Ansichten eines Informatikers

Kassenzettel

Hadmut
8.6.2008 15:42

Wieder was, was dem Danisch auf die Nerven geht. Alle Jahre wieder. Ein Nachschlag im Nachgang zur Steuererklärung.

Man sollte eigentlich meinen, wir leben im IT-Zeitalter. Im 21. Jahrhundert. Peifedeckel.

Wenn man mal so seine Steuererklärung zusammensucht oder überhaupt und generell mal Buchhaltung treibt, hat man es mit Quittungen und Rechnungen zu tun. Da gibt es einmal die ordentlichen im DIN A4-Format. An denen hab ich eigentlich nichts zu meckern.

Und dann gibt es da diese unsäglichen Kassenzettel im Papierstreifenformat. Und die sind meist der letzte Scheiß. Es ist unglaublich, was man da als Quittung bekommt:

  • Inzwischen sind es zwar meist “breite” Streifen von Kassenrollen in der Breite 8 cm. Ich hab aber tatsächlich auch noch Zettelchen in der Breite von 3 cm, Höhe so von 2-4 cm. So im Briefmarkenformat. Steht kein Text drauf, nur mit Zahlen beschrieben, teilweise noch mit altem Kassendruckwerk. Stand der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts.
  • Dann der Aufbau und die Darstellung: Setzt Euch mal hin und überprüft die Kassenzettel eines Jahres, so ca. 200 bis 400 Stück. Da holt man sich nen Dachschaden, allein auf der Suche nach dem Datum. Wer auch immer diese Kassensysteme programmiert hat, war in den meisten Fällen nicht in der Lage, einen Kassenzettel lesbar zu gestalten. Jeder Supermarkt, jede Tankstelle schreibt das Datum irgendwo anders hin und versteckt es in einem Wust von Zahlenkolonnen, meist irgendwo inmitten der Kartenzahlungsdaten zwischen Konto- und Tranksaktionsnummer. Mal oben, mal unten, mal in der Mitte. Man vergeudet wirklich Stunden nur auf der Suche nach dem Datum, weil die nicht in der Lage sind, einen Kassenzettel ordentlich lesbar aufzubauen.
  • Und dann die Zeichensätze: Primitive, teils mit fester Breite und einheitlichen Strich aufgebaute Zeichensätze aus der Computersteinzeit, die entweder uralter Software, mangelnden Fähigkeiten der Programmierer oder lausiger Auflösung der Kassendrucker geschuldet sind. Es macht das Lesen auf die Dauer unglaublich schwer, ermüdend und langwierig. Ein ordentlicher, gut lesbarer Proportional-Font in brauchbarer Auflösung sollte heutzutage eigentlich zu erwarten sein.
  • Und dann noch dieses Scheiß-Thermopapier. Ich hab mein letztes Fax mit Thermopapier vor ca. 8-10 Jahren auf den Müll geworfen. Läßt man mal einen Kassenzettel im Auto in der Sonne liegen, wird er braun oder dunkelgrau und unlesbar. Je nach Papier- und Druckqualität sind die Zettel schon am Jahresende ausgeblichen und kaum noch oder nicht mehr lesbar.

    Früher hab ich die Kassenzettel noch auf A4-Papier geklebt um sie abheften zu können. In manchen Jahren ist es mir dabei aber passiert, daß die Kassenzettel schon 2 Wochen später überhaupt nicht mehr lesbar waren, völlig weiß, nicht mehr die geringste Spur, daß da jemals was gedruckt stand. Fast alle Papierkleber, und zwar nicht nur die flüssig-durchsichtigen UHU-artigen, sondern sogar die Kindergartentauglichen Klebestifte mit Öko- und Ungiftig-Aufdruck sondern offenbar irgendwelche Lösemittel ab, die die Quittungen angreifen.

    Ich hab mal in einem Laden angemeckert, warum ich keine Urkundentaugliche Quittung bekäme. “Ja, die müssen Sie halt alle fotokopieren, das weiß man doch!” Ach, und wenn das Finanzamt keine Kopie, sondern das Original haben will?

    Man hat als Unternehmer (Freiberufler,…) Aufbewahrungsfristen von vielen Jahren. Waren es nicht 10 Jahre? Also muß doch wohl ein Kassenzettel so beschaffen sein, daß er auch am Ende dieser Frist noch lesbar vorliegt.

  • Der dickste Hund ist aber, daß manche nicht in der Lage sind, auf den Kassenzettel zu schreiben, was sie einem da eigentlich verkauft haben.

    Im Fachhandel ist das meist kein Problem. Auch bei Aldi und LIDL steht klipp und klar drauf, ob es sich um Butter, Milch, Schinken oder eben “Pudding mit Sahne” handelt. Im Prinzip geht es also.

    Schwierig wird’s dann schon bei IKEA. Da steht dann drauf, daß ich drei Örebröll und nen Hamelum oder irgendsowas gekauft habe, kann aber nicht mehr sagen, ob es ne Klobürste, eine Jalousie oder doch ne schwedische Spezialität gewesen sein könnte. Die IKEA-Namen sind nämlich – wenn man es als Informatiker betrachtet – auch nichts anderes als nur mnemotechnische Arktikelnummern. Immerhin steht manchmal doch noch dabei, daß es sich um einen IVAR Regalboden oder sowas handelt. Immerhin kann man zur Not noch Googeln oder auf der IKEA-Webseite suchen.

    Ganz schlimm sind aber die Kassenzettel von Saturn und Mediamarkt. Titel stehen eigentlich nur bei den DVDs dran. Alles andere hat Artikelnummer und völlig unverständliche Abkürzungen. Teilweise steht da bloß noch ne Zahlenfolge oder auch mal eine Attributierung drauf. Beispielsweise habe ich mal

    1023984
    SPE.SL 8850 ULTRAPORTAB
    

    gekauft. Und sogar mehrere

    428.1055671
    H+H.97987 BBT 13
    

    Und auch zwei

    1140928
    CLA.BS 1264
    

    Sind die noch ganz dicht, einem sowas als Kassenzettel zuzumuten?

Dabei muß das nicht so sein. Ich habe Kassenzettel der Kette Plus, die trotz uraltem und minderqualitativen Nadeldrucker und ziemlich grober Auflösung einen wirklich gut lesbaren und beständigen Kassenzettel hinbekommen, und das obwohl es aussieht, als ob die Software auf dem Stand von vor 20 Jahren wäre. Fonts und Drucktechnik erinnern mich doch sehr an meine ersten Nadeldrucker mit 8 Nadeln. Na und, es geht, der Kassenzettel ist prima.

Der wirklich beste Kassenzettel im Rollenstreifenformat, den ich 2007 bekommen habe, ist der der Semmelweis-Apotheke in Dresden, die sich hiermit einen Tusch und Applaus verdient hat:

  • Ich weiß nicht, womit das gedruckt ist, aber es ist dauerhaft, gut lesbar und im Vergleich zu allen anderen gestochen scharf. Urkundentauglich, sogar mit Apothekenhintergrundsymbol.
  • Die verwenden ordentliche Proportionalzeichensätze im Helvetica-Stil, die Informationen sind je nach Wichtigkeit in Unterschiedlichen Schriftgrößen und normal/fett gedruckt.
  • Oben steht klar und deutlich, wo man eigentlich eingekauft hat, Apotheke, Anschrift, Telefonnummer, Fax.
  • Dann steht oben, leicht zu finden, herausgestellt das Datum.
  • Es ist sauber lesbar aufgelistet, was man gekauft hat, mit genauer Bezeichnung sowie Einzel- und Gesamtpreis.
  • Am Schluß der Rechnung eine präzise übersichtliche tabellarische Aufstellung zu Mehrwehrtssteuersatz, -betrag, Netto und Brutto.
  • Dann eine Angabe, mit wem man es zu tun gehabt hat: Es beriet Sie Frau … und ein freundliches “Auf Wiedersehen”

Genau so will ich es haben. Es geht also.

Eigentlich müßte ich dem Bundesfinanzministerium und dem DIN mal einen Normungsantrag unterbreiten.

Allerdings könnte man sich auch mal die Frage stellen, ob solche Erscheinungen nicht Folge einer verfehlten Hochschulausbildung für Informatiker sind. Falls die, die diese Kassensysteme erstellt haben, überhaupt eine Hochschulausbildung in diesem Fach haben.

Ist dieses Thermopapier eigentlich ungiftig?

Nachtrag:

Eigentlich gehören Kassenzettel abgeschafft.

Wenn die was wären, würden die dann, wenn ich (wie meistens) sowieso mit Karte bezahle, die Rechnung als XML in einen bestimmten und ordentlich lesbaren Format erstellen, digital signieren, ggf. verschlüsseln und mit Hilfe meiner Hausbank (deren Daten sie von der Karte haben) an mich weiterleiten. Datenschutztechnisch eigentlich unbedenklich, denn die Bank sieht die Zahlung an sich ja sowieso und den Inhalt kann man wie gesagt verschlüsseln. Dann könnte ich regelmäßig meine Quittungen zusammen mit dem Kontoauszug (oder als Teil desselben) runterladen und automatisiert in die Buchhaltung reinziehen und könnte mir den Krampf mit den Zetteln gleich sparen.

Nachtrag 2:

Ein Parkhaus in Dresden schafft es tatsächlich, Quittungen über das Parken im “City Center am Hauptbahnhof” auszustellen ohne draufzuschreiben, um welche Stadt es überhaupt geht.

Ein Kommentar (RSS-Feed)

Jens
8.6.2008 18:27
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“Ich hab mal in einem Laden angemeckert, warum ich keine Urkundentaugliche Quittung bekäme. “Ja, die müssen Sie halt alle fotokopieren, das weiß man doch!” Ach, und wenn das Finanzamt keine Kopie, sondern das Original haben will?”

Das tackert man an die Kopie ran. Das weiß man doch.

Man muß nur glaubhaft machen / darlegen, daß bei Buchung ein lesbarer Kassenzettel vorlag.