei.“

Antwort: „Aber mein Onkel Angus ist Schotte, und er streut sehr wohl Zucker auf seinen Haferbrei.“

Widerlegung: „Kein wahrer Schotte streut Zucker auf seinen Haferbrei!“

Diese Form der Argumentation führt zu einem Trugschluss, da die Menge, die in der Voraussetzung zugrunde gelegt wurde (hier Schotten), in der Schlussfolgerung (hier wahre Schotten) neu definiert wird (hier als Teilmenge). Dabei wird ausgenutzt, dass sich die Argumentationsparteien zuvor nicht auf eine eindeutige Definition (egal, ob gesellschaftlich, legislativ oder wissenschaftlich verankert) für das Subjekt der These (Schotten) geeinigt haben. Das führt zu dem Trugschluss, dass das angebrachte Gegenbeispiel nur scheinbar oder „uneigentlich“ unter den Subjektbegriff falle.

Die Leute neigen dazu, sich irgendeinen Hokus-Pokus auszudenken, den für bare Münze und die Regel allen Verhaltens zu halten, und dann nicht in der Lage zu sein, die Unrichtigkeit einzusehen.

Und wieder habe ich den Verdacht, dass die Amygdala dahintersteckt.

Denn es könnte sein, dass die dafür verantwortlich ist, dass wir auch für uns als unsinnig erkennbares Verhalten beibehalten, einfach um beim Grupenverhalten und der Zugehörigkeit zu bleiben, nicht auszuscheren. Das Prinzip Leithammel oder Leitkuh würde ja nicht funktionieren, wenn jeder, der Zweifel hegt, Diskussionen eröffnet. Ich würde vermuten, dass da die Konformität stärker als die Rationalität wirkt.

Eigentlich nichts anderes als das irrationale Rudelverhalten, was ich bei so vielen Universitätsprofessoren schon erlebt habe.