Ansichten eines Informatikers

Von der Fluggesellschaft schikaniert

Hadmut
2.4.2011 22:33

Und auch heute wieder eine neue unerträgliche Folge aus der nie enden wollenden Serie: Ich und die Flughafensicherheit. Heute aber mal Safety statt Security.

Wie ich schon gebloggt habe, befinde ich mich in Urlaub. Urlaub im Sinne von ich bin woanders. Um das zu erreichen, habe ich mich einer Fluggesellschaft bedient. Und dabei etwas erlebt.

Eigentlich habe ich nur dreierlei dabei: Eine kleine Auswahl der nötigsten Klamotten, die müssen dann eben aushalten, daß sie vor Dreck stehen. Dann so das nötigste an Reiseapotheke samt etwas Notfallvorsorge, die mir der Hausarzt dringend empfohlen hat. Und ansonsten Fotoausrüstung, wozu inzwischen auch ein Peli-Koffer zum Schutz der Ausrüstung vor Stößen, Wasser, Staub gehört.

Der Haken an der Sache ist: Trolley und Fotokoffer (wobei ich die wertvollen Sachen da beim Flug nicht drinhatte sondern im Kabinengepäck mitgenommen habe) wiegen zusammen – trotz Zurückhaltung – 27 Kilogramm. Hört sich viel an, hat sich aber schnell beisammen.

Letztes Jahr war in ich Neuseeland und hatte schwereres dabei, was aber nicht schlimm war, weil ich mit Emirates geflogen bin. Die erlauben 30 kg und zählten die Fotoausrüstung dabei nicht mal mit. Da bin ich mit erklärter Kulanz problemlos durchgekommen. Wußte aber, daß es zuviel ist, und habe daher zwei schwere Sachen durch leichte ausgetauscht. Das robuste und trotzdem preisgünstige Alu-Stativ gegen ein saugeiles, profimäßiges und nur 2,5 kg schweres, aber leider auch richtig teures Carbon-Stativ getauscht. Und den großen, sperrigen und schweren Nodalpunktadapter gegen einen RRS-L-Winkel an der Kamera und eine gleiche Distanzschiene. Das beschränkt einen zwar auf horizontale Panoramen, ist aber drastisch leichter.

Gestern stand ich also nun am Flughafen. Laut Auskunft der Fluglinie sind 23 kg Gepäck erlaubt. Mittels Kofferwaage hatte ich vor der Abreise Trolley und Koffer noch auf 18 und 7 kg runtergespeckt und auf Kulanz oder Messfehler gehofft. Am Flughafen aber hat die Fluglinie das Gepäck abgelehnt: 19 und 8 kg behauptete deren Waage, das seien also 4kg zuviel und damit nicht mehr akzeptabel. Entweder hätte ich 30 Euro pro kg zuzuzahlen (was bei drei Flügen satte 360 Euro wären bzw. schon mal je nach Diskussionsfähigkeit 90 oder 120 Euro für den Hinflug, wofür man theoretisch seine Klamotten in den Müll werfen und am Zielort mit Abstrichen neu kaufen kann) oder ich müßte was aus dem Gepäck herausnehmen.

Da war ich sauer.

Nicht, daß man der Fluglinie einen direkten Vorwurf machen könnte. Es bleibt ja jeder Fluglinie selbst überlassen, welche Leistung sie anbietet. Wenn sie will, kann sie das aufgegebene Gepäck auch vom ersten Kilo an voll berechnen (was ja manche Billigflieger schon in Betracht gezogen haben). Ich bin ja nicht gezwungen, mit denen zu fliegen, sondern selbst dafür verantwortlich, mir das passende Angebot herauszusuchen. Bin ja alt genug.

Ein wesentlicher Punkt ist aber, daß ich zu dieser Auswahl vergleichbare Angebote brauche. Und wenn eine Fluglinie bei 20kg hart Schluß macht, die nächste bei 23kg, während die dritte einem 30kg erlaubt und es sowieso kulant handhabt und Foto nicht mit einrechnet, dann sind die Grundpreise nicht mehr vergleichbar. Dann kommt es auf das Kleingedruckte an. Und bei dem Aufpreis, den man von mir verlangte, wäre diese Fluglinie beim Preis nicht konkurrenzfähig gegenüber manchen anderen.

Womit ich nicht grundsätzlich etwas gegen Gewichtsbeschränkungen sagen will, auch nicht gegen durchgesetzte. Aber man muß halt beim Preisvergleich erkennen können, was man kauft und wo sich die Angebote unterscheiden.

Zudem kam ich mir doppelt verarscht vor.

Die erste Verarsche war, daß man ja von mir verlangte, entweder zu zahlen, oder etwas aus dem Gepäck zu nehmen. Ich habe ernsthaft überlegt, Hosen und Hemden in den Müll zu werfen, dann kam mir aber die Idee, einfach das Stativ und die Reiseapotheke rauszunehmen, was zusammen 3kg macht. Dann waren sie zufrieden, haben das Gepäck akzeptiert und ich stand mit dem Krempel unter dem Arm da, weil er nicht mehr in meine Tasche paßte. Komischerweise hat niemand etwas gesagt oder auch nur gefragt, als ich den Krempel dann mit in die Kabine genommen habe. Das heißt, sie haben überhaupt keinen Sprit gespart, weil das Zeug ja doch mitflog. Aber wenn ich es selbst reintrage, wiegt’s keiner. Und was man nicht weiß, macht einen nicht heiß. (Das war beispielsweise beim Rückflug aus Neuseeland anders. Dort hat zwar die Fluglinie mitgespielt, daß ich den ganzen Kram mit mir rumtrage, aber die Flughafensicherheit hat mich nicht an Bord gelassen. Dort war Gesetz, daß ein Bordgepäckstück nicht mehr als 7 oder 8 kg wiegen darf, damit es niemanden zu sehr verletzt, wenn es aus dem Gepäckfach fällt. Ich dürfe soviel mitnehmen, wie ich Lust habe und die Fluggesellschaft akzeptiert, aber ich müsse es eben auf mehrere Taschen verteilen, was ich damals bewerkstelligte. Immerhin hatten sie einen vernünftigen, nachvollziehbaren Grund.)

Ich kam mir jedenfalls ziemlich schikaniert vor, daß es beim aufgegebenen Gepäck angeblich nur gegen hohe Gebühr möglich ist, ich das Zeug aber problemlos mit mir rumschleppen kann.

Der zweite Punkt, an dem ich mir verarscht vorkam, ist der Vergleich mit Sportausrüstungen. Auf der Webseite der Fluglinie gibt es eine laaange Liste von Sportausrüstungen, teils echt abgefahrenes Zeug, das man kostenlos und ohne Anrechnung auf die Höchstgrenze von 23kg mitnehmen darf. Und tatsächlich lagen auf dem Gepäckband nachher vier riesige und schwere Golfschlägertaschen (die so groß waren, daß ich mich fast aufrecht hätte hineinstellen können) und drei große Fahrradkoffer – also Schalenkoffer, in die man komplette Fahrräder reinpackt, natürlich samt der Fahrräder. Alles kein Problem, alles kostenlos. Ich hätte mein kleines leichtes Stativ also völlig problemlos und kostenlos einchecken können, indem ich einfach noch zusätzlich Golfschläger oder ein Fahrrad, vielleicht auch ein Surfbrett oder sowas, mitgenommen und das Stativ einfach in die Tasche oder den Koffer mit reingepackt hätte. Ein kaputtes Fahrrad oder ein paar verbogene Golfschläger bekommt man locker für 20 Euro, das ist unter dem Strich viel billiger als die 90 oder 120 Euro, die die von mir wollten. (Was mich enorm an eine Story erinnerte, die ich mal in irgendeinem Fotografenforum gelesen habe. Ein amerikanischer Fotograf hatte sich beschwert, weil seine Fotoausrüstung beim Flugtransport irgendwie beschädigt oder geklaut worden war. Ihm wurde erklärt, daß Fotoausrüstungen aus Sicht der Fluglinien gewöhnliches Gepäck seien und nicht bewacht würden, weil die Fluglinien nur mit Pauschalbeträgen hafteten. Denen sei das egal, ob das Zeug wertvoll ist oder nicht. Auf die Lösung hat ihn dann ein befreundeter Jurist gebracht. In den USA darf nämlich jeder Bürger problemlos Schußwaffen mit ins Flugzeug nehmen. Nur müssen die eben als Sondergepäck aufgegeben werden, das Gepäck wird versiegelt, speziell bewacht und persönlich gegen Quittung übergeben. Also hat er sich billig eine kleine, gebrauchte Pistole gekauft und die in seinen Fotokoffer gesteckt, den er eben nicht mehr als normales Gepäck, sondern als Waffenkoffer eincheckt, und seither paßt man auf seine Fotoausrüstung angemessen auf.) Also sollte ich künftig nicht weniger, sondern mehr Gepäck mitnehmen? Alte Fahrräder und billige Golfschläger als Transportalibi? Ich muß sie nur dazu bringen, mein Stativ als Surfbrett oder sowas zu akzeptieren.

Ich habe sie mal gefragt, was der Blödsinn soll. Ja, erklärten sie mir, das habe politische Gründe. Das Land, in dem ich mich befinde, möchte den Tourismus fördern und hat eine Liste von Sportarten aufgestellt, für die man als Urlaubsland dastehen möchte. Und die örtliche Fluglinie möge sich da doch gefälligst nicht als Hindernis darstellen und die Arbeit der Tourismusabteilung nicht sabotieren, indem man die mühsam angeworbenen Touristen durch saftige Preise abschreckt. Nur dummerweise gehört Fotografieren eben nicht zu den erlesenen „Sportarten”, auf die man es abgesehen hat. Weshalb zwar Fahrräder, Surfbretter, Tauchausrüstungen, Golfschläger draufstehen, auch Kinderwägen werden akzeptiert, nur eben keine Fotostative. Nicht mal dann, wenn sie so klein und leicht sind, daß ich sie unaufällig mit an Bord nehmen kann. Oder vielleicht, weil man Leute mit besserer Fotoausrüstung nicht als Touristen, sondern als Berufstätige wahrnimmt.

Die Sache hat aber auch einen sicherheitstechnisch bedenklichen Aspekt.

Früher, vor langer Zeit, war das mal so, daß die Fluglinien aus Sicherheitsgründen darauf geachtet haben, daß man wenig Bordgepäck mitnimmt. Ich kann mich erinnern, daß es mal Leute gab, die beim Einsteigen am Eingang vom Flugzeug warteten und schauten, wieviel die Leute mit sich herumschleppten. Und war das zu groß oder zuviel, dann hieß es, tut uns leid, das dürfen Sie nicht mit reinnehmen, das müssen sie aufgeben. Und dann wurde das direkt vom Eingang am Flugzeug runter in den Frachtraum gebracht. Weil man aus Sicherheitsgründen einfach wollte, daß möglichst wenig Krempel in der Kabine herumfällt. Denkt man beispielsweise an die Notwasserung von New York oder die Notevakuierung bei einem Brand, ist das sehr plausibel.

Heute ist das umgekehrt. Heute versuchen die Fluglinien die Leute (sog. „selbstladende Fracht”) dazu zu bringen, möglichst viel Zeugs mit in die Kabine zu tragen. Dabei habe ich heute gleich zweimal (hatte einen Anschlußflug) auf Sitzen gesessen, bei denen man kein Gepäck unter den davorliegenden Sitz schieben durfte. Das Gerümpel muß also irgendwo hin. Und das geht meines Erachtens zu Lasten der Flugsicherheit. Daß ich meinen Kram mit reinnehmen mußte, war reine Schikane (oder vielleicht berechnet der Flughafen ihnen die Gepäckbandkosten nach Gewicht, aber das kann ja keine 30 Euro pro kg ausmachen). Das Ergebnis war verminderte Sicherheit.

Wo ich bin, wollt Ihr wissen? Naja, ein paar nichttriviale Hinweise habe ich hier ja schon gegeben. Hehe.

4 Kommentare (RSS-Feed)

Martin
3.4.2011 1:11
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Die Geschichte mit der Alibi-Schusswaffe habe ich auch schon gehört, allerdings ergänzt um die Vermutung, dass es auch eine Schreckschusswaffe tun würde (was ja dann auch in Deutschland möglich wäre). Allerdings ist das sicher auch immer eine mögliche Quelle für zusätzlichen Papierkram und auch nicht bei der Reise in alle Zielländer möglich.


Steffen
4.4.2011 8:39
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Rätsel am Montagmorgen: Wo treibt sich Hadmut rum?

– Er fliegt mit der einheimischen Fluglinie seines Urlaubslandes.
– Diese hat 23 kg Freigepäckgrenzen, und berechnet 30 Euro pro Zusatzkilo Übergewicht. (schnelles Googeln ergibt: Das ist extrem teuer)
– Allerdings will sein Urlaubsland Tourismus fördern, und hat deshalb eine große Liste an Sportarten, deren Sportgeräte man kostenlos befördern darf.
– Für das Urlaubsland hat sein Hausarzt empfohlen, dringend Notfallvorsorge mitzunehmen.

Da mit in dem Flug sowohl Golfausrüstung als auch Fahrräder aufgegeben wurden, vermute ich mal, daß es in eher wärmere Gefilde geht. Länder wie Island oder Finnland sind im Frühjahr wohl eher keine Ziele zum Golfspielen.

Ansonsten fehlt mir heute leider die Zeit, länger rumzugoogeln um den genauen Urlaubort einzugrenzen.


_Josh @ _[°|°]_
5.4.2011 0:39
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, komm’ einfach nicht drauf. Wie wäre es bei Gelegenheit mit einem trivialen Hinweis? =:-)

Wie auch immer, schöne Zeit & gute Erholung.


Hadmut
9.4.2011 15:19
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@Josh: War in Kapstadt. Bin jetzt aber schon wieder woanders….