Ansichten eines Informatikers

Tabasco und die scharfen Männer

Hadmut
14.12.2014 0:44

Heidernei. Das schon wieder.

Ich habe mein Essen noch nie aus eigenem Antrieb scharf gewürzt. In der Familie wurde gelegentlich Pfeffer, Tabasco usw. eingesetzt, da macht man halt mit. Bei den Pfadfindern habe ich ganze Knoblauchknollen Zehe für Zehe einzeln, roh und direkt gefressen, Stückchen Brot dazu (und hinterher ne Woche lang bestialisch gestunken). Als Student hab ich mich häufig mit ein paar Studienkumpels rumgetrieben, die besonders gerne besonders absurd geschärft gegessen haben. Ich kann mich erinnern, dass die mal in einer Pizza, die für extra scharfe Pizzas berüchtigt war, die schärfste der Speisekarte bestellt haben (auf der eine extra Warnung angegeben war) und sie dann zum Nachwürzen in die Küche zurückschickten, die wäre ihnen zu lieblich und zu schwach. So scharf wie die bekloppten Kommilitonen habe ich nicht gegessen, aber man macht halt mit und es war schon über dem, was der Durchschnittsbürger so runterbekommt.

Ich habe das scharf essen aber damals auch schnell wieder aufgegeben. Aus einem sehr einfachen Grunde: Es schmeckt nicht. Überhaupt nicht. Ich schmecke nur noch Schärfe im Mund, die ich überhaupt nicht als angenehm empfinde, und vom Rest der Speise schmecke ich gar nichts mehr. Da frage ich mich dann, warum die sich überhaupt Mühe beim Kochen geben. Haferschleim oder irgendeine Soja-Pampe gemischt mit Capsaicin hätte genau dasselbe Ergebnis. (Wenn ich mich recht erinnere, beruhen alle scharfen Gewürze und Zutaten auf Capsaicin oder leichten chemischen Varianten.) Ich habe diese Tage ein Chili con Carne bekommen, das auch heftig scharf gewürzt war. Ich habe damit keine Probleme gehabt, halt hinterher ein Brennen im Mund und an den Lippen, aber einigen anderen hat das ziemlich zugesetzt. Da frage ich mich schon: Wozu? Man hätte zwei Drittel der Zutaten einfach weglassen können und keinen Unterschied geschmeckt.

Schärfe überdeckt alles. Manchmal denke ich, wer scharf würzt, hat etwas zu verbergen. Meistens den Geschmack der Speise. Bemerkenswert ist dabei, dass Schärfe im Essen besonders in den Ländern kultureller Bestandteil wurde, in denen die Lebensmittelqualität wegen Hitze usw. beeinträchtigt war. Indien zum Beispiel. Die mussten halt zusammenrühren, was sie hatten, auch wenn’s furchtbar schmeckt und schon angegammelt war. Also würzt man es so, dass man nicht mehr schmeckt, wie es schmeckt, und der Magen sehr viel mehr Magensäure absondert, um das zu verarbeiten. Ich halte es daher für verfehlt, wenn man sich hier Mühe gibt, aus tollen Zutaten ein tolles Gericht zu zaubern und es dann kaputt zu machen, indem man das Notprogramm für verdorbenes Essen drüberkippt. Ich bin zwar kein Gourmet und gehe nur selten in Edelrestaurants, aber für mich ist Essen nicht nur Fraß, um den Magen zu stopfen, sondern ich achte schon darauf, wie etwas schmeckt. Das hängt vielleicht auch damit zusammen, dass ich als Kind einen sehr ausgeprägten und empfindlichen Geschmackssinn hatte. Schärfe hält mich vom Schmecken ab. Ich bevorzuge Essen, in dem gar nichts scharf ist. Chilis, Tabasco usw. können mir gestohlen bleiben. Ausnahmen mache ich nur in den seltenen Fällen, in denen ein scharfer Senf passt, bei Wurzelgemüse im Salat und beim Wasabi (notfalls dem hier üblichen Wasabi-Imitat aus Senf) zum Sushi. Selten etwas Knoblauch, das habe ich mich auch schon lang abgewöhnt. Das sind für mich aber auch alles aromatische Schärfen und nicht die Hau-drauf-Schärfe, die nichts anderes mehr schmecken lässt.

Aber, ach.

Nun meinen sie, dass es mit dem Testosteronspiegel zusammenhängt, wie scharf man würzt. Herrje, steh ich nun als Waschlappen da?

Naja, nicht ganz. Sie meinen nicht, dass Testosteron-starke Männer Tabasco mögen, sondern das Risiko. Naja, gut, da ich schon mal scharf gegessen habe, kenne ich das Risiko ungefähr. Das Risiko, dass mir hinterher die Fresse und der Magen weh tun, muss ich nicht haben.

Fast hätte ich erwähnt, dass eine Korrelation noch keine Kausalität ist. Aber das haben sie schon selbst gemerkt und erwähnt, dass es auch andersherum sein könnte, dass nämlich regelmäßiger Genuß scharfen Essens den Testosteronspiegel hebt. Das aber habe man bislang nur bei Nagetieren nachweisen können.

31 Kommentare (RSS-Feed)

Sten Berg
14.12.2014 1:07
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Oder scharfen Stuhlgang… Geht mir genauso. So unter Jungs mache ich das mal mit. Aber wenn ich koche werden nur aromatische Schärfen verwendet. Knoblauch und Zwiebeln verwende ich schon gerne. Senf nicht.


Georg
14.12.2014 1:12
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Naja, da wo das so herkommt hat es wirklich erst mal einen haltbarkeitsverlängernden Hintergrund. So richtig echt scharf ist offenbar auch Gammelbakterien irgendwie unangenehm, und das Curry hält sich dann 3 Stunden länger. Die Wahl zwischen brennenden Lippen und brennendem Gedärm dürfte international recht gleich ausfallen.

Freiwillige Scharfesseer suchen überspitzt gesagt Nahtoderfahrungen, für die man sonst Fallschirmspringer oder Basejumper sein würde. Dass da jetzt irgendwelche Schnittmengen mit Testosteron existieren, überrascht nur bedingt. Wahrscheinlich haben sie einfach nicht genug Weicheier für ihre Studie gefunden 🙂


vortex
14.12.2014 2:36
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@Hadmut

“Das Risiko, dass mir hinterher die Fresse und der Magen weh tun, …”

… und ein anderes Körperteil mit viel Kontakt zu weichem Papier.

Ich habe mal gehört das Schärfe im Essen ab einem Punkt nur noch Schmerzsignale auslöst. Könnte mich aber auch irren.

tata


Bärle
14.12.2014 3:18
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Ich habe eine gegensätzliche Position. Ich empfinde Schärfe als ein Mittel, Geschmack aufzuschließen. Pfeffer ist zum Beispiel unbestritten ein Geschmacksverstärker. Ich esse zum Teil sehr scharf. Reduziere aber auch immer wieder, denn man gewöhnt sich an die Schärfe und legt dann oft sehr unbedacht nach. Ja, dann wird Schärfe manchmal gar zu einem Aspekt selbstverletzenden Verhaltens.
Habaneros verwende ich nur in kleinen Mengen getrocknet. Chilischoten sind mir zu wenig schmackhaft. Lieber mag ich dann Pfefferoni verschiedener Art. Zum Beispiel die italienischen Chili empfinde ich als eine Bereicherung für jedes Sugo.
In jedem Falle pflanze ich jedes Jahr Pfefferonis an und wecke sie dann im Herbst ein. Zur Brotzeit sind sie dann eine erfrischende Unterbrechung.


Alex
14.12.2014 3:23
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Wär ja neun Versuch wert. Je mehr testo desto besser!

Gibt aber zwei wesentliche Wirkungen von den schasrfen chillies (übrigens aus Südamerika importiert..):
– Hitzeregulation des Körpers (hilfreich in den tropen
– töten von manchen Parasiten (etwa sehr wichtig bei rohem Fisch)

Ich finde schaf übrigens geschmacklich nicht überrdeckend, aber man muss an die scharfe gewöhnt sein um die anderen Geschmäcker zu schmecken.


Geisterkarle
14.12.2014 3:59
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Hm, da muss ich ja mega Testosteron haben, da ich sehr oft scharf esse 🙂
Und muss aber widersprechen von wegen, dass Schärfe alles überdeckt! Vielleicht wenn die Schärfe tatsächlich zu viel ist und da meintest du ja schon das hängt von der Person ab. Und so isses auch: Wenn nun jemand etwas isst (von mir aus Chili con Carne) und dieser Person das viel zu scharf ist, dann kann vermutlich durchaus weniger Geschmack im Essen sein, bekommt man ja gar nicht mit … doch dann kommen Leute, wie ich, die das gemütlich runteressen und “wir” schmecken natürlich mehr raus!
Ich weiss nicht, ob das zusammen hängt, hab mal irgendwo gelesen, dass Leute, die Scharf essen sehr oft einen besseren Geschmackssinn haben! Vielleicht weil die Geschmacksknospen sich durch die Schärfe “kämpfen” müssen! 😉
Und das Schärfe auch was mit der “Nahrungsmittelreinheit” zu tun hat, stimmt glaub durchaus; aber Indien – einem der größten Gewürzexporteure der Welt – vorzuwerfen, dass die nicht würzen ist glaube nicht haltbar! 😉


phaidros52
14.12.2014 4:58
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Ein guter Koch würzt so, dass die einzelnen Geschmacksbestandteile im Essen zu schmecken sind. Das ist die Kunst des Gewerbes. Der Einsatz von Schärfe (gemäßigt) kann (und wird von mir) dient dem Ausgleich des fehlenden Salzes (Bluthochdruck + Alter) eingesetzt.

Übrigens hast du den Abgang des Scharfen gar nicht erwähnt :-))


Hadmut
14.12.2014 11:11
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> Übrigens hast du den Abgang des Scharfen gar nicht erwähnt :-))

Weil ich das Problem eigentlich nie habe. Keine Ahnung, warum das für andere so ein Thema ist und für mich eher nicht.


Francis Schmit
14.12.2014 8:34
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Testosteron für scharfe Jungs, spitz wie Nachbars Lumpi durch eine Prise Pfeffer im Kartoffelsallat, ist eine von Hadmuts berühmten Korrelationen. Demnach müssten die Nigerianer Sexprotzen sein und die Engländer nachwuchslos.
Die Sachlage hängt mit der Verfügbarkeit und der Konservierung von Nahrung zusammen. Ich darf mich auf meine Erfahrung in Westafrika stützen. Vor der neuzeitlichen Kolonisation gab es in den feuchten Tropen kaum Nahrungsmittel. Fleisch war nur durch die Jagd zu erhalten. Im 16. Jahrhundert führten die Portugiesen im Königreich Kongo den Maniok ein, eine aus Brasilien stammende Knollenfrucht, eine Euphorbbiacée, die durch Wässerung von Blausäure befreit wird , die auf Sandböden gedeiht und auf den Wochenlangen Sklaventransporten nach Südamerika haltbar war. Die Grundnahrung in den westafrikanischen Ländern ist Maniokbrei mit Maniokblättern als Spinat und geräuchertem Fisch oder getrockneten Bachgarnelen als Geschmachsbesserer. Der Mensch ist aber ein Allesfresser, und in Togo bestand um 1970 der Jährliche Fleischkonsumm aus 2 Kilo Fleisch und 14 Kilo Fisch. Also musste die Verdauung durch Capsaicin stimuliert werden. Sodann muss Fleich in den feuchten Tropen inner weniger Stunden verkauft und gekocht werden, und elektrische Külsysteme zur Konservierung und Reifung von Fleisch kamen erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Westafrika, so die ersten gelben Bananen mit Kühldampfern der Reederei Laeisz 1914 nach Handurg.
Die Außenstellen der Kaiserlichen Versuchsanstalt für Landeskultur in Victoria (Kamerun) zB. Führte Gemüse aus Europa, sogar Erdbeeren und blumenkohl ein, Obst aus Indonesien und Mittelamerika; spotteten Einheimische noch 1960 über die Weißen,, die Gras fressen wie die Ziegen, sind schmackhafte Salate , Fleischgerichte, importierter Reis und Kartoffeln weitverbreitet, so dass keine Stimullierung der fleischlosen Verdauung mehr nötig ist. Die natürlichen Gegebenheiten beeinflussen das kulturelle Verhalten, und da meine Kinder und Enkel in Westafrika geboren sind, würzen wir die mediterranen Gerichte mit einer Messerspitze Harissa, ohne den Geschmack totzuschlagen.


quer
14.12.2014 10:04
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In der Tat! Schärfe überdeckt gnädig die Unfähigkeit Geschmackskomponenten aufeinander abzustimmen. Ein gutes Essen (6 Gänge z.B.) ist wie eine Symphonie im Konzertsaal.

Wir belieben, hin und wieder vier Leute an unseren Tisch zu laden, um zu sechst zu genießen. Natürlich nur solche, von denen wir wissen, daß sie überhaupt genießen können.

Ohne die Fähigkeit, Gewürze, Kräuter, Zutaten usw. aufeinander abzustimmen, und auch die Abfolge des Menüs entsprechend zu gestalten, kann jedes Gericht für sich nicht die gleiche Harmonie entfalten, wie im Verbund.

Erst dann ist es überhaupt möglich, aufeinander abgestimmt, zu jedem Gang den (falls der Keller es hergibt) entsprechenden Wein zu kredenzen. Das hat schon was. Wir haben es neulich mit fünf auf die Gänge ausgerichteten Rieslingen probiert.
Das Publikum raste…

Für die Feiertage liegt der letzte 83’er Riesling Spätlese bereit….


quer
14.12.2014 10:08
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@Sten Berg,
Knoblauch ist viel effizienter, wenn man – statt in den (Feld-)Salat – einfach damit die Salatschüssel einreibt.


wollepelz
14.12.2014 10:37
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Die Geschichten mit dem Testosteron sind sowieso allesamt zu hinterfragen. Du hattest hier ja kürzlich auch einen Artikel zu.

Bei mir ist eine recht hohe Zahl an Testosteron festgestellt worden. Seit mein Sohn da ist, esse ich überhaupt nicht mehr scharf und muss mich Deiner Meinung mit der “Geschmacksüberdeckung” anschließen.

Meine Merkwürdigkeiten zum Testosteron:
http://www.pelzblog.de/2014/11/obskur-und-eher-weiblich-testosteron-hinterfragt/


Marco
14.12.2014 10:48
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Capsaicin ist nicht der einzige “Scharfmacher”. Senf, Rettich und Wasabi erhält seine Schärfe z.B. durch Isothiocyanat. Auch ist nicht klar, ob Chili ob seiner antibakteriellen Wirkung in einigen Ländern mit mangelnder Hygiene beliebt ist oder ob das an anderen Dingen liegt. Die (nachgewiesene) antibakterielle und fungizide Wirkung des Chili stammt nicht vom Capsaicin, sondern vom Inhaltsstoff Saponin.

Es kann also sein, dass die Korrelation “häufige Chiliverwendung”/”unhygienische Lebensbedingung” keinen kausalen Zusammenhang hat. Stattdessen könnte es sein, dass die Korrelation “häufige Chiliverwendung”/”sehr warmes Klima” besser erklärbar ist. Chili kann nämlich die Körpertemperatur senken, weil das Capsaicin auch die Wärmerezeptoren anspricht und deshalb der Körper beginnt auf Kühlung zu schalten. Isothiocyanat hat diese Wirkung nicht.

Siehe auch Das Chili-Geheimnis


Hadmut
14.12.2014 11:04
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@Marco: Ich habe mehrfach – auch von Indern – gehört, dass man in Indien so scharf würzt, um die Speise verdaulicher zu machen. Das deutet auf die Hygiene-Erklärung.


Geisterkarle
14.12.2014 11:48
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>> Übrigens hast du den Abgang des Scharfen gar nicht erwähnt :-))
>
> Weil ich das Problem eigentlich nie habe. Keine Ahnung, warum das
> für andere so ein Thema ist und für mich eher nicht.

Ha! Danke Hadmut! Ich wollte das gleiche schreiben! Auch ich kenn das gar nicht!
Nichtsdestotrotz hier der alte “Tipp”, dass ein gutes Chili dreimal brennt:
1. im Mund
2. beim Stuhlgang
3. dem Kanalarbeiter in den Augen!
😉


Robinium
14.12.2014 11:50
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Wegen dem scharfen Essen in tropischen Ländern: ein weiterer Grund ist, dass Insekten dadurch einen Bogen um die Reste für den nächsten Tag etc. machen. Die hassen scharfes Essen.


patzer
14.12.2014 13:04
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yasar
14.12.2014 13:43
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Ich finde empfinde Schärfe als Bereicherung der “Geschmacksvarianten”. es muß im wesentlichen auf das Essen abgestimmt sein. Bei einem Rinderbraten mit Semmelknödeln ist Schärfe i.d.R. gänzlich fehl am Platz aber ein Hühnchencurry mit Reis ohne eine gewisse Grundschärfe würde doch sehr fade schmecken. Der Kunst ist es meist, den richtigen “Schärfegrad” für den jeweiligen Esser zu finden, insbesodner wenn in einer Familie die ganze Bandbreite von ein “pefferkorn” ist zuviel des Guten” bis “wie, nur drei chlischoten?” vertreten ist.

Ich habe auch die Erfahrung bei diversen asiatischen Küchen gemacht, daß “nachschärfen” selten den Geschmack verbessert, sondern man eher schon beim Kochen die Schärfe mit dazugeben muß, damit sie auf das Essen abgestimmt ist.

PS: Die “Zigeunerpizza” im Caminetto mußte man doch gar nicht nachwürzen. 🙂


Hadmut
14.12.2014 14:57
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> PS: Die “Zigeunerpizza” im Caminetto mußte man doch gar nicht nachwürzen.

Oh, das geht politisch nun gar nicht mehr.


klaus
14.12.2014 15:52
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Es ist tatsächlich so:

– scharfe Gewürze überdecken den Geschmack u.a. (zu) alten Fleisches
– haben z.T. Desinfektionswirkung
– regen den eigenen Stoffwechsel an

Capsaicin schreckt Säuetiere ab,aber nicht Vögel. Daher, die Früchte werden vermehrt von Vögeln gefressen.

Beim Menschen lößt Capsaicin einen Schutzvorgang gegen Verbrennung aus.
Die Zunge, Mund usw. “denkt” sie wird verbrannt. Es werden vermehrt Hormone u.ä. ausgeschüttet um die vermeintliche Gefahr im Zaum zu halten.

Leider gewöhnt der Gaumen sich an stetigen Capsaicin Genuß, um die gleiche subjektive Schärfe aufrecht zuerhalten (wie beim Salz) muss die Capsaicin Konzentration erhöht werden.

Schmeckt man nur noch scharf, ist einfach zu viel Capsaicin drin.

cu, Klaus

P.S.

Vanilleeis mit Capsaicin 🙂
Mal probieren…


Dirk S.
15.12.2014 9:26
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@ Hadmut

Ich halte das, was das Essen betrifft, für eine unzulässige Verallgemeinerung.

> Laurent Bègue von der Universität Pierre Mendès-France

Wenn, dann gilt das allenfalls für Franzosen aus der Gegend. (Wie ist eigentlich die Würze der lokalen Küche?) Solche Studien kranken (wie Psychologiestudien generell, deren Ergebnise gelten eigentlich nur für Menschen mit höherem Bildungsniveau und guter wirtschaftlicher Stellung, weil Erstsemesterstudenten gezwungenermaßen das Gro der Probanden stellen) an der geringen Anzahl der Probenden (119 sind nun nicht wirklich viel, um solch einen Effekt zu sichern), außerdem muss man noch den Hintergrund der Probanden betrachten (z.B. ob die generell scharfes Essen mögen), schließlich findet ja schon allein durch die Probandensuche eine Vorauswahl statt (wer meldet sich auf die entsprechende Anzeige).
Erinnert mich an die französische Studie, nach der Rotwein gut fürs Herz sein soll. Da musste immer wieder zurückgerudert werden und jeder der weiß, wie Franzosen ihren Wein trnken, der weiß auch, dass man den Wein durch fast jedes Getränk ersetzen kann.

Andersrum ist es natürlich so, dass Männer mit einem erhöhten Testosteronspiegel auf schafe Dinger stehen. Sollte das einer Franzmänner ducheinander bekommen haben? Vieleicht, weil er mit erhöhten Testosteronwerten mit einer attraktiven Assistentin zusammen arbeiten musste und sich nicht konzentrieren konnte? 😉

Testosteronfreie Grüße,

Euer Dirk


yasar
15.12.2014 9:59
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> Oh, das geht politisch nun gar nicht mehr.

Die Pizza Zingara gibt es auch unter dem neuen Betrieber immer noch, wie ich diesen Herbst nach einem Jahrzehnt “Caminetto-Abstinenz” feststellen durfte


maSu
15.12.2014 11:05
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Naja…
hoher Testosteronspiegel=Risikobereitschaft
hohe Intelligenz=Erkennen welches Risiko es wert ist eingegangen zu werden oder nicht.

Also:
Viel Testosteron+geringe Intelligenz = ganz schlecht.

Gilt aber auch bei Frauen … was da ein hoher Estrogenspiegel mit geringer Intelligenz ausmacht, das erleben wir beim modernen Feminismus.

Da habe ich die Männer, die sich selbst gefährden lieber als die Damen, die mich damit nerven.


Action Jackson
15.12.2014 11:34
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Ich glaube ebenfalls nicht, das es mit dem Testosteronspiegel zusammenhängt, wie scharf man würzt oder wie sehr man Schärfe mag.

In asiatischen Raum ist Chili sehr verbreitet, es dient unter anderem auch der Haltbarmachung von Speisen.

Zur Schärfe allgemein: Schärfe ist nicht gleich Schärfe und ein Kenner wird auch den Unterschied zwischen den einzelnen Chili Sorten schmecken können. Es ist auch nicht so, das die Schärfe alles andere überlagert. Richtig eingesetzt gibt sie dem Essen einen komplexeren Geschmack.

Glaubt ihr nicht? Probiert mal die thailändische Küche. Hier gibt es Speisen, die sich erst durch Zugabe von Chili entsprechend entfalten. Ohne Chili schmeckt eine Tom-Yum-Gai oder Radna Suppe merkwürdig. Es fehlt der Gegenpart zur Süsse bzw. zum Saueren. Ich bin jedes Mal überrascht, das manche Suppen teilweise 2-3 Esslöffel Chili vertragen, was bei anderen Gerichten quasi ungeniessbar wäre.

Ich esse sehr gerne scharf, allerdings muss es zum Gericht passen, bzw. dessen Komplexität fordern. Es kann aber durchaus einige Zeit in Anspruch nehmen, bis man seinen Geschmackssinn soweit hat die Komplexität auch wirklich wieder auseinanderzunehmen. Ich vergleiche es am ehesten mit einem Whisky/Weinkenner. Einen Laphroaig einem Schnapstrinker hinzustellen ist quasi wie Perlen vor die Säue zu werfen.


Dirk S.
15.12.2014 13:51
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@ maSu

> hoher Testosteronspiegel=Risikobereitschaft

Nö. Der Zusammenhang wird behauptet, ist aber nicht bewiesen. Eher gilt: Ein hoher Testosteronspiegel verstärkt die vom direkten sozialem Umfeld erwünschen Verhaltensweisen. Sind die friedlich-kooperativ, dann sind Männer friedlich-kooperativ, sind die kämpferisch-aggressiv, dann hast du schnell eine Situation wie im Nord-Irak.

> hohe Intelligenz=Erkennen welches Risiko es wert ist eingegangen zu werden oder nicht.

Das hat wenig mit Intelligenz zu tun, eher mit Verstand und Vernunft. Und natürlich auch mit Lebenserfahrung. Das ist allenfalls ein Teilaspekt von Intelligenz. Verwechsle nicht Intelligenz mit der Abwesenheit von Dummheit. Auch ein intelligenter Mensch kann dumm sein.

> Viel Testosteron+geringe Intelligenz = ganz schlecht.

$irgendetwas + große Dummheit = immer ganz schlecht. Intelligenz ist inzwischen völlig überbewerted. Angeblich soll die jüngere Generation intelligenter als die ältere sein, bekommt aber keinen Nagel in die Wand (das muss Opa machen) und geht zum Knöpfe annähen lassen zu Oma. Aber auf dem mit Fettpatschen verschmierten Smartphone rumwischen und das nicht mal sauber bekommen.

> Gilt aber auch bei Frauen … was da ein hoher Estrogenspiegel mit geringer Intelligenz ausmacht, das erleben wir beim modernen Feminismus.

Wenn das mit dem Estrogenspiegel stimmen würde, wäre Femismus medikamentös behandelbar. Aber wie sieht es mit Feministinnen nach der Menopause aus?

> Da habe ich die Männer, die sich selbst gefährden lieber als die Damen, die mich damit nerven.

Solange mich beide in Ruhe lassen und mir keine Vorschriften machen wollen, sollen die machen, was sie wollen. Jeder blamiert sich selbst sogut er/sie/es kann und jeder hat das Recht sich selbst umzubringen. Nur eben nicht, andere damit zu belästigen. Insofern zustimmung.

Gefährungsfreie Grüße,

Euer Drik


Michael
16.12.2014 1:43
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Was haben Chili, Bier, Sauerkraut, Kimchi, Schimmelkäse und vergorenes Blut gemeinsam?

Man gewöhnt sich dran.

Essen ist essbar, der Rest Kultur. Da sollte man nicht zu lange darüber nachdenken.


Knut
16.12.2014 14:17
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@Action Jackson
Das mit dem Laphroaig ist sehr wahr. Es gilt übrigens für die gesamte Islay und Springbank-Palette.
Auch bei Rauchbier kommt diese Ablehnung bei Erschütterung der Geschmacksgewohnheiten sehr stark zum Ausdruck. Wobei es das die extremen, wie das Schlenkerla und die leichteren gibt.

Dieses Geschmackstraining zeigt sich sehr stark bei der Betonung von süß und salzig, den billigsten Gewürzen. Bei einigen Getränken und Kuchensorten muss ich passen, weil ich diese vordringliche Süße einfach nicht mag. Bei einem Chili war es so, dass ich es versalzen fand, während das den Kollegen nicht gestört hat, der fand es zu scharf, was ich als allenfalls pikant empfand.
Auch bitter und sauer haben es schwer in diesen Tagen. Ein schönes herbes Pils, wird von einigen als zu hart empfunden. Ich kann nur hoffen, das die sich auf was anderes einschießen und nicht durch Meckerei die noch existierenden herben Pilse in den Einheitssumpf ziehen. Beim Sauerbraten hatte ich schon das “Vergnügen” einen tot gesüßten rheinischen Sauerbraten zu bekommen. Leider haben die Leute ohne kulinarisches Verständnis den größten Elan alles auf ihr beschränktes Niveau zu bringen.


A.Lias
16.12.2014 17:17
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Ich habe die Erfahrung gemacht, dass schärfe im Essen die anderen Geschmackselemente noch weiter hervorheben kann. Als Erklärung dafür habe ich mal gelesen, dass durch die Schärfe die Zunge usw. stärker durchblutet wird und man daher mehr Geschmacksnuancen wahrnimmt.
Natürlich gilt dies nur solange man an die Schärfe gewohnt ist.

Ebenso habe ich bemerkt, dass ich früher deutlich schärfer gegessen habe und es mit zunehmendem Alter immer weniger wird. Weiß aber nicht, ob das mit einem sinkenden Testosteronspiegel zu tun hat oder ich durch das fade Kantinenessen verweichliche…


Küstennebel
18.12.2014 7:15
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Wie schon korrekt woanders angemerkt erfüllt besonders scharfes Essen in manchen Gegenden der Welt eine keimtötende Wirkung. Hinzu kommen die Effekte der Hitzregulation.

Das das dann über die Generationen zu Anpassung führt und vor allem in jungen Jahren auf extrem scharf geeichte Menschen diese Nahrung problemlos verzehren und dabei von den Vorteilen Nutzen erhalten, während die Nachteile sich in Grenzen halten. Nämlich die Ursache für das Brennen ist ein Schmerz und wie alle Schmerzreflexe entwickelt der Mensch eine Gewohnheit daran, stumpft ab, bemerkt es irgendwann nicht mehr. Genauso wie dem Schmied so schnell nix mehr an den Händen zu heiß wird, ist dem Scharfspeisen-Gewohnten dann das Essen zu scharf.

Im Gegenteil ermöglicht die so erworbene Ignoranz gegen das Schmerzempfinden den Geschmack trotzdem zu genießen bzw. wahr zu nehmen.

Der andere Effekt ist ein Ritual wie wir es aus anderen Bereichen auch kennen: Toleranz gegenüber Schmerz als Symbol für Stärke. Z.B. das Viel-Saufen-Können.

Leider muss man also wirklich sagen, das da etwas dran ist. Aber auch nur Etwas. Denn dieses Verhalten ist deutlich infantil und verliert mit zunehmender Bildung, zunehmendem Alter / Reifezuwachs an Bedeutung.

Die moderne Integration dieser Eigenschaften, die eine Selbstbewertung (bzw. narzistische Überbewertung) darstellen, findet über das Leistungsideal statt: Wer möglichst viel Leistung bringt, gilt auch Viel. Als Maßstab für Leistung gilt heutzutage vermehrt das Einkommen – Geld und damit Reichtum.

Allerdings sind alle buchstäblichen und abgeleiteten Kapitale (soziales Kapital Netzwerke oder auch Schönheit, das soziale Netzwerke befördert, gesundheitliches Kapital , körperliche Leistungsfähigkeit beweisbar durch Sport und ähnlichem.

Allen diesen Deutungen ist gemeinsam das sie auf Schein und nicht auf Sein abgestimmt sind. Sie bilden allesamt ein “Haben” ab und bedienen sich daran. Diese Form der Selbstzuschreibungen kann man getrost als eine Ausdruck einer Identitätsstörung betrachten.

Der Verlust des menschlichen führt zu dieser Störung. Der Verlust sozialer Rollenzuschreibung, der beruflichen Identität und einer auf soziale Bindungen und sozialem Verhalten beruhenden Selbstzuschreibung und damit Identitätsaneignung über die Familienstrukturen, Geschlechtszuordnung und einem klassisch orientierten Wertesystem, das insbesondere seinen mittelpunkt in der christlich-jüdischen Religion Niederschlag findet. Was nicht heißt, das es nicht überall auf der Welt anzutreffen ist.

Dürfte deutlich werden, wieso der gegenderte Zeitgeist gegen diese Art von Identitätskonzeption wetter 😉

Übrigens: Die These das Testosteron mitbestimmt wie viel Schärfe der Mann wünscht, ist nachvollziehbar und nicht unbedingt falsch. Testosteron hemmt das Schmerzempfinden und kann über diese Schiene selbstverständlich Ursache für mehr Pfeffer im Essen sein.

Letztlich ist es aber primär eine Frage der Gewohnheit und warscheinlich einer angeborenen geringeren Schmerzsensibilität gegenüber dieser Reize. Und das ist bei Frauen genauso wie bei Männern entscheidend.

http://www.euleev.de/images/EULEN-SPIEGEL/2005/2005-3_i3_web_EULE.pdf
(leider nur Ausschnittsweise)

http://www.scinexx.de/wissen-aktuell-1026-2004-06-16.html

Vielleicht haben wir auch alle nur einen Vogel ^^

Beste Grüße


Dirk S.
18.12.2014 14:03
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@ Küstennebel

Prost! 🙂

> Letztlich ist es aber primär eine Frage der Gewohnheit und warscheinlich einer angeborenen geringeren Schmerzsensibilität gegenüber dieser Reize. Und das ist bei Frauen genauso wie bei Männern entscheidend.

Bei den Mythbusters hatten die mal die Schmerztoleranz (eigentlich war das eher eine Kältetoleranz der Hand) zwischen Männer und Frauen gemessen. Es ging um das Vorurteil, dass Frauen weniger schmerzempfindlich seien als Männer. Jedenfalls haben die eine interessante Sachen herausgefunden, die die leider nicht vertieft haben.

Bei Männern gab es eine recht gute Verteilung über die gesamte Einwirkzeit, also von hielt nicht lange durch bis hielt die ganzen 2 Minuten durch. Bei Frauen gab es eher eine Häufung an den Rändern, also hielt bis zum Ende durch oder nur kurz. Der unterscheidene Faktor war, dass Frauen, die mindestens eine natürliche Geburt (also ohne [Teil-] Nakose) hatten, voll durchhielten, die anderen eher nicht.

Leider war die Probadenanzahl (ich glaub es waren 20 pro Geschlecht) gering, mit mehr Probanden und besseren Befragungen (die sie in irgendeiner Form gemacht haben mussten, sonst hätten sie nichts von den Geburten gewusst) hätte sich wohl ergeben (meine Schlussfolgerung), dass die Schmerzempfindlichkeit von früheren Schmerzerlebnissen abhängt. Weil, wenn ich mir die (wenigen) gezeigten Männer so angesehen habe, dann erschienen mir die, die lange durchhielten, als welche, die schon mal einen schweren Unfall gehabt haben könnten, wäherend die, die nicht so “hart” waren, eher nicht so wirkten. Schade, dass das nicht vertieft wurde. Na ja, ist halt nur Unterhaltung (wenn auch etwas bessere, finde ich).

Unterhaltende Grüße,

Euer Dirk


Küstennebel
18.12.2014 22:39
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Danke für Ihre Ausführungen!

Ich habe vor wenigen Tagen folgende Sendung gesehen.

http://www.zdf.de/terra-x/supertalent-mensch-koerperbeherrscher-am-limit-der-koerperlichen-leistungsfaehigkeit-35755080.html

Wim Hoff, der Eismann, hat interessante Leistungen vollbracht.

In der Sendung erklärt er, das er als Kind zwei mal fast erfroren sei.

Es würde zu Ihrer These passen, denn auch mir erscheint es wie folgt: Das Menschen, die bestimmte Streßerfahrungen positiv erlebt und ohne Schaden überstanden haben, eine Art positives Trauma erleben. Der Körper reguliert seine Grenzen dann ggf. neu und das würde bedeuten, das Schmerzempfinden dadurch vergrößert wird aber auch der Mensch selbst durch diese Erfahrung Selbstbewußter.

Vielleicht ist das gar nicht so falsch in dieser Richtung und das das auch mit hormoneller Regulation einher geht und gehen muss, ist eine Logik der Tatsache, das unser Körper nun mal durch Hormone gesteuert und reguliert wird.

Schönes Wochende Ihnen