Ansichten eines Informatikers

Ich bin so böse, schon meine Socken sind zu 78% toxic

Hadmut
1.3.2017 22:13

Anscheinend steht meiner Karriere zum Bösewicht nicht mehr viel im Wege. Oder: Das freie Internet gibt es nicht mehr lange.

Ein Leser schreibt mir, er habe mal die API von Google Perspective ausprobiert. Ich weiß jetzt nicht, wie er das gemacht hat, aber wenn’s ne API ist, wird er sie wohl irgendwie aufgerufen haben. Irgendwo wird’s ne Docu dazu geben.

Viel weiß ich von Google Perspective noch nicht, sie wollen irgendwie mit selbstlernender künstlicher Intelligenz die Kommunikation verbessern, heißt im Klartext: Filtern, Zensieren, Aussortieren. Soll Wikipedia und die New York Times als Partner haben.

Besagter Leser schreibt, er habe da einen Satz aus einem meiner Blog-Artikel eingegeben, nämlich

„Da zieht’s einem manchmal echt die Socken aus.“

Ergebnis: „78% toxic“

Und ich glaube nicht, dass sie damit den Geruch meiner Socken meinen. (Wer weiß, was da herausgekommen wäre, wenn der ganze Artikel von mir eingeworfen hätte.)

Da kann man sich dann so vorstellen, wie das dann künftig abläuft, wenn das schon so anfängt. In wenigen Jahren wird es nur noch Foren und Plattformen geben, die Äußerungen automatisch danach filtern, ob sie rein sind.

Und wieder mal erweist sich ein alter Science Fiction als prophetisch: In „Datenpanne – das kann uns nie passieren“ hatten sie ja Systeme, die von Datotal und Date Control kontrolliert werden und in denen man keine Pressemeldungen mehr eingeben konnte, die gegen das System verstoßen.

Sowas werden wir dann bald haben. Es heißt dann eben nicht Datotal, sondern Google. Das Ende der freien Rede im Internet ist nahe.

Aber nicht nur das. Früher oder später wird man auch Dissertationen, Klassenarbeiten, Schulaufgaben da durchlaufen lassen und danach benoten. Wir sind dann wieder an dem Punkt, an dem wir überwacht werden und die Karriere davon abhängt, dass man nur das Systemkonforme sagt. Wird man bei Scoring-Agenturen abfragen können.

Irgendwo kam gerade wieder Werbung für Amazon Alexa, die Büchse, die man sich zuhause hinstellt, die immer zuhört und die alles, was man zu ihr sagt, in die Cloud hochlädt, damit es interpretiert wird. (Und viele glauben ja, das Ding hört nur zu, wenn man es mit „Alexa“ anredet – denkt mal drüber nach.) Wir sind nicht mehr weit davon entfernt, wieder an den Punkt zurückzukommen, an dem wir Mikrofone in der Wohnung haben, und danach beurteilt werden, was wir zuhause reden. Gab’s ja schon mal. Grüße von Orwell soll ich auch ausrichten.