Ansichten eines Informatikers

Mein fototechnisches Frankenstein-Experiment

Hadmut
28.4.2019 0:44

Etwas hat mich diese Woche verblüfft: Ich habe Tote wieder zum Leben erweckt. Und das sogar vergleichsweise preisgünstig.

Oder: Eine seltsame Lösung für ein Problem.

Ich habe ja schon oft geschrieben, dass ich gerade den Kameramarkt beobachte, da aber nichts finde, was mich so richtig im Sinne von „die will ich haben” anmacht. Ich sehe zwar große Umbrüche und interessante, technisch oft exzellente Neuerungen, aber auch viel von den Produktmanagern und Marketingfuzzis vermurkste Kameras. Paradebeispiel Nikons Z6 und Z7, die eigentlich wirklich gute Kameras wären, wenn sie nicht diesen vermaledeiten Einzelslot für XQD-Karten haben, während frühere Nikon-Oberligakameras alle zwei Slots hatten und SD-Karten fressen konnten. Rein rechnisch spricht viel für XQD, aber die kosten einfach zehnmal so viel wie schnelle SD-Karten. Ich habe einen ziemlichen Haufen an SD-Karten (die man momentan wirklich günstig hinterhergeworfen bekommt, z. B. Samsung U3 128GByte ab etwa 22 Euro, da kann man wirklich nicht meckern) und sehe das nicht im Ansatz ein, Speicherkarten erstens neu und zweitens im Umfang von tausend oder mehr Euro zu kaufen, um durch eine Reise zu kommen. Geht gar nicht.

Anscheinend bin ich nicht der einzige, der das so sieht, denn anscheinend läuft’s da auch nicht so gut wie erhofft. Die Woche gab es Ansagen aus den USA, man solle doch bitte gleich kaufen, wenn man eine Z6 oder Z7 haben will, weil die kostenlose Dreingabe des Objektivadapters für die bisherigen Nikon-Objektive ende. Ich dachte mir noch so, dass die sich das gar nicht leisten können, die Kamera wieder teuerer zu machen, da tauchte jetzt in den (gewöhnlich gut informierten) Social-Media das Gerücht auf, dass Nikon USA zum Wochenende die Z6 im Preis um 200 und die Z7 gar um 700 Dollar reduzieren wolle. Der Adapter kostet einzeln in den USA ab etwa 200 Dollar.

Heißt: Die Z6 bleibt mit Adapter etwa gleich, ohne wird sie billiger, und die Z7 wird 500 Dollar billiger. Denn wie man hörte, war Nikon insgesamt schon über die Verkäufe erstaunt. Man hatte damit gerechnet, dass die Leute sich auf die Z7 stürzen und die (bis auf die niedrigere Auflösung, etwas bessere Videofähigkeiten und den niedrigeren Preis identische) Z6 nur ein Nischenprodukt werde, aber die Leute bevorzugten die Z6. Viel Geld für Auflösung hinzulegen läuft nicht mehr, zumal den Leuten Video inzwischen wichtiger ist.

Canon geht es da angeblich dreckiger, sie melden

Irgendeine der einschlägigen Foto-Webseiten kommentierte, dass Canon jetzt an Gesundschrumpfung vor sich habe, was Nikon gerade hinter sich gebracht hat. Andere berichten, dass der Kameramarkt seit 2010 um 84% eingebrochen wäre, und Canon sähe noch weiteres Schrumpfen.

Ich glaube, das täuscht etwas. Denn früher war der Kameramarkt gar nicht so groß. Als ich Kind war, da ist man zum Kamerakauf noch in eines der wenigen Fachgeschäfte gegangen. Da hat man sich dann irgendein mechanisches Teil gekauft, ein paar Objektive dazu, und dann hat das 10 oder 20 Jahre lang gehalten. Als ich angefangen habe, so richtig mit Verstehen zu fotografieren, habe ich das noch mit Papis Zeiss Ikon Contaflex Super getan, die er sich als Student gekauft hatte. Die Kamera kam 1959 heraus und war in meiner Kindheit, den siebziger Jahren, technisch noch voll auf der Höhe, obwohl eben 15-20 Jahre alt. Erst mit der 1976 erschienenen Canon AE-1 hatte mein Vater einen Grund, sich – neben seiner Sammlung alter Kameras – eine modernere Kamera für den Gebrauch und eine Rollei 35 als geniale Taschenkamera zu kaufen. Damals hatten die Kamerahersteller zunächst Modell-Zyklen um die 10 Jahre, und erst so ab den 80er Jahren mit Einführung der Elektronik verkürzten sich die Release-Zyklen.

Dabei gaben auch die damals verkürzten Release-Zyklen eigentlich noch kein Grund, sich ständig eine neue Kamera zu kaufen, weil die Kamera damals auch nicht viel mehr machte, als Film und Objektiv zusammenzuhalten und die Belichtung zu messen und zu steuern. Die qualitätsbestimmenden Elemente waren Film und Objektiv. Aus der Zeit stammt auch der dumme Spruch, dass es auf den Fotografen und nicht auf die Kamera ankam. Stimmt insoweit, als es auf die Kamera damals wirklich nicht so ankam, sondern auf das Objektiv. Während das Foto passierte, war zwischen Objektiv und Film einfach nichts, und daran gab es außer der Belichtungszeit nicht viel falsch zu machen. Die Schärfe hat damals der Fotograf noch nach Entfernungsskala oder Schnittbildindikator eingestellt.

Erst mit dem Aufkommen der Digitalkameras als Fotografiercomputer und durch den Sensor und die Datenverarbeitung unmittelbar qualitätsbestimmendes Element wurden Kameras auf einmal besonders wichtig, und die letzten 20 Jahre der Entwicklung der Digitalfotografie von praktisch Null auf Durchentwickelt brachte sehr kurze Entwicklungszyklen. Ich habe damals 1999 noch mit einer brandneuen Kodak DC-240, ein Kumpel mit mehr Geld kaufte sich parallel die DC-260, die konnte ich also vergleichen. Das Digitalfotografieren war damals spektakulär, aber einfach auch noch Steinzeit. Kurz drauf kam ich noch durch eine Firmenauflösung fast geschenkt an eine Konica Q-Mini von 1997, die aber so primitiv war, dass sie praktisch eigentlich unbrauchbar war und gegen die Kodak nicht anstinken konnte. Von der habe ich noch meine älteste Speicherkarte aufgehoben, eine Compact-Flash-Karte mit furiosen 2 Megabyte. Nicht Gigabyte, Megabyte. Etwa wie eine Diskette. Heute bräuchte ich einen ganzen Stapel dieser Karten, um ein einziges Foto abzuspeichern. Ein anderer Kumpel schwor damals übrigens auf die digitale Sony Mavica, die noch auf Disketten (!) aufzeichnete, weil er meinte, die seien billig und überall zu haben. Das Vorgängermodell hatte Bilder noch analog auf Disketten geschrieben, im Prinzip wie eine Videokassette.

Dann kamen 15 Jahre Kameraentwicklung mit rasanten Update-Zyklen. Nachdem die Kodak sich in kurzer Zeit selbst zerstört hatte (und kostenlos ausgetauscht worden war, aber mein Vertrauen nicht mehr fand) kaufte ich dann 2000 die damals brandneue erste digitale Canon IXUS. Meine erste Digitalkamera, mit der man richtig gute Bilder machen konnte und von der ich dann überzeugt war, dass die chemische Fotografie tot ist. Die war zwar winzig, aber verdammt gut. Display in Briefmarkengröße.

Und erst ab da hat sich die Kameratechnik in diesen reißenden Produktzyklenterror verwandelt.

Ich hatte ja neulich schon geschrieben, dass mir ein Business-Insider erklärte, dass Kameras deshalb gerade nicht zum Europäischen Kundencharakter passen, weil der Europäer seine Kamera wertschätzt und sie so vier bis fünf Jahre verwenden will, während sie für den Asiaten ein beliebig austauschbares Technik-Gadget ohne Wertbezug ist, und Kameras dort eine Nutzungsdauer von nur etwa zwei Jahren haben, und die Kamerahersteller sich damit retten wollen, den Umsatz über den asiatischen Markt zu generieren und die Kameras deshalb so bauen, dass man nach zwei Jahren die nächste will (oder braucht). Deshalb fehlt da immer irgendetwas, was es schon gibt, damit man es in zwei Jahren als Neuerung dazuverkaufen kann.

Das Problem des Ausmistens

Hach, es ist Frühling. Frühjahrsputz und so.

Ich habe zu meinem Entsetzen festgestellt, dass ich zuviel alten, nicht mehr benutzten Fotokrempel herumstehen habe.

Wertverfall

Zwei Ding waren mir früher heilig, die hätte ich nie und unter keinen Umständen weggeworfen: Bücher und Kameras.

Das mit den Bücher hat sich dann irgendwann im Laufe der vielen Umzüge gelegt. Angefangen hat es mit den Informatik-Büchern, die sich auf bestimmte Software beziehen, und damit natürlich genauso veralten, wie die Software. Und den wissenschaftlichen Journalen, die bald schon auch niemanden mehr interessieren. Raus mit dem Mist.

Mittlerweile bin ich an dem Punkt, an dem ich zwar noch viele Bücher kaufe oder bekomme, aber nur in Zusammenhang mit diesem Blog. Vor allem dieser ganze geisteswissenschaftliche, genderistische oder historische Kram, den man aber auch meist gebraucht für kleines Geld bekommt, oft ist der Versand das teuerste. Ansonsten kaufe ich eigentlich kaum noch Bücher auf Papier. Digital hin und wieder schon. Im Gegenteil schruft – von dem Blog-Kram abgesehen – mein Bücherbestand durch Ausmisten, ich habe insgesamt viel weniger Bücher als früher. Als ich noch in Karlsruhe gewohnt habe (zwei Großumzüge und mehrere kleine her), hatte ich noch ein großes Büro, das rundherum bis unter die Decke mit Bücherregalen voll war, prallvoll mit Büchern. Wenn man die nach vorne zieht und dann wieder mit einer Holzleiste reindrückt, dass die vorne alle bündig mit dem Regal abschließen, und das eine glatte Fläche ergibt, sieht das affengeil und topintellektuell aus. Man konnte von der Wohnungstür aus direkt reingucken. Macht monstermäßig Eindruck auf Frauen. 😉 (Und staubt weniger zu.)

Wenn man das bei Umzügen aber einpacken und schleppen muss, kühlt die Bücherliebe deutlich ab. Inzwischen lese ich das allermeiste online oder eben sonst digital als e-Book. Raus mit dem Zeug. Zumal Papier nicht immer haltbar ist.

Ähnlich geht es mir nun wohl mit Kameras.

Als Kind habe ich es geliebt, die Flohmarktzukäufe aus Papis Sammlung zu begutachten, zu pflegen, zu reinigen, zu reparieren, zu testen. Alte Kameras sind einfach etwas herrliches.

Aber: Nur die wirklich alten, bis etwas 60er, frühe 70er Jahre. Danach nicht mehr.

Alte Kameras waren toll, solange sie aus Glas, Metall, Leder, Holz bestanden. Mechanik zum Anfassen und Spüren, Drehräder zum Stellen. Wenn’s klickt und rastet und man Hebel bewegen kann. Elektronik gar nicht, und Elektrik höchstens in Form von passiven Selenbelichtungsmessern, Blitzauslösung oder Winder-Motoren. Von Hand gefertigt.

Ab dem Zeitpunkt, ab dem Plastik, Elektronik, Mikroprozessoren Einzug hielten, werden Kameras nicht mehr alt, historisch, wertvoll, interessant, sondern nur noch Schrott. Ich kenne einen Fotohändler, der auch so alte Elektronik-beladene Kamera (als Werbegag) in Zahlung nimmt und etwas Rabatt dafür gibt, die dann aber unbesehen und ohne Vorsicht in einen Waschzuber wirft, wo die einfach im wilden Haufen rumliegen, nicht gestapelt oder so, einfach großer Haufen, und wer will, kann sich für 5 Euro Spende zugunsten von irgendwas einfach eine nehmen. Das ist einfach Massenprodukt.

Und spätestens dann, wenn es Menüs zum Durchklicken oder irgendwas mit Firmwareupdate gibt, ist das Zeug alterungsanfällig.

Dann gibt es die Probleme mit veralteten Speicherkarten und Schnittstellen. Man bekommt das Zeug nicht mehr, die Kabel und Stecker sind nicht mehr zu haben. Was will man heute noch mit einer Videokamera, die lausige PAL-Bilder auf Bandkassetten aufzeichnet und – so es keinen Bandsalat gibt – über IEEE 1394 ausgibt?

Dazu kommt der geänderte Zeitgeist. Kaum noch jemand interessiert sich heute für altes Zeug, die Zeit der klickenden Mechanik ist einfach vorbei.

Außerdem fällt mir auf, dass sich meine Kameras aus den Achtziger Jahren vom äußeren Erscheinungsbild – vom fehlenden Display abgesehen – praktisch nicht von heutigen Kameras unterscheiden. Das Design hat sich im Groben nicht geändert. Ich habe auch noch meine Stereoanlage aus den Achtziger Jahren, die sehen heute – abgesehen vom Display – vorne kein Stück anders aus. Warum sollte das jemand sammeln?

Ich habe den Niedergang auch an den Fotobörsen bemerkt. Es gab eine Zeit, da waren die Fotobörsen kleine Wunderländer der schönsten Schätze, viele teuer, aber doch Fundgruben und Ansammlungen von Sehenswürdigkeiten, auf denen man berühmte Kameras sehen konnte. Es gab Fachkataloge, in denen alle bekannten Kameras verzeichnet waren, die je hergestellt worden waren. Irgendwann, als das Internet noch nicht öffentlich war, waren die Fotobörsen zum Ramschhandel geworden, auf denen die Kameranachbauten und schlechten Billigobjektive aus Russland und China verhökert wurden, irgendwann stand das alte Zeug lieblos aufgereiht nur noch rum.

Es erinnert mich an Autos. Oldtimer haben viele begeistert, aber die Autos ab den späten Sechziger und den Siebziger Jahren haben es – obwohl sie formal alt genug sind – schwer, noch als Oldtimer angesehen zu werden. Es ist Massenproduktion, modernes Design und die Kunststoffteile zersetzen sich, nur noch Schrott.

Meine zwei Probleme

Alte Minolta-/Sony-Objektive

Als Student hatte ich mir 1988 eine Minolta Dynax 7000i gekauft, die erste eigene „richtige” Kamera, damals eine der ersten Spiegelreflexkameras mit Autofokus. Topmodern. Der beste Kumpel kaufte sich auch eine Kamera, der nahm aber die Nikon. Der hatte mehr Geld als ich, und andere Präferenzen. Bei mir war’s der Spieltrieb, die 7000i konnte mit (dann doch wieder teuren) Programmkarten um neue Funktionen erweitert werden. Damals konnte man das noch nicht so einfach im Internet bestellen. Ich bin noch mit dem Zug von Karlsruhe nach Stuttgart gefahren, um die Kamera dort in einem Fachgeschäft zu kaufen, vorher telefonisch reserviert.

Mit der habe ich viel fotografiert – etwa 5 bis 10 Jahre lang. Ich hatte mir noch – für andere Filme – als Zweitkamera eine 8000i gekauft und später ein Nachfolgermodell geschenkt bekommen. Und mir preisgünstigere Objektive von Sigma gekauft.

Eigentlich habe ich alles noch. Aber ich hatte es 1999 schon eingemottet, weil ich auf Digitalfotografie umgestiegen war und aber erst mal keine Systemkameras dafür bekam.

Dann gab es 2005 von Minolta die Dynax 5D, mit der man (natürlich mit crop-Faktor) die alten Objektive wieder verwenden konnte, habe mir die gekauft – und war arg enttäuscht, habe sie wieder verkauft. Ein Kollege hatte die Dynax 7D, die war gut, mir aber zu teuer.

Dann kam die Nachricht, dass Minolta aufgibt und Sony den Laden übernommen hatte. Alles stöhnte, Oh, je, das kann ja nichts werden, mit der Walkman-Firma. Ich auch. Ich dachte, die ruinieren das, die machen das zum Witz.

Kurz darauf erschien die Sony Alpha 100, die ich mir auch sofort gekauft habe, weil sie faktisch eine von Minolta fertigkonstruierte, nur nicht mehr unter eigenem Namen auf den Markt gebrachte Minolta war. Zu erkennen am Compact-Flash-Slot, Sony musste einen Memory-Stick-Adapter beilegen.

Mit der war ich lange halbwegs zufrieden und habe mir sogar auf eBay alte Minolta-Objektive aus der 7000er Ära gekauft. Das legendäre 28-135, eines der besten Objektive, die Minolta je gebaut hat. Die wurden damals auf eBay so um die 100 Euro gehandelt. Ich habe mir erst eines gekauft, weil ich so zufrieden war und die nicht mehr gebaut wurden, dann noch ein zweites. Weil dabei auf eBay etwas schief ging, ein anderes als Zweites, bekam das erste Zweite dann aber plötzlich doch auch, seither habe ich drei. Ein Profifotograf hatte mir die so empfohlen, der hatte acht. Weil der acht identische Fotoausrüstungen in identischen Koffern hatte, und nach jedem Einsatz seine Mitarbeiter die Ausrüstung wieder putzen, prüfen, auffüllen, und er jedesmal einfach ein oder zwei der vordersten Koffer mitnimmt.

Letztlich war ich damit aber doch nicht zufrieden. Viele meiner Objektive waren qualitativ ungenügend, und selbst die brauchbaren der Sigma-Objektive fingen an, sich aufzulösen. Von Sony kam auch nichts interessantes mehr, da hatte ich die Schnauze voll und bin 2009 auf Nikon umgestiegen (siehe unten).

Ich hatte versucht, die klebrigen Teile der Sigma-Objektive mit Isolierband abzukleben, aber das war auch nur Murks und machte alles schlimmer.

Als ich sie vor einiger Zeit wegwerfen wollte, bemerkte ich, dass die Sache so schlimm doch nicht war. Sigma hatte den Adapterring für das Minolta-Bajonett außen mit „Softlack” überzogen, damit es sich samtig anfühlt, und Softlack ist eine Katastrophe, der hält nicht auf Dauer und wird dann wie klebriger Teer.

Ich habe mal an einem Objektiv mit einer Dremel-Bohrmaschine und einer Messingbürste den Kunststoffbrei abgeschliffen, das geht, aber sieht hinterher wild aus, und das ganze Zimmer war voller Messingdrähte. Mühsamer, aber mit besseren Ergebnissen funkioniert Nagellackentferner (Aceton).

Sieht grostek aus, aber dafür sind die Objektive wieder – mehr oder weniger – brauchbar.

Ich habe (hatte) nur eben keine Verwendung mehr dafür und keine noch taugliche Kamera. Seither habe ich einen Koffer voll alter Minolta- und Sigma-Objektive rumstehen.

Auch bei den Minolta-Objektiven zeigte sich ein Alterungseffekt: Die Gummi-Ummantelung an Objektiven und Kameras bildete einen hartnäckigen weißen Belag. Das ist Talkum, das beim Vulkanisieren eingesetzt wird, teilweise in die Oberflächen eingezogen, wird über die Jahre langsam wieder ausgeschwitzt. Irgendwann habe ich herausgefunden, dass man es mit einer handelsüblichen Zahnbürste gut wegbekommt.

Neulich habe ich dann bemerkt, dass es noch ein anderes Problem gibt: Ich hatte mir damals ein gutes Minolta 50mm 1.8 gekauft (später noch ein älteres geschenkt bekommen), eigentlich von prima Qualität. Das funktioniert nicht mehr, weil die Blendenrückholfeder nicht mehr stark genug ist, um die Blende zurückzuholen. Reparatur kostet mehr als das Objektiv noch wert ist, fast so viel wie ein neues. Ich habe es mal aufgeschraubt (wenn es eh zum Müll kommt, kann man auch mal reinschauen). Die Mechanik ist teilweise aus Kunststoff und scheint einfach eingetrocknet/verharzt zu sein. Ich werde es mal mit einem Tröpfchen guten Feinöls probieren. Ich weiß nur nicht, wie ich das in die Blende zwischen den Linsen bringen soll, ohne Öl auf die Linsen zu bringen.

Es ist auch ein Problem, dass die Schmierung keine 30 Jahre durchhält – jedenfalls nicht bei allen Objektiven.

Meine Nikon-Objektive

2009 bin ich dann auf eine Nikon D300s umgestiegen, fünf Jahre später ergänzt um eine D800.

Dazu habe ich mir – naja, mehr Geld auf dem Gehaltszettel als als Student – die guten Objektive geleistet, das legendäre Trio 14-24, 24-70 und 70-200, alle 2.8. Die sind einfach geil. Dazu noch einige kleinere und die Fisheyes von Samyang.

Mit diesen Objektiven bin ich durchweg sehr zufrieden, alles prima. Einzig beim 24-70 wird der Gummiring zum Greifen wellig, aber da habe ich mir mal von Nikon ein Ersatzteil bestellt.

Diese Objektive sind mein Fotoschatz. Da steckt Geld drin, aber die liefern auch wirklich gute Qualität.

Was mir nicht so behagt, ist das Kameraangebot von Nikon.

Mit der D300s war ich zufrieden, aber die ist doch ziemlich veraltet. 10 Megapixel sind jetzt nicht mehr so der Brüller, und obwohl sie als erste videotaugliche von Nikon angepriesen worden war, ist das mit heutigen Maßstäben doch sehr mäßig. 720p in Motion-JPEG. Autofokus bei Video schwierig.

Die D800 war zwar prinzipiell besser, aber so richtig glücklich bin ich mit der nicht geworden. Einmal wegen der Bedienung, deren Konzept ich für an einigen Stellen unglücklich und fehleranfällig halte, und derentwegen ich schon viele Bilder versaut habe (die Umstellung zwischen normal und Bracketing erfordert mehrere Schritte und Bracketing wird nur unauffällig angezeigt. Es passiert mir immer wieder, dass ich Bracketing für HDR eingeschaltet habe, dann vergesse, dass ich das noch angeschaltet habe, und fotografiere dann „normal”, aber it abwechselnden Unter- und Überbelichtungen zwischen -2 und +2 oder -3 und +3. Außerdem neigt sie dazu, sich selbst den Sensor zu versauen, ich habe zu viele fleckige Bilder.)

Die neue Z6/Z7 würde anscheinend alle Probleme lösen, die ich mit der D800 habe, aber andere bringen. Mir geht es total auf den Wecker, dass die nur einen Slot und den nur für XQD haben. Für mich so nicht brauchbar. Ich müsste da dann ständig umkopieren oder noch mindestens 1000 Euro zusätzlich für Speicherkarten rauswerfen. Das sehe ich überhaupt nicht ein.

Außerdem weiß man nicht, wohin Nikon da so läuft, ob die das alte F-Bajonett noch unterstützten oder nur noch für das neue Z-Bajonett produzieren.

Davon abgesehen hatte ich mich über einige der kleinen Nikon-Kameras ziemlich geärgert, da haben die viel gemurkst.

Deshalb bin ich bei Nikon erst einmal voll auf die Einkaufsbremse getreten. Da werde ich bis auf weiteres nichts mehr investieren. Entweder müssen die ein aktualisiertes verbessertes Modell zur Z6/Z7 bringen oder wenigstens die Preise drastisch senken.

Obwohl ich mit den Nikon-Objektiven sehr zufrieden bin, fotografiere ich nur noch mit denen, die Vollvormat-tauglich sind. Die D300s war eine „DX”-Kamera, das kleiner Sensorformat von Nikon (geringfügig größer als APS-C). Zwar kann die D800 auch mit DX-Objektiven und schaltet dann automatisch auf DX-Format, aber das macht keinen Spaß.

(Keine) Alternativen

Was ich wirklich nicht gedacht hätte: Sony hat es geschafft, Nikon und Canon das Fürchten zu lehren. Ich (und auch sonst fast niemand) hätte nicht geglaubt, dass die zum – in manchen Bereichen – führenden Hersteller werden würden. Die haben aus der Not eine Tugend gemacht und eingesehen, dass sie auf dem bestehenden Markt gegen Canon und Nikon nicht ankommen, und dann eben „disruptiv” etwas Neues gemacht. Und das war gut. Früher war Canon der Platzhirsch, was Videos mit DSLR angeht. Längst ist es Sony.

Die Kameras gefallen mir recht gut.

Nur ist das Objektivangebot bei Sony durchwachsen und seltsam struturiert, trotzdem sehr teuer. Ich habe keine Lust, da nochmal tausende von Euro auszugeben, um Objektive, die ich für Nikon schon habe, noch einmal zu kaufen.

Viele fragen, warum ich nicht Fuji kaufe.

Fuji ist toll. Fuji gewinnt gerade fast alle Vergleichstests.

Fuji steht aber ziemlich alleine, es gibt kaum Fremdherstellerangebote für deren Bajonett. Man investiert da in eine Nischenmarke, und weil der Kameramarkt gerade so drastisch schrumpft, weiß ich nicht, wie lange die sich halten. Und auch da das Problem: Man müsste alle Objektive neu kaufen.

Die komische Lösung

Ich bin auf eine schräge Lösung gekommen.

Dazu muss man aber zunächst technisch verstehen, was technisch gerade vor sich geht. Alles stellt nämlich gerade auf spiegellose Kamerasysteme um. Sony hat schon lange, Canon und Nikon ziehen gerade nach.

Ein wichtiger Unterschied ist dabei, dass spiegellose Systeme ein viel geringeres Auflagemaß haben (können). Das Auflagemaß ist der Abstand zwischen der Film-/Sensorebene und dem Bajonett. Das ist bei Spiegelreflexkameras mit Spiegel natürlich so groß, dass in die Kamera der Spiegel samt Mechanismus passt. Die Reihenfolge ist: Sensor/Film, Spiegel, Objektivbajonett, Objektiv.

Spiegellose Systeme haben aber eben keinen Spiegel. Sie brauchen weniger Platz, das Bajonett kann viel näher am Sensor sein. Das hat optische Vorteile, weil man die Objektive anders und besser bauen kann.

Deshalb haben alle Kamerahersteller für die spiegellosen Systeme neue Bajonettsysteme eingeführt. Bei Sony statt dem alten Minolta- oder nach Sony-Benennung A-Mount das E-Mount, bei Nikon statt des alten F-Mount jetzt Z-Mount, bei Canon statt des alten EF-Mount nun das RF-Mount.

Ein weiterer Vorteil der neuen Bajonette mit geringerem Auflagemaß ist, dass eben das Bajonett näher am Sensor ist, also mehr Platz bleibt. Man kann also alte Systeme an neuen Kameras verwenden, wenn man einen Adapter dazwischensetzt, der den Abstand entsprechend vergrößert, damit er wieder so groß wie bei Spiegelreflexkameras ist, für die die alten Objektive gerechnet sind.

Man kann also alte Objektive für Spiegelreflexkameras an neuen Kameras verwenden, weil man einen Adapter dazwischen setzten kann, es ist genug Platz, weil die alten Objektive ja weiter weg von der Kamera müssen. Umgekehrt geht es natürlich nicht – oder zumindest kann man nicht mehr auf Unendlich fokussieren.

Deshalb bieten alle Hersteller, Canon, Nikon, Sony, Adapter an, mit denen man die alten Objektive an den neuen Kameras verwenden kann. Das funktioniert einwandfrei, weil ja vom selben Hersteller.

Herstellerübergreifende Bajonette

Die findigen Asiaten haben nun auch manche Adapter entwickelt, mit denen man Objektive eines anderen Herstellers anschließen kann. Was mal mehr, mal weniger gut funktioniert, weil die Protokolle der Datenübertragung und die zu liefernden Daten nicht öffentlich dokumentiert sind.

So gibt es schon länger Leute, die mit Canon-Objektiven an Sony-Kameras fotografieren und zufrieden sind.

Nikon-an-Sony-Adapter waren bisher wenig erfolgreich, weil das Nikon-Protokoll wohl schwer zu reverse-engineeren ist. Es gibt Adapter von drei Herstellern, die erstaunlicherweise alle dieselbe Hardware haben, sich aber in der Firmware unterscheiden. Bisher soll es schlecht gewesen sein.

Es heißt aber nun, der Commlite mit Firmware 0.6 würde halbwegs funktionieren. Es gibt eine Kompatiblitätsliste, die ziemlich gut aussieht. Viele werden „Fast” unterstützt, also mit Phasen- und schnellem Autofokus, andere „Slow”, also mit mühsamem Annähren durch Kontrastautofokus. Bestimmte Funktionen wie Gesichtserkennung gehen nicht.

Eine Sony Alpha 6300

Sony hat ja die größere Vollformatreihe der 7er Reihe und diese schnuckligen kleinen APS-C-Format-Kameras der 6000er-Reihe.

Es gibt nur eigentlich keinen Grund, die kleineren 6000er zu kaufen, weil die 7er nicht so wahnsinnig viel größer sind, die Objektivauswahl für den kleineren Sensor dürftig ist, und sie einfach zu teuer sind. Da die 7 II gerade nach Erscheinen der 7 III deutlich im Preis reduziert wurde (Sony verkauft im Gegensatz zu anderen seine alten Modelle zu niedrigerem Preis weiter), dürfte die die Wahl mit dem höchsten Nutzen-Kosten-Verhältnis sein.

Sony hatte bisher die alte 6000 als Billig-Ding, die 6300 als fortgeschrittene ernstliche und die 6500 als verbesserte und in der Kamera befindlichen Stabilisierungssystem.

Nun haben sie eine 6400 vorgestellt, die ein rattenscharfes Focus-System, aber noch keine Stabilisierung hat. Es gibt deshalb Leute, die vom Kauf abraten, da stimmt das Preisleistungsverhältnis nicht. Demnächst wird eine 6700 oder ähnliches rauskommen, die eine Kombination der neuen 6400 mit dem Stabilisierungssystem ist, die aber sehr teuer werden wird.

Deshalb haben sie die 6300 als Rauswerfer im Preis reduziert und im Elektronikmarkt war sie diese Woche noch im Angebot: 699 Euro mit lausigem Kit-Objektiv.

Die Überraschung

Weil mir Nikon also gerade auf den Sack geht und ich ungenutzte DX-Objektive rumstehen habe, habe ich mir also diese Sonderangebots-6300 gekauft und den Commlite-Adapter zum günstigen Preis aus China bestellt.

Ich hätte nicht gedacht, dass das ernsthaft funktioniert.

Zu meiner großen Verblüffung: Nahezu alle meine Nikon-Objektive scheinen mit dem Adapter schnell und gut an der kleinen Sony 6300 zu funktionieren. Natürlich wegen des kleineren Sensors mit Crop-Faktor 1,5.

Das einzige, das nicht gut funktioniert, ist das 18-200 DX, das ich damals mit der D300s im Kit gekauft und nur sehr selten benutzt habe. Gerade das hätte ich am liebsten mit der kleinen Sony verwendet, aber obwohl es in der Liste als „Fast” steht, funktioniert es nur problematisch und nur „Slow”, dauert immer ein paar Sekunden, bis sich das Ding per Kontrast rangepirscht hat. Alle anderen gehen flott. Nur beim alten Samyang Fisheye ohne jegliche Elektronik entstehen sehr gruselige Geräusche. Sie geben gelegentlich Firmware-Updates heraus.

Natürlich meine ich mit „alle” nur die Objektive mit eigenem Focus-Motor. Da der Adapter keinen mechanischen Antrieb hat, kann er natürlich keine Objektive antreiben, die per Antriebswelle eingestellt werden müssen, also die älteren. Ich habe aber nur wenige solche.

Das muss man sich mal vorstellen: Ich habe einen Haufen Nikon-Objektive, und die preisgünstigste und handlichste Kamera zur Nutzung der Objektive, vor allem der DX-Objektive, kommt nicht von Nikon, sondern von Sony.

Schade nur, dass es mit dem 18-200 (noch) nicht gut funktioniert.

Der Übermut

Nachdem das mit dem chinesischen Adapter viel besser funktionierte, als ich gedacht hätte, wurde ich übermütig und habe mir noch den Sony-eigenen Adapter auf das alte Minolta-/A-Bajonett gekauft. Das mit dem mechanischen Antrieb und dem teildurchlässigen Spiegel für einen Phasenautofokus.

Und: Funktioniert.

Sämtliche alten Objektive, die seit 30 Jahren rumstehen, funktionieren.

Zwar mit Einschränkungen, nur wenige Autofokus-Punkte, keine Gesichtserkennung und so, aber sie funktionieren. Jetzt kann ich aussortieren, was noch brauchbar ist und was nicht.

Ausmisten

Jetzt werde ich zuerst mal ausmisten.

30 Jahre alte Blitzgeräte sehen aus wie neu, äußerlich hat sich da nichts getan. Aber nutze sind sie zu nichts mehr. Auf Ebay werden sie zu Dutzenden ab 5 Euro angeboten, aber nicht gekauft. Es gibt keine Kameras mehr, mit denen man sie noch verwenden könnte.

Hebt man sie aus Sentimentalität noch auf? Oder behandelt man sie als das, was sie sind, nämlich als veralteten Elektronikkram?

All den Kabel- und Adapterkram dazu?

Alte Kameras, die keiner mehr haben will, die nach Massenmarkt aussehen, für Filme, und die seltsame Batterien brauchen, die seit 20 Jahren nur noch rumstehen und Talkum ausschwitzen.

Hebt man sie auf?

Oder wirft man sie weg? Wie jeden anderen alten Elektronik-Krempel?

Sind sie etwas besonderes, nur weil sie optische Geräte sind?

Und was mache ich mit den Objektiven, die sich als nicht mehr scharf genug erweisen? Kann man Objektive einfach in den Elektronikmüll geben oder muss man sie nicht doch eher beerdigen? Feierlich verbrennen?

Die Zukunft

Die kleine Sony gefällt mir. Vor allem, weil ich meinte alten Objektive an einer modernen und trotzdem preisgünstigen Kamera verwenden kann. Genaueres bleibt noch auszutesten.

Ich werde nun deutlich entspannter der Dinge harren, die da noch kommen werden, und zum ersten Mal in meinem Leben Fotoausrüstung ausmisten.