Ansichten eines Informatikers

Typischer Schnellschreibfehler

Hadmut
16.1.2012 11:11

Ich habe hier ja schon öfters mal erwähnt, daß mir gelegentlich eine ganz bestimmte Kategorie von Schreibfehlern unterläuft, die nichts mit Wissen zu tun hat.

Weil mir schon öfters Schreibfehler unterlaufen sind, die nicht orthographisch falsch, sondern sinnentstellend sind, hatte ich es schon gelegentlich mal in Kommentaren erwähnt: Offenbar speichert das Gehirn bei Tastatur-Vielschreibern ganze Bewegungsabläufe und nicht die Buchstabenschreibweise ab, und speichert diese Abläufe nicht nach dem Wortsinn, der Wortwurzel oder der Grammatik, sondern tatsächlich nach dem Klang ab. Manchmal passiert es mir, daß ich im Eifer des Gefechts komplett falsche Silben schreibe – richtig denke, aber einfach der falsche Bewegungsablauf aus den Fingern in die Tastatur fließt. Übrigens nicht nur in Deutsch, sondern manchmal auch (seltener) Englisch, in ganz seltenen Fällen sogar sprachübergreifend.

Beim Durchklicken durch Bilder der gesunkenen Costa Concordia habe ich nun einen für diesen Fehlertyp ganz charakteristischer Fall entdeckt: viel statt will

Nun haben sich die Schornsteine des Schiffs fast parallel zur Wasserlinie geneigt, große Teile des Wracks sind unter Wasser – und kaum jemand viel über die Umweltfolgen nachdenken: An Abtransport ist nicht zu denken. Doch das menschliche Drama steht im Vordergrund.

Geht offenbar nicht nur mir so.

7 Kommentare (RSS-Feed)

ck
16.1.2012 15:30
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Ich glaube, im Englischen gibt’s dafür den Begriff “Muscle Memory”.

Das ist bei einigen Menschen der Grund, warum sie beispielsweise mit Texteditoren, die ausschließlich über die Tastatur bedient werden (können), wie VI und Emacs, viel schneller arbeiten können als mit Point-and-Click-Software. Man denkt “drei Zeilen löschen” und ist damit fertig, bevor der Gedanke zuende gedacht ist. Und wenn man häufiger “viel” statt “will” schreibt ist man damit möglicherweise auch schon fertig, bevor das Gehirn den Irrtum bemerkt.

Ich bin selbst VI-Nutzer und erlebe es häufig, dass ich in anderen Programmen “:wq” eingeben und mich dann für einen Sekundenbruchteil wundere.


Hadmut
16.1.2012 15:32
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Ja, den Effekt, daß bei solchen Programmen schon fast wie automatisch etwas „passiert” ist, wenn man noch gerade dran denkt (oder bevor man richtig nachgedacht hat), kenne ich. Also ob bestimmte Bewegungsabläufe direkt mit den Gehirnteilen für den Gedanken verbunden sind.


Hadmut
16.1.2012 15:35
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Nachtrag:Ist zwar inzwischen auch schon wieder fast 20 Jahre her, aber ich hab mal ziemlich intensiv Karate trainiert. Da trainiert man genau das gleiche, nämlich bestimmte Bewegungsabläufe so stark mit dem Hirn zu vernetzen und an Gedanken zu binden, daß sie schon passiert sind, bevor man bewußt drüber nachdenkt. Nur so erreicht man die für Nahkampf erforderliche hohe Geschwindigkeit. Wer denkt, verliert, weil er zu langsam ist.


Michl
16.1.2012 15:35
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Danke, ich dachte schon ich werde im Alter blöd (oder werden wir gemeinsam blöd?), mir passiert das nämlich, vorwiegend sprachübergreifend, auch.


yasar
16.1.2012 19:10
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Yepp, kann beides bestätigen. Sowohl karate (was ich aktuell wieder mache9 und daß die Finger mit dem Schreiben fertig sind, bevor ich zu Ende gedacht habe. Meine Frau schimpft schon mit mir, wie ich denn so viele Fehler in meine Texte einbauen könnte.

Übrigens bediene ich auch viele Texteditoren mit vi- und/oder emacs-Kommandos und wundere mich dann, daß nicht das passiert, was ich wollte. 🙂


wirhätteneswissenmüssen
18.1.2012 3:04
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Könnte es nicht sein, daß Du eigentlich schreiben wolltest “kaum jemand will viel über die Umweltfolgen nachdenken”, das “will” verloren ging und Dir das nur entfallen ist? Das genannte Phänomen will ich nicht abstreiten, aber Abgleiten von “will” zu “viel” scheint mir zu weit hergeholt, schon wegen des deutlichen phonetischen Unterschiedes.


Hadmut
18.1.2012 8:08
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Das wäre allerdings auch möglich…danke