Ansichten eines Informatikers

Niemand hat die Absicht, eine Meinungsmauer zu errichten…

Hadmut
13.8.2021 15:46

Und vom Geschwätz der grünen Kanzlergranate.

Nun ist ja gerade 60. Jahrestag des Mauerbaus, und ich hatte mich gestern schon darüber gewundert, dass das erzsozialistisch-marxistisch-linke ZDF einen Film dazu produziert hat, was für eine Gemeinheit das war. Die kommunistische ARD hatte sogar einen ganzen Themenabend.

Das kam mir schon alles sehr komisch vor. Einerseits die Mauer als große Gemeinheit hinstellen, die Menschen trennt und hinter Stacheldraht und Selbstschussautomaten einsperrt und dafür erschießt, dass sie nur weg wollen, andererseits aber pausenlos für Sozialismus, Marxismus, eben diese Ideologie trommeln.

Vielleicht ist es aber kein Stacheldraht-Widerspruch, denn man versucht ja, den Weltsozialismus durchzusetzen, und wenn es keinen Westen mehr gibt, gibt es auch keine Mauer mehr, womit dieses augenfälligste Merkmal des Sozialismus als barbarische Diktatur skrupelloser Ideologen wegfiele. Wenn es da nichts mehr gibt, wohin man fliehen könnte und damit noch wollen könnte, wenn es kein Westfernsehen und keine Westmark mehr gibt, weil alles DDR ist, entfällt dieses gewaltsame Einsperren, braucht man keine Mauer und keine Grenztruppen mehr. Eingesperrt ist man immer noch, weil die Oberfläche einer Kugel eben endlich ist, aber man stößt nicht mehr an eine Mauer, man wird nicht mehr erschossen. Vielleicht ist das der Grund, warum ARD und ZDF die Mauer beklagen, aber den Sozialismus befördern. Weil ein Weltsozialismus keine Mauern mehr hat.

Was mir – das ARD-Zeugs habe ich nur stückchenweise gesehen – darin nämlich auch grundsätzlich fehlte, war der Hinweis, dass es nicht primär um die Teilung der Stadt in Sektoren ging, sondern dass dem Sozialismus schlicht die Leute davonliefen. Das System DDR war so dreckig, dass man die Leute regelrecht einsperren, die DDR zu einem großen Gefängnis machen musste, damit die Leute dort blieben.

In der – nicht so linken – WELT habe ich eine Stelle gefunden, die das beschreibt:

Mehrere zehntausend Ost-Berliner arbeiteten in den westlichen Sektoren und wurden dort natürlich in D-Mark bezahlt, während ihre Nachbarn, die im Osten arbeiteten, DDR-Mark bekamen, die viel weniger wert war; fast niemand in der Stadt tauschte zum offiziellen Kurs von eins zu eins – in der Umgebung des Bahnhofs Zoo bekam man für eine West- bis zu fünf Ostmark.

Die SED polemisierte gegen diese „Grenzgänger“ und versuchte, ihnen das Leben schwer zu machen. Sie wurden systematisch bei Sozialleistungen des Staates benachteiligt, bekamen schlechte Wohnungen zugewiesen, die Genossen behinderten die Ausbildung ihrer Kinder – und eine Genehmigung für Reisen nach Westdeutschland gab es kaum. Außerdem fanden vielfach anlasslose Durchsuchungen statt, und bei wem Westmark gefunden wurde, der geriet oft in das Räderwerk des Wirtschaftsstrafsystems der ostdeutschen Diktatur.

Am 2. August 1961 ging die Volkspolizei noch einen Schritt weiter: In grenznahen Gebieten nahm sie bekannten „Grenzgängern“ die Personalausweise ab, ohne die sie die Kontrollposten nicht passieren konnten. Außerdem wurden Grenzgänger aus den Zügen geholt und unter dem – oft sogar zutreffenden – Vorwurf des Schmuggels vorübergehend festgenommen.

Nun schwoll die Flüchtlingswelle an: Waren 1960 noch täglich im Durchschnitt 417 Ostdeutsche über die offene Sektorengrenze nach West-Berlin gekommen und von hier aus in die Bundesrepublik ausgeflogen worden, so stieg diese Zahl nun an auf 1100 bis 1800 Menschen pro Tag. Rund die Hälfte von ihnen war jünger als 25 Jahre.

Die Menschen flohen in Scharen – es war eine „Abstimmung mit den Füßen“ gegen den Sozialismus, wie es Willy Brandt ausdrückte, damals der Regierende Bürgermeister von West-Berlin.

DDR-Staatschef Walter Ulbrich wusste, dass seine Herrschaft so einen Aderlass an Menschen nicht mehr lange aushalten würde. Also drängte er den sowjetischen Machthaber Nikita Chruschtschow, ihm die Erlaubnis zu geben, die Flugverbindungen von West-Berlin in die Bundesrepublik unterbrechen zu dürfen. Doch Chruschtschow zögerte: Das hätte zu einer direkten Konfrontation mit den USA geführt, die Freiheit der Transportwege war im Potsdamer Abkommen von 1945 festgeschrieben.

Eigentlich aber wollte Ulbricht ohnehin etwas anderes, nämlich die innerstädtische Sektorengrenze sperren. Das war schon Anfang 1953 sein Ziel gewesen, wenige Monate nach der Schließung des „Außenrings“ – doch Stalin hatte ihn zurückgepfiffen. Nun, bei Chruschtschow, konnte sich Ulbricht durchsetzen.

Das ist genau der springende Punkt.

Die DDR hatte zu ihrer Gründung etwa 18 Millionen Einwohner. Und eine vom Krieg ausgezehrte Einwohnerstruktur, also überproportional viele Alte, Kinder, Frauen. Eine Abwanderung von 1100 bis 1800 Menschen pro Tag, mithin hochgerechnet eine halbe Million pro Jahr, und das sicherlich vor allem die im aktuell oder künftig arbeitsfähigen Alter, hätte dem Sozialismus gewaltig Arbeitskraft entzogen. Das war Ulbricht und seinem Mauerbauer Honecker auch klar, dass man Sozialismus nicht freiwillig macht, sondern er einem mit Gewalt aufgezwungen wird.

Und wem das auch klar ist: ARD, ZDF, Grüne.

Deshalb sagte man das nicht so laut in diesen Dokus, dass der Sozialismus ein Misthaufen war, von dem die Leute einfach weg wollten und die mit Gewalt die Leute einsperren mussten.

Die Situation kommt mir aber sehr ähnlich zu der von heute vor. Damals hat man Leute gemobbt, verfolgt, benachteiligt, die im Westen arbeiten gegangen sind. Heute macht man dasselbe mit jedem, der noch irgendwie außersozialistisch denkt. Das ganze Gebaren läuft ja wieder darauf hinaus, die Leute ideologisch einzumauern.

Neulich hatte ich mich noch mit einer Bekannten unterhalten, und wir waren drauf gekommen, dass wir unabhängig von einander so ein 1933-Gefühl entwickelt haben, so ein Nischt-wie-weg-hier-das-Böse-ergreift-die-Macht-Gefühl. Manche Aufmärsche unterscheiden sich auch nur noch darin von 1933, dass Fackeln heute als klimaschädlich verpönt sind. Es sind aber auch Paralellen zu eben diesem 1961 zu sehen, denn auch heute wird jeder gemobbt und benachteiligt, der abtrünnig denkt, und so ein ich-will-hier-weg-und-kann-nicht-raus-Gefühl haben seit Corona manche.

Und schaut man sich an, wie panikhaft die Politik gerade Flüchtlinge ins Land schaufelt, sind sie wohl gedanklich in derselben Lage wie Ulbricht. Dem liefen die Leute davon, vor allem die unter 25-Jährigen. Bei uns heute wandern zwar auch viele aus, aber vor allem wachsen sie nicht nach. Altersstruktur und so. Das heißt, dass zwar die Ursachen unterschiedlich sind, aber das Problem letztlich dasselbe, vor dem auch Ulbricht stand. Der hat dann eben die Abwanderung durch die Mauer bekämpft. Die Nachwuchsflaute hier dagegen bekämpft man durch Import.

Der Kommentar, den ich bisher aber als den dümmsten und verlogensten empfinde, kommt vom Kanzlerstück der Grünen:

Als sei die Mauer so eine Folge des Krieges mit dem Westen und einfach erforderlich gewesen. Wenn man das liest, könnte man meinen, der Westen haben die Mauer gebaut oder veranlasst, und erst die für Demokratie und Menschenrechte einstehende DDR habe das Ding wieder entfernt.

Es dauert nicht mehr lang, und es wird gelehrt, dass der Westen die Mauer gebaut hat und erst die mutigen, demokratischen, freien DDR-Bürger sie schließlich entfernt hätten, um den Westen zu befreien.

Wir haben ja jetzt schon einen gewaltigen Geschichtsrevisionismus, der alles umkrempelt und es so darstellt, wie die Ideologie es sehen will. Neulich habe ich im Podcast Breitengrad einen interessanten Beitrag über China und 100 Jahre kommunistische Partei gehört, die sich in ihrer Geschichtsdarstellung auch einen Dreck um Wahrheit und Realität scheren, und das eher so als ihr Vorrecht, als eine Exegese ansehen, die Vergangenheit so darzustellen, dass sie zur aktuellen Politik und Ideologie passt. Wie in 1984.

Schaut man sich dann Baerbock an, wenn die sowas loslässt, dann muss sie entweder sehr dumm oder sehr verlogen sein, vermutlich beides. Es deutet zumindest darauf hin, dass sie von der zentralen politischen Achse in Deutschland so gar keine Ahnung hat, wirklich gar nichts weiß.

Was hat die eigentlich studiert?

Ach, so: Politikwissenschaften. Vordiplom.